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und Feinden wegnahmen und Handel mit Seeräuberei zu combiniren suchten. Es gelang späteren Herrschern, diesen Ueberschuß an Kraft, diese Kühnheit und dieses Selbstbewußtsein des Engländers für Eroberungskriege gegen Holland und Frankreich sich dienstbar zu machen, die Soldaten einer gewissen. Zucht zu unterwerfen; aber die Gabe, fremde Völker anzuziehen, blieb Englands Soldaten, Colonisten und Kaufleuten versagt. „Nirgends, sagt B., haben sie die Eingeborenen zu sich emporgezogen, oder die Kunst, sie zu versöhnen, besessen. Was sie wirklich verstanden haben, war, sie zu unterdrücken, auszubeuten, zurückzudrängen, auszurotten. Ezra Seaman stellt den wenigen Hunderttausenden von etwas civilisirten Indianern der Vereinigten Staaten die eilf Millionen von Eingeborenen entgegen, welche durch das katholische Spanien zu einer höheren Stufe der Gesittung emporgeführt wurden“ (S. 149). Die englische Herrschaft erschöpft eine niedrigere Rasse, sie ist drückend, bisweilen mörderisch, wo immer sie nicht wie in der Heimat an die Initiative und die Energie des Individuums appelliren kann.

Dieselben Gegensäße zwischen dem Engländer in den Colonien und dem Eingeborenen finden sich in England selbst zwischen den Klassen und Massen. Der Vollblutengländer ist gewissermaßen ein schönes Thier, so frisch, so kräftig, so lebendig, dessen körperliche Ausbildung hinter der der Griechen kaum zurücksteht. Ein grellerer Gegensatz als der, welcher zwischen den Abkömmlingen einer Fabrikbevölkerung in der dritten Generation und der mittleren oder höheren Klasse besteht, läßt sich kaum denken. Fahle Gesichtsfarbe, Mißgestaltung, Körperschwäche, nervöses Zucken zeigen, daß die Armuth sich tiefe Furchen gegraben, daß der Leib ohne Kraft und Saft ist und den Krankheitsanfällen keinen Widerstand leisten kann. Nicht nur im Armenhaus, wo die Folgen des Elendes und der Armuth sich in weit erschreckenderer Weise offenbaren, sondern auch bei schlecht bezahlten nur zeitweilig beschäftigten Arbeitern findet man die Zeichen der Atrophie. Von der durch Christus gepredigten Liebe kann kaum die Rede sein. Von der Werthschätzung der Armuth findet sich beim Engländer keine Spur - sie ist ein Laster, das seine Wurzel in der Trägheit hat, in der Apathie, welche den Erust

des Lebens nicht begreift, die nothwendig zur Entartung führt. Jedes Mitleid ist übel angebracht und erhöht nur das Unheil. Unverdiente Unglücksfälle und Mißerfolge existiren für den Engländer kaum; daher kommt es, daß er, statt dieselben zu lindern, oft geneigt ist, daraus Vortheil zu ziehen, und für die, welche auf der Rennbahn des Lebens zusammengebrochen sind, die Heilmittel nur mit einem gewissen Hohn und Verachtung anwendet. Dazu füge man eine gewisse Unempfindlichkeit und Gleichgültigkeit, die dem Mann der That eignet, die der halb und halb unfreiwilligen Härte des Wanderers gleicht, der, um keinen Unweg zu machen, den Ameisenhaufen zertritt.

Die sociale Gefahr droht England nicht von Seiten der niedergetretenen Bevölkerung des Landes oder der Städte, vielmehr von den Gewerkvereinen, der Elite der Arbeiterklasse, welche die Rechte, die sie errungen hat, wohl kennt, der Mittel, welche ihre Organisation bietet, sich wohl bewußt ist. Man hat aus der verhältnißmäßig geringen Zunahme der Gewerkvereine, aus einem Scheitern der Verbindung von tüchtig gebildeten Arbeitern und Handlangern, aus der Klugheit und Umsicht, mit der die Streiks organisirt werden, folgern wollen, daß ein Entscheidungskampf zwischen Kapitalisten und Gewerkvereinen noch viele Jahrzehnte auf sich warten lassen werde. Man hat sich bislang in manchen Punkten vertragen und ist einem unerbittlichen Kampfe aus dem Wege getreten, aber je mehr Entdeckungen in der Maschinerie gemacht, je mehr tüchtige geschulte Arbeiter unnüß werden und durch Handlanger erseßt werden können, desto mehr wird der Groll der Gewerkvereine wachsen, desto näher wird der Kampf rücken.

