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religiösen und Civilsystem anderer bekannter Nationen abzuleiten. Hier fehlt die Schrift, und wer vermöchte, hätten wir nicht die geschriebenen Documente zur Hand, aus den ähnlichen Verboten und Bräuchen der Juden den milden Geist der mosaischen Gesetzgebung wiederzufinden, die auch dem Thiere ein wohl abgemessenes Recht zuerkennt und worin uns übrigens noch die Idee von rein und unrein unbegründet erscheint. Wir erinnern beiläufig, ohne etwas daraus zu folgern, daß das Wort Tabu mit gleichem Sinn als auf den Südsee-Inseln in den mosaischen Büchern. vorkommt. Wir sind außerdem weit entfernt, anzunehmen, daß jede Civiloder religiöse Ordnung als ein vollendetes Ganzes aus einem Geiste hervorgegangen sei: solchen Bau führt öfters die Geschichte aus, die vom Zufall die Steine dazu empfängt. Und sehen wir nicht selbst den blöden Menschen aus einer rein geistigen Religion zum Polytheismus zurückkehren und sein erstes Vertrauen dem materiellen Gegenstand, dem Stein, dem Holz zuwenden?" (4, 62).

Ueber die Frage der Einwanderung der Polynesier äußert sich Chamisso folgendermaaßen: „Die unter den Insulanern der Südsee so tief eingewurzelte Ungleichheit der Volksclassen, die besondere Heiligkeit etlicher Familien und Personen, die von Vermögen und Civilmacht unabhängig find, erinnern unwillkürlich an Indien. . . . Der freiwillige Tod der Gattin bei der Bestattung des Gatten auf den Fiji-Inseln und die ähnliche Sitte in der Familie des Tooitonga auf Tonga deutet auch nach Indien. Bringt man nun die Frage in Anregung, wie und zu welcher Zeit ein ursprünglich asiatisches Volk sich gegen den Lauf der Winde, seine Hausthiere und nüßliche Gewächse mit sich bringend, auf die entlegensten Inseln des großen Oceans verstreut hat, wie da in ihrer Abgeschiedenheit die verschiedenen Völker noch ähnliche Sitten und Künste bewahren und bei dem Mangel an Schrift, die allein die Sprache in ihrer Wandelbarkeit festzuhalten im Stande scheint, und bei dem Gebrauch willkürlicher Spracherneuerungen dennoch eine gemeinsame Mundart reden: So stehen wir in unserer Unwissenheit bloß. Die erwähnten Umstände beweisen eine gleichzeitige Auswanderung von einem Punkte aus und scheinen auf eine neuere Epoche zu deuten, die Kindheit aber der Sprache und in mancher Hinsicht des Volkes selbst scheinen den Zeitpunkt selbst in ein graues Alterthum zu tauchen. Unsere ersten Seefahrer haben die Völker der Südsee in dem Zustande gefunden, worin sie noch sind (4, 63) 1).

Was endlich die socialen Verhältnisse anlangt, so fußt der (übrigens durch seinen vertrauten Freund Kadu vorzüglich orientirte) Forscher viel

1) Vgl. zu diesem ganzen Problem Razel, Völkerkunde, 2. Aufl., I, 160 ff., der sich, wie die meisten Forscher, einer malayischen Einwanderung zuneigt; arabisch-cuschitische Berührungen will Ab. Fornander in seinem vorzüglichen Werk erkennen: An account of the Polynesian race, its origin and migrations, 3 Bände, London 1878 ff., eine Hypothese, die nicht selten zu höchst gewagten Schlüssen verführt.

