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sprechenden Aeußerungen eine grundsäßliche Rathlosigkeit darüber finden, wie vom protestantischen Standpunkt aus die Frauenfrage auf allen Gebieten, auf dem wirthschaftlichen sowohl wie auf dem der Bildung und der Rechtsstellung, zu lösen sei.

Die angegebenen Eigenthümlichkeiten der ersteren Richtung finden wir kurz vereinigt in einem Vortrag, den der Professor der Theologie zu Basel Dr. Bornemann im Darmstädter Zweigverein des evangelischen Bundes 1899 gehalten hat.1) Die schwierige Aufgabe, besondere Vortheile aus der sog. deutschen Reformation des 16. Jahrhunderts für die Frauen herauszufinden, sucht der Verfasser also zu lösen. Die Erhöhung des Weibes durch die Auserwählung „der Gebenedeiten unter den Weibern" zur Gottesmutter wird mit Stillschweigen übergangen. Der Lehre Christi von dem Stande der Jungfräulichkeit gegenüber der Ehe, die durch Paulus und die Uebung der ersten christlichen Jahrhunderte einen so nach, drücklichen Commentar erhalten hat, widerfährt dasselbe Schicksal, obwohl bis heute nichts so sehr die Freiheit und persönliche Gleichwerthigkeit des Weibes gegenüber dem Manne gefördert hat. Auch die großen Frauen aus der Väterzeit und dem Mittelalter bleiben unerwähnt. Durch dieses Dunkel, das mit allgemeinen Säßen über die Erlösung durch Christus nach protestantischer Auffassung zum Dämmerlicht verwandelt wird, hat sich der Verfasser den schattigen Hinter grund geschaffen, aus dem er die Segnungen der Reformation für das Weib folgendermaßen lichtvoll hervortreten läßt: „Das Evangelium der Reformation hat dem weiblichen Geschlecht noch besondere Gaben gebracht: die Freiheit von der priesterlichen Bevormundung, die Freiheit vom asketischen flösterlichen Lebensideal, die Anerkennung der natürlichen Eigenart und Stellung der Frau, die Heiligung von Ehe und Mutterglück und die Grundgedanken einer zweckmäßigen

1) Der Protestantismus und die Frauen. Magdeburg 1900.

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Erziehung." Um die Befreiung von der priesterlichen Bevormundung" zu veranschaulichen, wird das Bußsakrament mit der Beichte, das doch nicht bloß für die Frauen, sondern ebenso für die Männer, den Klerus mit inbegriffen, da ist, mit unverhüllten Unwahrheiten als Tortur geschildert. Mehr noch an Wahrheitsentstellung wird geleistet, um „das asketische klösterliche Lebensideal" als Popanz hinzustellen, wobei dem gebildeten Leser eine ungewöhnliche Unwissenheit zugemuthet wird. Mit Berufung auf Luther's Schrift: „Ursache und Antwort, daß Jungfrauen Klöster göttlich verlassen mögen“, heißt es: Die Ehe und Kindererziehung ist der eigentlice Beruf des Weibes. Darum ist die Befreiung aus diesen Gefängnissen menschlicher Tyrannei ein göttlich segensreiches Werk, für das man offen eintreten muß, um möglichst all gefangenen Gewissen zu retten und alle Klöster zu leeren (S. 15). Dieselben Zuhörer, denen Prof. Bornemann mi diesen Worten die Ehe als höchstes und eigentliches Ziel des Weibes geschildert hat, haben aber am Schlusse der Rede folgende Aufforderung zum Ergreifen des Diakonissenberufs vernehmen müssen: „Die zehntausend Diakonissen im deutschen Sprachgebiete sind noch lange nicht genug für die Anforde rungen der Zeit! Wer sich diesem Berufe hingibt, wird seinen Segen an sich erfahren. Auch helfen alle solche Dienste mit, Gemeinde und Kirche zu bauen und dem Vordringen des römischen Wesens und seiner barmherzigen Schwestern Einhalt zu thun".

