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CIL III Suppl. 7750 zu beziehen ist, worin C. P[escenniu]s [Niger?] leg(atus) Aug(usti) pr(o) pr(aetore) co(n)s(ularis) Dac(iarum) (trium) erscheint. Genauer bestimmt sich die Zeit dadurch, daß Niger in Dacia der Nachfolger des L. Vespronius Candidus1) war und dieser noch in einer Inschrift von Apulum (CIL III 1092), in welcher Commodus bereits Pius (seit spätestens 7. Januar 1832), aber noch nicht Felix (seit 185) heißt, als Statthalter auftritt: sub Vespronio Candido consulari. Die Verleihung des Titels Pius muß nach den Münzen vor Annahme der VI. ImperatorenAkklamation, die im Lauf des Jahres 183 erfolgte, stattgefunden haben. Wenn nun diese Akklamation, wie J. M. Heer3) wahrscheinlich gemacht hat, mit neuerlichen Erfolgen in Dacia zusammenhängt, muß der nach Dio daran beteiligte Niger gegen Mitte 183 den Vespronius Candidus abgelöst haben. Der vor Niger genannte Albinus damals, wie ich seinerzeit nachweisen werde, wahrscheinlich aedilicius 4) konnte schon im J. 182, wo Commodus imperator V wurde, also unter dem Konsular Vespronius) in Dacia tätig gewesen sein 6).

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Legation mit Spezialmandat in Gallien. Die Angabe der Vita 3, 3f., wonach Niger zur gleichen Zeit, als Septimius Severus die Gallia Lugdunensis verwaltete, ipse missus erat ad conprehendendos desertores, qui innumeri Gallias tunc vexabant, ist aus inhaltlichen Indizien durchaus glaubwürdig, das folgende (3, 5) hingegen, wonach Niger dem damaligen Prätorier Septimius Severus untergeordnet gewesen wäre, offenbar erschwindelt. Der Zeitansatz der Prosopographia um J. 186 ist ungenau. Das bellum desertorum gehört ins Frühjahr 1887); zu jener Zeit war Severus noch in Lyon). An diese Legation des Niger, die schwerlich eine Provinzstatthalterschaft (etwa von Germania inferior) war, sondern wohl auf kaiserlichem Spezialmandat beruhte, knüpft die wahrscheinlich erfundene Notiz der Vita 6, 7 (sacra quaedam in Gallia usw.) an.

1) Prosopogr. III 407 f. n. 301; J. Jung, Fasten der Provinz Dacien 25f. n. 28. Vorgänger des Candidus kann Niger deshalb nicht gewesen sein, weil Candidus, der seit dem J. 193 als Gegner des Septimius Severus gewiß nicht mehr befördert wurde, sicherlich zu Ende der Regierung des Commodus einen der beiden großen Prokonsulate (den von Afrika) erreicht hatte, Niger dagegen noch nicht.

2) Heer, a. a. O. S. 89. 3) Ebd. S. 64, 143.

4) Vgl. v. Albini 6, 6: aedilis non amplius quam decem diebus fuit, quod ad exercitum festino mitteretur.

5) Über dessen militärisches Regiment s. Vita Didii Iuliani 5, 6; Dio LXXIII 17, 1.

6) Ein untermösischer Meilenstein, auf dem man den Namen des Pescennius Niger erkennen wollte (O. Hirschfeld, Arch.-epigr. Mitt. VIII 28), gehört vielmehr in die Zeit Gordians III (CIL III Suppl. 7607; Prosopogr. III 19 n. 139).

7) Heer, a. a. O. S. 184 mit A. 414.

8) Ebd. S. 77, 165.

104 Anton v. Premerstein, Untersuchungen zur Geschichte des Kaisers Marcus.

Legation von Syria. Für sie liegen vor die Zeugnisse bei Dio LXXIV 6, 1 (τῇ Συρίᾳ ὑπὸ Κομμόδου προσετάχθη; vgl. LXXIII 13, 5; 14, 3); in der Vita 1, 5 (iussu Commodi; vgl. ebd. 2, 1); sonstiges in der Prosopographie. Nach Herodian III 2, 3 war sein Vorgänger Asellius Aemilianus 1), als Legat von Syrien bezeugt für das J. 189, als procos. Asiae 193. Letztere Funktion ist noch genauer auf Mai 192 bis Mai 193 anzusetzen, da Aemilianus in der zweiten Hälfte 193 bereits Legat (лooτQάτηyos) des Niger war (Dio LXXIV 6, 2; vgl. dazu die Stellung des Nonius Macrinus als Legatus und Comes des Marcus, Klio XII S. 156). Demnach muß Aemilianus bereits Ende 191 zum Zweck der prokonsularischen Losung in Rom gewesen sein; seine Ablösung durch Niger wird also spätestens im Laufe des J. 191 erfolgt sein.

