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testirten durch ihre Sprecher energisch gegen die Verlesung, aber der Präsident blieb bei seiner Anordnung. Nun begann da freisinnige" Horschiza, ein Jungczeche, das Aktenstück da Deutschradikalen in extenso zu verlesen, langsam und deutlich, als ob ihm die Publicirung des deutschradikalen Schmutze Vergnügen machte. Die Verlesung wurde oft mit Pfui-Rufen auf Seite des Centrums und mit Beifalls-Rufen und Hön Rufen von den Alldeutschen unterbrochen. Nach einiger Zett verließen die Polen und der conservative Großgrundbest demonstrativ den Saal, im Abgehen erklärend, daß sie die Ver lesung einer solchen scandalösen Interpellation nicht mitanhören wollen. Die Verlesung nahm nicht weniger als anderthal Stunden in Anspruch.

Als sie zu Ende war, erging ein Gericht über die un qualificirbare Scene nieder, wie es vernichtender nicht gedach: werden kann, wenigstens nicht in dem armen arbeitsunfähigen österreichischen Parlament. Der deutschradikale Dr. Eisenfold hatte die Stirne, zu Gunsten des schmählichen Scandals eine Rede zu halten und mit den bekannten protestantisch-pietistischen Phrasen um sich zu werfen. Aber es half nichts. Die Entrüstung war auf allen Seiten des Hauses, selbst bei den Jungczechen, zu groß. Die Redner der verschiedenen Clubs waren einig in der schärfsten Verurtheilung des schönerianischen Trics, der nichts anderes bezweckte, als die katholische Kirche und den katholischen Klerus zu verhöhnen, der öffentlichen Verachtung preiszugeben, die Graßmann'schen Gemeinheiten, die in Desterreich polizeilich verboten sind, unter's Volk zu bringen und so für die Los von Rom-Bewegung Propaganda zu machen. Die Entfernung der Interpellation aus dem Protokoll aber wurde fast einstimmig zum Beschluß erhoben. Die Schönerianer waren im Parlament isolirt mit sammt ihrem Los von Rom".

Noch eine andere Nichtswürdigkeit haben sie auf dem Kerbholz. Zur Unterstüßung und Bekräftigung ihres Angriffs auf die ,,sittenverderbende" Moral des hl. Alfons und auf das Beichtinstitut der katholischen Kirche fabricirten sie eine Statistik von Sittlichkeitsvergehen, deren sich katholische Priester im Laufe des Jahres 1900 sollen schuldig gemacht haben, und versuchten diese Statistik gleichfalls ins Reichsrathsprotokoll einzuschmuggeln,

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um deren unbeanstandete Verbreitung unter der Bevölkerung sicher zu stellen. Die Statistik zählt 66 Fälle klerikaler UnSittlichkeiten" auf, 28 aus Desterreich, 11 aus Italien, 10 aus Deutschland, 9 aus Frankreich und 8 aus anderen Welttheilen. Und diese 66 Fälle, von denen übrigens viele, wie authentisch nachgewiesen ist, blanke Erfindungen sind, sollen die „römische Unsittlichkeit" erweisen und die Apostasie empfehlen! Heuchelei über Heuchelei!

Aus Böhmen.

XLIII.
Zeitläuje.

Stimmungen aus Berlin: England oder Rußland?

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Den 12. März 1901.

Es ist nahezu ein Jahr, daß in dem Münchener liberalen Hauptblatt, welches sonst als berlinerisch officiös gilt, folgende Säte zu lesen waren: Durch unser deutsches Volk geht seit Jahren schon ein eher im Wachsen als im Abnehmen begriffener Zug der Verstimmung und des Mißbehagens. In diesem Sinne kann man sogar von dem Zutagetreten einer gewissen Reichsverdroffenheit sprechen, die zu der vorbehaltlosen Freude am Vaterlande in einem sehr wenig erfreulichen Gegensage steht. Wo fehlt es und wie ist zu helfen? Auf die erste Frage möchten wir ohne Zaudern antworten: an der nöthigen Ruhe und Sammlung, und infolge dessen an der Fähigkeit, die Situation klaren Blickes zu überschauen. Das allgemeine Uebel unserer Zeit, die Nervosität, hat auch unser Volk befallen, und nicht nur das Volf, sondern zu gleich, ja in erster Linie ihre Führer und Leiter. Es hat

eine allgemeine nervöse Ueberreizung plaßgegriffen, die na einem nicht unbedenklichen Drange nach Vielgeschäftigkeit, i= einer gewissen Ueberhastung, der dann nicht selten eine plöt liche Abspannung und Erschlaffung folgt, sich kundgibt. Ari dem Wege weiser Beschränkung werden wir auch zur dringend nöthigen Klärung unserer inneren Verhältnisse und zur Be seitigung jener Nervosität gelangen, unter der Volk und Regierung allzulange schon leiden“.1)