fach auf Berichten des competenten Reisenden Marini: „Die Verhältnisse einer geselligen Ordnung, die auf keinem geschriebenen Gesez und Recht, sondern, mächtiger als die Gewalt, auf Glauben und Herkommen beruhen, sind verschiedentlich angesehen und gedeutet zu werden fähig. Herr Marini nimmt im Volfe von O-Waihi vier Kasten an. De Sangre real die Fürsten, de hidalguia der Adel, de gente media der Mittelstand (der bei Weitem die Mehrzahl der Bevölkerung ausmacht) und de basa plebe das niedere Volk, ein verachtetes Geschlecht, das nicht zahlreich ist. Sonst war jeder Weiße gleich dem Adel geachtet, jest hängt sein Verhältniß von eigener Persönlichkeit ab. Den Herren der Insel gehört das Land, die Herren besißen die Erde nur als Lehen; die Lehen sind erblich, aber unveräußerlich, sie fallen dem König wieder zu. Mächtige Herren mögen wohl sich empören und, was sie besigen, vertheidigen. Das Recht der Stärkeren macht den Herren der Insel aus. Die großen Herren führen unter sich ihre Fehden mit den Waffen. Der Herr führt im Krieg seine Männer an, kein Unedler kann ein Lehen besißen und Männer anführen; er kann nur Verwalter des Gutes sein. Welche die Erde bauen, sind Pächter oder Bauern des Lehensbesißes oder unmittelbar des Königs. Von aller Erde wird dem Könige Tribut bezahlt. Ueber die verschiedenen Inseln und Gebiete sind vornehme Häuptlinge als Statthalter eingeseßt. Das Volk steht fast in der Willkür der Herren, aber Sclaven oder Leibeigene (glebae adscripti) giebt es nicht. Der Bauer und der Knecht ziehen und wandern, wie es ihnen gefällt. Der Mann ist frei; getödtet kann er werden, aber nicht verkauft und nicht gehalten. Herren oder Adelige ohne Land dienen Mächtigeren. Der Herr der Insel unterhält ihrer Viele und seine Ruderer sind ausschließlich aus dieser Kaste. Es versteht sich, daß diese Kasten dergestalt geschieden sind, daß kein Uebergang aus der einen in die andere möglich ist. Ein Adel, der gegeben und genommen werden kann, ist kein Adel. Das Weib wird nicht des Standes ihres Mannes theilhaftig. Der Stand der Kinder wird nach gewissen, sehr bestimmten Gesezen, vorzüglich durch den der Mutter, aber auch durch den des Vaters bestimmt. Eine Edle, die einen Mann aus dem niederen Volk heirathet, verliert ihren Stand erst dadurch, daß sie ihm Kinder gebärt, in welchem Falle sie mit ihren Kindern in die Kaste ihres Mannes übergeht. Nicht die Erstgeburt, sondern bei der Vielweiberei die edlere Geburt von Mutterseite bestimmt das Erbrecht" (II, 308 ff.).

II. Culturgeschichtliche Bearbeitung.

Wer mit strengem Maaßstab die ethnographischen Leistungen beurtheilt, von denen wir soeben einen knappen Abriß gegeben haben, der wird, troß aller Anerkennung im Einzelnen, doch den Gewinn im Ganzen und Großen recht spärlich finden. Das gilt ganz besonders von denjenigen.

Schilderungen, welche unter dem überwältigenden Eindruck der neu (oder besser gesagt wieder) entdeckten polynesischen Inselwelt bei den europamüden Seefahrern entstanden. Und doch sollte man nicht allzu geringschäßig über diese kraftvolle, troß aller Sentimentalität und Romantik an energischen Impulsen äußerst reiche Periode denken; einmal verdanken wir es ihr in der That, daß die äußere Orientirung über den Erdball nunmehr für immer ein Bestandtheil der Wissenschaft wurde, und sodann übte fie, wie wir im Verlauf unserer Untersuchung immer mehr sehen werden, nach den verschiedensten Richtungen hin die fruchtbarsten Anregungen aus. Das leuchtet schon bei einer flüchtigen Ueberlegung ein; wie die französische Revolution mit dem System des absoluten Despotismus gründlich aufräumte und durch die Begründung der allgemeinen Menschenrechte eine ganz neue Basis des Staatsrechts schuf, so zeigte sich auch dieser radicale Trieb in der allgemeinen Auffassung des geistigen Lebens, in dem energischen Bestreben, mit den herkömmlichen Normen und Autoritäten der Ueberlieferung zu brechen und überall zu den natürlichen Grundlagen des menschlichen Daseins zurückzukehren. Wie bei jeder solchen gewaltsamen Krisis der Weltanschauung, so entwickelte sich auch damals eine gründliche Verachtung der bisherigen Cultur und Gesittung, ein förmlicher Ekel vor den Errungenschaften der Civilisation, wie anderseits eine sentimentale Sehnsucht nach den idyllischen Stätten eines leibhaftigen Paradieses, wie es vor den trunkenen Blicken der schwärmerischen Abendländer aus den Wellen des großen Oceans sich zu erheben schien. Dennoch ist es ein höchst wohlfeiler Triumph, wenn man in unnahbarer Souveränetät über diese für die Entwicklung des modernen Geistes höchst wichtige Epoche 1) ohne Weiteres den Stab bricht, wie das jetzt mitunter geschieht. Man muß schon zufrieden sein, wenn wenigstens der Versuch einer objectiven Würdigung dabei hervortritt, wie z. B. in der Darstellung Hellwald's, Naturgeschichte des Menschen I, 72. Aber gerade in der hier zuerst versuchten culturgeschichtlichen Perspective, welche entgegen der früheren, auf die Vertreter der höchsten geistigen Entfaltung beschränkten Auffassung auch die niederen Stufen der socialen Entwicklung mit in ihren Bereich zog, liegen die fruchtbaren Keime der späteren Völkerkunde verborgen, wie sie unsere Gegenwart gezeitigt hat. In der Universalgeschichte, wie der landläufige Name meist lautet, ist der psychische Theil der modernen Ethnologie anticipirt, und es ist in der That kein Zufall, wenn dort zuerst auch die Bezeichnung Ethnologie hervortritt (vgl. Bastian, Vorgeschichte der Ethnologie S. 14 ff.). Jm Uebrigen ist die erste Anregung zu dieser Auffassung von Frankreich ausgegangen, als dem Mittelpunkt für die Cultur

