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angesichts solcher Erscheinungen der Menschheit die Leidenshilfe des Christenthums rauben oder verfümmern wollen, wäre entweder Wahnsinn oder ein Frevelsinn, für welchen feine Strafe groß genug. Wer die Zeichen der Zeit versteht, wird es mit dem eigenen Leidensberuf ernst nehmen, wird mit den Leidenden sich solidarisch verbunden fühlen, wird an seinem Theile mitwirken und mithelfen, daß die Leiden der Gegenwart sich umsehen in Lehre, in Kraft, in Liebe."

Eine naturalistische Diesseitsreligion, die in Rousseau und Goethe ihre Apostel feiert, wird diese Umseyung niemals fertig bringen; sie steht in unversöhnlichem Gegensaß zu der Jenseitslehre des Kreuzes. Den größten Schaden aber erleidet bei dieser Beseitigung des Sursum corda, dessen Sinnbild das Kreuz ist, das Weib. Auch die berechtigtsten Bemühungen der Gegenwart zur Beseitigung der socialen Nothlage des Weibes können daher auf bloß naturalistischer Grundlage höchstens auf dem rein wirthschaftlichen Gebiete von einigem Erfolg begleitet sein.

Dieselben Aussichten eröffnen sich uns bei der Erwägung, was der Naturalismus aus der Autorität und dem Gehorsam in der Gesellschaft macht. M. Wollstonecraft bekämpft die sociale Unterordnung in jeder Form nach dem Vorgange Rousseau's. Das stehende Heer ist der Subordination wegen, die darin herrscht, der Moral schädlich. Die Fähig feiten der Geistlichen sind durch den Gehorsam gehemmt. Mit der Vorliebe zu lebertreibungen und Verallgemeinerungen, die besonders häufig bei leidenschaftlich schreibenden Frauen vorkommt, sagt sie: „Vielleicht gibt es keinen größeren Unterschied als den zwischen der demüthigen, unterwürfigen Haltung eines armen Pfarrers und der hoffärtigen Miene eines Bischofs." Von diesem Standpunkt aus ist auch der Gehorsam der Frau in der Ehe und ihre Unterordnung in den natürlichen und nothwendigen Gesellschaftsbildungen der Menschheit eine unwürdige Sklaverei. Die Frau sei fügsam und nachgiebig", schreibt sarkastisch Hedwig Dohm a. a. D. 33,

„damit das Gehorchen in der Ehe, was doch ihre verdammte Pflicht und Schuldigkeit ist, nicht auf Hindernisse stoße, und die Autorität des Mannes nicht gefährdet werde“. Man kann den Frauen auch nicht Unrecht geben, wenn sie gegen ihre sociale Unterordnung sich erheben, sobald ihnen keine genügende Garantie gegen den möglichen Mißbrauch des socialen Vorranges durch den Mann geboten ist. Wer bürgt dafür, daß nicht auch einmal Geseze von Männern geschaffen werden, die Schopenhauers Ansichten über das Weib codi= ficiren? Allein nicht dadurch werden die Frauen sich die nothwendige Garantie gegen männlichen Uebermuth schaffen, daß sie dem naturalistischen Manne nach die moralische Autonomie auch für sich erstreben, sondern indem sie das unveränderliche Sittengeset Christi reklamiren, das den Mann ebenso zum Gehorsam verpflichtet wie das Weib. Nur die freudige Unterordnung unter den göttlichen Willen führt den Menschen zur wahren Freiheit, und nur von dieser hat der Weltapostel den Ausspruch gethan, der die natürlichen Unterschiede nicht aufhebt: „In Christus gilt weder Jude noch Grieche, weder Knecht noch Freier, weder Mann noch Weib (Gal. 3, 28)“. Wird dieser christliche Gehorsam aufgehoben, so leidet wiederum am meisten das Weib den Schaden davon; denn der Mann wird sich seinen natürlichen Vorrang nie nehmeu lassen; die Humanität der Gegenwart aber, welche die Begriffe wie Recht, Gerechtigkeit, Sittlichkeit 1. s. w. nicht als absolute Größen anerkennt, wird nie im Stande sein, den Mißbrauch der männlichen Autorität zu Ungunsten des Weibes zu hindern. Das vermag nur das Gesez Christi, welches beide Geschlechter unter den Willen Gottes beugt. Somit sind die berechtigten Forderungen der gemäßigten Frauenrechtlerinen auf naturalistischem Standpunkte nur ein Beitrag zum testimonium animae naturaliter christianae.

LXXIX.

Krenz- und Querzüge durch die neuere katholische Poesie.

XII. Neuestes von Karl May.1)

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Da hat sich im Allgemeinen Wahlzettel für den deutschen Buch- und Musikalienhandel“ (Leipzig, 55. Jahrg. Verlag: Naumburg; „als Manuskript“) soeben ein Dialog abgesponnen, der an Liebenswürdigkeit nichts zu wünschen übrig läßt. Der Gegenstand der Unterhaltung war die Lieferungsausgabe von „Karl May's illustrirten Werken", welche fürzlich von Adalbert Fischer, dem Inhaber der Firma H. G. Münchmeyer in Dresden eingeleitet wurde, und mit ihrem pikant-erotischen Bilderschmuck schon in der ersten Nummer („Deutsche Herzen und Helden. 1. Theil: Eine deutsche Sultana“) über ihren geistigen und sittlichen Gehalt von vornherein jeden Zweifel benahm. Der Prospekt kündete diese Fabrikmache an als ,,werthvolle Bereicherung einer jeden Haus- und Familienbibliothek". Nähere Textprüfung ergab ohne weiteres ihre Etikettirung als Colportageschund, der jeden künstlerischen Werthes ermangelt. Erleichtert athmete daher die May'sche Gemeinde auf -fein gutes Zeichen, daß sie so groß ist als vulgo Shatterhand alle Sortimenter, welche dabei

