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positiv zu geschehen habe, mehr dem Konsul als dem radikalen Scipio Nasica beistimmte. Vielleicht ist es nicht ohne Bedeutung, daß an dem Sturm aufs Kapitol, wenigstens nach der Darstellung Plutarchs, keineswegs auch nur die Mehrzahl des Senats als beteiligt geschildert wird1).

So war denn im Jahre 133 das neue Institut zum ersten Male ins Leben getreten; ein Zufall hatte es gewollt, daß es in diesem Falle ergebnislos blieb. Der zur Fürsorge für das Staatswohl ermahnte Konsul zog daraus keine praktischen Konsequenzen und hielt es nicht für angebracht, die Quasidiktatur auszuüben.

Unter diesen Umständen können von der Gegenpartei keine Maßregeln erwartet werden, die sich gegen diese neue Einrichtung wenden. Wie hätte man das anfangen sollen? Ein Gesetz, das dem Senat die Kompetenz zu einem solchen Beschluß bestritt, würde gar nicht im Geiste der römischen Politik liegen; solche abstrakten Paragraphen gibt es so wenig, wie es etwa ein Gesetz über die patrum auctoritas gibt. Im Übrigen konnte ein Gegner des Instituts in der Weigerung Scaevolas einen Beweis wenn auch nicht seiner Verfassungswidrigkeit, so doch seiner voraussichtlichen praktischen Bedeutungslosigkeit auch für die Zukunft sehen. Wer für die Zukunft befürchtete, es möchten einmal Konsuln sich finden, die von dieser Autorität einen praktischen Gebrauch machten, positiv hätte ein solcher Politiker höchstens an eine erneute Einschärfung der Provokationsgesetze denken können 2). Diese wären jedoch dem neuen Institut gegenüber solange wirkungslos gewesen, als sie nicht in einer ausdrücklichen Klausel den Konsuln auch die außerordentliche zeitweilige Übernahme diktatorialer Gewalt auf Grund eines solchen S. c. verboten hätten. Zu einer solchen Klausel fehlte aber dem einzigen Fall des Jahres 133 gegenüber noch der Anlaß.

So finden wir denn unter den mannigfachen, planvoll auf den Sturz der Senatsgewalt hinarbeitenden Gesetzen des C. Gracchus zwar eine lex über die Provokation, ohne daß jedoch als deren positiver Inhalt oder versteckter Sinn ein Kampf gegen das S. c. de r. p. defendenda zu behaupten wäre. Wenn Mommsen sie als implicite gegen das S. c. gerichtet betrachtet (Strafrecht 258), so ist das eine Konsequenz seiner Gleichsetzung dieses Beschlusses mit der Hostiserklärung. Da wir aber zu der Meinung gelangt sind, daß die Hostiserklärung sowie alle andern möglichen Konsequenzen des S. c. von dem Institut als solchem zu trennen sind, genau wie die praktischen Maßnahmen eines Diktators von der Diktatur an sich, so müssen wir Mommsen dahin verstehen, daß das Gesetz des

1) Zur Beurteilung der Handlungsweise des Scipio s. Cicero pro Plancio 36, 88, Nissen, Iustitium S. 65.

2) Willems, Le Sénat II 249 legt dem Gesetz des C. Gracchus diese Absicht unter.

ist, ist sicher. Der Konsul erklärt, nicht früher mit Gewalt eingreifen zu wollen, als bis die Gracchaner den Weg der Gewalt beschritten hätten. Darauf geht dann Nasica mit der evocatio (qui rem publicam salvam esse vult, me sequatur!) vor und schlägt Ti. Gracchus nieder.

