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Weissagungen, deren Erfüllung sich nachweisen läßt, müssen post eventum aufgezeichnet worden sein; andere, deren Alter nicht geläugnet werden kann, müssen auf die Zeitverhältnisse bezogen und nach den die Propheten beherrschenden Ideen und Gemüthsstimmungen gedeutet werden. Und wenn etwa die Darstellung historischer Vorfälle in einer Schrift, deren Aechtheit nicht bezweifelt wird, der Anschauungsweise der Kritiker unbequem ist, so werden wohl auch religiöse oder politische Parteitendenzen, wie sie bei modernen Schriftstellern vorkommen, herbeigezogen, um jene Darstellung zu erklären. Ich enthalte mich der Anführung von Beispielen dieses kritischen Verfahrens, weil ich nicht ein Buch schreiben will. Aber die freisinnigen Theologen selbst werden erkennen müssen, daß diese Züge nicht aus der Luft gegriffen sind.

Von der äußersten Consequenz indessen, welche die Läugnung alles Göttlichen in der Bibel und der Wahrheit des Christenthums wäre, wie sie bei der äußersten Linken sich auch wirklich fund gibt, hält ein höchst ehrenwerther ethisch religiöser Sinn die Theologen, von denen hier die Rede ist, zurück. Sie können von den sittlichen Principien und den religiösen Ideen der Bibel und des Christenthums nicht lassen, sie können in ihrem Herzen von Christo nicht lassen. Sie wollen, und ich zweifle nicht, daß sie es aufrichtig wollen, wie es in der vorliegenden Schrift ausgesprochen ist, die Bibel als die Urkunde des Heilsrathes Gottes, das Evangelium als eine Kraft Gottes, selig zu machen Alle, die daran glauben, festhalten, sie wollen den Glauben als das heilsbedürftige Erfassen der in Christo geoffenbarten Gnade, nicht fahren lassen. Aber weil ihnen die Wissenschaft die Authentie und damit auch die Autorität jener Urkunde zweifelhaft, den

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thatsächlichen, historischen, realen Grund des Glaubens wankend gemacht oder entzogen hat, so wird ihnen mit mehr oder minder klarem Bewußtsein der Heilsrath Gottes zu einem Stück Weltgeschichte, als Geschichte der Entwicklung des religiösen Geistes der Menschheit aus sich selbst, das Evangelium zur Kunde, daß das menschliche Gemüth in sich selbst die göttliche Kraft besige, selig zu werden, und der Glaube im Gefühl der Heilsbedürftigkeit zu einer lebendigen Erfassung der in Christo offenbar gewordenen Idee der Guade.

Christus selbst aber wird ihnen das Ideal der im Selbstbewußtsein gottbewußten Menschheit, der Prototypus der Gottmenschheit und Gotteskindschaft, zu der wir Alle berufen sind und zu der wir uns in seinem Anschauen nachbilden sollen mit Hülfe des in der christlichen Gemeinschaft immanenten Geistes. Der auferstandene und lebendige Christus ist als geistig auferstanden und geistig le= bender Christus in uns, das in uns wieder erwachte und lebendig gewordene gottmenschliche Ideal.

So lassen sich nach dem Aufgeben der historischen Wahrheit der alt- und neutestamentlichen Geschichte die ideale Wahrheit derselben, nach dem Aufgeben der Thatsachen der Offenbarung und des Fürwahrhaltens derselben, die religiösen Ideen und das Bewußtsein ihres Besizes, nach dem Aufgeben der Authentie und Inspiration der heil. Schrift die Anerkennung des in ihr sich kundgebenden religiösen Geistes, bewahren.

Durch diese Vermittlung des als Resultat der Kritik gewonnenen Wissens mit dem in der Idee festgehaltenen Glauben wird die Theologie zu einer Wissenschaft von den christlichen Ideen, zu einer Religionsphilosophie und speculativen Ethik.

Ich will nun nicht in Abrede stellen, daß dieser christliche Idealismus eine gewisse Berechtigung hat. Denn ich gebe zu, daß alle Wahrheit, auch die objektive, erfahrungsmäßig erkannte und historisch überlieferte, nur in der Form des Begriffs im wissenschaftlichen Denken festge= halten und als Idee im subjektiven Bewußtsein lebendig wird. Und wenn es wirklich an dem wäre, daß wir das Fürwahrhalten der Thatsachen der Offenbarung, wie sie uns in der Bibel überliefert sind, und den Glauben an den historischen Christus der Evangelien, den leiblich auferstandenen und persönlich fortlebenden aufgeben müßten, so müßten wir allerdings froh sein und es als eine große Errungenschaft betrachten, wenn wir dennoch den Glauben an die Wahrheit der christlichen Ideen und das ChristusIdeal in uns als Prinzip eines neuen heiligen und seligen Lebens festhalten könnten.