1) Vgl. darüber Hettner, Literaturgeschichte des 18. Jahrhunderts II, 543, der mit vollem Recht die inneren Beziehungen zwischen jener Zeit und unserer classischen Literatur auffucht.

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und Aufklärung des vorigen Jahrhunderts, und erst später haben wir die Erbschaft unserer Nachbarn angetreten, um sie dann freilich, wie in manchen anderen Beziehungen, auch hier zu überflügeln, man denke nur an die eine geniale Leistung unseres Herder! Wie schon bei anderen Gelegenheiten, so ist es gleichfalls an dieser Stelle nicht unser Bestreben, ein lückenloses Bild dieser geistigen Bewegung zu entwerfen; es handelt sich für uns vielmehr nur um einige hervorragende Vertreter dieser Richtung, die als die geistigen Führer dieser ganzen Strömung aufzufassen sind. Nur mit dieser specifischen culturgeschichtlichen Aufgabe haben wir es hier zu thun, die anderweitige Bedeutung der betreffenden Männer, etwa auf politischem, philosophischem oder ästhetischem Gebiet kommt nicht für uns in Betracht.

1. Montesquieu.

Montesquieu's europäische Berühmtheit gründet sich vor Allem darauf, daß er mit unzweideutiger Schärfe und Bestimmtheit die Grundlagen der socialen Entwicklung aus dem Gewirre der zeitgenössischen politischen Verhältnisse heraushob und überall als das Ideal die englische Verfassung hinstellte, so daß Hettner seinen L'ésprit des lois neben Rousseau's Contrat social das wichtigste Buch des achtzehnten Jahrhunderts nennt (Literaturgesch. II, 469). Uns kommt es hier nur auf die Begründung der allgemeinen Geseze an, welche überhaupt für alle menschlichen Associationen wirksam sind, und auf die Erörterung des seitdem nicht wieder aus der Discussion verschwundenen Problems über die Beziehung des Menschen zur Natur und Umgebung. Die Gesetze (so beginnt er seine Erörterung) in der allgemeinsten Bedeutung sind nothwendige Beziehungen, welche sich aus der Natur der Dinge ableiten, und in diesem Sinne haben alle Wejen ihre Geseze. Die Gottheit hat ihre Geseße, die materielle Welt hat ihre Geseße, die dem Menschen überlegenen Geister haben ihre Gefeße, die Thiere und die Menschen. Diejenigen, welche behauptet haben, daß ein blindes Schicksal alle Wirkungen, die wir in der Welt sehen, hervorbringe, haben eine große Absurdität behauptet; denn welche Absurdität kann größer sein als die, daß ein blindes Schicksal vernünftige Wesen hervorbringen könnte? Es giebt mithin eine ursprüngliche Vernunft, und die Beziehungen, welche sich zwischen ihr und den verschiedenen Wesen finden, und die Beziehungen dieser verschiedenen Wesen unter einander sind die Gesetze. Gott hat eine Beziehung mit dem Universum als Schöpfer und als Erhalter haben müssen; die Geseße, denen gemäß er geschaffen hat, sind diejenigen, nach denen er sie erhält; er handelt nach diesen Regeln, weil er sie kennt, er kennt sie, weil er sie gemacht hat; er hat sie gemacht, weil sie mit seiner Weisheit und Macht Beziehung haben. Wie wir sehen, daß die Welt, durch die Bewegung der Materie gebildet und der Vernunft beraubt, immerfort besteht, so müssen ihre Bewegungen unveränderliche Gesetze haben;

