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Königin Viktoria.

sie mehr für ihre leidenden Unterthanen leisten können, statt so eifrig daran zu denken, ihre zahlreiche Familie auszustatten: aber man gewöhnte sich allmählich daran, die Königin vor reichen Individuen an Großherzigkeit übertroffen zu sehen

Von den bestechenden Eigenschaften, durch welche das große Publikum angezogen wird, Schönheit, Anmuth, hir reißende Liebenswürdigkeit, besaß die Königin nur wenige. Pracht, Schaugepränge waren nie nach ihrem Geschmack, und nach dem verhältnißmäßig frühen Tode ihres Gemahls nahm sie die Gelegenheit wahr, die öffentlichen Kundgebungen auf das Allernothwendigste zu beschränken. Für eine Königia, die so lange auf dem Throne gesessen, war diese Zurüd gezogenheit das beste Mittel, sich ihre Popularität zu be wahren. Der puritanische Geist der Häuslichkeit, die Hot schäßung des Familienlebens, die bei dem niederen Adel und den Mittelklassen so tiefe Wurzeln geschlagen, haben die Beliebtheit der Königin gewaltig erhöht, Sittenrichter und Prediger benüßten jede Gelegenheit, auf das erhabene Beispiel der Königin hinzuweisen. Wohl keine englische Königin kanu sich weniger über Mißachtung und Verkennung ihrer guten Eigenschaften beklagen. Eben weil sie über das gewöhnliche Niveau sich so wenig erhoben, wurden sie so sehr gewürdigt.

Für eine junge, hochstrebende Fürstin, die von ihrer Würde hohe Vorstellungen hatte und mit einer ihrem Hause eigenen Halsstarrigkeit an ihren Entschlüssen festhielt, war es fein Leichtes, sich in ihrer Stellung als Königin zurecht zufinden, sich zur Ausführerin und Vollstreckerin der vom Kabinetministerium gefaßten Entschlüsse zu machen, die Minister, welche die Parlamentsmehrheit ein- und abseßte, sich aufdrängen zu lassen. Dank ihrem Gemahl Prinz Albert, der weisen und väterlichen Leitung eines Lord Melbourne lernte die Königin die schwere Kunst der Selbstverleugnung. Ihrer Neigung nach Tory und voreingenommen tur die Aristokratie, bot sie doch, nachdem sie den Willen pes Volfes flar erkannt hatte, die Hand zur Begründung

nd strengen Durchführung einer demokratischen Regierungsorm. Die Königin theilt das Verdienst, die Zeichen er Zeit erkannt zu haben, mit dem englischen Adel, er sich hütete, durch nußlosen Widerstand den öffentlichen Inwillen auf sich zu ziehen und es vorzog zu retten, was toch zu retten war. Hätte die Königin sich gleich einem Seorg III. eine Hofpartei gebildet, es sich zum Ziel gesezt, hren Kabinetministern Schwierigkeiten in den Weg zu legen, dann hätte sie zwar den Lauf der Dinge nicht aufhalten, wohl aber viel Unheil stiften fönnen. Manche Zustände sind auch in England noch unfertig, man ist vielfach auf halbem Wege stehen geblieben; aber jedenfalls ist eine friedliche Entwicklung in England viel wahrscheinlicher als in dem benachbarten Frankreich.

England hat auch nach der Reformation hochgebildete Königinen aufzuweisen, manche waren Viktoria an natürlichem Talent und Kenntnissen überlegen; aber sie fanden keine Zeit sich schriftstellerisch zu beschäftigen. Die Königin Viktoria hat sich auch als Schriftstellerin bethätigt, ohne indeß ihre Zeitgenossen zu beeinflussen. Man kann jedoch mit demselben Rechte von einem Viktorianischen Zeitalter sprechen wie von einem Elisabethischen; in beiden Fällen hat die Regierung der beiden Königinen die für die geistige Entwicklung günstigen Zustände geschaffen.

