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möchten Sie nicht müde werden, mir selbst in scheinbar entlegnere Gebiete zu folgen, die indessen einem Evangelischen Vereine nicht fern liegen dürfen.

Im Jahre 1778, in Mitten der theologischen Streitigkeiten, in welche Lessing durch die Herausgabe der Wolfenbüttler Fragmente, verwickelt worden, nahm er einen alten Plan zu einem Schauspiele wieder auf, den er bereits vor vielen Jahren, vielleicht schon 1750 entworfen, dann nach seiner unbefriedigten Rückkehr aus Italien 1775 wieder in die Hand genommen hatte, um das Stück vollends aufs Reine zu bringen und drucken zu lassen." Aber eine lautere und ungetrübte Stimmung hatte er dazumal nicht finden können. Sein Zerwürfniss mit dem Erbprinzen von Braunschweig, seine Aergernisse mit dem Manheimer Hofe, der Tod seiner Gattin nach einer kaum einjährigen Ehe, da er es denn ebenso gut hatte haben wollen, wie andere Sterbliche, der Verlust des Kindes, die drängenden Geldbedürfnisse, Alles dies hatte ihm zwar nicht die Klarheit des Geistes getrübt, wohl aber die behagliche Ruhe genommen, den Anforderungen eines poëtischen Werkes gerecht zu werden. Jetzt erst, nach dreien Jahren kam er zur Ausführung des Entwurfs; die Geldnoth entpresste sie ihm. Er hatte seinen Stiefsöhnen die Erbschaft ihrer Mutter auszuzahlen; er hatte sich selbst auf den Fall einer Amtsentsetzung zu rüsten. Denn das Ministerium in Braunschweig hatte ihm die weitere Veröffentlichung der Fragmente und die Ausgabe neuer Streitschriften gegen den Pastor Goeze verboten und ihm aufgegeben, in dieser Sache fortan nichts. ohne die Genehmigung der Behörde in oder ausser dem Lande drucken zu lassen. Da aber Lessing des Gebotes nicht achtete, so musste er der Entsetzung von dem Amte eines Bibliothekars in Wolfenbüttel gewärtig sein.

„Noch weiss ich nicht, so schrieb er an seinen Bruder am 11. August 1778, was für einen Ausgang mein Handel nehmen wird. Aber ich möchte gern auf einen jeden gefasst sein. Du weisst wohl, dass man das nicht besser ist, als wenn man Geld hat, so viel man braucht; und da habe ich diese vergangene Nacht einen närrischen Einfall gehabt. Ich habe vor vielen Jahren einmal ein Schauspiel entworfen, dessen Inhalt eine Art von Analogie mit meinen gegenwärtigen Streitigkeiten hat, die ich mir damals wohl nicht träumen liess. Wenn Du und Moses es für gut finden, so will ich das Ding auf Subscription drucken lassen und Du kannst nachstehende Ankündigung nur je eher je lieber ein Paar hundertmal auf einem Octavblatte abdrucken lassen und ausstreuen, so viel und so weit Du es für nöthig hältst. Ich möchte zwar nicht gern, dass der Inhalt meines anzukündigenden Stückes allzufrüh bekannt würde, aber doch, wenn Ihr, Du oder Moses, ihn wissen wollt, so schlagt das Decamerone des Boccaccio auf: Giornata I. Nov. III. Melchisedech Giudeo. Ich glaube, eine sehr interessante Episode dazu erfunden zu haben, dass sich alles sehr gut soll lesen lassen und ich gewiss den Theologen einen ärgern Possen damit spielen will, als noch mit zehn Fragmenten."

An Elise Reimarus schrieb er am 6. September: Er wolle versuchen, ob man ihn auf seiner alten Kanzel, dem Theater, wenigstens noch ungestört werde predigen lassen.

