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in breiten Mengen des Volkes künstlerisches Leben erwecken zu können, indem man sei es, wodurch es sei in diesen Schichten die Kunst propagirt, ist eine gedankenlose Utopie, weil diesem Beginnen die Massenarmuth, die übermäßige Arbeitszeit, die elenden Schulverhältnisse und die durchaus nothwendige politische und gewerkschaftliche Arbeit des Proletariats entgegenstehen." Auch der kühnste Phantast müsse einsehen, „daß in dieser gemeinen Wirklichkeit auch die Kunst kein Dasein unberührter Jungfräulichkeit führen darf und daß ein neuer blüthenprangender Garten künstlerischen Lebens sich nicht mit einem Zauberschlag aus dem Boden der kapitalistischen Gesellschaft erwecken läßt. Wer eine Befreiung der Kunst erstrebt, wird sich nicht damit begnügen dürfen, sein Evangelium mit Engelzungen zu predigen, sondern wird wenn anders er es ehrlich meint und nicht im Dienste der Bourgeoisie eitel Spiegelfechterei betreibt, sich um die ökonomischen. Thatsachen kümmern müssen, die sich hart im Raume stoßen.")

Freiheit der modernen Kunst!

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„Solange es privilegirte Klassen gibt, wird sich die Kunst in ihrem Schaffen von den Privilegien korrigiren lassen müssen. Die Kunst aber, wenn anders sie ein großes Leben und kein verschnittenes Compromißdasein leben soll, braucht die Freiheit, den ganzen Inhalt der Menschenseele und der Zeit frei gestalten zu dürfen, und nichts haßt sie so sehr, als ein infames Polizeisystem, das über das Land verhängt wird, um durch einen bureaukratisch gedrillten Beamtenapparat den freien Geist mit obrigkeitlichen Verboten zu drosseln. Sie kann nicht athmen unter Henkershand sie kann es wenigstens heute nicht. Die Freiheit des künstlerischen Schaffens ist identisch geworden mit der politischen Freiheit".2)

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Es kommt hier nicht darauf an, ob all die Vorwürfe, welche die socialistische Literatur gegen die moderne Kunst

1) Schlaikjer, Die Befreiung der Kunst. Neue Zeit XIV1 1895/96. S. 71.

2) Ebd. S. 72 f.

erhebt, berechtigt seien. Jedenfalls ist die ablehnende, feindselige Haltung gegen das moderne Geistesleben vollkommen consequent. Der Socialismus muß zur modernen Kunst etwa den Standpunkt einnehmen, wie ihn Karl Jentsch ausspricht: „Die Kunst aber was hätte wohl die heute noch zu bedeuten! Die wahre Kunst, die Gabe Apollos, ist ein Element der höchsten und feinsten Cultur; und wie könnte im Zeitalter der Maschinen, der Kanonen und Dividenden höchste und feinste Cultur ge= deihen!... Die Künstler werden am besten stehen, wenn sie dem Handel und Gewerbe Plakate liefern und nebenbei Familienjournale illustriren.“ 1)

Neuestens scheint der Socialismus diesen Standpunkt preisgeben zu wollen. Die Führer der Socialdemokratie treten im öffentlichen Leben für Freiheit und Förderung der modernen Kunst ein, wie es ein kapitalistischer Kunstmäcen nicht kräftiger könnte.

Aber nach dem bisher Dargelegten kann diese Verbindung keine besonders glückliche sein, die Seelen, die sich hier zusammenfinden, sind zu verschieden geartet, als daß der „Herzensbund“ von langer Dauer sich bewähren kann. Der Socialismus würde sich selbst ein Stück Weltanschauung der Bourgeoisie einimpfen, wenn er die Propaganda der modernen Kunst in den Kreisen des Proletariats betriebe.

Wenn aber troßdem die hervorragendsten Führer die Vertheidigung dieser modernen Kunst übernehmen, so zeigen sie damit, daß entweder jenes oberste Princip der socialistischen Weltanschauung, die materialistische Weltanschauung, ein verfehltes ist, das in seinen Consequenzen zu Absurditäten führt, oder daß die führenden Geister des Socialismus von den Stimmungen, wie sie in der kapitalistischen Gesellschaft herrschen, angekränkelt sind, daß sie

1) Die Zukunft. Bd. 30. Berlin 1900. S. 515: Lex-Heinze.

