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Einleitung.

So sehr in höchst erfreulicher Weise das Interesse an der Völker

funde in weiten Schichten der Gebildeten im Steigen begriffen ist, so wenig herrscht doch über ihre Aufgaben und Methoden eine einigermaaßen befriedigende Klarheit und Uebereinstimmung. Während Manche darin noch ein buntes Raritätencabinet sehen, zur Befriedigung bloßer Neugier, verquicken Andere damit rein historische Fragen und Probleme und sind nicht wenig darüber erstaunt, daß die Ethnologie als solche die rein geschichtlichen Beziehungen ganz von der Hand weist. Dieser Umstand mag zum Theil in der Jugend der betreffenden Wissenschaft seinen Grund haben, zum anderen aber auch darin, daß in der That in der Völkerkunde die verschiedensten Wissenschaften sich kreuzen und zusammenfinden. Auf gut Glück nennen wir: Geschichte, Geographie, Anthropologie, Prähistorie, Rechtswissenschaft, Sociologie, Mythologie, Philosophie u. s. w. Eine reiche Auswahl fürwahr, so daß es schon um deswillen einer nüchternen. Prüfung und Beurtheilung bedarf. Um hier nicht fehl zu gehen, ist es vor Allem nöthig, mit aller Behutsamkeit und Vorsicht dem Entwicklungsgange unserer Wissenschaft nachzuspüren und die verschiedenen Strömungen und Richtungen zu erforschen, aus denen sie entsprungen ist. Andernfalls würden wir leicht einen zu bedingten und beschränkten Maaßstab für unsere Beurtheilung anlegen. Damit würde sich unsere nächste Aufgabe dahin ergeben, eine Geschichte und Entwicklung der Völkerkunde zu schreiben, soweit sich dieselbe als einheitliche Bewegung verfolgen läßt. Wir brauchen uns weder in's Alterthum noch in's Mittelalter, noch endlich in die Sturmund Drangperiode der großen Entdeckungen zu vertiefen, welche die neue Zeit einleiten; erst das achtzehnte Jahrhundert enthält die wenigen fruchtbaren Keime, aus denen freilich erst in der Mitte unseres Jahrhunderts eine üppige Saat emporsprießen sollte. Wenn wir mithin unsere Darstellung mit einer Charakteristik der ethnographischen Auffassung beginnen, wie sie uns das vorige Jahrhundert bietet, so sollen uns die behandelten Vertreter nur als Typen des damaligen Standpunktes dienen; irgend eine erschöpfende Vollständigkeit liegt uns völlig fern. Hieran schließt sich die culturgeschichtliche Behandlung, die theilweise noch etwas weiter zurückgreift (so bei Montesquieu und Voltaire); hier begegnet uns

Achelis, Völkerkunde.

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schon mancher tiefsinnige Gedanke, der die Bedeutung und Stellung der Völkerkunde theoretisch vorwegnimmt. Mit der geographischen Betrachtung, welche eminente Leistungen zu würdigen hat, nähern wir uns bereits der Gegenwart, während uns die philosophische Perspective (Herder, Schiller) wieder in einen früheren Zeitraum führt. Den verschiedenen Wandelungen, welchen der Begriff der mit der Völkerkunde nahe verwandten Anthropologie im Laufe der Entwicklung unterlegen ist, müssen wir endlich einen besonderen Abschnitt schenken. Diesen Präliminarien, welche die Anfänge der Völkerkunde enthalten, folgt dann die Darstellung unserer Wissenschaft vom sociologischen Standpunkte aus; es ist dies ein so entscheidender Wendepunkt, daß wir nicht umhin können, die Entstehung dieser höchst eigenartigen Weltanschauung zu erklären und ihre Fortbildung an einzelnen hervorragenden Vertretern zu veranschaulichen. Erst so gewinnen wir die richtige Perspective für die Würdigung der modernen Ethnologie, die wir an der Hand des zuständigen Materials in großen Umrissen, soweit es der Raum gestattet, schildern werden. Damit wäre der geschichtliche Theil unserer Aufgabe erledigt, so daß wir uns nunmehr dem kritischen Theile der Untersuchung zuwenden können, der zunächst die Methode und das Ziel der Ethnologie darlegen soll. Auch diese Charakteristik der Grundzüge der Völkerkunde (äußere, physiologische und innere) kann sich nicht auf eine eingehende detaillirte Behandlung des umfassenden Stoffes einlassen, sondern muß sich vielfach mit einem kurzen Resumé der bisherigen Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung begnügen. Im lezten Abschnitt werden wir möglichst scharf und präcis die Stellung der Völkerkunde zu den übrigen in Frage kommenden Wissenschaften kennzeichnen. Gerade dieser Darstellung legen wir insofern einen besonderen Werth bei, weil es uns dringend nothwendig erschien, die vielfachen Irrthümer und Mißverständnisse, welche bei Vertretern anderer, älterer Disciplinen über die Ethnologie noch sich im Umlauf befinden, nach Möglichkeit hinwegzuräumen und dadurch das Verständniß derselben zu erleichtern. Zwar muß jede Forschung die Kraft des Gedeihens in sich selbst tragen und den Beweis ihrer wissenschaftlichen Legitimirung selbst erbringen; aber nichtsdestoweniger wird es ihrer Entwicklung nur förderlich sein, wenn sie in engster Fühlung mit anderen verwandten wissenschaftlichen Richtungen bleibt. Um deswillen galt es doppelt, überall die Grenzen zwischen der Völkerkunde und anderen Gebieten menschlichen Denkens, die es entweder mit dem socialen Leben der Menschheit zu thun haben oder mit der edelsten Blüthe menschlichen Geistes, mit der Philosophie, genau und unzweideutig abzustecken.