Der neue Trade Unionism hat aufgehört, ein Wohlthätigkeitsverein zu sein, eine Krankenkasse zu bilden, er hat die Beiträge der Mitglieder herabgesezt und verwendet dieselben nicht zur Ansammlung eines Kapitals, sondern zu Kriegszwecken. Zuleht hat er die gewöhnlichen Arbeiter und Handlanger an sich zu ziehen versucht, ohne gerade Glück zu haben. Nun haben einige dieser Gewerkvereine gewaltig abgenommen, aber daß die hauptsächlichsten Vereine, die im Baufach, den Bergwerken, der Weberei, den Metallarbeiten beschäftigten Mitglieder an Zahl und Bedeutung gewonnen haben, dürfte schwer

in die Wagschale fallen. Im Baufach ist die Mitgliederzahl von 1892 bis 1898 von 160,400 auf 235,800, in den Bergwerken von 315,000 auf 352,000, in der Weberei von 278,000 auf 308,000, in der Metallarbeit von 204,000 auf 213,000 Mitglieder gestiegen. Es ist richtig, troß der Schwierigkeiten seitens der Arbeitgeber, troß der Schwankungen der Preise. trotz des Bestrebens, den Arbeiter durch Maschinen zu erseßen, hat der Arbeiter gemäß dem ihm angeborenen Conservatismus an sich gehalten und sich bezwungen, so oft der Streik in einen bewaffneten Widerstand auszuarten drohte; aber läßt es sich vorausseßen, daß der Arbeiter unter keinen Umständen die in seine Hände gelegte Macht mißbrauchen werde? Den Abstand 1800 und 1900 hebt B. sehr richtig hervor:

„Im Jahre 1800 spielte der Friedensrichter eine große Rolle auf dem Lande, im Jahre 1900 ist er aller seiner Rechte in der Verwaltung beraubt, in der Pfarrei, im Distrikt, in der Grafschaft haben Ausschüsse seine Stelle eingenommen. 1800 besaßen nur wenige Privilegirte das Recht fürs Parlament zu wählen, jezt belaufen sich die Wähler auf 4 Millionen. Im Jahre 1800 war auch nicht ein wesentliches Recht der Arbeiter im Gesetzbuch anerkannt, 1900 sind sie mit den andern Klassen gleichberechtigt und zwischen ihnen und ihren Herren sind die Rollen gewechselt und zu Ungunsten der Lezteren. Nachdem die Vorherrschaft der Oligarchie entgangen ist und zeitweilig in den Händen der Bourgeoisie sich befunden hat, gehört sie jezt den Massen an“ (452).

Gladstone hat die Tragweite der von ihm 1867 und 1884 vorgeschlagenen liberalen Maßregeln unterschäßt, er hielt sie für politische Reformen, sie waren in der That socialer Natur. Wie V. richtig betont, haben diese niederen Schichten der Arbeiter sich nur ganz allmählich von ihrer Apathie und Gleichgiltigkeit befreit, sind nur ganz langsam zu politischer Erkenntniß vorgedrungen; aber Zeitungen und politische Flugschriften waren nicht müssig, den Arbeiter aufzuklären, ihn zur Ausübung seiner Rechte anzuleiten. Während die Wähler in Schottland und Irland meistens liberal wählen, sind die Arbeiter in England vielfach conservativ, während die Bauern

Histor. polit. Blätter CXXVII. 10. (1901).

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liberal sind. England ist offenbar in einem Uebergangsstadium begriffen, und die Presse wird dabei eine große Rolle spielen.