Nur auf einem Gebiete, der höheren wissenschaftlichen Erziehung, den Mittelschulen und Universitäten, ferner der technischen Erziehung haben die Fortschritte den anfangs gehegten Erwartungen nicht entsprochen; das reichste Land Europas hat für Förderung von Wissenschaft und Kunst jeine Pflicht nicht erfüllt und das enge Band zwischen dem geistigen und materiellen Fortschritt nicht anerkannt. Während England sich noch immer in dem goldenen Traume wiegte, an der Spize des Fortschrittes zu marschiren, jeden Bewerber auf dem Gebiete der Industrie aus dem Felde zu schlagen, war es von Deutschland, Frankreich und den Vereinigten

Staaten in der Technik weit überholt. Auf theoretischem Gebiete dagegen war England Deutschland nie ebenbürtig. Die Gründe, welche eine Reform des Erziehungswesens verhinderten, gehören nicht hieher. Der Fanatismus de Nonconformisten hat die Gründung von confessionellen Mittelschulen und Hochschulen stetig bekämpft, und die Trennung der Wissenschaft von der Theologie zur Thatsache gemacht. Da England offenbar großen Stürmen entgegengeht, werden Spätergeborene mit Freude auf das Zeitalter der Königin Viktoria als das goldene, an Frieden und Ehren reiche zurückblicken und der Herrscherin mit Ehren gedenken, durch die dem Lande so große Wohlthaten zugeflossen sind.

XXXVI.

,,Göttliche Weltordnung und religionslose Sittlichkeit"

lautet der Titel des hochbedeutenden Werkes, das Prälat Professor Dr. Schneider kurz vor seiner Erhebung auf den bischöflichen Stuhl von Paderborn herausgegeben hat. Wie den früheren Schriften des hochwürdigsten Herrn Verfassers1) ist auch dieser von Seite gebildeter Katholiken eifriges Studium zu wünschen und weiteste Verbreitung über die katholischen Kreise hinaus. Die Aufnahme, welche, wie die gedachten früheren, so auch diese Publikation gefunden hat, lägt hoffen, daß der hochwürdigste Herr Bischof, der Vielen ein hoch verehrter Lehrer gewesen ist, noch Mehreren durch seine Bücher ein geistlicher Wohlthäter wird. Jüngst erst hat einer unserer

1) „Die Einheit und Allgemeinheit des sittlichen Bewußtseins“. Köln 1895. „Die Sittlichkeit im Lichte der Darwinschen Entwicklungslehre“. Þaderborn 1895. Ebd. — „Das andere Leben“. 4. Auflage. 1895. „Die Naturvölker". 2 Bände. 1885-86.

angesehensten Theologen sich dahin geäußert, daß dieses „schöne Werk" allen zu empfehlen sei, welche nach Beruf und Lebensstellung eine genauere Kenntniß des wichtigen und schwierigen Problems bedürfen". 1) Gleichzeitig schrieb der hochwürdigste Herr Bischof von Rottenburg: „Ich empfinde einigen Stolz darüber, daß ich durch manchen kräftigen Appell an den Herrn Verfasser, der inzwischen den Katheder mit der bischöflichen Kathedra von Paderborn vertauscht hat, zum Zustandekommen dieses Werkes beigetragen habe, durch dessen Lektüre ich die seit langem gehegte Ueberzeugung von der Nothwendigkeit dieser Arbeit bestätigt und alle Erwartungen, die ich auf den Autor gesezt, erfüllt und übertroffen sehe“.) Da auf solche Urtheile der Grundsay Anwendung finden muß, „ponderantur, non numerantur", möchte es unbescheiden oder doch überflüssig scheinen, wenn irgendwer noch weitere Worte machte; allein im Zeitalter des allgemeinen und gleichen Wahlrechtes nimmt man das nicht so genau, man hat sich gewöhnt, die Stimmen ohne Rücksicht auf ihre Herkunft eben doch auch zu zählen.

