ภาพหน้าหนังสือ
PDF
ePub

LVIII.

Die „Los von Rom"-Bewegung in Oesterreich.

IX. Protestantischer Protest gegen einen Hirtenbrief.

Wie alljährlich an Weihnachten hat der hochw. Bischof Schöbel von Leitmerih auch voriges Jahr ein Hirtenschreiben an seine Diöcesanen gerichtet. In demselben führt er bittere Klage über die ungeschwächt fortdauernde Abfalls hehe, spricht sein tiefes Bedauern darüber aus, daß ein so großer Priestermangel in seinem Hirtensprengel herrsche, ermuntert die Gläubigen zum treuen Festhalten an ihrem an gestammten Glauben, empfiehlt die eifrige Förderung der katholischen Presse und des katholischen Vereinslebens und ermahnt alle Reichsrathswähler, nur solchen Candidaten ihre Stimme zu geben, welche für die bedrohten Interessen der Kirche einzutreten gewillt seien.

Aus dem ganzen Hirtenschreiben empfindet man den Pulsschlag eines betrübten und besorgten Vaterherzens heraus, das wirksamer helfen und schüßen möchte, aber dazu sich nicht im Stande fühlt. Einen unmittelbaren Erfolg hat übrigens, soweit wenigstens die Reichsrathswahlen in Betracht kommen, das Schreiben nicht gehabt. Alle innerhalb des Leitmerizer Bisthums gewählten Abgeordneten stehen mehr oder weniger der Kirche feindlich gegenüber; sie sind liberal oder gar radikal, alle bereit, das gesellschaftliche und staat liche Leben noch mehr als bisher dem Einflusse der Kirche

zu entziehen. Eine Stelle in dem Schreiben rief aber besonderen Widerspruch hervor.

Der Passus über die „Los von Rom"-Bewegung, jener Passus, der den Protest protestantischer Pastoren in Böhmen herausgefordert hat, lautet also:

"

Was ist nicht Alles in unserem engeren Vaterlande und in weiner Diöcese von den Feinden unternommen worden, um die Christgläubigen im Glauben zu erschüttern, ihrer heiligen Mutter zu entreißen und dem Irrglauben zuzuführen! Unzählige kirchenfeindliche Flugschriften und Heßartikel wurden aus dem Auslande eingeschmuggelt und theils auf den Straßen und Wegen ausgestreut, theils in Häuser oder an einzelne Personen versendet; ausländische nichtkatholische Religionsdiener erlaubten sich in rein fatholischen Orten, oft zur Nachtzeit und ohne obrigkeitliche Erlaubniß, Versammlungen abzuhalten, gegen die katholische Kirche Schimpf- und Spottreden loszulassen und katholische Christen zum Abfalle zu verleiten; große Summen Geldes wurden von ausländischen Vereinen aufgeboten, damit in katholischen Gegenden hier zu Lande, wo gar keine oder nur sehr wenige Andersgläubige anzutreffen sind, nichtkatholische Bethäuser erbaut und der Abfall von der Kirche mit klingender Münze belohnt und so lockender gemacht würde".

... Das Feldgeschrei,Los von Rom' bedeutet eigentlich: Los von Oesterreich, los vom katholischen Regentenhause Desterreich. Die Schreier Los von Rom“ oder ihre Hintermänner, die Anstifter dieses Feldgeschreies wollen Anschluß eines gewissen Theiles der österreichischen Monarchie an das benachbarte Ausland, und weil sie wissen, daß dieses einen Zuwachs mehrerer Millionen katholischer Christen nicht wünscht, so suchen sie die katholischen Christen unseres Vaterlandes und anderer Länder Desterreichs dem katholischen Glauben ab= wendig zu machen und sie zur evangelischen Religion zu ,bekehren, vergessen aber, daß es im begehrten Auslande selber gar viele Bekehrungsbedürftige gibt, daß die Pastoren selber ́im Glauben uneins sind, daß Manche aus ihnen nicht mehr an die Gottheit Jesu glauben, und daß in den größeren Städten ein

förmliches Heidenthum heranwächst, da viele tausend Kinder

nicht getauft sind.“

Dieser Passus nun erregte das Mißfallen der protestantischen Prediger Böhmens im höchsten Grade und veranlaßte sie zu folgender Erklärung:

"

1. Wir verwahren uns gegen den Vorwurf, als ob in Folge der Bewegung fremdländische Prediger ein gedrungen seien. Die evangelische Kirche steht auf dem Boden des Volksthums als der gottgewollten Grundlage für den Aufbau des Reiches Gottes auf Erden. Sie will also deutsche Geistliche für deutsche Gemeinden und übernahm deßhalb bei dem herrschenden Theologenmaugel solche aus Deutschland unter Wahrung aller gesetzlichen Formen.

2. Wir weisen die Verdächtigung der Vaterlandslosigkeit zurück, die in der Behauptung liegt,,Los von Rom' sei gleich Los von Desterreich und seinem katholischen Fürstenhause." Die evangelische Kirche Desterreichs hat nach ihrer als Reichsgesetz erlassenen Kirchenverfassung ihre oberste Kirchenbehörde in dem f. f. evangelischen Oberkirchenrath in Wien und erkennt den Kaiser als ihren obersten Schirmherrn an, dessen Schußes und Wohlwollens sie sich ausgesprochenermaßen erfreut. Sie fennt auch wohl das Wort Christi: Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und das Wort des Apostels: „Jedermann sei unterthan der Obrigkeit.'