Der Zug der herrschenden Verstimmung im Reich und namentlich in Preußen kam in völlige Siedehize in Folge des 17 tägigen Besuchs des Kaisers in England am Todbette und zur Bestattung seiner Großmutter, der Königin von England, und der damit verknüpften Vorkommnisse. Als dann der König Eduard auch zum Besuche seiner todtfranfen Schwester, der Mutter des Kaisers, nach Deutschland kam und von seiner Absicht verlautete, in Berlin erscheinen zu wollen, schrieb das hochofficiöse Blatt des Reichskanzlers in ungewohntem Tone: „Einige deutsche Blätter haben daraus ein politisches Ereigniß zu machen gesucht, um sich in giftigen Angriffen zu ergehen, welche auch den Kaiser auf's Tiefste verlegen müssen. Es wird damit ein Grad von Gesinnungs rohheit verrathen, der die schärfste Zurückweisung verdient“. Also das Bauchrutschen vor dem Kaiser", über das die „Vossische“ in Berlin sich seinerzeit geärgert hat, wäre stillegestanden.

Selbst eine Zeitung, welche zugeben muß, daß die neue deutsche Weltpolitik" auf das Verhältniß zu England angewiesen sei, da sich zeige, daß sie in China keinen andern Bundesgenossen habe als England, tadelt doch das Vorgehen in der Frage: Deutschland habe nicht einmal eine unpor teiische Neutralität in dem ungerechten Kriege Englands gegen die Buren gewahrt, denn der Kaiser habe Krüger nicht

1) Leitartikel der Münchener „Allgemeinen Zeitung" vom 25. März 1900.

empfangen, wohl aber sei er an das Sterbebett seiner Großmutter nach England gereist, habe dort nicht nur mit der Königsfamilie intimen Umgang gepflogen, sondern auch die Würde eines englischen Feldmarschalls angenommen und dem Lord Roberts, dem „Besieger“ der Buren, sogar den Schwarzen Adler-Orden verliehen, und sich durch das alles in den schroffsten Widerspruch mit der Stimmung der Nation gefeßt.) Die Berliner Staatsbürger-Zeitung" stimmt geradezu in den lärmenden Chor der sogenannten " „Alldeutschen" ein:

„Aber nicht bloß unfaßbar bleibt diese Politik der deutschen. Volksseele, nein, sie erscheint ihr unmöglich und unerträglich. Und laut und dringend verlangt das deutsche Volk von seiner Regierung, daß solche falsche, daß solche ungerechte Politik nicht vor aller Welt ihren sichtbaren Ausdruck, ihre unabweisbare Verurtheilung findet. Wie ein Alp liegt es auf der Brust jedes monarchisch gesinnten deutschen Mannes. Man wird irre an der deutschen Rechtlichkeit und Zuversichtlichkeit. Im Ausland nicht nur, nein, im besten, im treuesten Theil des deutschen Volkes, das für seinen Kaiser einstehen will mit Leib und Leben, Treue um Treue. Das deutsche Volk gibt alles für seinen Kaiser; um so schwerer, um so leidvoller wird ihm die Empfindung, daß zwischen dem Wollen des Kaisers und dem Fühlen des Volkes eine so tiefe Kluft aufgähnt und sich in erschreckender Weise erweitert. Aus der quälenden Angst der Liebe, aus der schreckenden Sorge der Treue preßt sich der Ruf des deutschen Volkes hervor: Kaiser, kehr um! Kehr um von englischen Schmeichelreden, von britischen Lobgefängen zu der heimischen Sprache deines Volkes!")

Auch das Bismarckblatt in Leipzig urtheilt ebenjo. Es bringt einen Leitartikel: Kaijer kehre um!", worin es es sagt: niemals seit den schlimmsten Tagen des Caprivismus

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1) Aus den Grenzboten“ s. Münchener „Allg. Zeitung“ vom 2. März d. Js.

2) Aus der „Kölnischen Volkszeitung" vom 22. Februar d. Js.

eine allgemeine nervöje Ueberreizung 1 einem nicht unbedenklichen Drange nau einer gewissen Ueberhastung, der dann liche Abspannung und Erschlaffung foly dem Wege weiser Beschränkung werden nöthigen Klärung unserer inneren Ver seitigung jener Nervosität gelangen, Regierung allzulange schon leiden“.')

Der Zug der herrschenden Verst namentlich in Preußen kam in völl. des 17 tägigen Besuchs des Kaisers 11 und zur Bestattung seiner Großmi:" England, und der damit verknüpft dann der König Eduard auch zum V. Schwester, der Mutter des Kaisers und von seiner Absicht verlautete, wollen, schrieb das hochofficiöse B1ungewohntem Tone: „Einige deut ein politisches Ereigniß zu machen. Angriffen zu ergehen, welche an verlegen müssen. Es wird dam rohheit verrathen, der die schär Also das Bauchrutschen vor „Vossische" in Berlin sich seine gestanden.

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