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war aber schwerlich der erste zóóuos, der die einander widerstreitenden Volkspartikeln zusammenband. Daß der Staat aus zwei (und nicht aus drei oder mehr) durch Not und zur Not geeinigten Clanschaften entstand, hat seine Entwicklung wesentlich mit bedingt. Neben deren rivalisierenden Häuptern hat sich im Laufe der Zeit eine intervenierende Behörde mit allmählich wachsendem Einfluß etabliert'). Aber erst nach vielen Aktionen und Reaktionen ist es gelungen, den selbstherrlichen Willen der Könige einzuengen durch ein Netz von Ordnungen und Gebräuchen. Wie absolut deren Stellung aber ursprünglich gewesen sein muß, zeigen noch die bis in hellere Zeit hinein beobachteten Formalien 2). Wie wenig König Kleomenes noch sich in seiner königlichen Stellung durch irgendwelche Organe der adligen Eunomie beschränkt gefühlt haben muß, zeigt die ganze Überlieferung. Aber selbst wenn man in dem Auftreten dieses Königs nicht die selbstverständliche Äußerung unbestrittenen Machtbewußtseins. sondern nur Übergriffe und Verletzung theoretisch anerkannter konstitutioneller Rechtsordnungen (Streben nach der Tyrannis) erblicken wollte, so dürfte doch nicht übersehen werden, daß aus der Zugehörigkeit Spartas zu einer Symmachie, in welcher naturgemäß die Leitungsfunktion dem Königtum zufiel, eine ungeheuere Stärkung des persönlichen Elements entspringen mußte. Es war gar nicht anders möglich, als daß in den Staaten, welche dem Bunde neu gewonnen wurden, der Einfluß des Bundeshauptes, welches sie zubrachte, sich eine Quelle persönlicher Macht schuf, welche gelegentlich auch zur Niederhaltung der Opposition in der Heimat sich verwenden ließ. Überhaupt dürfte die Festigkeit der griechischen Symmachie mehr in der Innigkeit der Beziehungen zwischen den durch gleiche Interessen verbundenen Parteihäuptern in den einzelnen Staaten begründet gewesen sein als durch die Vortrefflichkeit rechtlicher Institutionen. Diese ungemeine Bedeutung des persönlichen Elements wenigstens in der älteren griechischen Geschichte wird heute infolge des weitgehenden Interesses für alles Antiquarische mehr als sie sollte, übersehen. So bezeichnet O. Müller (Dorier 1, 188 ff.) nach einer lebhaften und zutreffenden Schilderung der Ausdehnung und Kompetenz der Symmachie als sur des Bundes abstrakt und ohne Zusatz „Sparta", ohne daß der Gedanke an einen Bundesfeldherrn mit persönlicher Autorität auch nur auftaucht. Dafür bleiben dieser unlebendigen Auffassung höchst lehrreiche geschichtliche Ereignisse in ihrer Bedeutung dunkel. Als „dunkel" bezeichnet derselbe Historiker (Dorier 1, 188) die Gründe beider Schilderhebungen der Arkader, besonders der Tegeaten, gegen Sparta. Aber die Tendenz der ersten

1) Die Frage nach der Herkunft des Amtes der 4000 bleibt hier billig außer Betracht; in historischer Zeit sind sie ein Instrument der Aristokratie zur Coercition der Könige.

2) Herod. VI, 56.

(Herodot VI, 74f.) ist selbst in der dem Kleomenes feindlichen, wohl auf Dikaios zurückgehenden Darstellung des Herodot nicht zu verkennen. Gestützt auf seine persönlichen Beziehungen zu Arkadien hat dieser die Opposition in der Heimat, vor welcher er zeitweilig weichen mußte, unter seinen Willen gezwungen. (Da sich der Vorgang zur Zeit des Kampfes des Pausanias gegen die heimatlichen „Behörden“ wiederholt1), wird man auch hier den Grund in persönlichen Beziehungen der Agiaden zu Arkadien suchen. Das zweitemal war der Ausgang der umgekehrte; es wird zwischen der Niederlage der Tegeaten und dem Sturz des Pausanias ein enger Zusammenhang sein). Die Beseitigung seines Mitkönigs und dessen Ersetzung durch eine von ihm abhängige Kreatur war für Kleomenes der wichtigste Schritt zur Erlangung einer Stellung als unbeschränkter Herr von Griechenland. So hat er zeitweilig geschaltet und dadurch gerade in seiner Heimat eine ihn tötlich hassende Opposition geschaffen. Er hat diese mit Waffengewalt bezwungen, aber nicht beseitigt, mit allen Mitteln verschlagenster List hat sie schließlich die Machtstellung der Agiaden untergraben und an ihre Stelle die aristokratische Eunomie. gesetzt. Diese Bedeutung hat der Sturz des Pausanias, so groß war aber die Bedeutung des persönlichen Moments, daß der spartanische Staat in seinen Fundamenten erschüttert wurde.

