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LXXXIV.

Schulpolitisches aus Desterreich.

2. Die christlich-sociale Partei und die Lehrermaßregelungen in Wien.

Nach jahrelangem mühevollem Ringen und Arbeiten ist es endlich gelungen, das Programm des hochverdienten Socialpolitikers Freiherrn Karl von Vogelsang zur Durchführung zu bringen: Sammlung der christlichen Bevölkerung Wiens zum Sturze der unerträglich gewordenen Herrschaft des Logenliberalismus und des jüdischen Großkapitals. Was Vogelsang angeregt, und wofür er in Wort und Schrift unermüdlich gearbeitet bis zu seinem Lebensende, das hat Dr. Lueger verwirklicht. Luegers Thatkraft, Kühnheit, Ausdauer, sein außerordentliches Agitations- und Organisationstalent und seine beispiellose Popularität hat die christlich-sociale Partei geschaffen, geeint, belebt und sie von Sieg zu Sieg geführt; im Wiener Rathhause wie in der niederösterreichischen Landtagsstube brach die liberale Herrlichkeit unrühmlich zusammen, die christliche Bevölkerung war politisch mündig geworden, sie reklamirte ihre Rechte.

Die Befreiung des christlichen Wien von fremder Herrschaft vollzog sich im Zeichen des Antisemitismus. Das lag in der Natur der Verhältnisse. Deun eine Befreiung war nur zu erhoffen, wenn der Handwerker und kleine Geschäftsmann, überhaupt der mittlere und kleine Bürgerstand Wiens vollzählig Heeresfolge leistete. Diese zu leisten,

war er aber gerne bereit, sobald er sich nur der gegründeten Hoffnung hingeben durfte, daß er im Anschlusse an die christlich-sociale Partei wieder zu seiner früheren wirthschaftlichen Selbständigkeit kommen würde oder wenigstens kräftigen Schuß fände gegen die übermächtige Concurrenz des jüdischen Kapitals und jüdischen Geschäftsgeistes. Befreiung aus jüdischer Leibeigenschaft auf wirthschaftlichem und socialem Gebiete: das ist und war das Um und Aber der alten Wiener Bürgerschaft. Dieses Interesse machte die christliche Partei zu dem ihrigen; hier seßte sie mit ihrer Agitation ein und der Erfolg war auf ihrer Seite.

Nebenbei sei hier bemerkt, daß bei diesem Freiheitskampf der christlichen Bevölkerung Wiens zweifellos Manches geschehen ist, was besser ungeschehen geblieben wäre, und daß viele Worte gefallen sind, die vor dem Richterstuhle des christlichen Wohlanstandes keine Rechtfertigung finden. Aber wenn überhaupt in Zeiten des Kampfes Ungehörigkeiten nicht zu vermeiden sind und anders beurtheilt werden müssen, als solche, die in ruhigen Zeiten vorkommen, so verlangt es die Gerechtigkeit, daß auch für die etwaigen Extravaganzen in Wien ein Wort der Entschuldigung zugelassen werde. Man vergesse eben nicht, daß das antisemitische Moment bei der christlich-socialen Bewegung manche Elemente in den Vordergrund geschoben hat, deren ganzes Streben und Denken nur im Antisemitismus aufging; aber deßhalb die ganze Bewegung abfällig beurtheilen, ihr jegliche Unterstüßung verweigern, oder gar sie bekämpfen zu wollen, wie es manche katholische Blätter in Desterreich und auch sonst zu thun belieben, zeugt von wenig politischem Scharfblick und von wenig Verständniß für die Art und Weise, wie dem firchenfeindlichen Liberalismus in Oesterreich beizukommen ist. Und wenn man weiter bedenkt, daß neben oder vielmehr durch die Bewegung das positiv kirchliche Leben in Wien in der lezten Zeit einen geradezu unerhörten Aufschwung genommen hat man denke nur an die 15,000 Männer-Jubiläumsprocession

in den Straßen Wiens im Monate April! -, so wird wohl auch der schärfste Kritiker im katholischen Lager Grund zur Befriedigung haben. Und dies erst recht angesichts des erfreulichen Umschwunges in Sachen der Schule. Nicht als ob die christlich-sociale Partei das Schulgeseß im Sinne der Kirche abgeändert hätte; das kann sie nicht. Aber in der Handhabung des Gesezes, oder vielmehr in der Ausnügung gesetzlicher Bestimmungen, hat sie eine Aenderung herbeigeführt, mit der wir uns vorläufig zufrieden geben können.

Die ganze Misere der österreichischen Schulverhältnisse gipfelt, wie schon wiederholt in den gelben Heften hervorgehoben wurde, weniger in der Interconfessionalität der Schule

die wäre ja nicht so schlimm in unserem zu 90 Prozent katholischen Lande, als vielmehr in der Entfatholisation unserer Lehrerschaft. Unsere Lehrerschaft, obwohl meistens katholisch, steht doch in ihrer überwältigenden Mehrheit der Kirche fremd gegenüber. Der Geist, in welchem sie ihres Amtes waltet, ist der Geist der Aufklärung, der Geist der materialistischen Weltanschauung. Die Freiheit von der geistlichen Aufsicht hat sie bis zur Freiheit von dem Glaubensbewußtsein der katholischen Kirche und von den aus diesem Glaubensbewußtsein sich von selbst ergebenden pädagogischen Principien ausgedehnt. 1)

1) Zur Jlustrirung des Gesagten wollen wir aus einem in diesen Tagen uns zugekommenen Privatbriefe eines berufstreuen katholischen Lehrers Nordböhmens Folgendes anführen: „Meinen religiösen Pflichten kann ich nur im Geheimen nach kommen. Zur österlichen Zeit muß ich mich in die nächste Stadt begeben, wo ich unbekannt die heiligen Sakramente der Buße und des Altars empfangen kann; denn würden meine Collegen etwas davon erfahren, möchte ich mich in der Gesellschaft unmöglich machen.“ Also katholische Lehrer können im latholischen Oesterreich nur im Geheimen ihre religiösen Pflichten er= füllen. Welche Fronie!