Mit bestem Recht fonnte als Untertitel zeitgemäße Erörterungen zum Haupttitel hinzugefügt werden. Denn die Laienmoral beschäftigt und bewegt als theoretisches Problem viele Denker und Dichter; sie findet nicht bloß fachmännische Behandlung, auch Dußende von Amateurs mischen sie in die Duzendwaare ihrer Novellen, Romane, Dramen und Gedichte. In der Praxis der Lebensführung soll sie sicherem Vernehmen nach" eifrig geübt werden und ihre süßen Segnungen still und stetig verbreiten.

In glücklicher Weise vereint das Werk Vorzüge, welche nur die Vereinigung von überlegenem Geistesblick mit energischer Schaffenskraft zu vereinen vermag. Es enthält nicht bloß Polemit, sondern bemüht sich erfolgreich um positiven Aufbau; und auch jene vertheidigt nicht bloß und widerlegt, sondern belehrt auch durchweg. Es wiederholt nicht bloß altewige Wahrheiten, sondern dringt tief ein und fördert zu Tage. Es

1) Professor von Schanz in

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heol. Quartalschrift“ 83 (1901) 153. 2) Literarische Rundschau vom 1. Januar 1901 (27, 12).

bietet eine staunenswerthe Fülle zeitgenössischer Zeugniffe, aber nicht in verwirrender Menge; es sichtet sie vielmehr und schichtet sie zu einem eindruckvollen Ganzen. Während die Weltanschauung des Verfassers so hoch emporragt über all den Wechsel von philosophischen Tagesmoden, wendet er doch scharf blickende Aufmerksamkeit dem Modernen und Modernsten zu Nach einer großzügigen Einleitung wird dargelegt, wie „der Denkgeist der Gegenwart" über „unabhängige" Moral denkt (34 ff.) und wie er daran arbeitet, sie durch sociale Organisationen zu fördern (79 ff.). Die logische Entwicklung wie der sociale Betrieb der unabhängigen Moral spiegelt fic nach dem Stande, der am Jahrhundertende erreicht worden ist, in diesen beiden Kapiteln (II und III). Die logische Entwicklung der Laienmoral geht vorab von drei Firmen aus. Der Positivismus liefert das System unabhängiger Sittlichkeit, der Darwinismus steuert deren einstmaligen Ur sprung bei, der Materialismus nimmt Gegenwart und Zukunft in seine auf das Praktische gerichtete Fürsorge. Den socialen Betrieb der Laienmoral besorgen allerlei Gilden und Zünfte, welche bei vielen inneren Zwistigkeiten doch in der höheren Einheit zusammenkommen, daß die „Entpfaffung“ der Schule durchaus erreicht werden muß. So z. B. die Positivistenkirche, die Freidenkervereine, die „DGEK“. Lezteres bedeutet zwar keine Eisenbahngesellschaft, aber doch ein Vehikel des Fortschritts: die deutsche Gesellschaft. zwar nicht für entpfaffte", aber was auf das Nämliche herauskommen soll für ethische Cultur. Wird derart der Stand der Frage in seiner vollen Aktualität beleuchtet, so folgt nun in den weiteren vier Abschnitten die Auftheilung der Gesammtfrage. Es geschieht dieses nach zweifacher Rücksicht, einmal nach der Norm und dem Ursprung der Sittlichkeit, zweitens nach der Beantwortung dieser Grundfragen durch die religionslose Ethik und die religiöse. In den zwei folgenden Kapiteln (IV und V) wird die Norm und der Ursprung der Sittlichkeit nach der Laienmoral dargelegt, in den zwei lezten (VI und VII) der Aufbau der religiösen Moral und die Abwehr landläufiger Einreden dawider geboten.

Es gewährt hohen Genuß, zu beobachten, wie geradaus

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