Erfter Abschnitt.

Entwicklung der Völkerkunde.

Erftes Kapitel.

Anfänge der Völkerkunde.

I. Ethnographische Darstellung.

Gerade für diesen Theil möge man die Ansprüche nicht zu hoch schrauben und etwa die Sicherheit der Kritik und die Fülle des Materials verlangen, wie es der heutigen ethnologischen Forschung zu Gebote steht; es handelt sich eben um die Anfänge der Völkerkunde, die aber troßdem mitunter manche fruchtbare Keime zeigen.

1. Jos. Fr. Lafitau (Moeurs des Sauvages américains comparées aux moeurs des premiers temps. 2. Bände. Paris 1724).

Schon um deswillen verdient der französische Jesuitenpater, der sich fünf Jahre in Canada aufhielt und dort seine Studien unter der Leitung seines Ordensbruders Jul. Garnier (eines während mehr wie sechzig Jahre dort thätigen Missionars) anstellte, unsere Beachtung, weil ihm die Ahnung aufgegangen war, daß bei aller sorgfältigen Beobachtung und vorurtheilsfreien Sammlung des zuständigen Materials es doch noch lezten Endes für die wissenschaftliche Forschung ein höheres Ziel gebe, nämlich durch eine sachgemäße, unbefangene psychologische Vergleichung die sociale Entwicklung der Menschheit zu begreifen 1). Diese Parallelen mögen im einzelnen Fall recht unglücklich gezogen sein, der Mangel an umfassender Umschau auf dem Globus erklärt das zur Genüge, aber die verhängnißvolle Tragweite dieses Princips, dem unsere neuere Wissenschaft auf allen ihren Gebieten nach allgemeinem Einverständniß die großartigsten Erfolge zu danken hat, wird dadurch nicht im Mindesten in den Schatten gestellt. Jene primitiven

1) Voltaire äußert sich noch sehr anerkennend über Lafitau in seinem großen Werk: Essai sur les moeurs, p. 25 ff.

Verhältnisse, welche das betreffende Kriterium der Beurtheilung abgeben, find nämlich für den Autor die Zustände des classischen Alterthums, der griechisch-römischen Mythologie und Sagenwelt und anderseits (besonders wo es sich um religiöse Probleme handelt) des Alten Testaments. Unter diesem Vorbehalt wird man, zumal wir es ja vorerst mit den unschein= baren Anfängen der Völkerkunde zu thun haben, den Ausführungen des für seine Zeit hochgebildeten Missionars seine Anerkennung nicht versagen können.

Schon am Beginn seiner Schilderungen bestimmt er seinen Standpunkt folgendermaßen: „Ich bin nicht zufrieden, den Charakter der Wilden kennen zu lernen und mich mit ihren Sitten und Gewohnheiten bekannt zu machen, ich habe vielmehr in diesen die Spuren eines sehr entlegenen Alterthums gesucht; ich habe sorgfältig diejenigen von den ältesten Schriftstellern gelesen, welche die Sitten, Geseze und Gewohnheiten der Völker beschrieben haben, von denen sie sich eine leidliche Kenntniß verschafft hatten; ich habe eine Vergleichung ihrer Sitten angestellt, und ich gestehe, daß, wenn die alten Schriftsteller mir Winke gegeben haben, um einige glückliche, die Wilden betreffende Vermuthungen zu stüßen, die Sitten der Wilden mir Winke gegeben haben, um mehrere Dinge, welche sich in den alten Schriftstellern befinden, leichter zu verstehen und zu erklären. Vielleicht werde ich hinreichend glücklich sein, um einige Adern von einer Mine zu entdecken, die in den Händen derer, die sich mit der Lectüre der alten Schriftsteller beschäftigt haben, reich werden wird. Ich wünsche, daß, indem sie sich über mich erheben, sie noch weiter sehen, und daß sie den Dingen, welche ich nur oberflächlich berühren und streifen konnte, eine genaue Form und einen richtigen Umfang geben mögen. Einige von meinen Vermuthungen können vielleicht für sich genommen kühn erscheinen, aber vereinigt werden sie ein Ganzes bilden, dessen einzelne Theile sich durch die gegenseitigen Beziehungen unter einander halten werden“ (I, 3). Dabei ist es erfreu= lich, wenn keine blinde Voreingenommenheit gegen die Indianer herrscht, nicht jene heutigentags vielfach hervortretende Tendenz, das Niveau dieser „Wilden" möglichst tief herabzudrücken und in ihnen nur Bestien 1) sehen zu wollen. Lafitau schreibt: „Ich habe mit großer Betrübniß in den

