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Wort zu variiren: Habent sua fata libelli et musici? Bellaigue schließt die Reihe der höchst interessanten Auffäße, die sich mit den geistigen Strömungen des Jahrhunderts befaffen.

Seine religiöse Bewegung darzustellen, ist die Aufgabe des dritten Haupttheils (S. 661-881), der eingeleitet wird durch eine gehaltvolle Studie von R. M. de la Broije S. J. über die Stellung des religiösen Gedankens überhaupt im Culturleben der civilisirten Völker des 19. Jahrhunderts. „In unserer Zeit hat die religiöse Frage auf den Gebieten des Gedankens und des Lebens die erste Stelle eingenommen." Das beweist der Stand der Religionswissenschaften. Die ganze Richtung des Jahrhunderts zielt auf das religiöse Wiedererwachen der Menschheit hin. Aber all die modernen Systeme einer Religion ohne Dogma, von Schleiermacher bis auf Sabatier, können dieser Richtung nicht gerecht werden; nur ein System vermag es: die katholische Kirche. Darum begrüßt sie hoffnungsfroh das Morgenroth des 20. Jahrhunderts. Zwei darauffolgenden Studien des Varon Carra de Vaux und des Pariser Gelehrten Pisani über die nichtchristlichen und die getrennt-christlichen Religionsbekenntnisse wird man mit umso größerem Interesse folgen, als man ähnliche Zusammenstellungen seltener zu Gesicht bekommt.

Der streitenden Kirche widmet G. Fonsegrive, einer der thätigsten Vorkämpfer der Kirche unter den französischen Laien, einen erhebenden Artikel. Derselbe wirst düstere Schlagschatten auf das Jahrhundert des Lichtes und der Freiheit. Doch aus allen Kämpfen ging die Kirche siegreich und gekräftigt hervor, an geistiger Größe gewinnend, was sie an äußerem Glanze einbüßte. Ihre unverwüstliche Lebenskraft zeigt sich nach außen in der gewaltigen Ausdehnung, nach innen im Fortschritt ihrer Lehre. Jene schildert mit französischer Lebendigkeit der Dominikaner A. D. Sertillanges, diesen behandelt der Jesuit Bainvel in einer bemerkens

werthen Studie über die Entwickelung der theologischen Wissenschaft. Im Vordergrunde steht die Apologetik. „Die besten und zuverlässigsten apologetischen Werke sind in Deutschland erschienen; bekannt sind Hettinger, Schanz, Gutberlet, Wilmers, Weiß.“1)

Nach Bainvel schildert der Akademiker Graf d'Haussonville in leuchtenden Farben die charitative Thätigkeit hauptsächlich der französischen Kirche, mit werthvollen Exkursen über charitative Principienfragen. Eine der schönsten Abhandlungen des dritten Abschnittes, und vielleicht des ganzen Buches, ist die tief empfundene Studie des Bischofs Touchet von Orleans über das innere Leben der Kirche. Getragen vom ganzen Schwunge französischen Geistes und durchweht von dem Hauche edelster Mystik, sind diese Blätter des großen Kanzelredners durchaus würdig. Das innere Leben der Kirche, la vie intime de l'Eglise der Ausdruck stammt von Lacordaire vollzieht sich in der Ausübung ihrer übernatürlichen Mission, in der Fortsehung des Erlösungswerkes. Auf die Frage, ob im 19. Jahrhundert dies innere Leben der Kirche für Frankreich ein fruchtbringendes gewesen sei, lautet die Antwort, „selbst auf die Gefahr hin das Kopfschütteln der Pessimisten hervorzurufen“: „Wir können mit der Bilanz am Jahrhundertende zufrieden sein. Seit 1850 namentlich ist unsere Heilsthätigkeit in ständigem Fortschritt begriffen."

Dieser Geist fester Zuversicht durchdringt auch das mit classischer Eleganz geschriebene Schlußwort: Vers l'Unité, des Cardinalerzbischofs Richard von Paris. Ein maßvoller Optimismus hat überhaupt – bei Anerkennung aller Schwächen unserer Zeit - den abgegebenen Urtheilen das Gepräge des

1) Diesen Autoren ist nun auch noch Herr Geheimrath Alois von Schmid beizufügen, der vor Kurzem eine wenig umfangreiche, aber gedankenschwere Apologetit veröffentlicht hat.

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Wohlwollens aufgedrückt. Man sieht, daß es Urtheile sind von Männern, die mitten in ihrer Zeit stehen und die ihre Zeit lieben. Jene, die geneigt sind, in dem Natholicismus den Feind jeden Fortschrittes zu erblicken, können durch das vorliegende Werk eines Besseren belehrt werden.