Bevor wir diese sonderbare Einladung an die protestan tischen Jungfrauen, ihren „eigentlichen“ Beruf zu verfehlen, und die Entgegenstellung der Diakonissen und der barm herzigen Schwestern eingehend beleuchten, empfiehlt es sich aber, „die Heiligung der Ehe“ durch Luther und ihre Erhöhung über die gottgeweihte Jungfräulichkeit ins Auge zu fassen. Luther's Buch des Cölibats ist bekanntlich von seinen besten zeitgenössischen Freunden nicht gerade als eine Förderung seines Reformationswerkes angesehen, sondern mit Kopfschütteln

als Schädigung desselben betrachtet worden. Eine schwärmerische Begeisterung für Luther's Buch des Cölibats unter seinen Zeitgenossen begegnet uns nur bei Geistlichen, die mit ihrem Beruf zerfallen, den freiwillig übernommenen Cölibat als lästigen Zwang empfanden und denselben schließlich wie Luther selbst als eine Unmöglichkeit ansahen. Wir unsererseits wollen die Vermuthungen, welche sich aus den Umständen über den sittlichen Charakter jener plößlichen Heimführung der ehemaligen Nonne leicht aufdrängen, keineswegs in Anschlag bringen; im Interesse milder Schonung wie der strengsten Wahrheit wünschen wir vielmehr, daß katholischerseits darauf möglichst wenig Gewicht gelegt werde. Indeß fordert doch auch die vorurtheilsfreie Wahrheitsliebe, daß das Urtheil über jene Verehelichung seitens der zeitgenössischen Freunde Luther's nicht durch Leute wie „Lutherophilus“ in der Schrift „Das sechste Gebot und Luthers Leben“ (Halle, 1893) ins gerade Gegentheil umgekehrt werde. Nur wenn die historische Kritik auf den Kopf gestellt wird, ist das möglich. In keinem Falle kann dieser Schritt des Reformators" als eine eigenthümliche Förderung des Ehestandes aufgefaßt werden, nachdem die christliche Ehe durch fünfzehn Jahrhunderte bestanden hatte und ihre Einheit, Unauflöslichkeit und Heiligkeit oft genug energisch vertheidigt worden war. Dagegen bemühen sich im Sinne Prof. Bornemann's die eifrigen Anhänger Luther's der Gegenwart, das als eine heldenmüthige That ersten Ranges und eine Rettung des Christenthums zu preisen, was Melanchthon aus einer Verweichlichung des edlen und hochgesinnten Mannes" herzuleiten sich genöthigt sah, mit der schließlichen Mahnung, man dürfe wegen des Fehltrittes eines Lehrers die Lehre nicht verurtheilen". Die dichtende Mythe kann schwerlich großartigere Leistungen zu Stande bringen, als diesen Glorienschein, welchen z. B. der Generaljuperintendent der Rheinprovinz Dr. Wilhelm Baur in seinem Buche: „Das deutsche evangelische Pfarrhaus" (4. Auflage.

Hiftor. polit. Blätter CXXVII. 6. (1901.)

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Bremen, 1896) um den Hausvater Luther und seine Familie gezaubert hat.

„So steht", heißt es dort S. 72, „der Gewaltige, der Kaiser und Reich in Staunen geseßt, im Hausrock vor uns mit entzückender Herzlichkeit. Ja der launige, neckische Ton, in welchem er seine Frau Herrn Käthe, Doktor Käthe, seinen Moses und was alles nennt, wäre nicht möglich, wenn nicht hier das tiefste Verhältniß in Gott gegründeter Liebe bestünde. Welch ein Verlust für das deutsche Volk, für die Christenheit, wenn dieser Mann nicht Vater geworden wäre! Das Herzen, Küssen und Segnen der Kinder, welches der Heiland gethan, findet sich hier ins Deutsch eines Vaters überseßt, dem die Liebe zu den Kindern durchs innerste Gemüth geht. Luther am Weihnachtsfeste, Luther in der Gartenfreude, das Weib an der Seite, die Laute in der Hand, die Kinder jubelnd umher, Muhme Lehne ja nicht zu vergessen, der sorgsame demüthige, stille Hausgeist, Luther auf der Hauskanzel und in der Hauscantorei, Luther mit den Freunden über der Bibel und dann im Tischgespräche welch eine Fülle warmen, fernhaften, deutschchristlichen Lebens! Das deutsche Volk kannte hinfort fein edleres Leben, und die deutschen Pfarrhäuser thaten wohl, den Lutherschen Typus festzuhalten“.