Es ist somit von vorn herein dies klar, dass Lessing, wenn er auch an den Nathan gieng, um Geld zu verdienen, doch den Streit, in dem er sich gerade befand, durchaus nicht aufgeben, sondern nur auf ein anderes der Censur weniger unterworfenes Gebiet übertragen und seinen Gegnern von dorther zu Leibe gehen wollte. Deshalb trug er denn auch in den Stoff noch diejenigen Lichter hinein, welche zur Illustration seiner Stellung zu den streitigen Fragen dienen konnten. Er schrieb an seinen Bruder am 20. October 1778: „Jetzt ist man hier auf meinen Nathan gespannt und besorgt sich davon, ich weiss nicht was. Aber, lieber Bruder, selbst Du hast Dir eine ganz unrichtige Idee davon gemacht. Es wird nichts weniger als ein satirisches Stück, um den Kampfplatz mit Hohngelächter zu verlassen. Es wird ein so rührendes Stück, wie ich nur immer gemacht habe. Meine Streitigkeit ganz aufzugeben habe ich überhaupt noch ganz und gar keine Lust; und Du sollst schon sehen, dass ich meiner eigenen Sache, durch diesen dramatischen Absprung im Geringsten nicht schade." Aehnlich heisst es in dem ersten Fragment einer Vorrede zum Nathan: „Es ist allerdings wahr, dass ich den ersten Gedanken zum Nathan im Decameron des Boccaz gefunden. Aber nicht erst jetzt, nicht erst nach der Streitigkeit, in welche man einen Laien, wie mich, nicht bei den Haaren hätte ziehen sollen. Ich erinnere dies gleich anfangs, damit meine Leser nicht mehr Anspielungen suchen mögen, als deren noch die letzte Hand hineinzubringen im Stande war."

Inzwischen wurden die Subscribenten gesammelt; am 14. November 1778 begann Lessing den Prosaentwurf in Verse umzusetzen; am 1. December schickte er seinem Bruder den Anfang des Manuscripts und am 19. März 1779 kündigte er ihm die letzte Sendung an, so dass zur Ostermesse 1779 das Werk gedruckt war und in der Mitte des Mai in die Hände der Subscribenten gelangen konnte.

Die Novelle des Boccaccio, welche Lessing als den Kern seines Dramas bezeichnete, hat in kurzen Worten wiedergegeben folgenden Inhalt. Saladin hatte durch Krieg und Aufwand seinen Schatz geleert. Da er nicht wusste, woher er wieder Geldmittel zu neuen Unternehmungen hernehmen sollte, fiel ihm ein reicher Jude Melchisedek ein, der in Alexandria Wuchergeschäfte betrieb, und wohl helfen konnte, wenn er nicht so geizig gewesen wäre, dass er freiwillig nichts würde gegeben haben. Gewaltsam mochte ihm Saladin nichts nehmen; er sann daher, da die Noth drängte, auf eine List, den Juden zu fangen. Er lud ihn also zu sich und legte ihm die Frage vor, welches unter den drei Gesetzen er für das wahre halte, das jüdische, das sarazenische oder das christliche. Melchisedek, schlau genug, erkannte wohl, dass wenn er das jüdische nenne, er den Sultan durch die Abweisung des Islam beleidigen und erbittern würde, wenn das muhammedanische, er von dem Sultan zum Uebertritt oder zum Loskauf von demselben gezwungen

werden möchte. Er half sich so gut es gehen wollte mit der Fabel von den drei Ringen. Vor Zeiten lebte ein reicher und vornehmer Mann, der vor allen andern auserlesenen Juwelen, die er in seinem Schatze verwahrte, einen wunderschönen und kostbaren Ring werth hielt. Um diesen seinem Werthe und seiner Kostbarkeit gemäss zu ehren und im dauernden Besitz seiner Nachkommen zu erhalten, ordnete er an, dass derjenige unter seinen Söhnen, der den Ring, als vom Vater ihm übergeben, würde vorzeigen können, für seinen Erben gelten und von allen anderen als der vornehmste geehrt werden sollte. Der erste Empfänger traf unter seinen Kindern ähnliche Verfügungen und verfuhr dabei wie sein Vorfahr. Kurz, der Ring ging von Hand zu Hand auf viele Nachkommen über. Endlich aber kam er in den Besitz eines Mannes, der drei Söhne hatte, die sämmtlich schön, tugendhaft und ihrem Vater unbedingt gehorsam, daher auch gleich zärtlich von ihm geliebt waren. Die Jünglinge kannten das Herkommen in Betreff des Ringes, und da ein jeder der Geehrteste unter den Seinigen zu werden wünschte, baten alle drei den Vater, der schon alt war, einzeln auf das Inständigste um das Geschenk des Ringes. Der gute Mann liebte sie alle gleichmässig und wusste selber keine Wahl unter ihnen zu treffen; so versprach er denn den Ring einem jeden und dachte auf ein Mittel, alle zu befriedigen. Zu dem Ende liess er heimlich von einem geschickten Meister zwei andre Ringe verfertigen, die dem ersten so ähnlich waren, dass er selbst, der doch den Auftrag gegeben, den rechten kaum zu erkennen wusste. Als er auf dem Todbette lag, gab er heimlich jedem der Söhne einen von den Ringen. Nach des Vaters Tode nahm ein jeder Erbschaft und Vorrang für sich in Anspruch, und da einer dem andern das Recht dazu bestritt, zeigte der eine wie der andere den Ring, den er erhalten hatte, vor. Da sich nun ergab, dass die Ringe einander so ähnlich waren, dass Niemand, welcher der echte sei, erkennen konnte, blieb die Frage, welcher von ihnen des Vaters wahrer Erbe sei, unentschieden und bleibt es heute noch. So sage ich euch denn, mein Gebieter, auch von den drei Gesetzen, die Gott der Vater den drei Völkern gegeben und über die ihr mich befraget. Jedes der Völker glaubt seine Erbschaft, sein wahres Gesetz und seine Gebote zu haben, damit es sie befolge. Wer es aber wirklich hat, darüber ist, wie über die Ringe, die Frage noch unentschieden." Saladin erkannte, dass der Jude sich geschickt aus der Schlinge gezogen und musste nun doch mit seinem Anliegen herausrücken. Der Jude gab nunmehr freiwillig das Geld und kam beim Sultan zu hohen Ehren.

