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es bedarf nicht nothwendiger Weise einer entsprechenden Erklärung im Urtheil.

Daraus dürfte hervorgehen, daß ich von meinem Standpunkt aus eine so befriedigende und wohlbegründete praktische Regel finde wie Lehmkuhl. Ich brauche dabei keinerlei Deutelung am Gesetz vorzunehmen, ich nehme dasselbe, wie es ist, und darf dabei bleiben, daß in ihm der Begriff der Civilehe seine volle Verwirklichung gefunden habe. Ich brauche kein Gewicht auf die Ueberschrift bürgerlich" zu legen, sie versteht sich ja von selbst und wäre wahrhaft genügend ausgedrückt gewesen durch den geseßlichen Titel „Bürgerliches Geseßbuch” (EG. Art. 1); auch der „Kaiserparagraph“ erscheint ale völlig bedeutungslos, weil er ebenfalls nur Selbstverständliches besagt. Ich habe von meinem Standpunkt aus denn auch eine zutreffende Rechtfertigung der bisherigen Praxis dem Gesetz vom 6. Februar 1875 gegenüber. Wenn man auf die Ueberschrift bürgerlich", auf die Erklärung Nieberding's ein so entscheidendes Gewicht legt für das neue Civileherecht, wie will man dann die frühere Praxis rechtfertigen, da doch das Gefeß vom 6. Februar diese werthvollen Beigaben nicht hatte? Und doch hat P. Lehmkuhl für die Zeit vor dem 1. Januar 1900 feine andere praktische Regel gegeben, wie die älteren Auflagen seiner Moraltheologie beweisen (z. B. 5. Auflage vom Jahre 1888, tom II, n. 701)!

Ist so den schwersten Gewissensbedenken katholischer Richter vorgebeugt, so läßt sich doch nicht leugnen, daß sie durch das frühere und jchige Reichsrecht gezwungen sind, in der Ehescheidung einen Akt zu vollziehen, der in ihren Augen verabscheuungswürdige Folgen sicher nach sich zieht, Folgen, die sie nur intentionaliter auszuschließen vermögen. Würden durch ihren Austritt aus dem Richterstand nicht noch schwerere allgemeine Uebel für die Kirche und die Katholiken eintreten, könnte ihnen dies nie gestattet werden. Der Staat übt also durch sein Civileherecht gegen die Katholiken einen Akt schwerer Gewissensbedrückung, gegen den man sich m. E. hätte auf das Aeußerste wehren sollen.

Eichstätt, im November 1900.

XXIII.

Ueber Turkestan.”

Mit dem stattlichen Werke des Herrn von Schwarz hat die Herder'sche Illustrirte Bibliothek der Länder- und Völkerfunde eine sehr ansehnliche Bereicherung erfahren. Es ist die Arbeit eines vielseitig unterrichteten Forschers und gründlichen Beobachters. Der Verfasser ein geborener Bayer, wie sein um fünf Jahrhunderte älterer Landsmann Hans Schiltberger, der das asiatische Steppenland einst unfreiwillig durchwanderte hat fünfzehn Jahre in Turkestan verlebt und seine dienstliche Stellung dazu benußt, seine Studien und Beobachtungen über das ganze weite Gebiet bis in die schwer zugänglichen Theile Centralasiens auszudehnen. Er war im Jahre 1874 vom General von Kauffmann, dem Generalgouverneur Turkestans, eingeladen worden, bei der in Taschkent zu gründenden Sternwarte, die dem Chef der topographischen Abtheilung des Generalstabs unterstellt ist, die Stelle des Astronomen zu übernehmen. Der Umstand, daß er vom Generalstab auch mit Längen und Breitenbestimmungen, sowie barometrischen Höhenmessungen beauftragt ward, bot dem Astronomen Anlaß, Turkestan in weiten Reisen wiederholt nach allen Richtungen zu durchqueren, Land und Leute in allen Schichten und Gesellschaftskreisen, vor allem die Lebensweise der verschiedenen. Stämme einläßlich kennen zu lernen. Taschkent, die Hauptstadt des russischen Gebietes, war ihm in der langen Zeit (1874 bis 1890) zur zweiten Heimat geworden.