nicht als Kunstbarbaren gelten wollen, oder aber, daß die warme Vertheidigung der heutigen Kunst dem Socialismus nichts anderes ist als -- ein agitatorischer Schachzug. Und auf Zuzug aus den Kreisen der Künstler und Gelehrten scheint die Socialdemokratie mit Sicherheit zu rechnen. Nicht bloß das industrielle, auch das geistige Proletariat will sie sammeln und organisiren. Vielleicht hat der Socialismus unmittelbar weniger die Erlösung der modernen Kunst als die Verstärkung seiner Reihen und die Propaganda seiner Ideen durch die Mittel der Kunst im Auge. Zu dieser Hoffnung fühlt er sich gerade durch die Nothlage der heutigen Kunst berechtigt. „Wer heutzutage, sagt Schlaikjer, den Ehrgeiz hat, ein Künstler werden zu wollen, sinkt wenigstens zunächst rettungslos ins Proletariat hinab, und bei diesen modernen Bohemiens vermag die Romantik das Elend nur schwach zu überflimmern. Wenn der Leib anfängt, unter mangelhafter Ernährung zu leiden, die angespannten Nerven durch die stete Sorge um die Existenz und die rastlose, geheßte Produktion schmerzhaft vibriren, wenn nach und nach die Kleider und die äußere Wohlanständigkeit verfallen, dann fällt auch Fezen nach Fezen die alte Weltanschauung herab, und die Reflexion über die Ordnung dieser gesegneten Welt beginnt." 1)

Dr. F. Walter.

1) Schlaikjer, Die Befreiung der Kunst. S. 70.

LXX.

Der Bericht über den Gelehrtencongreß in München."

Die Gesammtstimmung der Mitglieder des fünften internationalen Congresses katholischer Gelehrter in den Septembertagen 1900 findet ihren beredten Ausdruck in den einfachen und herzlichen Schlußworten des ersten Präsidenten dieser Versammlung, Professors de Lapparent aus Paris: „Ich darf diese glänzende Session nicht zu Ende gehen lassen, ohne dem Eindruck eine Aeußerung zu geben, welchen wir Alle von dieser Versammlung aus zur Heimat bringen sollen ̧ Dieser Eindruck ist der einer überaus großen Befriedigung, daß unsere fünfte Session so vollkommen gesegnet gewesen ist. Nicht nur das zahlreiche Zusammenkommen von so vielen Freunden der Wissenschaft, nicht nur die höchst geschäßte und reichlich bewiesene Sympathie der geistlichen und staatlichen Mächte, sowie der höchsten fürstlichen Persönlichkeiten, nicht nur der allbekannte Reiz dieser prächtigen und freundlichen Residenzstadt haben dazu beigetragen, sondern die Natur selbst hat sich unserem Congresse durch dieses wunderschöne liebliche Sommerwetter herzlich angeschlossen. . . Es möge diese Versammlung mit Hilfe

1) Akten des fünften internationalen Kongresses Katholischer Ge= lehrten zu München vom 24. bis 28. September 1900. München 1901, Kommissions-Verlag von Herder & Co. 517 S.

Gottes zuerst die Fortschritte der Wissenschaft fördern und durch die glänzende Aeußerung der katholischen Brüderlichkeit bei allen Völkern ein friedliches Bestreben nach der ewigen Wahrheit erwecken!"

Eine ähnliche Stimmung drängt sich demjenigen auf, welcher eine gründliche Einsicht in die vorliegenden Akten des Congresses sich zur Aufgabe macht. Es ist ein stattlicher Oktavband von 517 Seiten in der trefflichsten Ausstattung mit allen wünschenswerthen Apparaten statistischer und alphabetischer Art, wie sie der Anhang bietet.

Wir werden durch Zahlen über die Entwicklung der bisherigen Congresse unterrichtet und sehen ihr fortwährendes Wachsthum. Der erste Pariser Congreß 1888 verzeichnet 79 Arbeiten, der zweite 1891 bereits 131 der Freiburger Congreß 1897 schon 200 und der Münchener 1900 die höchste Zahl von 260 Nummern. Ebenso ist die Mitgliederzahl die höchste, nämlich 3367, um 360 höher als die der Freiburger Versammlung; sie hat sich seit dem ersten Pariser Congreß mehr als verdoppelt. Vertreten sind Deutschland mit 2037, Frankreich 297, Spanien 290, Belgien 181, Desterreich Ungarn 176, Italien 160, England 68, Schweiz 61, Holland 44, Nordamerika 38, Luxemburg 8, Rußland 4, Norwegen 2, Dänemark 1.

Die Gliederung des Congresses in zehn Sektionen: 1) Religionswissenschaft, 2) Philosophie, 3) Rechts- und Socialwissenschaft, 4) Geschichte, 5) Cultur- und Kunstgeschichte, 6) Orientalia, 7) Philologie, 8–10) Naturwissenschaften, soll bei dem nächsten Congreß noch eine Erweiterung durch eine Sektion für Pädagogik erfahren. Was jedoch noch wichtiger und für die Arbeitstheilung erfolgreicher sein. wird, ist der Antrag, daß das Vorbereitungscomité des nächsten in Rom zu haltenden Congresses rechtzeitig gewisse leitende Gesichtspunkte ausarbeiten soll, welche in die Manigfaltigkeit des Gebotenen eine gewisse Organisation bringen soll, ohne gerade einen Zwang einzuführen. Dadurch

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