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Schriften ein schmähliches Zerrbild entworfen hätten.1) Zurüdzuweisen ist jedenfalls die Behauptung von Fr. Görres, daß die schweren Leiden, welche unter Julian einzelne Christen trafen (sogar Hinrichtungen gibt G. zu), in den meisten Fällen eine nothwendige Consequenz des christlichen Fanatismus waren.2)

Gewinnen wir nach den bisherigen Ausführungen einen ungünstigen Eindruck von der Objektivität so maucher neuerer Historiker, so wird derselbe noch verstärkt durch die Beobachtung. daß auf dieser Seite vielfach nicht das mindeste Verständniß für den Geist des Martyriums, für die opferfreudige Hingabe des eigenen Lebens im treuen Bekenntniß des Glaubens obwaltet. Wie wir bisher schon gesehen, wird als Haupt beweggrund zum Martyrium von manchen neueren Geschichtsschreibern einfach „Fanatismus“ bezeichnet. In Uebereinstimmung mit E. Gibbon, dem das Martyrium oft nur eine Folge unzeitgemäßer Provokationen 3) seitens der Gläubigen ist, meint auch H. Schiller, daß der Fanatismus der lezteren die Beamten zu blutiger Repression förmlich genöthigt habe.) Ersterer geht übrigens in seiner gehässigen Auffassung der ihm unbequemen Thatsachen noch weiter und unterschiebt den christlichen Bekennern zuweilen auch Motive unedler Art, wie Eitelkeit, materielle Noth u. s. w.5) Auch J. Burckhardt bemüht sich öfters, den inneren Werth des Martyriums abzuschwächen und demselben manchmal ganz eigenthümliche Beweggründe zu unterstellen.6) Minderwerthige

1) G. Herzberg a. a. D. S. 770.

2) Kraus'sche Realencyklopädie S. 253.

3) E. Gibbon a. a. D.

Ep. 436 ff.

I, 685, A. 2.

4) H. Schiller a. a. D. 5) E. Gibbon a. a. D. Sp. 462. Er gestattet sich sogar eine höhnische Bemerkung bezüglich der in den Legenden öfters erwähnten wunderbaren Errettung von christlichen Frauen, deren Keuschheit durch die Verfolger bedroht war. (A. a. C. Sp. 462.) 6 J. Burckhardt a. a. . . 139, S. 302 ff. Doch hat er auch Worte der Anerkennung für die Heldenzeit der Kirche (a. a. D. S. 303.)

Motive zum Martyrium werden auch von Th. Preuß (Kaiser Diokletian und seine Zeit) im engen Anschluß an E. Gibbon hervorgehoben.1) Die Entdeckung freilich, daß der lezte Beweggrund zum Martyrium in dem damals allverbreiteten Lebensüberdruß gelegen sei, war erst Otto Seeck vorbehalten.2)

Daß die kirchliche Ueberlieferung, deren oft legendenhaften Charakter wir nicht in Abrede stellen, durchaus tendenziös verfuhr, ist für manche Historiker eine ausgemachte Thatjache. So bemerkt H. Schiller hierüber, die firchliche Ueberlieferung habe, wo es ihren Zwecken diente, allgemeine Verfolgungen in Abrede gestellt, wo sie vielleicht wirklich_stattgefunden hatten, und andere lokale Vorgänge generalisirt. „So lange der Fanatismus durch das Martyrium geweckt werden mußte (!), hat es an zahlreichen Martyrien nicht gefehlt; als man das Bedürfniß empfand, die Ansicht zu bekämpfen, daß alle Kaiser christenfeindlich waren, und namentlich die besseren sich nicht von den schlechten unterschieden, unterdrückte oder schwächte man Thatsachen ab.3) Daß den Historikern dieser Richtung die Kirchenschriftsteller, besonders Eusebius und Laktantius, als höchst parteiisch und darum wenig glaubwürdig gelten, ist selbstverständlich und wurde schon früher hervorgehoben.4)

Auf die in neuerer Zeit vielbesprochene Frage nach der juridischen Basis der Christenverfolgungen im römischen Reiche und damit zusammenhängend nach dem formalen Verfahren bei denselben wollen wir hier nicht eingehen; doch können einzelne Behauptungen, wie sie May Conrat in seiner Schrift „Die Christenverfolgungen im römischen

1) A. a. C. S. 155.

2) S. oben. Vergl. übrigens auch Burckhardt a. a. D. S. 139. 3) H. Schiller a. a. . 685 ff.

4) Starke Ausfälle gegen die kirchliche Tradition bezüglich der Geschichte der Christenverfolgungen macht auch Fr. Lverbed, Studien zur Geschichte der alten Kirche, S. 156 ff. Das vielfach Laktantius zugeschriebene Werk „de mortibus persecutorum" ist ihm eine „Brandschrift", a. a D. S. 157.