1) Turkestan, die Wiege der indogerman is che n Völker. Dargestellt von Franz v. Schwarz, vormals Astronom der Taschkenter Sternwarte und Leiter des turkestanischen meteorologischen Instituts. Mit einem Titelbild in Farbendrud, 178 Abbildungen und einer Karte. Freiburg, Herder 1900, 606 S.

Aus diesen eindringenden Beobachtungen und Erfahrungen ist das vorliegende Buch hervorgegangen, das eine übersichtliche und wohlgeordnete, dazu mit vielen Abbildungen unterstüßte Darstellung Turkestans und seiner Bewohner gibt, wie sie in dieser systematischen Form bisher nicht versucht worden ist. Im Allgemeinen gehörte Turkestan lange zu den wenigst bekannten Ländern; noch der Reisende Ad. von Schlagintweit hat dort (in Kaschgar 1857) sein Leben lassen müssen. Und doch gibt es nach dem Verfasser kaum ein zweites Land, das in der Geschichte der Menschheit eine so wichtige Rolle gespielt hat wie gerade Centralasien, diese Wiege der indogermanischen Bölker. „Denn von Turkestan haben alle unsere heutigen Culturvölker ihren Ausgang genommen." Gegenwärtig gehört der größte Theil von Turkestan zu Rußland und ist in administrativer Hinsicht in neun Provinzen getheilt, die von Militär gouverneuren verwaltet werden. Auch die nominell noch unabhängigen Herrscher von Chiwa und Buchara sind völlig in der Gewalt der Russen und thatsächlich nichts anderes als russische Statthalter.

Der Verfasser gibt zunächst einen allgemeinen Ueberblick über den Typus, den Charakter und die Verbreitung der das Land bewohnenden Völkerschaften und geht dann in specielle Schilderung der zwei Hauptbestandtheile derselben ein, der Nomaden (Kirgisen, Turkmenen, Kiptschaken 2c.) und der ansässigen Volksstämme. Zwischen diesen beiden Hauptgruppen herrscht in Beziehung auf Lebensweise, Sitten und Gebräuche ein großer Unterschied. Von den Nomadenvölkern werden besonders ausführlich die Kirgis-Kaisaken behandelt (S. 51 bis 136), mit denen Herr von Schwarz am meisten in nähere Berührung gekommen war. Religion, Familien- und Rechtsverhältnisse derselben, ihre Wohnungen in 10g. Jurten und ihre periodischen Wanderungen mit den Heerden, von den Sommerweiden nach den Winterweiden der Steppen, fommen in lehrreicher Weise zur Sprache. Die Kirgis-Kaisaken, die großentheils den Transport der russischen und turkestanischen Waaren über die Kirgisensteppe besorgen, gehören zu den gewandtesten und ausdauerndsten Reitern der Welt. Sie erfreuen sich unter allen Völkern Centralasiens der besten Gesundheit, so daß die

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Redensart geht: „gesund wie ein Kirgise“. Erstaunlich ist ihr Gehör und ihr Gesichtssinn entwickelt; ihre Leistungen erinnern den Reisenden an die Romanerzählungen über die amerikanischen Rothhäute. Dank ihrem scharfen Gesicht und Gehör, ihrer Gewandtheit und Unermüdlichkeit im Reiten, ihrer Fähigkeit im Ertragen von allen möglichen Beschwerden und Entbehrungen, sowie ihrer unbedingten Ehrlichkeit und Zuverlässigkeit sind die Kirgis Kaisaten als Kuriere, Kundschafter und dergleichen geradezu unbezahlbar, und sie haben sich in dieser Beziehung den Russen von jeher als äußerst nüßlich erwiesen. So war es z. B. ein Kirgis Kaisat, ein ehemaliger Räuber, der während des Feldzuges nach Chiwa den General von Kauffmann und dessen Heer in der schrecklichen Sandwüste Adam-Krylgan („Menschenuntergang") vor dem Verdursten rettete, indem er das bereits verschmachtende Heer, dessen Untergang ohne seine Hilfe unvermeidlich gewesen wäre, nach einer abseits vom Wege liegenden und sonst niemand bekannten Quelle führte, die er viele Jahre vorher auf der Flucht vor seinen Verfolgern einmal zufällig entdeckt hatte. (S. 125).