Am schlimmsten stand und ist es in Wien. Wien war der Schauplatz der Wirksamkeit eines Dittes, unseligen Andenkens. Als Leiter des städtischen Pädagogiums von 1868-1881 übte er einen entscheidenden Einfluß auf die Wiener Lehrerwelt aus; und nach seiner Entfernung von der Anstalt war sein Einfluß womöglich noch intensiver, da er, nunmehr frei von allen amtlichen Rücksichten, in der Presse und auf den Lehrertagen seinem protestantischen Ingrimme gegen alles Katholische freien Lauf laffen konnte, bis 1896, wo er starb. Seine Grundsäge: „Dem Lehrer die Schule, dem Geistlichen die Kirche"

„Pädagogik und Kirchenglaube schließen sich gegenseitig aus“ ,,ein pädagogisch gebildeter Lehrer und ein firchentreuer Geistlicher können unmöglich im Frieden mit einander arbeiten" diese und andere derartige Grundsäge, wenn man sie überhaupt Grundsäge nennen will, gingen der Wiener Lehrerschaft in Fleisch und Blut über, und in der Schule wurde darnach gearbeitet.

Dieses wurde und wird aus leicht ersichtlichen Gründen immer wieder in Abrede gestellt. Aber kein vernünftig denkender Mensch nimmt diese Ableugnungen für ernst. Hat doch der Meister und Führer Dittes in seinem „Grundriß der Erziehungs- und Unterrichtslehre“ (1868, 2. Aufl. S. 186) das vielbezeichnende Geständniß abgelegt: „Ein ganzer Mann sezt an jedes richtige Werk seine ganze Persönlichkeit. Und wie der Pfarrer im Religionsunterrichte seine Weltansicht nicht unterdrücken kann, so vermag auch der Lehrer im sprachlichen, historischen, geographischen und naturwissenschaftlichen Unterricht sein religiöses Bewußtsein nicht zu verleugnen, er müßte denn ein charakterloser Miethling sein, der gar nicht in eine Anstalt für Menschenbildung gehört.“ Nun charakterlose Miethlinge" wollen unsere liberalen Lehrer nicht sein; nichts perhorresciren sie mehr, als diesen Vorwurf. Bei jeder Gelegenheit rühmen sie sich ihrer Charakterstärke, ihrer Nackensteifheit“ gegenüber dem „Klerikalismus“ und

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preisen ihre „freie" Schule als die „geweihte Stätte," an der freie Charaktere gebildet und erzogen werden. Deßhalb aber auch können und dürfen sie nichts dagegen haben, wenn die christliche Bevölkerung sie im Verdachte hat, sie benüßten ihren „sprachlichen, historischen, geographischen und naturwissenschaftlichen Unterricht" dazu, ihre Dittes' Grundsäße an den Mann zu bringen und für ihre ungläubige materialistische Weltansicht" unter der unerfahrenen christlichen Jugend Propaganda zu machen. Und wie kommt es, daß jezt in Wien so viele Socialdemokraten existiren? Daß die Neuschule daran unschuldig sei, das zu glauben, kann keinem Einsichtigen in den Sinn kommen.

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Einmal im Besige der Macht auf dem Wiener Rathhause und im Landtage mußte die christlich-sociale Partei selbstverständlich es als eine ihrer Hauptsorgen betrachten, auf dem Gebiete des Schulwesens soviel als möglich Ordnung zu schaffen. Das war sie einmal den christlichen Eltern Wiens schuldig, die schon lange genug zu ihrem großen Leidwesen mitansehen mußten, wie ihre Kinder in der Schule in einem anderen Geiste erzogen wurden, als zu Hause. Dann aber auch mußte die christlich-sociale Partei sich sagen: Wenn die Socialdemokratisirung der Wiener Bevölkerung durch die Schule weiter begünstigt werde, wird es um die christliche Herrschaft in Wien bald wieder geschehen sein. Also schon der Selbsterhaltungstrieb nöthigte die Partei zu einer fräftigen Aktion gegen den Mißbrauch der Schule. Was aber thun? Die Schule der Aufsicht unterstellen, wie es früher war, ging nicht. Das hätte cine principielle Aenderung des Schulgesetes bedingt. Eine solche herbeizuführen, war aber und ist absolut unmöglich. Jeder Versuch einer Aenderung des Schulgeseßes im Sinne der Kirche würde zweifellos im Parlamente mit einer Obstruktion schlimmster Art beantwortet werden. Die frühere Katholische Volkspartei machte vor vier Jahren den Versuch, das Volksschulwesen zu „verländern“, d. h. es der gesetzgeberischen

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