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In ähnlicher dithyrambischer Weise wird Luthers That verherrlicht in einem Buche, das durch den Titel schon das allbekannte Buch des socialdemokratischen Führers Bebel vom protestantischen bibelgläubigen Standpunkte widerlegen will: „Der Socialismus und die Frau in Vergangenheit, Gegens wart und Zukunft. Von Germanicus. Bebel im Lichte der Bibel. Zweiter Theil." (Leipzig, 1899). Ob dieser Germanicus der sprichwörtlich gewordenen deutschen Ehrlichkeit Ehre gemacht hat, werden wir sofort bei der kritischen Beleuchtung dieser Geschichtsauffassung sehen, wonach erst durch Luther's Ehe die volle Schönheit des weiblichen Geschlechtes zur Erscheinung kam: die Hausfrau mit der Bibel in der Hand.“

Thatsächlich verwickeln sich diese Lutherdichter in unlösbare Schwierigkeiten, mögen sie von Luther's Ehe aus rückwärts

in die Geschichte des Christenthums oder vorwärts in die ocialen Verhältnisse der Gegenwart, zumal in die Nöthen Der Frauenfrage blicken. Im Lichte der vorlutherischen Kirchenzeschichte angefangen von Christus, wie er im Evangelium or uns steht, stellt sich die angebliche Erhöhung des Weibes Durch Luther's Lehre und Ehe in Wahrheit als eine tiefe Erniedrigung von der wirklichen Höhe, auf die Christus das weibliche Geschlecht gestellt hat, heraus. Die Gegenwart aber sucht vergeblich die segensreichen Folgen der „großen That" Luther's; die besten protestantischen Frauen kommen dabei in arge Verlegenheit, während Bebel und Genossen daraus ihre unwiderleglichen Consequenzen zur Verhöhnung des Christenthums ziehen. In der angegebenen Weise rückwärts und vorwärts blickend, haben wir beides zu erläutern.

a) Der Blick von Luther's Ehe rückwärts in die
Vergangenheit.

Die von Christus grundgelegte und in der katholischen Kirche stets festgehaltene Auffassung des Verhältnisses zwischen The und freiwilliger Jungfräulichkeit war für die sociale Stellung der Frau eine rettende That, welche der vorchrists lichen Welt als Unmöglichkeit erschienen war. Nicht alle faffen das Wort," sagt Christus, daß es gut sei, auf die Ehe um des Himmelreichs willen zu verzichten; wer es aber fassen kann, der fasse es“ (Matth. 19, 10-12). Generalsuperintendent Baur (a. a. D. S. 2) gibt diesen Worten den Sinn: „Christus selbst gibt die Thatsache zu, ohne sie zu tadeln, daß Etliche um des Himmelreichs willen der Ehe entsagen." Ist eine solche Abschwächung wohl wissenschaftlich oder eines ehrlichen deutschen Mannes würdig? Das ist nun ein Rath in der Absicht gegeben, daß er befolgt werde. Daß es sich in den Worten Christi um einen lebenslänglichen Berzicht, also um die Wahl eines Lebensstandes handle, ist deutlich im Text enthalten; daß ferner Christus diesen so erwählten Stand der Ehelosigkeit dem Ehestand vorgezogen

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