und wenn man sich eine andere Welt vorstellen wollte als unsere, so würde sie doch constante Regeln haben oder sie würde zu Grunde gehen. Ebenso seßt die Schöpfung, welche ein willkürlicher Act zu sein scheint, nicht minder unabänderliche Regeln wie das Schicksal des Atheisten. Es würde widerfinnig sein, zu behaupten, daß der Schöpfer ohne diese Regeln die Welt regieren könnte, weil die Welt niemals ohne dieselbe bestehen können würde. Diese Regeln sind eine ewig bestehende Beziehung" (Geist der Geseße, Ges. Werke Paris 1856, I, 4). Diese Beziehungen sind älter und maaßgebender als die sog. positiven Geseße, das Werk der menschlichen Hände. „Aber die vernünftige Welt wird ebenso gut durch Geseze regiert wie die physische; denn obwohl jene auch ihre Geseze hat, welche durch ihre Natur unveränderlich sind, folgt sie ihnen doch nicht unaufhörlich, wie die physische Welt den ihrigen. Der Grund davon ist der, daß die einzelnen vernünftigen Wesen durch ihre Natur beschränkt und deshalb dem Irrthum unterworfen sind, und anderseits ist es gerade ihre Bestimmung und Anlage, durch sich selbst zu handeln. Sie folgen also nicht jedesmal ihren ursprünglichen Geseßen, ja selbst nicht einmal immer denen, welche sie sich selbst gegeben haben. . . . Der Mensch als physisches Wesen ist ebenso wie die übrigen Körper durch unabänderliche Geseze regiert, als vernünftiges Wesen verlegt er unaufhörlich die durch Gott gegebenen Geseze und verändert diejenigen, welche er selbst geschaffen hat. Er müßte sich darnach richten, und dabei ist er ein beschränktes Wesen, der Unwissenheit und dem Frrthum unterworfen, wie alle beschränkten Geister; ja sogar verliert er noch die mangelhaften Kenntnisse, die er besit." Um das Wesen der Menschen von Grund aus kennen zu lernen, muß man den Menschen vor seiner Vereinigung zu bestimmten Organisationen studiren, und da ergeben. sich für die Betrachtung vier große Geseze. „Der Mensch im Naturzustande wird viel eher die Fähigkeit zu erkennen haben, als einzelne Kenntnisse. Es ist klar, daß seine ersten Ideen keine speculative gewesen sind; er mußte zunächst an die Erhaltung seiner Gattung denken, ehe er den Ursprung seines Wesens erforschen würde. Ein ähnlicher Mensch würde in erster Linie nur seine Schwäche fühlen, seine Furchtsamkeit ist eine äußerst große, Alles läßt ihn erzittern und fliehen. In diesem Zustande fühlt sich ein Jeder unterlegen, kaum irgend Einer gleich; man würde sich also nicht anzugreifen suchen, und das erste Naturgeset würde der Friede sein. Der Wunsch, den Hobbes zuerst den Menschen beilegt, sich einander zu unterjochen, ist nicht verständlich. Die Idee der Herrschaft und der Beherrschung ist eine so verwickelte und hängt von so vielen anderen Ideen ab, daß sie nicht Anfangs bestanden haben kann“ (S. 6). Dieser ursprüngliche Friedenszustand (allerdings der Annahme von Hobbes von dem bellum omnium contra omnes möglichst entgegengesezt) weicht aber einer kriegerischen Entwicklung, sobald sich die Menschen in socialen Gruppen vereinigen. „Denn jede besondere Gemeinschaft beginnt ihre Kraft zu fühlen, was einen

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