So die Novelle. Ihr Inhalt stammt wahrscheinlich aus rabbinischen Traditionen, wie sie sich in Spanien im Verkehr der Juden mit Muhammedanern und Christen gebildet hatten. Dorther entnahm denn wohl auch schon vor Boccaccio der Verfasser der Gesta Romanorum seine Erzählung von den drei Ringen cp. 89, und nach diesem der Sammler der Cento novelle antiche (nov. 72), aus welchem der Verbannungsgefährte Dantes, Busone da Gubbio in seinem Fortunatus Siculus ossia L'avventuroso Ciciliano und ebenso auch Gio

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vanni Boccaccio im Decamerone schöpfte. Die Frage nach der wahren Religion regte sich aber gleichzeitig auch in Deutschland. In Vrîdankes Bescheidenheit klingt sie ja auch durch.

Um diese Novelle nun legt Lessing das, was er in dem oben angezogenen Briefe an seinen Bruder eine sehr interessante Episode" nennt; und am 20. October bezeichnet er das Stück als ein so rührendes als er nur immer gemacht habe.

Fassen wir diese beiden Bezeichnungen Lessings zunächst in das Auge. Ist denn wirklich zu der Novelle des Boccaccio eine blosse Episode gefunden? Wenn Lessing mit diesem Worte die Fabel des Stückes bezeichnet, in welches die Erzählung von den drei Ringen eingelegt ist, so hat er den Ausdruck unrichtig gebraucht. Denn niemals ist die Haupthandlung eine Episode. Mag eine solche immerhin dem Dichter für die Gruppirung des Stoffes nothwendig erscheinen, so nimmt sie doch im Verhältniss zur Anordnung des Ganzen eine nur untergeordnete Stellung ein. Ihr Zweck kann nur der einer Illustration sein; sie hellt den historischen Hintergrund auf, sie giebt durch Detailausführungen Motive zur richtigen Beurtheilung der Ereignisse und Charactere. Weil sie daher nur das Verständniss des Lesers oder Zuschauers fördern und in den eigentlichen Grund der Haupthandlung nicht eingreifen soll, so ist sie auch in sich abgerundet und hat jene Abgeschlossenheit der Form, die sie als einen für sich bestehenden Theil im Umfange des Ganzen kennzeichnet. Wenn daher die Bezeichnung Episode in Bezug auf Lessings Nathan in Anwendung kommen sollte, so dürfte eher die Erzählung von den Ringen, nicht aber das Argument des Stückes, welches der Dichter hinzuerfunden hatte, so genannt werden. Denn diese Erzählung, so bedeutsam sie ist, könnte sogar fehlen, ohne dass der Gang der Handlung im Stücke dadurch in irgend einer Weise beeinträchtigt würde. Soll aber gerade die Erzählung von den Ringen die Hauptsache sein, so dürfte der in ihr liegende Gedanke dramatisch kaum zum Ausdruck gebracht werden können, wenigstens nicht in der Weise, wie es geschehen, da hinterher und nachträglich für die grosse Idee, die in ihr liegen soll, eine willkührlich erfundene, lose zusammenhängende Familiengeschichte darum und daran gelegt wird.