Ein Bruder oder ein naher Verwandter des Prätendenten, P. Pescennius Niger, war unter Commodus frater Arvalis 2), also Senator. Nigers Söhne, im J. 193 bereits erwachsen (adultos filios: Vita 5, 2), wurden, ebenso wie seine Witwe, von Severus erst verbannt, dann hingerichtet (Vita 6, 1f.; v. Severi 9, 2; 10, 1). Ihre Namen erscheinen vielleicht in der v. Severi 13, 6 unter den im J. 197 getöteten nobiles). Mindestens zwei waren mit den Töchtern eines Aurelianus 4) verlobt.

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Kosmologische Kuriosa der altchristlichen Gelehrtenwelt.

Von W. J. Beckers.

Die Geschichte der Erdkunde hat nicht minder wie die aller anderen Wissenschaften, wie auch die Kultur- und Weltgeschichte, ihre bevorzugten und ihre vernachlässigten Teile. Man zieht es vor, sich bunte Bilder wunderbarer Reisen vor Augen führen oder seltsame, schauerliche oder gar pikante Abenteuer erzählen zu lassen, und tut gern die Zeiträume, die arm an Trägern bahnbrechender Fortschritte sind, mit wenigen absprechenden Worten ab. Zweifelsohne ist es interessanter, im lebendigen Buche der Natur als in den Blättern alter Folianten zu blättern, aber auch dies hat für den Freund der Geschichte seine eigenen Reize; reifen doch nicht selten gerade in den wenig gekannten, dunkeln Zeiten die ersten Keime der großen Fortschritte, auf die der Glanz der bekannten klarliegenden Epochen reichlich fällt. Keine Zeit aber dürfte vom naturwissenschaftlichen Standpunkt aus so stiefmütterlich behandelt und daher so wenig gekannt sein wie die altchristliche Periode, die nur wenige Kenner aufweist und sonst vorwiegend nur der Domäne der Theologen untersteht. Darum glauben die folgenden Ausführungen, die für die meisten Leser eine Terra incognita sein dürften, und die vor unsern Augen ein ganz eigenartiges Kulturgemälde entrollen, auf Interesse rechnen zu können.

Wer eine Entdeckungsfahrt in das alte romantische Land des frühen Mittelalters zu machen gewillt ist, der muß eine gewisse Resignation mitbringen. Aber es ist keineswegs eine reizlose, noch viel weniger eine mühelose Tätigkeit, in der ersten christlichen Periode wertvolle Bindeglieder zur Herstellung der Kontinuität zwischen antiker und moderner Wissenschaft aufzusuchen und in dieser Episode der Literaturgeschichte der eigenartigen Verkettung von alten und neueren Gedanken nachzuspüren. Es ist nicht zu leugnen, daß mit dem von den Alten überkommenen Pfunde viel zu wenig gewuchert ward, doch fehlt es auch nicht an einzelnen freundlicheren Zügen, die doch wohl den melancholischen Hintergrund des Gesamtbildes einigermaßen mildern können.

Die Vorstellung der Hellenen von der Welt hatte bei den Homerischen Dichtern die erste poetische Weihe erhalten. Homers Weltanschauung,

die wie ein Traumbild anmutet, war noch nicht sehr verschieden von der bei den meisten Naturvölkern herrschenden, und der Augenschein, der alle Gestirne um die Erde kreisen, die Sonne in den Ozean versinken und aus demselben erfrischt emporsteigen läßt, übte auch noch in späteren Zeiten auf Denker, die nicht von Natur mit mathematischen Anlagen begabt waren, seinen täuschenden Zauber. Daher nahm das Altertum in fast allgemeiner Übereinstimmung die Erde als ruhenden Mittelpunkt des Weltsystems an. Aber schon in früher Zeit eröffneten spekulative Gründe dem griechischen Geist den ersten tiefen Blick in das wahre System des Weltgebäudes. Scharfsinnige hellenische Denker, die man als die Vorläufer des Kopernikus bezeichnet hat, bauten ein Weltsystem auf heliozentrischer Basis auf. Es wäre ein Irrtum, aus der Vergessenheit, in die dieses System später wieder geriet, schließen zu wollen, es sei nicht bekannt genug geworden. Plato bedauerte nach dem Bericht Theophrasts, eines Schülers des Aristoteles, noch im Alter, daß er früher der Erde die ihr gar nicht zukommende Stellung im Mittelpunkt des Universums zuerkannt habe. Aber abgesehen davon, daß die genannte Vorstellung dem Eindruck der Sinnenwelt widersprach, widersprach sie auch den aprioristischen Ideen der meisten damaligen Philosophenschulen, indem sie die Erde zum bedeutungslosen Trabanten der Sonne erniedrigte, dadurch den menschlichen Stolz beugte und schließlich die Grundlagen der astrologischen Bestrebungen oder besser gesagt Betrügereien zu zerstören drohte. So waren sowohl Volk wie Gelehrtenwelt dem heliozentrischen System durchaus abgeneigt.

