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daß die evangelische Richtung an unserer Anstalt nicht vermißt werde. Sie hingegen vermisse die Begründung der ihr gemachten Vorwürfe. Nicht weniger als die Petenten müßte es die Fakultät selbst beklagen, wenn in ihrem Schooße eine ungläubige Richtung sich kund thäte, oder wenn so wichtige Fächer, wie die Neutestamentliche Eregese und die Dogmatik, auf eine das Heil der Kirche gefährdende Weise gelehrt würden. Sie müsse es vielmehr als ihre höchste Aufgabe betrach= ten, daß in die Studirenden ein fester und weltüberwindender Glaube gepflanzt werde. Dies werde aber nicht dadurch erreicht, daß zwei entgegengesette Richtungen an der Anstalt vertreten und die studirenden Jünglinge zwischen dieselben hineingestellt, sondern dadurch, daß Glaube und Wissen zu versöhnen gesucht werden. Die Versöhnung von Glauben und Wissen, von jeher das Ziel und der Triumph der ausgezeichnetsten Väter der Kirche, sei auch fortwährend das Augenmerk der theologischen Fakultät. Sie müsse also dahin schließen, daß 1) die Petenten ihr Begehren nicht gehörig begründet haben, und daß 2) auch wenn es begründet wäre, das von denselben vorgeschlagene Mittel nicht der geeignete Weg wäre, um zu dem gewünschten Ziele zu gelangen.

Dieses Schreiben der Fakultät scheint denn doch die Gemüther vor der Hand ein wenig beruhigt zu haben. Zwar summten die Anklagen in dem „Langenthaler Correspondenzblatt“ eine Weile nach; aber die nächste Zeit wenigstens sah keinen Angriff mehr auftauchen.

Bweiter Angriff.

Die kirchliche Windstille dauerte nicht lange. Es waren unterdessen Umstände eingetreten, welche dem religiösen Parteiwesen im Kanton Bern leicht eine andere Richtung geben

konnten. Der conservativen Regierung (1850-54) folgte seit dem Sommer des leztern Jahres die sog. Fusionsregierung. Hatte die Richtung, welche sich ausschließlich die evangelische nennt, in der conservativen Periode hoffen können, die Regierung auf ihre Seite zu bringen, so konnte nun hieran nicht mehr gedacht werden. Die Neigung zur Dissidenz sprach sich entschiedener aus, und der radikale Antrag von Duchosal in Genf auf gänzliche Trennung von Kirche und Staat soll in gewissen Berner Kreisen nicht ohne Anklang geblieben sein. Man sieht, es bereitete sich ein Kampf vor auf breiterer Basis.

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Dieser Kampf, der nicht allzu lange auf sich warten ließ, hatte einen Vorläufer. - Am bernischen Gymnasium lehrte neben zwei Collegen Hr. Pabst die Philologie. Dieser hochgebildete und geistreiche Lehrer war seit Jahren den „Evangelischen" ein Stein des Anstoßes, weil man ihn für einen Pantheisten hielt. Es hatte sich im vorigen Jahre sogar zwischen ihm und dem bekannten Dr. Eckart ein Streit erhoben, indem letterer sich auf den Standpunkt des Theismus gestellt und als Auctorität unter andern den Meister Eckart () an= geführt hatte. Im Januar 1855 erhielt Hr. Pabst von einem Schüler eine anonyme Zusendung, welche da die Handschrift den Zusender kenntlich machte - eine DisziplinarUntersuchung gegen den Betreffenden veranlaßte. Diese hatte zur Folge, daß die Aufsichtsbehörde den Schülern des Gymnasiums die Theilnahme an Jünglingsvereinen und Gebetkränzchen verbot, weil sich herausgestellt hatte, daß diese Vereine den Jünglingen ein Mißtrauen, ja sogar eine keßerrichterliche Stellung gegen ihre Lehrer einflößten. Zugleich wurde der Lehrer, welcher diese frommen Vereine gegründet hatte und ihr unmittelbares oder mittelbares Oberhaupt war, seiner Stelle entlassen. Beides erregte in gewissen Kreisen einen großen Unwillen. Im Publikum wurde damit noch ein anderer Umstand in Verbindung gebracht, welcher zwar gleichzeitig, aber ganz unabhängig von jenem Vorfalle war: Der

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Religionslehrer am Gymnasium hatte seine Entlassung genommen, und an seine Stelle wurde Immer gewählt. Bei der vorhandenen Animosität konnte es nicht fehlen, daß von Manchen die Sache so aufgefaßt wurde, als habe Immer jenen seiner Stelle enthobenen Lehrer verdrängt, denn dieser wurde im Publikum für den Religionslehrer gehalten! - Daß unter solchen Umständen die Stimmung gegen die obersten Bildungsanstalten und ihre Lehrer nicht besser werden konnte, liegt am Tage.

