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nationalen Cultur, unmittelbar berührt." S. 631 richtet er einen warmen Appell an das katholische Desterreich, dessen Bedeutung und Beruf für die orientalische Frage er seiner Zeit in einer eigenen Schrift voll Idealismus und Begeisterung betont hat. Man wird es begreiflich finden, daß ich den Wunsch nicht unterdrücken kann, es möge die Zahl und der wissenschaftliche Werth der katholischen Arbeiter auf diesem Gebiete sich immer mehr heben, insbesondere in der großen katholischen Monarchie, innerhalb welcher diese Zeilen geschrieben werden! Ich will hier kein Klagelied anstimmen; denn mehr als die bittere Klage nüßt das hoffnungsfreudige Wort, und mehr als das Wort die siegesmuthige That!"

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Wie schon das Titelblatt ankündigt, beschränkt sich Ehrhards Darstellung nicht auf die „Väter", sondern zieht auch die apokryphen Briefe, Evangelien, Apokalypsen, Apostelgeschichten, ferner das apostolische Symbol und die Anfänge der ascetischen und firchenrechtlichen Literatur, sowie die Martyrerakten in ihren Bereich. Es ist nicht ein Streit um Worte, wenn man für die Bezeichnung Patrologie“ oder „Geschichte der alt christlichen Literatur“ Partei ergreift; Möhler-Reithmayr und Alzog haben in den Titeln ihrer Werke (Patrologie oder [ältere] christliche Literärgeschichte) eine Gleichung gesezt, we keine Gleichheit vorhanden ist. Der Begriff „Kirchenvater ist und bleibt ein dogmatischer Begriff, für die historische Theologie gibt es nur altchristlich-theologische Schriftsteller. Abweichender Glaubensstandpunkt darf einen Schriftsteller von derselben historischen Behandlungsweise so wenig ausschließen als die falsche Construktion einer Präposition. Die Philologie darf nicht bloß den klassisch schreibenden Autoren ihre Aufmerksamkeit zuwenden und die historische Theologie nicht bloß den orthodox lehrenden und durch die Heiligkeit des Lebens ausgezeichneten. Ein dogmatisches Interesse wird dadurch in keiner Weise verlegt; denn es bleibt der Dogmatik unbenommen, ihr Werthurtheil an jeden einzelnen Schriftsteller anzulegen und ihre Lokation vorzunehmen. Der katholische Standpunkt verlangt keine bestimmte Auswahl, noch eine eigenthümliche Behandlung des literar-historischen Stoffes; er kommt nur zur Geltung bei dem Urtheil über den Werth der Resultate, zu

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welchen die einzelnen altchristlichen Schriftsteller gelangten" (S. 15). Im Kirchenlexikon 2. A. IX, 1616 ff. tritt Bardenhewer für die angefochtene „Patrologie" ein; ich muß aber gestehen, daß ich durch die Ausführungen des hervorragenden Gelehrten nicht überzeugt worden bin. Es verschlägt nichts, daß die Protestanten durch ihre dogmengeschichtlichen Voraussezungen dazu geführt wurden, die Patrologie mit der altchristlichen Literaturgeschichte zu vertauschen. Sachlich haben sie doch das Richtige getroffen, sie haben mit einem falschen Schlüssel die rechte Thüre geöffnet. Genauer sollte es freilich heißen altchristlich-theologische Literatur;" allein aus den ersten drei Jahrhunderten gibt es gar keine nicht-theologische christliche Literatur und auch in den folgenden Jahrhunderten des christlichen Alterthums verschwindet die profane christliche Literatur neben der theologischen, und ein theologisches Ingrediens hat schließlich jede Schrift aus den genannten Zeiten. Zudem kann das altchristlich" auch in prägnantem Sinne gefaßt werden und die alte christliche Literatur bezeichnen, die sich mit dem Christenthum selber beschäftigt. Thatsächlich werden unsere Patrologien ihrem Namen doch untreu und zwar durch ein plus und ein minus. Denn sie nehmen nothgedrungen Schriftsteller auf, denen der kirchliche Ehrenname eines pater nicht zukommt, weil sie auf Autoren, wie Tertullian, den Schöpfer der abendländischen Theologie, oder den unsterblichen Origenes nicht verzichten können. Ueber den Inhalt der Schriften und die Gedankenwelt der Schriftsteller bringen sie aber nicht mehr. als die Geschichte einer fachwissenschaftlichen Literatur oder schließlich selbst eine allgemeine Literaturgeschichte. So trefflich 3. B. wie bei Martin Schanz in seiner Geschichte der römischen Literatur (III. Theil) findet sich der Gedankengang einer altchristlichen Schrift nirgends angegeben. Die eingehende Behandlung des theologischen Gehaltes der Schriften, der Entwickelung der theologischen Anschauungen und Begriffe, der Fortschritte theologischen Erkennens, der Vorbedingungen und Vorarbeiten zu einem kirchlichen Dogma muß der Togmengeschichte überlassen bleiben. Früher befaßte sich damit die so= genannte und in der Regel mit der Patrologie verbundene Patristik", wenn sie sich nicht gar mit Anführung einiger

