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Turkestan ist gerade in allerneuester Zeit in den Border: grund der politischen Betrachtung getreten. Das Vorschieben und die stetige Vermehrung der russischen Heeresmacht in Turkestan bildet mit Recht den Gegenstand ernster Besorgnisse und Combinationen in der Presse der westmächtlichen Staaten. Der gegenwärtige russische Kriegsminister, General Kuropatkin, war vormals Militärgouverneur von Turkestan und gilt für einen ebenso kühnen Politiker als bedeutenden Strategen. Ihm wäre, in der augenblicklichen Verwicklung und Gebundenheit der englischen Streitkräfte, der Plan eines kräftigen Vorstoßes zuzutrauen. Jedenfalls läßt sich die Thatsache nicht übersehen. daß, wie die Kreuzzeitung (vom 16. Januar) bemerkt, noch niemals Rußland in so starker Ausrüstung in Centralasien gestanden hat, wie heute. Es bedarf nur, meint sie, eines Befehls um die Lawine in Bewegung zu seßen, wie weit und mit welcher Wirkung sie dann vorwärts rollt, wird von der Kraft der Hindernisse abhängen, auf die sie stößt."

XXIV.

Schweizer Brief.

Rückblick auf das Jahr 1900.

Den 16. Januar 1901.

Das Jahr 1900 brachte manche Ueberraschungen. Es geht ein Zug der Mißstimmung und Unzufriedenheit durch weite Kreise unseres Volkes. Das bewiesen verschiedene Abstimmungen. Vor einigen Jahren hatte das Schweizervolk den Grundsaß der Kranken und Unfallversicherung mit seltener Einstimmigkeit in die Bundesverfassung aufgenommen. Als ihm dann aber im vergangenen Jahre die Ausführung dieses Grundsaßes durch das von Forrer ausgearbeitete Gesetz vorgelegt wurde, da verworf es am 20. Mai die Vorlage mit 342,000 Nein, während bloß 147,000 Ja für das Gesez in

die Urne gelegt wurden. Das Gesetz hatte ja seine großen Mängel, so daß bedeutende katholische Socialpolitiker mit Recht dagegen auftraten; aber die Vortheile waren doch wohl bedeutender als die Nachtheile. Selbst Bischof Egger von St. Gallen war in einer einläßlichen Schrift für das Gesetz eingestanden. Auch der Eidgenössische Verein, bestehend aus den conservativen Protestanten der Schweiz, nahm lebhaft Stellung für die Versicherungsge seye. Aber die große Waffe des Volkes konnte nicht dafür gewonnen werden.

Wieder fand am 4. November eine wichtige Volksabstimmung statt Es handelte sich um die Toppel Jnitiative: Wahl der Mitglieder des Nationalraths nach dem Proportionalverfahren und Wahl des Bundesraths durch das Volk. Im Nationalrath gab bisher die radikale Partei, dank dem Mehrheitswahlsystem, den Ausschlag. Thatsächlich entspricht die Zahl der für die radikalen Mitglieder bei den allgemeinen Wahlen abgegebenen Stimmen keineswegs diesem Machtverhältniß. Um so mehr klammert sich natürlich diese Partei an das Wahlverfahren, das ihr einen so unangemessenen Einfluß auf die politischen Angelegenheiten des Landes gewährt, ganz wie die Herren Socialdemokraten im südbelgischen Kohlenbezirk, die nichts von dem jezt in Belgien geltenden Verhältnißzwahlsystem wissen wollen, weil sie durch das Mehrheitswahlsystem alle anderen Parteien in ihrer Gegend mundtødt machen könnten. Die belgischen Socialisten sind nun freilich etwas offener als die schweizerischen Radikalen. Diese trugen doch Bedenken, dem „Proporz" unbedingt und grundfäßlich entgegenzutreten. Sie suchten Nebenwege, um die Initiative zu bekämpfen. Das Gespenst des Ultramontanismus wurde heraufbeschworen, bei Annahme des Proporzes die Revision des Schulartikels, die Wiederzulassung des Jesuitenordens und die Wiederherstellung der geistlichen Gerichtsbarkeit als sichere Folgen hingestellt. So brachte man es fertig, die Toppelinitiative zum Falle zu bringen. Der Nationalrathsproporz wurde mit 250,000 Stimmen gegen 175,000 verworfen, die Volkswahl des Bundesrathes mit 275,000 gegen 145,000 Stimmen. In Folge dessen wird die radikale Partei weiter das Regiment führen im eidgenössischen Haushalte. Schon im Jahre 1881

bekam die katholisch-conservative Rechte 36, das conservativprotestantische Centrum 26, beide zusammen 62 Räthe; die radikale Partei aber 83, und doch hatte sie 6000 Stimmen weniger als beide Minderheiten zusammen. Dieses unnatürliche Verhältniß ist bis heute dasselbe geblieben und wurde am 4. November neu sanftionirt.