Die größere Hälfte des Buches fällt, der Natur der Sache gemäß, der Beschreibung der ansässigen Bevölkerung Turkestans zu, und speciell der von den Russen 1865 eroberten und zur Hauptstadt ihrer centralasiatischen Besizungen erforenen Stadt Taschkent, woselbst der Verfasser seine Hauptniederlassung hatte. Es ist auch der Siz des Generalgouverneurs und Höchstkommandirenden aller turkestanischen Truppen. Da Taschkent nach Anlage und Entwickelung den Typus der turkestanischen Städte am getreuesten darstellt, so ist der Verfasser in der Lage, in der detaillirten Beschreibung derselben eine Vorstellung von den gesammten Lebensverhältnissen und Lebensbedingungen jener Bewohner zu geben. Kennt man in Turkestan nur eine Stadt, bemerkt er, so kennt man damit auch alle übrigen. In Bezug auf Wasserreichthum, wovon in den turkestanischen Ebenen gradezu alles Leben und Gedeihen abhängt, kann sich keine andere Stadt Centralasiens mit Taschkent messen. Alle centralasiatischen Städte zerfallen in drei von einander getrennte Theile: den Bazar im Centrum, auf dem die wöchentlichen Jahrmärkte, Volksversammlungen 2c. abgehalten werden, für den Städter

der eigentliche Aufenthalt und Zeitvertreib; dann die rings um den Bazar herumliegenden Häuserviertel; endlich die von außen an lettere sich anschließenden Gärten und Felder, welche die Stadt von allen Seiten umgeben.

Die Bevölkerung Turkestans bekennt sich zum sunnitischen Muhamedanismus, und namentlich die Usbeken zeichnen sich vor anderen Bekennern des Islams durch großen Fanatismus aus. Seit der russischen Herrschaft haben sich namentlich die Verkehrsverhältnisse bedeutend gebessert, die kaum irgendwo so schwierig sind, wie in Turkestan. „Endlose Steppen, wasserund vegetations lose Sandwüsten einerseits, unübersteigliche, mit ewigem Schnee bedeckte Gebirgszüge andererseits, trennen die Bewohner der verschiedenen Dasen von einander." Gegenwärtig find alle wichtigeren Punkte des russischen Turkestan durch ein ausgedehntes Nez von Poststationen unter einander verbunden. Die Posteinrichtungen gehören zum Besten, was die Russen als Colonisatoren für die Wohlfahrt. des Landes geleistet haben. Unter allen Zweigen der Industrie nimmt die seit uralter Zeit betriebene Seidenindustrie die erste Stelle ein, da sich mit derselben der größte Theil der gesammten ansässigen Bevölkerung Turkestans beschäftigt. Sehr hoch ist übrigens auch die Töpferei entwickelt, die in großem Maßstab betrieben wird. Turkestan liefert an Exportwaaren nach Rußland und nach Indien vornehmlich Rohseide, Schaf- und Fuchsfelle, Wolle und Baumwolle. Was den Import betrifft, so war die Einfuhr aus Indien in früheren Zeiten viel bedeutender, als aus Rußland. Gegenwärtig hat sich das Verhältniß umgekehrt, und die englischen Manufakturen sind fast völlig durch russische Fabrikate verdrängt. Die Accommodationsfähigkeit des Russen in allen klimatischen Verhältnissen bildet, nach den Beobachtungen des Verfassers, einen Hauptgrund der gegenwärtigen Machtstellung des russischen Reiches. - Auf die weiteren Zielpunkte dieser gewaltigen Machtentfaltung, auf die aktuelle Politik der Regierung von heute in Centralasien läßt sich v. Schwarz nicht ein. Das lag auch nicht in der Aufgabe seines Buches, das als Beitrag zur Länder- und Völkerkunde einen wissenschaftlichen Zweck verfolgt. Diesen aber hat er erreicht, und mit dieser verdienten Anerkennung scheiden wir von ihm.

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