1) Ein Beispiel möge zur Illustration genügen. Mar Müller führt das verächtliche Urtheil Darwin's über die Feuerländer an, die er beschrieb wie die Teufel im Freischüß: „Beim Anblick solcher Menschen (heißt es u. A.) kann man sich schwerlich einreden, daß sie Mitmenschen und Mitbewohner derselben Erde seien. Ihre Sprache verdient kaum den Namen articulirt." Capitän Cook verglich sie mit den beim Räuspern entstehenden Geräuschen. „Aber sicherlich würde nie ein Europäer sich unter so vielen heiseren und glucksenden Kehltönen räuspern“ (Natürl. Religion S. 79). Später stellte es sich heraus, daß sich ihr Wortschatz auf etwa 32 430 Worte belaufe, was immerhin recht viel sagt, wenn man bedenkt, daß die ganze reiche Welt, über die Shakespeare ver fügte, mit ungefähr 15 000 Worten sich bemessen läßt. Auch ihre physische Defiguration erwies sich durch eine eingehende Untersuchung Virchow's als glänzender Irrthum.

meisten der Berichte gelesen, daß diejenigen, welche über die Sitten wilder Völker geschrieben haben, sie uns geschildert haben als Menschen, welche fein irgendwie religiöses Gefühl besigen, keine Kenntniß einer Gottheit, keine Persönlichkeit, der sie irgend welchen Cultus widmen, wie Menschen, welche weder Geseze, noch eine Obrigkeit, noch irgend eine Form der Regierung haben, mit einem Wort als Menschen, welche vom Menschen ungefähr nichts haben als nur die Gestalt. Das ist ein Fehler, den selbst die Missionare begangen haben, welche einerseits mit zu großer Ueberstürzung über Sachen geschrieben haben, welche sie noch nicht genügend kennen, und welche anderseits nicht die verhängnißvollen Folgen voraussehen, welche man aus einem der Religion so ungünstigen Gefühl ziehen konnte. Denn obgleich diese Schriftsteller sich in ihren Werken widersprochen haben und sie in demselben Augenblick, wo sie sagen, daß diese Wilden weder einen Cultus noch eine Gottheit haben, die sie anbeten, von Dingen. sprechen, welche eine Gottheit und einen geregelten Cult vorausseßen, so folgt doch nichts desto weniger, daß man sich Anfangs von jener Anschauung hat einnehmen lassen und man sich gewöhnt eine Vorstellung von den Wilden sich zu entwerfen, welche sie nicht von Thieren unterscheidet“ (S. 5, vgl. auch S. 105). Jene Forderung nun, zur Erklärung und Begründung von Sitten und Vorstellungen Vergleichungen anzustellen, ist um so mehr anzuerkennen, als Lafitau sich nicht scheut, in diesen Rahmen auch die Religion hineinzuziehen. „Nicht nur haben (so ruft er aus) die Völker, welche man Wilde nennt, eine Religion, sondern diese Religion hat Beziehungen von so großer Uebereinstimmung mit derjenigen der ersten Zeiten, mit dem, was man im Altertum die Weihen des Bacchus und der Göttermutter, die Mysterien des Isis und Osiris nennt, daß man gleich Anfangs bei dieser Aehnlichkeit fühlt, daß hier durchweg sowohl dieselben Principien und derselbe Fond vorliegt. In Sachen der Religion haben wir im profanen Alterthum nichts Aelteres als diese Mysterien und Weihen, welche die ganze Religion der Phrygier, Egypter und der ersten Creter ausmachten, die sich selbst als die ersten Völker der Welt betrachteten und die ersten Stifter eines Gottesdienstes, welcher sich von dort über die ganze Welt verbreitet hat" (S. 7). Und ähnlich: „Der ganze Gehalt der alten Religion der Wilden in Amerika ist derselbe wie der der Wilden, welche an erster Stelle Griechenland einnahmen und sich in Asien ausbreiteten, derselbe wie derjenige der Völker, welche Bacchus auf seinen kriegerischen. Zügen folgten, derselbe endlich, welcher nachher zur Gründung für jede heidnische Mythologie und für die Fabeln der Griechen dient" (S. 113). Ja diese Parallelen erstrecken sich sogar auf Glaubensartikel des Christenthums: „Es findet sich in dieser Religion der ersten Heidenzeit eine so große Aehnlichkeit zwischen mehreren Dogmen, wie sie unser Glauben lehrt, und die eine Offenbarung vorausseßen, eine volle Uebereinstimmung im Cultus mit dem der wahren Religion, daß es scheint, daß alles Wesent

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