Was die Volkswahl des Bundesrathes betrifft, so darf man nicht vergessen, daß die Schweizer nach Natur, Geschichte und Verfassung ein demokratisches Volk sind, welches seinen Haushalt womöglich auf breitester Grundlage ordnet und die wichtigsten Wahlen direkt selber besorgt. Die Volkswahl des Bundesrathes gehört also zum Ausbau der Volfsrechte. Aber das Volk scheint noch nicht überall reif zu sein zur Wahrung seiner Rechte.

Andere betrübende Erscheinungen unseres Gemeinwesens sind die lockere Ehegesetzgebung und die ständige Verhebung der Protestanten gegen die Katholiken. Viele Protestanten können es einfach nicht ertragen, daß die Katholiken cristiren, und daß sie mehr und mehr in den bis jezt mehrheitlich protestantischen Städten sich niederlassen. Im Jahre 1850 hatte die Stadt Zürich nur 2600 Katholiken, jezt sind, nach der lezten Volkszählung vom 1. Dezember 1900, 43,858 (unter 102, 125 Protestanten). Aehnliche Verhältnisse cristiren in St. Gallen und Basel. Darum sind die Protestanten überaus rührig, die Katholiken wo immer möglich zurück zu drängen. An vielen Orten wird ihnen gar keine oder eine sehr geringe Vertretung in den Behörden zugestanden. Die katholischen Rinder der paritätischen Schulen werden gezwungen, den confessionslosen Religionsunterricht der Lehrer zu besuchen. Gewisse Blätter fahren fort, beständig gegen die Katholiken zu heßen und mit wahrem Wohlbehagen alle Scandalgeschichten abzudrucken, die in der Welt herumgeboten werden, ohne sich je um eine Richtigstellung zu fümmern. „Es bleibt ja imuner etwas hängen" In Basel hat sich sogar eine offizielle Vereinigung gebildet zur Protestantisirung der dortigen Tessiner und Italiener, und ein eigener Missionär ist hiefür angestellt worden. Als Comitee fungiren zehn protestantische Pfarrer von Bajel und einige sehr angesehene protestantische Laien. Sie haben im November ein Circular erlassen, worin sie um Beiträge zu diesem Zwecke ersuchen. Im Circular steht folgende Stelle: „Wir müßten die Sprache Gottes in den Ereignissen unserer Zeit schlecht verstehen, wenn wir nicht in dem außerordentlichen Zuzug von italienischen Arbeitern in unsere reformirte Schweiz die Aufgabe erkennen wollten, daß diesen unseren geistlich arg vernachlässigten Brüdern

das Evangelium soll nahe gebracht werden. Denn unser unaussprechlich werthvolles Vorrecht ist ja einmal der Besiz und freie Gebrauch der hl. Schrift des Alten und Neuen Testaments; dann die Erkenntniß der Rechtfertigung aus dem Glauben, m. a. W: daß Jesus Christus für uns der Lehrer, das Sühneopfer und der einzige Priester vor Gott ist. Solch' Gut jenen vorenthalten wollen, hieße das anvertraute Pfund vergraben.“ - Was würden doch diese Herren sagen, wenn sich z. B. in Zürich ein Comitee zur Katholisirung der dortigen protestantischen. Arbeiter bildete und hiefür einen eigenen Missionär austellte? Das gäbe einen Lärm, daß einem sehen und hören vergehen. möchte. Wie hat man sich entrüstet und selbst den Bundesrath zum Einschreiten aufgerufen, als Bischof Abbé im Wallis gegen eine ähnliche Proselytenmacherei in seiner Diöcese einen wohl berechtigten Hirtenbrief erließ! Wir haben seiner Zeit in diesen Blättern darüber berichtet.