1) Roseggers Kunst wird in der demnächst beginnenden Serie „Unsere Dorf- und Waldnovellisten“ behandelt werden.

etwa an seine bekannten Reiseerzählungen' dächten“, aufmerksam machte, daß er gegen die Firma Münchmeyer gerichtlich vorgegangen sei; denn aus dieser Erklärung schien May's Unschuld an der Existenz der Existenz der fraglichen Hintertreppengeschichten hervorzugehen. Dem Schärfersehenden entging jedoch die nichtssagende diplomatische Fassung nicht, und so brauchte sich niemand über die Entgegnung" Fischers zu wundern, worin versichert wird, daß der beliebte Abenteuer May wirklich der Verfasser der umstrittenen Fabrikate sei, die er lange vor“ den Reiseerzählungen geschrieben und zwar „in seiner besten Schaffensperiode, wie der enorme Absaß dieser Werke ca. eine Million () Exemplare zur Genüge“ beweise. Die ganze Ausgabe „der zu Karl May's besten und ureigensten Schöpfungen gehörenden Werke", so erfahren wir hier, soll ungefähr 200 Lieferungen in 6-7 abgeschlossenen Serien umfassen.

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Die Gegenerklärung May's ließ nicht auf sich warten.

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Vor ca. einem Vierteljahrhundert gründete ich bei H. G. Münchmeyer in Dresden zur Belehrung und ethischen Hebung des betreffenden Arbeiterstandes das Wochenblatt, Schacht und Hütte. Münchmeyer gab damals zwei anständige Journale heraus, deren Mitarbeiter keineswegs Colportageschriftsteller waren. Ich schrieb auch Beiträge für sie und constatire, daß es dem Genannten fern gestanden hat, mich als Colportage= schriftsteller zu betrachten. Als er größere Sachen von mir wünschte, lag nicht der geringste Grund vor, ihm diese Bitte abzuschlagen. Ich schrieb die Erzählungen, um welche es sich hier handelt.

„Münchmeyer wußte, daß ich keine Zeit hatte, die Corrckturen oder gar dann die fertigen Werke wieder durchzulesen, und so entdeckte ich nur durch Zufall, daß er mein heimlicher Mitarbeiter gewesen war. Er hatte geändert, weil sein Verlangen nach Liebesscenen vernachlässigt worden war. Ich brach mit ihm und habe seitdem kein Wort mehr für ihn geschrieben. Diese Werke waren so geschrieben, daß sie später ohne alles

sittliche Bedenken Aufnahme in meine Gesammelten Werke' finden konnten. . .

„Herr Fischer liefert nämlich diese Werke nicht nach meinen Originalen, sondern Umarbeitungen, und zwar ist diese Veränderung so außerordentlich eingreifend, daß z B. bei,Deutsche Herzen, deutsche Helden' der Unterschied zwischen Original und Fischers Ausgabe wenigstens zwölfhundert Seiten betragen wird".

Wir haben zwar, so lange der Prozeß schwebt, fein Recht, Mays Wahrhaftigkeit anzuzweifeln, müssen aber doch gestehen, daß uns eine derartige Behandlung und völlige Umarbeitung seiner Geistesprodukte kaum glaublich erscheinen fann. Eine öffentliche Anklage, für die kein Wort zu scharf gewesen, wäre in einem solchen Falle die künstlerische und doppeltmoralische Pflicht des mißhandelten Autors gewesen. Zwölfhundert Seiten, was will dagegen das bischen stilistische Verbesserung im,Türmer' heißen, um derentwillen Gumppenberg so großen Allarm geschlagen! Ein eigenthümliches Zwielicht bringt in die Gegenerklärung ein Säglein aus dem ,Mahdi, das da lautet: „Ich bemerke, daß ich nicht eigentlich schriftstellere, sondern Erlebnisse niederschreibe“. Im Uebrigen werfen wir die Frage auf, ob ein Werk sich so ohne weiteres mit „Liebesscenen“ spicken läßt, wenn es in seiner ganzen Anlage geschlossen und einwandfrei ist? Die neuen illustrirten Romane" sind in ihrer Wurzel frank. Zwölfhundert Seiten. pro Werk einschalten, bedeutet eine vollständige Ummodelung; wenn Münchmeyer Romane schreiben fonnte und laut folgerichtiger Anwendung der May'schen Behauptung thatsächlich schrieb, zu was brauchte er dann einen andern, etwa um sein liebes Geld loszuwerden? Aber vielleicht war es der flingende Namen! Nun, alles in allem zugegeben wobei dann allerdings ein für unsere Zeit einfach unerhört raffinirter Betrug unterstellt werden muß bleibt für May der Vorwurf schriftstellerischer Nachlässigkeit, unkünstlerischen „Zeitmangels" und industrieller Arbeit bestehen. Seltsam flingt der Sat: „Natürlich konnte ich nicht eher zum

Hiftor spolit. Blätter CXXVII. 11 (1901.)

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