Reiche vom Standpunkte des Juristen“ aufgestellt hat, nicht unwidersprochen bleiben.1) So äußert er die Meinung, die Christen hätten vom Standpunkt einer, wenn auch im heidnischen Ritual sich bewegenden Huldigung, unbeschadet ihres Glaubens den Kaiserkult nicht abzulehnen brauchen, und er hält es nicht für unwahrscheinlich, daß manche Be fenner der neuen Lehre so gedacht und dementsprechend gehandelt haben.2) Meines Erachtens werden diejenigen Christen, welche unter dem Eindrucke des Schreckens und der Furcht zu solchen Akten sich herbeiließen, schwerlich durch solche Argumente ihr Gewissen beschwichtigt haben. Die von Conrat weiterhin aufgestellte Behauptung, daß eine Folterung der Angeklagten nicht stattgefunden habe zu dem Zwecke, die Cultübung von Seite derselben herbeizuführen, steht mit den ausdrücklichen Zeugnissen der altchriftlichen Schriftsteller, besonders Tertullians, in offenbarstem Wider: spruch.) Recht sonderbar ist die Meinung unseres Autors, der Richter habe auf die Angeklagten nur moralisch einzuwirken gesucht und habe diese Versuche fortgesezt auch noch unter jenen Peinigungen, die bereits dem Stadium der Urtheilsvollstreckung angehörten.4) Wenn er ferner behauptet, der Humanitätsstandpunkt habe den Richter veranlaßt, auf

1) Max Conrat vertritt in einseitigster Weise die Anschauung, daß die bloße Zugehörigkeit zum Christenthum und das Christenthum als solches niemals verboten und darum niemals verfolgt, resp. bestraft worden sei, nur die thatsächliche Verweigerung der Theilnahme an dem Götter- und Kaiserkult habe das Strafreat gebildet (a. a. O.. S. 60 ff.). Gegen ihn hat neuestens J. E. Weis dargethan, daß die Christenqualität allein schon das strafbare Moment bei der Verurtheilung bildete und nicht erst die als laesa majestas aufgefaßte Cultverweigerung (s. Weis, Christenverfolgungen. Geschichte ihrer Ursachen im römischen Reich, S. 160 ff.).

2) Max Conrat a. a. D. S. 57.

3) Max Conrat a. a. D. S. 69 ff. Doch bezweifelt er selbst, ob sich die Verhältnisse nicht seit Decius geändert haben (a. a. D., S. 71 ff., A. 114.)

4) May Conrat a. a. D. S. 69, S. 72 ff.

den Abfall vom Christenthum hinzuarbeiten,1) so ist das durchaus nicht für alle Fälle zutreffend; es galt vielmehr in erster Linie, den Ungehorsam gegen die bestehenden Gesche zu brechen und der Staatsreligion eine, wenn auch nur erzwungene Anerkennung zu verschaffen. Daß, wie M. Conrat meint, die legten Christenverfolgungen unter Diokletian, Galerius und Licinius den Christen offenbar als politischer Partei gegolten hätten, läßt sich nicht beweisen; 2) höchstens von dem Verhalten des leztgenannten Herrschers könnte man behaupten, daß es zunächst von politischen Rücksichten diktirt war. Bezüglich der landläufigen Verdächtigungen, welche gegen die Christen wegen ihrer geheimen, gottesdienstlichen Zusammenkünfte im Volke verbreitet waren, bemerkt May Conrat: „Daß freilich auch gelegentlich bei den Versammlungen der Christen Unsittliches oder Verbrecherisches verübt worden ist, wird durchaus nicht für ausgeschlossen gelten dürfen.“3) Wir unsererseits halten eine solche Verdächtigung für durchaus unbegründet und daher verwerflich.

Wir schließen damit unsere wenig erfreuliche Rundschau über die Leistungen moderner Geschichtschreibung auf kirchenhistorischem Gebiete; sie genügt, um die Objektivität eines solchen Wissenschaftsbetriebes in die richtige Beleuchtung zu rücken. Wir geben gerne zu, daß die spätere kirchliche Ueberlieferung dem historisch getreuen Bilde dieser Heldenzeit der Kirche allzugrelle Farben beigemischt hat, daß namentlich die Zahl der Martyrer durch die überwuchernde Legendenbildung arg übertrieben wurde aber das berechtigt noch nicht zu Behauptungen, die mit geschichtlich gut fundirten Traditionen in offenem Widerspruch stehen, am allerwenigsten zu dem oben gekennzeichneten Versuch, das Martyrium selbst in seiner erhabenen Erscheinung zu verdächtigen und den Ruhmeskranz, den die fromme Verehrung auf die Häupter der Blutzeugen gedrückt, um die Schläfen ihrer Verfolger zu winden. Dr. A. Linsenmayer.

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XXXII.

Die Frauenfrage.

I.

,,Spät kommen wir," müssen die gelben Hefte sagen, wenn sie eine Uebersicht der Frauenbewegung mit besonderer Rücksicht auf Deutschland sammt einer Beurtheilung derselben im Folgenden zu geben versuchen. Einen ansehnlichen Zeitraum hat diese Bewegung bereits durchlaufen, welche in der Culturgeschichte des 19. Jahrhunderts ihren sicheren Plaz unbestreitbar beansprucht und im 20. Jahrhundert Zielen zusteuert, die sich heute noch kaum bestimmen lassen. Vielleicht hat daher mancher Leser der „Hist.-polit. Bl.“ sich darob verwundert, daß dieselben von diesem zeitgeschichtlichen Faktor bisher wenig Notiz genommen haben. Zu ihrer Rechtfertigung darf indeß gesagt werden, daß sie jezt noch nicht zu spät fommen; ja, würde es diesem Aufsatz gelingen, einige Klarheit in die Verwirrung der Begriffe, die über diese Bewegung herrscht, zu bringen und auf die vielen Fragen, die in der einen Frauenfrage verbunden sind, eine annähernd unwidersprechliche Antwort zu geben, so könnten unsere Blätter mit Genugthuung sagen: Wir sind früh gekommen. Auch in Deutschland ist die Frauenbewegung erst noch im Werden begriffen, wie auf der ersten socialdemokratischen Frauenconferenz zu Mainz im September 1900 richtig hervorgehoben wurde. Es war daher auch ein besonnener Blick in die Zukunft, als der Abgeordnete Endemann in der Sizung des

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