Wie gewisse Leute es treiben, mußte jüngst eine radikale Feder bei Anlaß des Hinscheidens von Nationalrath Dr. Joos in Schaffhausen bezeugen. So lesen wir in einem Nekrolog über den Verstorbenen folgenden Passus: „Kam jemand mit Dr. Joos zusammen, so zog er regelmäßig eine der antipapistischen Schriften, wie die Anatomie der Messe und andere, aus der Tasche und händigte sie den mit ihm Verkehrenden ein. Eine besondere Lust bereitete es ihm, wenn er Die Anatomie der Viesse heimlich Katholiken anhängen konnte. In Klöstern und Kirchen legte er sie eigenhändig auf Altäre und Kanzeln oder er ließ auch die Drucksachen absichtlich auf Gängen und Treppen. katholischer Gebäude fallen. Ja, wenn katholische Congresse stattfanden, reiste er wohl extra an die Congreßorte. Debattirten Bischöfe und Geistliche in den Sälen über Mittel und Wege zur Förderung des Ratholicismus, so begab er sich in das Vorzimmer und steckte in die leeren Taschen der dort hängenden Ueberröcke der Kleriker seine gegen den Katholicismus gerichteten Schriften. Einzelne derselben ließ er in's Italienische überseßen und reiste dann mit dem Material nach Rom, um es am Size des Papstes selbst an Mann zu bringen."

Mit ähnlichem Fanatismus wirkt Pfarrer Pflüger in Außersihl, Zürich. Dieser Mann macht sogar die Kanzel der Kirche zu seinem Agitationsfelde und eifert gegen alles, was katholisch und christlich ist. Er ist Socialist vom reinsten Wasser und seine Predigten sind wahre Heyreden.

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Der schweizerische Protestantismus läßt solche Männer unbehelligt. Auch in anderen evangelischen" Landeskirchen gibt es Hunderte von Geistlichen, die so ziemlich auf dem gleichen Boden wie Pflüger stehen. Als ihrer 153 in

Württemberg von der firchlichen Behörde verlangten, vom Apostolicum entbunden zu werden, da ging die Behörde nicht darauf ein und seßte vier protestantische Prediger ab, die fidi nicht unterwarfen. Aber in der Schweiz kann man ein gut evangelischer Prediger und rother Socialist zu gleicher Zeit sein.

Eines der größten Krebsübel der Schweiz ist jedoch die lockere Ehegeseßgebung. Am 12. November vergangenen Jahres hielt der schweizerische Katholikenverein (früher Pius: verein genannt) seine Delegirtenversammlung in Luzern ab. Bei diesem Anlasse sprach Dr. Buomberger über das Ehegeseb vom Jahre 1874. An der Hand von graphischen Darstellungen und fertigen Scalen entrollte der junge Gelehrte ein ungemein anschauliches, aber recht düsteres Bild über die Ehescheidungen. Gestigt auf die Publikationen des eidgenössischen statistischen Bureaus wurde nachgewiesen, daß unser Vaterland unter allen europäischen Staaten am meisten Ehescheidungen aufweist. 3. B. dreimal so viel als Norwegen. Diese beschämende Thatsache wird noch erhöht dadurch, daß auch katholische Kantone der Schweiz im Vergleich zu anderen Staaten viel ungünstiger dastehen. Ausschließlich katholische Ehepaare in der Schweiz weisen doppelt so viele Ehescheidungen auf als Württemberg, Baden, Velgien, Schweden u. s. w., fünfmal so viel als Italien, zehnmal so viel als England. Hauptrolle bei den Ehescheidungen spielen die gemischten Ehen. Dieselben weisen fünfmal so viele Ehescheidungen auf als die katholischen. Durch diese Thatsachen ist die Stellungnahme der kirchlichen Behörden gegen die gemischten Ehen glänzend gerechtfertigt. Den größten Prozentjag aller Ehescheidungen weisen allerdings die Protestanten auf.

Eine

Wo liegt der Hauptgrund dieser Erscheinung? In der laren Ehegejeßgebung, in welcher die Schweiz nur von der Türkei übertroffen wird. Doher ergeben sich als praktische Schlüsse: Beibehaltung des bisherigen Ehemündigkeitsalters und volle Eheschließungsfreiheit; dagegen soll das Recht der Ehescheidungen als ein die gute Eitte bedrohendes Element eingeschränkt werden. Die Postulate, welche die Telegirtenversammlung des Schweizerischen Katholikenvereins zur Chegesetzgebung und fünftigen schweizerischen Personenrechte vorschlägt, sind folgende:

I. Nach kirchlicher Lehre ist die Ehe unauflöslich. Ju Bezug auf die staatliche Gesetzgebung stellen wir folgende Mindestforderungen:

a) Die Gründe für bürgerliche Ehescheidung sind zu ver mindern und so weit als möglich erschöpfend in bestimmten

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