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dränge auch keinen Versuch unterlassen zu haben, der sich ihm darbot, um sie zurückzubringen von dem verkehrten Wege, auf welchem weiter fortgehend sie unvermeidlich in das tiefste Verderben gerathen mußten. Wenn er aber am Ende in ihre Hände fiel und das schon lange vorher wußte: so können wir es uns nur dadurch erklären, daß er nicht anders konnte. Denn wir können freilich sagen, er habe wohl gewußt, daß es seine Bestimmung sei zu leiden und zu sterben, und er habe gewußt, daß die Zeit gekommen sei wo ihm dies nach dem ewigen Rathschluß des Vaters begegnen müsse. Aber so genau wir auch das erste wissen aus seinen Reden, und er selbst das zweite bestimmt sah: so sehen wir doch aus andern Aeußerungen, daß das leztere nur ein gewöhnliches menschliches Vorherwissen in ihm war, worüber er ein solches Wissen wie das welches sich darauf bezog was der Wille seines Vaters sei, nicht gehabt hat, weil er noch kurz vorher, ehe er in die Hände seiner Feinde fiel, seinen Vater bat, daß er wenn es möglich sei den Kelch des Todes noch an ihm möchte vorübergehen lassen *). Also aus Liebe, um sie vom Verbrechen abzuhalten, wollte der Erlöser in dieser Zeit nicht nach Judäa gehen; und wenn er am lezten Osterfeste, wo er bestimmt wußte daß sie ihn den Heiden überantworten würden **), doch hinging: so müssen wir sagen, er habe es nicht vermeiden können ohne seiner Pflicht und seinem Beruf entgegen zu handeln. Denn das sehen wir aus unserm Terte, mit welcher eifrigen Erwartung das Volk seiner harrte auf dem Feste, wie es denn auch die Pflicht eines jeden Frommen unter dem Volke war, an den großen Festen in der Hauptstadt des Volks wo möglich zu erscheinen, und im Tempel an dem gemeinsamen öffentlichen Gottesdienst Theil zu nehmen.

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Unser Evangelist erzählt nun weiter, daß als das Feft der Lauberhütten nahe war, seine Brüder ihm zuredeten, dort hinzugehen.

Was sie damit meinten wenn sie sagten: mache dich auf von dannen, auf daß auch deine Jünger die Werke sehen, die du thust; niemand thut etwas im Verborgenen und will doch frei offenbar fein; thuft du solches, so offenbare dich vor der Welt: so giebt uns der Evangelist, nachdem er diese ihre Worte vorgetragen, die Nachricht, daß auch seine Brüder nicht an ihn geglaubt hätten.

Eben diese Nachricht m. g. F. muß für uns manches auffallende haben, und wir können nicht anders sagen, als daß dies ganz besonders muß ein Schmerz für unsern Herrn gewesen sein, daß diejenigen welche ihm natürlicher Weise so nahe waren, geistiger Weise so fern von ihm standen, ohnerachtet sie vor allen andern Gelegenheit hatten Zeugen seines Lebens und seines Wirkens zu sein, und also auch ihnen die Herrlichkeit des eingebornen Sohnes vom Vater *) ganz vorzüglich in die Augen hätte leuchten müssen, wenn sie sahen, wie dasselbe was in den großen und bewegten Augenblikken seines Lebens und in dem weiten Gebiet seines Berufes so herrlich hervortrat, sich auch in den kleinern und engern Kreisen der Gemeinschaft und in den mehr stillen Augenblikken seines Lebens nicht verläugnete.

Wie aber der Herr anderwärts sagt: ein Prophet gilt nirgends weniger als in seinem Vaterlande **); wie wir es sehen aus andern Erzählungen in der Stadt wo er erzogen war, daß die Leute sich wunderten, woher doch jenem diese besondre Weisheit komme, dessen ganze Familie sie von langer Zeit her kannten, und nie etwas besonders ausgezeichnetes an ihr wahrgenommen hatten ***): so beschränkt sich dies auch auf

*) Joh. 1, 14.
***) Matth. 13,

**) Matth. 13, 57. Joh. 4, 44. 54-57.

den engsten Kreis seiner Verwandten, daß auch seine Brüder nicht an ihn glaubten.

Allerdings muß das dem Erlöser eine besonders schmerzliche Empfindung gewesen sein, und wir dürfen es wohl rechnen zu dem Theil feines Leidens, der sich durch sein ganzes Leben hindurchzog. Wie aber der Erlöser, so sollen gewiß auch wir darüber milde urtheilen, und nicht glauben, daß der Unglaube seiner Brüder und Verwandten eben deswegen weil sie ihm äußerlich so nahe standen auch ein tieferes inneres Verderben habe sein müssen, als der Unglaube andrer. Denn wir wissen es ja, wię viel weniger hiebei auf äußere Umstände ankommt, als auf den innern Grund des Herzens, und wie wenn wir darauf sehen wir es müssen natürlich finden, was der Erlöser nicht anklagend, wenn auch nicht ausdrükklich entschuldigend, über dieses Verhältniß fagt. Denn der Mensch ist immer am wenigften geneigt in denen etwas großes anzuerkennen, denen er in den äußern Verhältnissen des Lebens so nahe steht. Worin hat das seinen Grund? In nichts anderm als in dem Hochmuth des mensch lichen Herzens, der so sehr eine Quelle und eine so natürliche Wurzel jenes Uebels ist. Denn wenn wir einem nicht absprechen können daß er sich sehr vor uns auszeichnet, daß ihm eine stärkere Kraft des Willens, ein hellerer Blikk des Geistes, eine größere Gewalt über menschliche Gemüther zu Theil geworden ist als wir besigen: so find wir eben geneigt den Grund davon in äußern Verhältnissen zu suchen, und zu unserer eigenen Entschuldigung und Rechtfertigung zu sagen, dies oder jenes sei ihm vorzüglich zu ftatten gekommen, uns aber habe es gefehlt. Können wir das nicht, sondern müssen uns gestehen, dieselben Gelegenheiten die er gefunden und benuzt hat sind auch uns gegeben worden, auch ihm sind keine andre Hülfsmittel zu Theil geworden als die welche in der menschlichen Gemeinschaft allen zu Gebote stehen: so sind wir doch nicht geneigt das gute und große in andern zu erkennen und gehörig zu würdigen, weil wir am