aus dem Zusammenhang herausgerissener dicta probantia jus frieden gab. Warum also die Bezeichnung Patrologie fest halten, wenn der dadurch gebotene Rahmen doch nicht eine gehalten wird? Aufgebracht wurde der Name Patrologia durch lutherische Theologen des 17. Jahrhunderts, die aber damit einfach die altchristliche Literaturgeschichte bezeichnen wollten. Wir haben so das seltsame Schauspiel, wie Lutheraner den Namen Patrologie prägen, die Katholiken ihn aufnehmen, aber mit dogmatischem Inhalte füllen, die Protestanten ihn gerade wegen dieser dogmatischen Imprägnation wieder fallen lassen. Der richtige Schlußakt wäre, daß die historische Theologie auch auf katholischer Seite ihn wieder aufgibt und der Dogmatik überläßt. Es wäre damit Mißverständnissen, wie dem von Ehrhard S. 15 angeführten Krüger'schen, am besten vorgebeugt. Selbstverständlich wird der katholische Theologe als akademischer Lehrer den Vätern der Kirche eine besondere Aufmerksamkeit schenken und auf ihre hervorragende Stellung und Bedeutung für die katholische Glaubenslehre hinweisen. Das thut unwillkürlich auch der protestantische Theologe; ich habe prächtiger als von Seeberg in Berlin noch nie über den großen Athanasius sprechen gehört. Sofern aber das protestantische Werthurtheil über die Resultate, zu welchen die alt christlichen Schriftsteller kommen, vom katholischen differint, wird es, wie leßteres, in Abhängigkeit von Principien gefällt, die nicht mehr rein historischer Natur sind" (S. 15).

Eine andere Frage ist die, ob auch die neutestamentliche canonische Literatur hereingezogen werden soll, wie dies Krüger auf protestantischer, Vatiffol auf katholischer Seite gethan haben. Hier erscheinen in eidologischer Gruppirung zuerst die paulinischen und katholischen Briefe, dann der Barnabasbrief, der erste Clemensbrief, Polykarpbrief, die Ignatiusbriefe; ebenso die Apokalypsen des Johannes, Petrus, der Hirte des Hermas u. ä. Es läßt sich nicht leugnen, wie auch Ehrhard S. 15 hervor hebt, daß dieses Verfahren in Verbindung mit anderen methodischen Vorzügen einen deutlichen Einblick in den Entwicklungsgang der altchristlichen Literatur gewährt, aber doch lehnt es Ehrhard S. 608 mit Recht ab, nicht aus einem dogmatischen, sondern aus einem historischen und methodologischen Grunde. Dasselbe