Nach diesen kurzen Ausführungen wird es unnüß sein, dem neuen Buche eine besondere Empfehlung mit auf den Weg zu geben. Es ist von Franzosen geschrieben, aber nicht bloß für Franzosen. Auch der deutsche Leser wird aus demselben reiche Belehrung und Anregung schöpfen. Es ist ein richtiges standard-work, das den katholischen Gelehrten Frankreichs zur Ehre gereicht. Diese lichtvolle Synthese der Errungenschaften des 19. Jahrhunderts beweist, daß in Frankreich unter den katholischen Gelehrten, bei Geistlichen sowohl als bei Laien, reges wissenschaftliches Leben herrscht, daß man sich durchaus nicht hermetisch abschließt, sondern den modernen Forschungen mit Unbefangenheit gegenübersteht. Mögen die berechtigten Wünsche und Hoffnungen, die in dem schönen Buche allenthalben ausgesprochen werden, sich reichlich verwirklichen, troß der überaus trüben Aussichten, mit denen der Morgen des 20. Jahrhunderts für Frankreichs Katholiken angebrochen ist Quod Deus O. M. bene vertat!

Dr. N. Paulus.

XLII.

Die „Los von Rom"-Bewegung in Oesterreich.

VIII.

Unseren leßten Bericht über die österreichische Abfallsbewegung schlossen wir mit der Bemerkung, daß die deutschradikale Partei vor dem Forum der Geschichte gebrandmarkt sei als Helferin von Bestrebungen, welche in ihren Consequenzen nothwendig zu einer schweren Schädigung des Deutschthums führen. Wir hatten da die Unterstützung im Auge, welche die deutschradikalen Führer und Blätter dem apostasirten czechischen Geistlichen Ischka zu Theil werden ließen, um demselben es möglich zu machen, an der Wiederaufrichtung des husitischen Kirchenthums weiter zu arbeiten.

Daß es der deutschradikalen Partei nicht um die Rettung des österreichischen Deutschthums zu thun ist, sondern um ganz andere Dinge, liegt so offen zu Tage, daß darüber ein vernünftiger Zweifel nicht bestehen kann. Ein schlagender Beweis für diese Behauptung liegt schon darin, daß gut deutschgesinnte Parteien, wie der verfassungstreue Grundbesiß, die christlichsociale Vereinigung (von der ehemaligen Katholischen Volkspartei, dem jezigen Centrumsklub ganz zu schweigen), von den Deutschradikalen in die Acht erklärt und für „unwürdig" bezeichnet worden sind, zur deutschen Gemeinbürgschaft zu gehören. Nur die deutsche Volkspartei und bedingungsweise auch die deutsche Fortschrittspartei haben vor den „Urteutonen“ Gnade gefunden; aber natürlich nur deßhalb und für so lange, als sie sich dem deutschradikalen Commando willig fügen. Von

Wohlwollens aufgedrückt. Man sieht, daß es Urtheile sind von Männern, die mitten in ihrer Zeit stehen und die ihre Zeit lieben. Jene, die geneigt sind, in dem Katholicismus den Feind jeden Fortschrittes zu erblicken, können durch das vorliegende Werk eines Besseren belehrt werden.

Nach diesen kurzen Ausführungen wird es unnüz sein, dem neuen Buche eine besondere Empfehlung mit auf den Weg zu geben. Es ist von Franzosen geschrieben, aber nicht bloß für Franzosen. Auch der deutsche Leser wird aus dem selben reiche Belehrung und Anregung schöpfen. Es ist ein richtiges standard-work, das den fatholischen Gelehrten Frankreichs zur Ehre gereicht. Diese lichtvolle Synthese der Errungenschaften des 19. Jahrhunderts beweist, daß in Frank reich unter den fatholischen Gelehrten, bei Geistlichen sowohl als bei Laien, reges wissenschaftliches Leben herrscht, daß man sich durchaus nicht hermetisch abschließt, sondern den modernen Forschungen mit Unbefangenheit gegenübersteht. Mögen die berechtigten Wünsche und Hoffnungen, die in dem schönen Buche allenthalben ausgesprochen werden, sich reichlich verwirklichen, troß der überaus trüben Aussichten, mit denen der Morgen des 20. Jahrhunderts für Frankreichs Katholiken angebrochen ist Quod Deus O. M. bene vertat!

Dr. N. Paulus.

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