Vielfach ist geleugnet worden, daß damals ein S. c. de r. p. defendenda gefaßt worden sei; es war hierbei einmal die falsche Vorstellung maßgebend, als werde das S. c. erst dadurch perfekt, daß der Konsul daraufhin irgendwelche praktischen Maßnahmen treffe '). Oder der Beschluß wurde verkannt, weil die Formel videant etc. hier nicht begegnet 2). Beides ist hinfällig; rem publicam tueri ist sogar besser, und die Weigerung des Scaevola ist eine der möglichen Konsequenzen des Beschlusses. Eine Kritik der Verfassungsmäßigkeit des Beschlusses") braucht in dieser Weigerung nicht gefunden zu werden. Eine starke Partei im Senat drang auf gewalttätiges Einschreiten gegen Ti. Gracchus schon vor dem Beschluß; Scaevola kämpfte dagegen an). Da kam, nach der plutarchischen Darstellung, die Verschärfung der Situation: Tiberius hatte angeblich das Diadem verlangt (c. 19). Πάντες μὲν οὖν ἐθορυβήθησαν ὁ δὲ Νασικάς ἠξίου τὸν ὕπατον τῇ πόλει βοηθεῖν καὶ καταλύειν τὸν τύραννor. Er hat also S. c. de r. p. defendenda beantragt und in der Begründung seiner sententia die sofortige Anwendung von Gewalt für notwendig erachtet. Αποκριναμένου δὲ πράως ἐκείνου βίας μὲν οὐδεμιᾶς ὑπάρξειν οὐδὲ ἀναιρήσειν οὐδένα τῶν πολιτῶν ἄκριτον, εἰ μέντοι ψηφίσαιτό τι τῶν παρανόμων ὁ δῆμος ὑπὸ τοῦ Τιβερίου πεισθεὶς ἢ βιασθείς, τοῦτο κύριον un prλáže...; d. h. der Konsul stellt sich auf den Standpunkt, zur Anwendung von Gewalt sei der Moment noch nicht da; die Behörde könne nicht zuerst dazu greifen; man solle abwarten, ob wirklich die gesetzwidrigen Anträge zu Beschlüssen erhoben würden; erst dann könne man dagegen vorgehen. Scaevola hat also die positiven Vorschläge zu Maßnahmen auf Grund des S. c. de r. p. defendenda abgelehnt, die Nasica für erforderlich hielt, keineswegs das S. c. de r. p. defendenda. Eine Ablehnung des S. c. als verfassungswidrig lag für Mommsen darin, weil es ihm die Hostiserklärung bedeutete. Bei dem rein formalen, keineswegs positive Befehle enthaltenden Grundcharakter des Beschlusses, wie er sich herausgestellt hat, kann man jedoch von einer Weigerung, Folge zu leisten, eigentlich überhaupt nicht reden. Zudem ist gar nicht sicher, ob nicht ein beträchtlicher Teil der Senatsmehrheit, die dem S. c. zustimmte, in der Meinung über das, was

1) So Zumpt, Criminalrecht I, 2, 401. Etwas anders Barbagallo 18. Allerdings kann man sagen, eine Quasidiktatur sei damals nicht zustande gekommen. 2) Z. B. Niese, Röm. Gesch. S. 174.

3) Wie sie Mommsen, StRI 690/1 daraus entnimmt.

4) Plut. Τi. Gracch. 18 οἱ πλούσιοι τὸν ἵπατον μὴ πείθοντες αὐτο καθ ̓ αὑτοὺς ἀποκτιννύναι τὸν Τιβέριον.

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C. Gracchus1) sich gegen das richtete), was praktisch geschehen war: nämlich gegen die außerordentlichen Gerichtskommissionen über die Anhänger seines Bruders"), die erst nach Beginn des neuen Jahres (132) den neuen Konsuln übertragen wurden und schon deswegen rechtlich in keinem Zusammenhange mit dem S. c. stehen können). Gegen das, was dem S. c. unmittelbar folgte, die evocatio des Scipio Nasica, hat man lediglich eine kriminelle Klage geplant3). Im übrigen würde es ja über die Verfassungsmäßigkeit des S. c. nicht absolut entscheiden, wenn er tatsächlich verurteilt worden wäre.

So scheint also von der Volkspartei das erste wirklich beschlossene S. c. de r. p. defendenda für bedeutungslos gehalten und darum einer Gegnerschaft überhaupt nicht gewürdigt worden zu sein.

Um so geeigneter mußte es für die Zukunft erscheinen. Und so finden wir es denn im Jahre 121 im Kampfe gegen C. Gracchus als tödliche Waffe in den Händen des Senats wieder. Auf das S. c. de r. p. defendenda hin6) geht der Konsul Opimius, ohne den Senat aus den Verhandlungen völlig auszuschalten, aber doch im Wesentlichen nach seinem eigenen radikalen Gutdünken gegen die Demokraten vor. Er wurde später angeklagt, quod indemnatos cives in carcerem coniecisset), aber freigesprochen (Liv. per. LXI). Wir hören, daß die Verteidigung sich auf den Standpunkt gestellt hat, den auch wir auf Grund dessen, was wir vom S. c. de r. p. defendenda wissen, einnehmen können: C. Carbo consul nihil de C. Gracchi nece negabat, sed id iure pro salute patriae (d. h. auf Grund eines S. c. de r. p. defendenda) factum esse dicebat 8). Das hat also damals vor dem römischen Volk durchgeschlagen. Und wenn zweifellos diese Anklage gegen den Beamten, der von dem S. c. Gebrauch gemacht hatte, der der römischen Praxis entsprechende Weg war, um die ganze Institution zu bekämpfen, so gibt dieser Ausgang des Prozesses um so mehr zu denken: ganz gleich, aus welchen Motiven heraus das freisprechende Urteil der Plebs zustande kam, es mußte einer offiziellen

1) S. Mommsen, Strafrecht 258, 1, Nissen, Iustitium 43.