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wird nämlich der Thatsache nicht gerecht, daß die meisten. von diesen Schriften schon in der nachapostolischen Zeit ein ganz spezifisches Ansehen genossen haben und daß sie in wachsendem Maße als eine erste Literaturschicht empfunden. wurden, mit der sich keine andere auf dieselbe Linie stellen dürfe." Dazu kommt noch der weit wichtigere Umstand, daß die Mannigfaltigkeit und Schwierigkeit der literarhistorischen Fragen, deren Gegenstand das Neue Testament bildet, schon längst zur Gründung und Ausbildung einer eigenen biblischhistorischen Disciplin der Theologie, der Einleitung in das Reue Testament, geführt hat, die in der Gegenwart einen Umfang besißt, der denjenigen der ganzen altchristlichen Literaturgeschichte weit übertrifft." Treffend weist Ehrhard S. 632 f. darauf hin, wie gerade aus der Rückständigkeit der nachcanonischen Literatur der vornicänischen Zeit, die man ihr schon ungerechter Weise zum Vorwurfe gemacht hat, die Glaubensüberzeugung bekräftigt wird, daß in den canonischen Schriften ein Geist sich offenbarte, der nicht als das Produkt rein menschlicher Kräfte verstanden werden kann. Es ist daher unbegreiflich, wie ein Theologe leider war es ein katholischer — die Ueberzeugung aussprechen konnte, daß wir nicht das Geringste verloren haben, wenn auch heute plößlich alle vier Evangelien aus der Welt verschwinden'. Eine apologetisch - polemische Betrachtungsweise, die zu einer solchen Verkennung der Bedeutung göttlich inspirirter Bücher führt, kann unmöglich die richtige sein, und wer eine solche Ueberzeugung ausspricht, lehrt keine wahre Lebensweisheit."

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Die Entwicklungsstadien der vornicänischen Literatur" S. 592-635 sind in ihren Hauptlinien geradezu ausgezeichnet und zeugen von völliger Beherrschung der einschlägigen Fragen. Ehrhard besißt, wie alle seine Arbeiten dokumentiren, die seltene, aber überaus glückliche Verbindung von kritischem Scharfblick und souveränem Weitblick. Die Gabe des avνoдzór, συνοπτικόν, um mich eines platonischen Ausdruckes zu bedienen, des ideellen Zusammenschauens, ist ihm in hohem Grade eigen; er erfaßt die leitenden Gedanken, die geistigen Zusammenhänge und culturellen Faktoren einer Geschichts- und Literaturperiode und weiß sie lebensvoll zu schildern. Da sind keine klappernden

Todtengebeine und bleiche Schemen, sondern Gestalten mit Fleisch und Blut und heißem Herzschlag.

Zum Schlufe spricht Ehrhard S. 635 den Gedanken aus, daß die Erforschung der Tenkmäler der ersten christlichen Geiftesarbeit im Dienite der Offenbarung wie kaum ein zweites Arbeitsfeld innerhalb des weiten christlichen Culturleben dazu geeignet ist, den Geist der ersten Kirche in den Arbeitern der elften Stunde beim Heranbrechen der Schatten finsterer Nacht zu weden, zu stählen und zu erhalten, der sich am frühen jonnigen Morgen so herrlich und so erquickend in ihnen aus. gesprochen hat. Die etwas schwermüthige, eschatologische Stimmung, welche aus diesen Worten zu uns redet, erklärt sich wohl zum Theil aus leidigen Zuständen und Bewegungen in Cesterreich, zum Theil aus den körperlichen und seelischen Leiden, von denen das Vorwort (S. VIII) spricht. Hoffentlich haben sich leztere inzwischen ganz gehoben, und auch über erstere wird man noch nicht schreiben müssen: lasciate ogni speranza! Hase vergleicht einmal die eschatologische Stimmung ums Jahr 1000 mit dem düsteren Morgentraume eines Jünglings, der in diesem Frühling zu sterben meint, indeß frisches neues Leben sich vor ihm aufthut! Möge dem vorliegenden Bande des standard work bald der abschließende nachfolgen!

Reutlingen.

Hugo Koch.

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