Dennoch trat eine längere Pause ein. Da brachte der „Oberländer Anzeiger" im Herbst 1855 eine Reihe von Aufsägen, in welchen die politischen und kirchlichen Parteien des Kantons Bern einer Kritik unterworfen und die Dissidenten als Bundesgenossen der radikalen Partei hingestellt waren. Diesen Anlaß ergriff nun Hr. B. von Wattenwyl de Portes, um einen förmlichen Angriff gegen die bernische Landeskirche und die theolog. Fakultät zu schleudern. — Es ist nicht ohne Interesse, den Mann, von welchem dieser Angriff ausging, etwas näher kennen zu lernen. Einer der ersten patrizischen Familien Berns angehörig, hatte derselbe bis zum Jahre 1830 die Anwartschaft auf die höchste Stellung im Staate gehabt. Durch die Ereignisse von 1830-31 um seine Hoffnungen betrogen, wurde er im J. 1832 in den sog. Reaktionsprozeß verwickelt und mußte den Kanton meiden. Er begab sich nach Genf, wo eine große religiöse Veränderung mit ihm vorging. Später nach Bern zurückgekehrt, schien er sich noch nicht offen von der Landeskirche getrennt zu haben. Er nahm oft das Wort in religiösen Privatversammlungen und entwickelte daselbst eine ausgezeichnete Gabe. Er betheiligte sich vorzüglich an Werken der innern Mission, richtete mit großer Einsicht in dem Theurungsjahr 1847 einen Nothverein ein, leitete mehrere Jahre hindurch den von ihm organisirten Armenverein und soll die Hälfte seiner jährlichen Einkünfte (Fr. 30,000, wie es heißt), zu kirchlichen Zwecken

verwenden. Daß ein solcher Mann den Anlaß ergriff, um seinen wahren oder vermeintlichen Gegnern den Fehdehandschuh hinzuwerfen, müssen wir ganz natürlich finden, obwohl in seinem Angriff (f. Oberl. Anzeiger 1855, Nr. 115) weniger der Geist Christi als Hrn. v. W's. eigener Geist sich vernehmen läßt. Er beginnt damit, sich als den beleidigten Theil darzustellen, weist dann die Beschuldigung zurück, als ob die Dissidenten vor allem aus die Leute von der Staatskirche abwendig zu machen suchten und erst nachher ihnen vom Evangelium redeten, und zeiht den Redaktor der Verwechslung der Staatskirche mit der Kirche Christi. Dann geht er zu seinen Anklagen gegen die Landeskirche über und sucht zu beweisen, daß das Beste, was in dieser sich finde, nämlich eine schöne Anzahl christlich erweckter Personen, nicht ihr selbst, sondern den Dissidenten zu verdanken sei. Was noth thue zur Ueberwindung des schreckhaft um sich greifenden Unglaubens und Sittenverfalls, seien nicht sowohl die kirchlichen Einrichtungen, als die reine Lehre des Evangeliums und das Leben aus Gott, und die allererste Sorge für eine Kirche, die lebendig eingreifen wolle in das Schicksal eines Volkes, müsse die sein, daß sie für die reine Lehre sorge, d. h. für die Bildung evangelisch-gläubiger Prediger. „Wie steht es damit in der bernischen Staatskirche? Ist es wahr, ,,daß die theologische Fakultät, weit entfernt, die Studirenden „zum reinen Bibelglauben hinzuleiten, diejenigen, welche sie ,,gläubig empfängt, zum Unglauben verführt? Ist es wahr, „daß da gelehrt wird, die evangelische Geschichte, auf welcher „der ganze Glaube ruht, sei zum Theil ein Mythus, d. h. eitel „Trug? Ist es wahr, daß da der Schriftglaube der Re„formatoren, welcher ganze Völker umschuf, als blinder Köh,,lerglaube belächelt wird von Gelehrten, welche in ihrer eiteln „Weisheit nicht eine einzige Menschenseele aus dem Verderben ,,retten werden? Wenn das wahr ist, wie persistent ver„lautet, so wundere man_sich noch, daß die Staatskirche völlig

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„unmächtig ist gegenüber dem radikalen Unglauben und daß ,,der Boden ihr täglich unter den Füßen schwindet!" - Am Schlusse redet Hr. v. W. den Redaktor des Blattes in folgender drastischer Weise an: „Wenn Sie durchaus Krieg haben ,,wollen mit den Dissidenten, so sollen Sie ihn haben. Mit „oder ohne Krieg geht die Staatskirche unaufhaltsam ihrem ,,Ende entgegen. Sie hat ihre Bestimmung längst versäumt.“

Diesem Angriff gegenüber durfte weder die Fakultät noch die Landeskirche schweigen. Die Fakultät regte sich zuerst. Sie konnte entweder, wie vor einem Jahr, eine vollständige Erklärung von sich geben, oder die Anklage kurz und in globo. abweisen, mit den Worten: Nein, es ist nicht wahr! Die Fakultät schlug jedoch eine Art Mittelweg ein, indem sie auf den Antrag des Präsidiums folgende Erklärung, vom 22. Oktober 1855 datirt, in den „Oberländer Anzeiger" einrücken ließ.

,,Auf die Vorwürfe und Verdächtigungen, welche sich Hr. B. von Wattenwyl de Portes in Nr. 125 des „Oberländer Anzeigers" gegen die theolog. Fakultät erlaubt hat, ist dieselbe, wenn es verlangt wird, jeden Augenblick bereit, sich vor kompetenter Behörde zu verantworten, ist aber keineswegs gesinnt, die in jenem Artikel angeregten Fragen zum Gegenstand der Zeitungspolemik zu machen. Sie will dabei nur erinnern, daß sie kein Predigerseminar ist, sondern die Fortschritte der theologischen Wissenschaft zu vertreten hat."

Uns will bedünken, es sei hier theils zu viel theils zu wenig gesagt worden. In jedem Fall aber mußte der Gegensag von „Predigerseminar“ und „Fortschritt der theologischen Wissenschaft" den Gegner aufs Neue herausfordern. Dieser Folge wäre unsers Erachtens vorgebeugt gewesen mit der kleinen Redaktionsveränderung: „nicht nur ein Predigerseminar, sondern auch..." Der Erste, der jedoch nun auf dem Plan erschien, war Immer, der mit seinem Antrag auf eine eingehende Erklärung in der Fakultät in der Minderheit

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