wenigsten die Kraft des Geistes und besonders die Kraft des Willens über die Gemüther der Menschen anzuerkennen wissen.

Ob die Brüder des Herrn später von ihrem Unglauben an ihn find erlöst worden, ob er durch sein Leiden und seinen Tod auch ihre Herzen gewonnen hat, das wissen wir nicht gewiß, haben aber Ursache uns deffen zu getrösten, weil in der Folge in der Geschichte der Apostel auch solche vorkommen unter den Bekennern seines Namens, die seine Brüder genannt werden.

Was sie aber hier wollen, indem sie ihn antreiben auf das Fest zu gehen: so scheint dies sich so zu verhalten: Sie sagten, er wolle offenbar sein, weil er ja lehrte, weil er sich mit seiner Lehre den gewöhnlichen Meinungen oft stark und nachdrüfflich entgegenstellte. Nun aber, sagten sie, thue er was er thue im Verborgenen, weil er eine lange Zeit hindurch Galilåa zum Schauplaz seiner Wirksamkeit gemacht habe, und sie meinten, die Wunder welche er daselbst thue kämen doch nicht vor die Ohren derer die darüber entscheiden müßten wie das Volk ihn anzusehen habe, ob für den lange erwarteten göttlichen Gesandten oder nur für einen gewöhnlichen menschlichen Lehrer. Und darum reden sie ihm zu, wenn er wollte offenbar werden, so sollte er sich nicht verbergen, sondern auf das Fest gehen, wo er Gelegenheit hätte feine Werke zu zeigen, und wo zugleich alle seine Jünger und Anhänger zusammenströmen würden, um seine Werke zu sehen; und wenn so das ganze Volk seine Aufmerksamkeit auf dieselben lenkte und Zeuge davon wäre, so würde er offenbar sein.

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Aber m. g. F. das hätten sie eben so gut sagen können, wenn sie an ihn glaubten denn es war ja nichts anderes als eine gewöhnliche menschliche Art und Weise die Dinge anzusehen, daß wenn er Glauben forderte an sich selbst, wie in jener Rede die er in der Schule zu Kapernaum an das versammelte Volk hielt, und die uns der Evangelist in dem vorigen Kapitel erzählt hat, daß er dann auch die Menschen so viel als

möglich in den Stand sezen mußte an ihn zu glauben, und alle seine ausgezeichneten göttlichen Werke so offenbar thun als mög

lich das hätte, sage ich, eben so gut ihre Rede sein können, wenn sie an ihn glaubten, als sie es jezt in dem Zustande des Unglaubens sagen konnten.

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Aber wie bringt doch der Evangelist dies in Verbindung mit ihrem Unglauben? Er erzählt uns aber nun bei dieser Gelegenheit ihren Unglauben, damit wir ihre Rede nicht anders deuten möchten, als sie dieselbe gemeint haben. Wir dürfen sie aber nicht ansehen als hervorgegangen aus einer feindseligen Bewegung ihres Innern gegen ihn; denn sie muntern ihn nur auf des Festes wegen nach Judäa zu gehen. Zu andern Zeiten finden wir freilich, daß sie suchen ihn zu entfernen, wenn sich aus dem Volke viele um ihn herumdrängten, und zwar in fochen Gegenden die ihrem eigenen Wohnsize und ihrem eigenen Lebenskreise nicht fern gelegen waren; hier aber lag etwas feindseliges gar nicht zum Grunde. Mit ihrem Unglauben aber kann diese Rede der Brüder des Erlösers so zusammenhangen, daß sie die Sache endlich einmal wollten zu einer lauten und öffentlichen Entscheidung zu bringen suchen. Hätte dann das ganze Volk den Herrn anerkannt, weil er seine Werke offenbar gethan, und mit seiner Lehre auch immer mehr offen herausgetreten wäre und immer tiefer in die Gemüs ther der Menschen eingedrungen: dann würden sie sich auch nicht gescheut haben ihn anzuerkennen. Sie wollten nur eine recht laute und entscheidende Stimme über ihn hervorrufen, um selbst in sich und in Beziehung auf ihr ganzes Verhältniß zu ihm aus dem Unglauben heraus zukommen.

Und das m. g.. F. ist die milde Art, wie wir den Unglauben der meisten Menschen, die allerdings von dem Erlöser wissen, anzusehen haben; nicht, wie man gewöhnlich dazu geneigt ist, als einen entschiedenen Haß und Widerwillen gegen den Herrn, sondern als Unwissenheit, die ihren

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