Aber ich meinestheils gebe jenes Fürwahrhalten noch nicht auf und muß bezweifeln, daß die christlichen Ideen abgelöst von ihrem realen Substrat oder historisch und objektiv thatsächlich gegebenen Grund, nur auf subjektives Bewußtsein reducirt, die gleiche volle Wahrheit und Kraft hätten, welche sie aus ihrem realen Grunde schöpfen. Denn ihre Wahrheit läge dann nur in der Klarheit und Consequenz unsers Denkens, und ihre Macht nur in unserer religiösen Stimmung. Hat doch schon Plato die Ideen als Bilder höherer, realer Wesenheit gedacht und das Wissen von denselben als Erinnerung bezeichnet. Und ich möchte jeden Theologen der kritisch spekulativen Richtung fragen, ob er die christlichen Ideen in seinem Bewußtsein besißen würde, wenn er nichts durch Ueberlieferung vernommen hätte von den Thatsachen der Offen

barung, von dem lebendigen Gott der Bibel und von dem Christus der Evangelien?

Was ich ferner bezweifeln muß, ist, daß auf diesem Wege eine wahre Vermittlung oder Einigung zwischen Wissen und Glauben erreicht werde. Jedenfalls nur eine Vermittlung zwischen einem lückenhaften Wissen und einem unvollständigen Glauben. Auch die freisinnigen Theologen werden allezeit bekennen müssen: „Unser Wissen ist Stück„werk und unser Weissagen ist Stückwerk.“ Die Wissenschaft, welche hier maßgebend sein soll, ist dreifach: Naturwissenschaft, Geisteswissenschaft oder Philosophie und Geschichtswissenschaft, wozu auch die Schriftkritik zu nehmen ist. Keine derselben ist vollendet, keine bietet in allen Punkten feste Resultate. Von der Naturwissenschaft gilt noch immer, trotz aller großen Fortschritte derselben, Hallers Wort: In's Innere der Natur dringt kein erschaffner Geist." Und gerade in's Innere der Natur, in die letzten Gründe des kreatürlichen Seins müßte die Forschung eindringen können, um Gott in der Natur zu finden, um zu wissen, wie Er sich in der Natur offenbare, ob seine Offenbarung in der Natur vollständig in den Naturgesehen und Naturerscheinungen aufgehe, oder ob Er eine uns unbekannte, unserm Wissen incommensurable, ursprüngliche und freie, schöpfcrische und übernatürliche Wirkung auf die Natur ausüben könne und wirklich ausübe, mit andern, oft gebrauchten Worten, ob Er der Natur nur immanent oder auch transcendent sei. Und darum handelt es sich doch, wenn in dem Streit zwischen der religiösen, biblischen und der modernen naturalistischen Weltanschauung von der Schöpfung, von Offenbarung und von Wundern die Rede ist.

Betrachten wir die Geschichte der Philosophie und ihren gegenwärtigen Stand, so fragen wir, welches der bisherigen philosophischen Systeme eine von allen Denkern anerkannte, vollendete Wissenschaft des Geistes als Resultat der befolgten Methode aufgestellt habe, oder welche philosophische Schule auch nur eine tadellose Methode befolgt und eine unbestrittene Theorie des menschlichen Erkenntnißvermögens allem Wissen zur festen Grundlage gegeben habe? Wie verschieden lauten nicht die Antworten auf die alte Frage: Was ist Wahrheit?" bei'm Loke'schen Empirismus, bei'm Kantischen Kriticismus, bei Fichte'schem Idealismus, bei'm Hegelschen Logismus und bei Schelling in seiner frühern oder spätern Spekulation über Natur und Offenbarung? Ja, nicht nur die Metaphysik, sondern auch die Anthropologie, die Psychologie und die Logik selbst sind nicht zum wissenschaftlichen Abschluß gekommen. Wie will man denn, ehe man weiß, was man wisse, den Glauben mit dem Wissen abschließend ver mittlen?

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Fern sei es von mir, die Philosophie gering zu schätzen; sie ist eine tief in der Natur des menschlichen Geistes gegründete Thätigkeit, und der nach selbstständiger Erkenntniß der Wahrheit strebende Denker kann nicht anders, als philosophiren. Meine Meinung ist nur, daß jeder Philosoph entweder durch seine Philosophie seinen Glauben, oder durch seinen Glauben seine Philosophie bestimmen lassen wird, und zwar nur auf eine für ihn selbst genügende Weise.

Gehen wir zur Geschichtswissenschaft über, so wird jeder Historiker bekennen, daß, besonders wo es um das Alterthum und die Urgeschichte der Menschheit sich handelt, die Geschichtsforschung im Ganzen und Einzelnen

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