Wenn es wahr ist, daß es für die Geschichte Griechenlands zur Perserzeit keinen wichtigeren Gesichtspunkt gibt, als den Gegensatz zwischen den autokratischen Bestrebungen der Agiaden und der aristokratischen Opposition in Sparta, so ist es undenkbar, daß sich dieser Gegensatz nicht in den verbündeten Staaten wiederholt haben sollte. Zu den zuverlässigsten Mitgliedern des Bundes gehört seit Vertreibung der Peisistratiden Athen. Schon oben habe ich von dem maßgebenden Einfluß des Königs Kleomenes in Athen gesprochen. Er hat Athen von der Tyrannis befreit), aber wie gesagt nicht aus religiöser Devotion noch irgendwelchen politischen Theoremen zuliebe oder um der schönen Augen der Athener willen, sondern zum Zwecke der Vergrößerung seiner eigenen Macht.

Wenn nun auch die in Athen bestehenden und um die politische Führung in der Heimat kämpfenden Faktionen lokalen Ursprungs sind, so konnte es doch nicht ausbleiben, daß sie sich zur Zeit der Unterordnung

1) Herodot IX, 35 (Pausanias III, 11, 7, Isokrates VI, 99). O. Müller, Dorier I, 188. (Simonides Fragm. 103, 104). Arkadien (Tegea) erscheint als eine den Agiaden in allen Wandlungen persönlich treue Domäne bis zur Schlacht ἐν Λιπαιεῦσιν.

2) Vgl. U. v. Wilamowitz, Philol. Unters. I, 116; ders., Aristoteles und Athen II, 76, 78; Busolt, Griech. Gesch. 2, 399 und Anm.

unter Sparta1) formierten und neuorganisierten nach dem Vorbilde des dort bestehenden politischen Gegensatzes. Dieser Gesichtspunkt scheint mir wichtig für die Beurteilung und Aufhellung einiger dunkler Punkte in der athenischen Geschichte dieser Zeit, besonders zum Verständnis des Verhaltens des Themistokles und der Athener ihm gegenüber. Ich meine, daß auch in dem Programm der sich in Athen zur Perserzeit gegenüberstehenden politischen Parteien die Stellungnahme in dem Streite zwischen den autokratischen Agiaden und ihren erbitterten Feinden, den Vertretern der aristokratischen Eunomie, einen der wichtigsten Punkte gebildet haben muß. Von diesem Gesichtspunkte aus gesehen, erscheinen also manche jetzt ziemlich dunkle - Vorgänge in neuer Beleuchtung. Daß die von Themistokles geleitete Faktion in enger Beziehung zu den Agiaden gestanden haben muß, das scheint mir unter anderem die Geschichte ihres Führers zu beweisen, die ja ganz offensichtlich der des Agiadenhauses parallel verläuft. Mit wie festen Banden König Kleomenes die Häupter der durch ihn in Athen an die Spitze des Staats gestellten Faktion an sich gekettet zu haben glaubte, zeigt die erwähnte Tatsache, daß er die äginetischen Geiseln nicht in Sparta, sondern in Athen verwahren ließ2). Natürlich tat er auch das nicht aus platonischer Liebe zu Athen, sondern in seinem eigensten Interesse, weil er persönlich sich ihrer hier sicherer fühlte als in dem ihm aufsässigen Sparta. Hat er doch Ägina überwältigt im offenen Widerstreit gegen die heimische Opposition, die sich ihrerseits nicht scheute, den Standesgenossen und Freunden in Ägina den Rücken zu stärken!). Und seine athenischen Freunde haben ja auch das Vertrauen,