Dagegen brach sich schon früh die Erkenntnis Bahn, daß der Umlauf der Sonne einen kugelförmigen Himmel und eine kugelförmige Erde zur Voraussetzung haben müsse. Aristoteles ist als der eigentliche Begründer der Kugellehre anzusehen, für die er auch unmittelbare Beweise anzugeben wußte. Theoretisch machte nach seiner Ansicht schon der Begriff der Schwere und die Gleichgewichtslage aller Teilchen um das Zentrum die Kugelgestalt notwendig (De caelo II, 4, 10 u. 14, 8). Hervorgehoben zu werden verdient, daß er schon damals die Möglichkeit aussprach, daß man von den Säulen des Herkules (Gibraltar) in westlicher Fahrt nach Indien gelangen könne (De caelo II, 14, 15), ein Gedanke, den achtzehnhundert Jahre später ein Kolumbus in die Tat umsetzte. Nach Aristoteles hat kein Geograph und Philosoph der alten Zeit mehr Zweifel gegen die Kugellehre erhoben.

Mit dem Untergang der klassischen Welt schlossen sich die Pforten zum alten Wissen. Die Resultate weiterer Gelehrsamkeit waren durchaus an die Arbeit der sogenannten „Kirchen-Väter" geknüpft, die in jenem eisernen Zeitalter sich allein an geistigen Bestrebungen beteiligten, oder sie empfingen doch von ihnen ihren spezifischen Charakter, so auch die

Betrachtungen aus dem Reiche der Natur.

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Diese Seite der „Geistes

wissenschaft" im ersten Zeitabschnitt des Mittelalters dürfte den meisten Lesern eine Terra incognita sein. Es sind eigenartige kosmische Ansichten, denen wir da begegnen, aber sie tragen kein uninteressantes Gepräge, das seinen Grund in dem romantischen Charakter jener Zeit hat. Zwei Faktoren vor allem sind es gewesen, die auf das kosmische Wissen der „Väter"-Zeit einen bestimmenden Einfluss ausübten, die Bibel und das Altertum. Die Kirche übernahm von den Griechen das geozentrische System, das fortan unter ihrem Schutze anderthalb Jahrtausend die Welt beherrschen sollte: sie betrachtete Erde und Mensch als Mittelpunkt aller Dinge. Manche Väter traten nur ungern an die Untersuchung kosmischer Fragen heran. Sie sahen sich zwar veranlaßt, in ihren Hexaëmeron-Exegesen, die das Sechstagewerk (Genes. c. 1) zum Gegenstand hatten, dazu Stellung zu nehmen, gaben aber ihrer Abneigung offen Ausdruck. Von den zahlreichen Belegstellen hierfür sei nur das Urteil eines der größten lateinischen Kirchenväter Ambrosius, Bischofs von Mailand, im 4. Jhrh. erwähnt. Von der Natur oder der Position der Erde zu handeln, nützt nichts zum zukünftigen Leben, da zur Wissenschaft genügt, was die hl. Schrift enthält, daß er die Erde in Nichts aufhängt. Was sollen wir also darüber diskutieren, ob sie in der Luft hängt oder über dem Wasser?" "Nicht also", fährt er etwas später fort, weil die Erde in der Mitte sei, schwebt sie wie in einer gleichen Wage, sondern weil die Majestät Gottes durch das Gesetz seines Willens sie nötigt über dem Unbeständigen und Leeren feststehend sich zu behaupten 1)." Damit war für ihn die Frage nach Stellung und Stützpunkt der Erde abgetan. Ähnlich urteilen über den Wert naturwissenschaftlicher Untersuchungen Eusebius von Caesarea, Basilius der Große und besonders der christliche Cicero Lactanz († 330), der sogar alle Naturphilosophen für blödsinnig erklärte 2). Trotzdem von der Alexandrinischen Schule lange vor Beginn unserer Zeitrechnung die elementaren Begriffe der Astronomie, trotzdem die wahre Erdgestalt vollkommen aufgeklärt und zum Gemeingut der Gebildeten geworden waren, benutzte man doch sogar Erd- und Himmelsgloben, die in ganz ähnlicher Weise wie die jetzt gebräuchlichen nach Meridianen und Parallelkreisen eingeteilt waren, fielen die Kirchenväter, von einigen Ausnahmen wie Clemens von Alexandrien, Origines, Basilius u. a. abgesehen, wieder in die Anschauungen der ionischen Schule zurück. Nicht ein einziger bedeutender astronomischer

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1) Ambrosius: Hexameron in Cursus complet. Patrol. ed. Migne. Paris seit 1843 lat. t. 14 lib. I, c. 6, 22.

2) Lactant.: Divinarum instit. ed. Cellarius 1698, III, 4 ... qui naturalia, quae sciri ab homine non possunt, scire se putant: furiosi dementesque sunt iudicandi etc.

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