3. Wir verabscheuen die Verleumdung, als ob ausländische Vereine Geld gegeben hätten, um den Abgefallenen ihren Sündenlohn zu bezahlen'. - Die evangelische Kirche bedarf keiner unlauteren Mittel, da sie in dem Worte Gottes die blanke Waffe des Geistes gegen alle Feinde besigt; sie wirkt deßhalb bei allen, die sich ihr anschließen, rein auf die Ueberzeugung von der ewigen Wahrheit des Evangeliums Jesu Christi hin. Wir fragen daher den Bischof von Leitmeriz, wie er solche Verdächtigungen mit dem Gehorsam gegen das achte Gebot vereinigt! . . . Die keineswegs erstmalige Bezeichnung der evangelisch christlichen Lehre als Irrlehre müssen wir mit Entrüstung zurückweisen, enthalten uns aber, mit Gleichem zu antworten.

-

Hiermit übergeben wir die bischöflichen Auslaffungen, welche sich als eine That der Unduldsamkeit brandmarken, dem Gericht der Deffentlichkeit".

So der Protest der protestantischen Pastoren Böhmens. Aufsehen hat dieser Pretest gerade nicht gemacht, troßdem für seine Publicirung in Nordböhmen durch die liberalen und radikalen Blätter reichlich gesorgt war. Und wenn die Evangelische Kirchenzeitung für Desterreich" triumphirend ausruft, daß mit der protestantischen Erklärung" der Leitmerizer Bischof eine glänzende „Abfuhr“ erfahren habe, so existirt diese Abfuhr" doch nur in der Phantasie der Herren Pastoren.

Was an ihrer „Erklärung“ zunächst auffallen muß, ist ihr totales Schweigen gegenüber dem Vorwurfe, „daß die Pastoren selber im Glauben uneins sind, daß Manche aus ihnen nicht mehr an die Gottheit Jesu glauben." Diesen Vorwurf, sicher den schlimmsten und compromittirendsten, welcher Prediger des reinen Evangeliums“ treffen kann, laffen die Herren unwidersprochen und nörgeln dafür an anderen, doch sehr untergeordneten Dingen herum. Nun, die Herren müssen wissen, warum.

"

Der Glaube an die Gottheit Jesu Christi, an den historischen gottmenschlichen Christus und dessen gottmenschliches Werk ist der rocher de bronce der christlichen Weltanschauung und des christlichen Volkslebens. Wer diesen Glauben nicht besigt, hat keinen Anspruch mehr auf den Namen eines Christen. Was aber hat die protestantische „wissenschaftliche" Theologie aus Christus gemacht? Sie hat ihn aus der Reihe der historischen Persönlichkeiten ausgestrichen, ihn zu einer bloßen Idee verflüchtigt und zu einem bloßen Postulate des vollkommen entwickelten religiösen Bewußtseins degradirt. Kants Postulaten-Theorie und fategorischen Imperativ hat der bekannte „Theologe" Albrecht Ritsch mit allen dieser Theorie anhaftenden zerstörenden Consequenzen auf das Gebiet des Christenthums übertragen

und hat Jesus Christus in das Gebiet der bloßen religiösen Ideen verwiesen. Und was Kant grundgelegt, Ritschl ausgebildet, das hat in unseren Tagen A. Harnack gekrönt mit seinen Vorlesungen über das „Wesen des Christenthums". Harnack fennt keinen historischen gottmenschlichen Christus, und Harnack gilt als der höchste Prophet des protestantischen Christenthums.

Das Organ der böhmischen protestantischen Pastoren, die schon genannte „Evangelische Kirchenzeitung für Oesterreich" brachte in ihrer Nummer vom 15. Jänner d. Js. einen Panegyrikus auf das Harnack'sche Buch, empfiehlt es allen gebildeten" Protestanten zur eifrigsten Lektüre und erhofft von ihm einen friedlichen Ausgleich aller verschiedenen Richtungen innerhalb des deutschen Protestantismus.

"

"

„Mehr Evangelium, weniger Christenthum“, ruft Harnack seinen Glaubensgenossen zu; auch unsere österreichischen Pastoren hören diesen Ruf, verstehen ihn und geben ihn weiter. Die Person Christi gehört selbst nicht ins Evangelium hinein, nur der Vater;" Christus hat das Evangelium nur verkündigt", sonst hat er damit nichts zu thun! So heißt es jetzt im neuesten Protestantismus. Eine wahrhaft gotteslästerliche Rede. Ist das die blanke Waffe des Geistes", von der die Herrn Pastoren reden, und mit der sie auf die Ueberzeugung" einwirken wollen?

Das Harnack'sche Christenthum, dem die böhmischen protestantischen Pastoren laut den Ausführungen ihres Preßorganes huldigen, ist ein sehr unevangelisches Christenthum, diese Lehre ist eine Irrlehre in aller Form, und ein dieser entsprechender Glaube ist ein Irrglaube. Da hilft alles Berufen auf Kant, Ritschl, Harnock und andere „evangelische“ Männer nichts. Troßdem aber spielen die Herren die Tiefs gekränkten, weil der Leitmerizer Bischof den Abfall zum Protestantismus als einen Abfall zum „Irrglauben“ stigs matisirt hat. Sie weisen dieses mit „Entrüstung“ zurück.

« ก่อนหน้าดำเนินการต่อ
 »