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Was B. über die englische Presse bemerkt, fönnte man auch füglich von der anderer Länder behaupten. Es ist daher um so mehr Grund vorhanden, die ziemlich ausführliche Stelle hierher zu sehen. Man hätte", sagt B., glauben sollen, die Presse würde sich der Aufgabe unterziehen, die öffentliche Meinung zu erleuchten und zu läutern. Sie hat das nicht einmal versucht. Sie hat sich zur Regel gemacht und sich das Ziel gesezt, nicht etwa den Leser besser zu machen oder zu unterrichten. Wie er sich einschäßt, so nimmt sie ihn, und gibt den guten und schlechten Gedanken, die auf ihn Einfluß üben, Ausdruck. Sie läßt sich von ihrem Interesse bestimmen und dieses besteht darin, jedem zu sagen, was er gerne hört. Weit entfernt, dem Leser seine Fehler abzugewöhnen, richtet sie ihr Augenmerk darauf, die Fehler zu beschönigen, den Menschen in seinen Fehlern zu bestärken, dieselben zu rechtfertigen. Diese zahlreichen und schnellen Vehikel der öffentlichen Meinung haben dazu gedient, die blindesten, selbstsüchtigsten und rücksichtslosesten Leidenschaften zu verbreiten; das Fieber, überall der Erste zu sein, die Verachtung der Gerechtigkeit, die Neigung, die traditionellen Formen abzustreifen, und die Macht eines Landes nach der Heftigkeit seiner Sprache zu beurtheilen, der Wunsch, sich von andern des Unrechts nicht überweisen zu lassen, sind an der Tagesordnung. Logik ist zugestußt und vereinfacht, dem reichen Wechsel einer complexen Wirklichkeit nicht gewachsen. Die Presse hat sich als die Bundesgenossin der Barbarei angestellt" (453).

Wenn die zerseßenden und zerreibenden Elemente in England gerade so vorhanden sind, wie anderwärts, so muß man es der conservativen Partei nachrühmen, daß sie die von ihr gemachten Zugeständnisse nie zurückgenommen, vielmehr den gegebenen Verhältnissen sich anpassend, aus denselben Vortheile zu ziehen gesucht hat; gleicherweise hat die liberale Partei ihre Siege nie auf schonungslose Weise ausgebeutet. So hören wir nichts von dem beständigen Auf und Ab, von den sort= währenden Frontveränderungen, von den Revolutionen und Gegenrevolutionen, an die uns die südamerikanischen Republiken

und zum Theil Frankreich gewöhnt haben. Gleichwohl hängen schwere politische Gewitterwolken über England, die sich früher oder später entladen werden. Daß die seit Jahrzehnten vorausgesagte Revolution der Arbeiterbevölkerung noch nicht eingetroffen. ist, beweist nicht deren Unmöglichkeit, ein großer Streik kann in eine Revolution ausarten und den lange gefürchteten Conflikt herbeiführen. A. Zimmermann.

LXXIII.
Zeitläufe.

Ein Blick auf das arme Desterreich.

Den 12. Mai 1901.

Die immer wiederkehrenden empörenden Vorgänge in der Volksvertretung Oesterreichs haben es gerathen erscheinen lassen, inzwischen sich lieber in Schweigen zu hüllen.1) Vor nahezu einem Jahre hat der czechische Abgeordnete Dr. Pacak erzählt, daß bei dem Empfang nach dem Hofdiner der Kaiser mit erhobener Stimme und starkem Nachdruck ihm über das Parlamentstreiben zugerufen habe: „Wir sind zum Gespötte der ganzen Welt geworden; es ist eine Schande".)

Als später drei österreichische Erzherzoginen zum Jubiläumsbesuch nach Rom kamen, empfing sie der hl. Vater mit gewohnter Güte, beklagte aber die traurigen inneren Zustände ihres Vaterlandes, und brachte dieselben „in innigen Zusammenhang mit der Feigheit und Menschenfurcht hochgestellter, einflußreicher Persönlichkeiten des Reiches“. Zwei Monate später kam auch eine Deputation des „katholischen

1) Histor. polit. Blätter" 1899, Band 123, S. 446 u. 527 ff.: Ueber Desterreich und über Ungarn“; Band 124 S. 132 ff.: Zum wirthschaftlichen Ausgleich zwischen Desterreich und Ungarn". 2) Wiener Neue freie Presse" vom 1. Juni 1900.

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