Es handelt sich ja um die Auffindung zweier Geschwister, der Kinder Assads. Dieser Bruder Saladins und Sittahs, welcher längst verschollen, in den Augen seiner Geschwister für todt galt, war vor langen Jahren heimlich zum Christenthum übergetreten und hatte sich unter dem angenommenen Namen Wolf von Filneck mit einer im Orient geborenen Christin aus Stauffen schem Geschlecht vermählt. Während einer kurzen Anwesenheit in Deutschland wurde ihm in Schwaben eiu Sohn, Leu von Filneck, geboren. Da er aber in das Morgenland zurückeilte, so nahm sich sein Schwager Kurt von Stauffen des Knaben auf das liebevollste an, und erzog ihn nach bestem Wissen und Gewissen. Als dieser gestorben, verliess auch Leu von Filneck das deutsche Land; ihn

zog es nach dem Morgenlande, er folgte dem Banner der Tempelherrn, betrat unter dem Namen seines Pflegevaters Kurt von Stauffen den Boden seiner Sehnsucht und seiner Ahnungen. Es war gerade die Zeit, da Saladin mit Richard Löwenherz einen Waffenstillstand geschlossen, um einen dauernden Frieden durch die Vermählung seines Bruders Melek mit Richards Schwester, und seiner Schwester Sittah mit Richards Bruder anzubahnen. Die Auslieferung von Akkon an Melek schien aber den Tempelherrn ein zu theurer Brautschatz; sie unternahmen in des Waffenstillstands letzter Stunde einen Sturm auf die Burg Tebnin, um von dort nach Sidon vorzudringen; zwanzig Ritter wurden gefangen, unter ihnen Leu von Filneck oder, wie er sich jetzt nannte, Kurt von Stauffen. Neunzehn seiner Genossen wurden wegen des Waffenstillstandsbruchs zu Jerusalem hingerichtet, er selber aber durch eine plötzliche Wallung Saladins, den in Kurts Zügen etwas an seinen Bruder Assad gemahnte, begnadigt. Kurt blieb der weiteren Bestimmung seines Schicksals wartend in Jerusalem.

Inzwischen war Wolf von Filneck, Saladins Bruder Assad, mit seiner Gattin, nachdem sie Schwaben verlassen, in das Morgenland zurückgekehrt. Hier wurde ihm vor nunmehr 18 Jahren auch eine Tochter Blanda geboren. Sie war kaum wenige Wochen alt, als die Mutter starb; und der Vater vom Kriege hin- und widergeworfen, übersandte durch einen treuen Knecht das Kind seinem Freunde Nathan, einem wackeren Juden, der es mit seinen eignen Kindern pflegen und bis es ihm wieder abgefordert werden würde, erziehen sollte. Der Jude kannte wohl den Wolf von Filneck, war ihm auch zu Dauk für öftere Lebensrettung verpflichtet, hatte aber von dessen Verwandtschaft mit Saladin keine Kenntniss. Der Reitknecht kam gerade mit dem Kinde, als Nathan durch den Judenmord zu Gad während seiner Abwesenheit in Darun, seine Gattin und sieben hoffnungsvolle Söhne verloren. Er hatte mit Gott gerechtet, gezürnt, getobt, der Christenheit den unversöhnlichsten Hass zugeschworen; doch kehrte die Vernunft zurück; und als der Knecht ihm das Mägdlein in seinem Mantel zutrug, da nahm er das Christenkind auf und dankte Gott: Auf Sieben nun doch schon Eines wieder."

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Assad oder Wolf von Filneck, des Kindes Vater, fiel vor Askalon; sein Reitknecht nahm sein Brevier an sich. Der Besitzer hatte auf die ersten und letzten Blätter desselben mit eigner Hand die Namen seiner eignen Angehörigen und deren seiner verstorbenen Gattin in arabischer Schrift verzeichnet. Aber da der alte Diener nicht lesen konnte, so blieb auch ihm die Verwandtschaft ein Geheimniss. Er zog sich als Eremit auf Quarantana zurück und fand später, nachdem Raubgesindel seine Siedelei zerstört, als Bruder Bonafides ein Unterkommen in einem Kloster zu Jerusalem; von dem Brevier seines Herrn aber hatte er sich nicht getrennt.

Inzwischen wuchs auch Blanda unter dem Namen Recha, ohne dass sie ihre christliche Geburt ahnte, in Nathans Hause als dessen Tochter zur Jungfrau heran. Ihre nächste

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