2) Ganz abgesehen von seiner allgemeinen politischen Bedeutung als volkstümlicher Antrag. Dafür ist die Nachricht wichtig, daß schon Tiberius an eine Erneuerung der Provokationsgesetze gedacht haben soll; Plut. Ti. Gracch. c. 16. 3) Val. Max. IV, 7, 1; Plut. Ti. Gracch. 20; Cic. Lael. 11, 37. Plut. C. Gracch. 4 versichert ausdrücklich, daß es so zu verstehen sei.

4) Auf den Gesetzesantrag des Gracchus hin ging Popillius, der eine der Konsuln, ins Exil, wurde dann aber durch Volksbeschluß zurückgerufen. Plut. C. Gracch. 4; Cic. Brut. 34, 128.

5) Plut. Ti. Gracch. 21.

6) Plut. C. Gracch. 14; Cic. Phil. VIII, 4, 14; Cic. Cat. I, 2, 4; de orat. II 30, 132. 7) Mommsen, Staatsrecht II, 111, 2 emendiert: in carcere necasset oder in carcerem coniectos necasset cf. Sall. Iug. 31, 7.

8) Cf. Cic. de orat. II, 30, 132 ff.

Anerkennung der neuen Quasidiktatur durch die Volkspartei gleichkommen. Und somit ist diese in den Bestand der rechtmäßig existierenden Institutionen des römischen Staatsrechts, in den mos maiorum, in die Verfassung übergegangen, für den römischen Senat sowohl wie für uns.

In ganz kurzen Zügen wollen wir die Geschichte des S. c. de r. p. defendenda noch weiter verfolgen. Es muß über die Glaubwürdigkeit einzelner Beschlüsse noch hie und da etwas bemerkt werden.

Jahr 100: Unruhen durch L. Appuleius Saturninus tribunus plebis und C. Servilius Glaucia praetor. Belege für das S. c.: Cic. pro Rab. 7, 20; Cat. I, 2, 4; Phil. VIII, 5, 15; de vir. ill. 67, 73; Val. Max. III, 2, 18; Appian b. c. 132 (αὐτοὺς τῆς βουλῆς ἀναιρεθῆναι ψηφισαμένης). Die Konsuln scheinen die evocatio angewandt zu haben (Cic. pro Rab. 7, 20 und 21)1). Im Gegensatz zu der allgemeinen Stimmung in Volk und Senat beschränkt Marius sich darauf, die Aufrührer, als sie sich ihm ergeben hatten, einstweilen in der Kurie einzusperren ὡς ἐννομώτερον ἐργασόμενος. Es scheint, als habe er vor der Entscheidung über ihr Schicksal, wie später Cicero den Catilinariern gegenüber, eine Senatsabstimmung herbeiführen wollen. Jedenfalls wurden die Gefangenen von der Menge gelyncht.

Jahr 88: Willems, Le Sénat II 2505 nimmt in diesem Jahre zwei S. c. de r. p. defendenda an: einmal setze das Justitium das decretum tumultus voraus und dieses wiederum sei immer nur im Anschluß an ein S. c. de r. p. def. erlassen worden. Nach Sullas Marsch auf Rom sei dann aus den Hostiserklärungen eine Erneuerung dieses Beschlusses zu entnehmen 2).

Der Hergang ist so3). Bei den Vorbereitungen zur Abstimmung der Rogationen, welche des Marius Bundesgenosse, der Tribun P. Sulpicius Rufus einbrachte, kam es zu üblen Szenen: Knüppel und Steine spielten von Tage zu Tage eine größere Rolle in den Versammlungen. Überliefert ist nun als Gegenmaßregel der Regierung, daß die Konsuln ein Iustitium eintreten ließen, um mit der Sistierung alles öffentlichen Lebens einen Aufschub der Abstimmung und eine Beruhigung der Gemüter zu erreichen. Sulpicius kehrt sich nicht an das Iustitium, hält weiter Volksversammlungen ab und ermuntert die Seinen, für den Fall, daß die Konsuln erscheinen sollten, Dolche mitzubringen. Offiziell verlangte er Aufhebung des Iustitium. Die Konsuln kommen in die Volksversammlung, man argumentiert ihnen die Ungesetzlichkeit des Iustitium mit dem blanken Messer vor, sie entkommen

1) Ich habe nicht ermitteln können, ob die Äußerung Ciceros (p. Rab. 9,26 M. Antonium, qui tum extra urbem cum praesidio fuit) den Schluß erlaubt, daß vor Rom stehende Truppen des Antonius in die Stadt gezogen worden sind.

2) Gegen diese Beweisführung bereits richtig Barbagallo S. 27,5 und 59. 3) Appian b. c. I 55 ff.; Plut. Sulla 8 ff.; Livius per. 77; Florus II 9; Val. Max. I,5,5.

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