1) Die athenische Tradition sucht das Verhältnis der Unterordnung unter Sparta zu verschleiern; Herodot spricht, vielleicht nach alkmäonidischer Quelle, den Alkmäoniden das wesentlichste Verdienst zu (Herodot VI, 123), nach Aristoteles vertreibt man sogar die Spartaner nach der Befreiung glücklich mit Waffengewalt! Aristoteles (497. 20,4). Herodot erkennt ein eigenes politisches Wollen der Spartaner bei der „Befreiung" überhaupt nicht an, nach Aristoteles war die Stellung der Peisistratiden zu Argos für Sparta bedrohlich '497. 21, 2-4. Das ist gewiß nicht unrichtig, aber es gibt nur einen Bruchteil des Grundes. Thukydides, der in diesem Punkte gleichfalls Athener ist, erkennt doch VI, 82, 3 Aczɛdauoriov agen zal hyɛuovia auch über Athen als ein Faktum der Vergangenheit mit dürren Worten an. Bezeichnend für die Tiefe des spartanischen Einflusses ist die Umwälzung in der Tracht Thuk. I, 6.

2) Herodot VI, 73.

3) Der Bericht des Herodot über den Krieg des Kleomenes gegen Ägina ist überhaupt äußerst lehrreich. Er zeigt, daß für die Geschichte der griechischen Staaten vor der Perserzeit weniger staatliche Gesichtspunkte entscheidend sind als die Interessen mehrerer sich weit über die engen staatlichen Grenzen hinaus verzweigenden Adelscoterien. Nicht Sparta kämpft gegen Ägina, sondern die momentan in Sparta herrschende Faktion gegen die in derselben Lage in Ägina befindliche, wobei dann die Opposition jedesmal auf der Seite des Gegners steht. Ähnlich steht es mit der Befreiung Athens. Naturgemäß waren die

Klio, Beiträge zur alten Geschichte XIII 1.

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welches er in sie setzte, nicht getäuscht: sie haben die Auslieferung der Geiseln an die spartanischen Behörden", die Gegner des Kleomenes, verweigert1). Hierin wie überhaupt in der Unterstützung der Politik des Agiaden, der ihm dafür den maßgebenden Einfluß in seiner Heimatstadt garantiert, werden wir die Hand des Themistokles zu erblicken haben. Auch der Schiffsbau, die politische Großtat des Themistokles, die dem rückschauenden Blick als eine ausschließlich lokalpatriotische Tat erschien, dürfte in engerer Beziehung zu den Wünschen und Plänen des Agiaden gestanden haben, als die Überlieferung zugesteht. Unmittelbar nach dem Peisistratiden der Rückhalt der Opposition gegen die Agiaden, die Agiaden derjenigen gegen die Peisistratiden. Wenn König Kleomenes diese Tyrannen und so manche andere stürzte, so tat er das, wie gesagt, nicht, weil das aristokratische Sparta prinzipiell keine Tyrannis duldete, sondern um seinen persönlichen politischen Einfluß an die Stelle desjenigen seiner Konkurrenten zu setzen. In welchen Formen eine solche Aktion verläuft, dafür ist die „Befreiung" Athens ein typisches Beispiel. Zum vollen Verständnis mangelt es uns allerdings an einer den Begriff unzweifelhaft und völlig deckenden Definition der Tyrannis. Das wesentlichste Merkmal scheint mir zu sein, daß die zum politischen Leben der griechischen Staaten naturnotwendig gehörende Opposition irgendwie widerstandsunfähig gemacht ist. Die hergebrachten Regierungsformen brauchen dabei gar nicht berührt zu werden, sogar Solon könnte neben Peisistratos sehr wohl bestehen. Volksfreundlichkeit und Zurückdrängung des Adels gehören dagegen schwerlich zu den konstitutiven Merkmalen der Tyrannis. Der Tyrann und sein Anhang gehören zu den Geschlechtern ebensogut wie die Opposition, welche man durch Verbannung und Vergeiselung niederhält. Man verkennt gar zu sehr das Wesen des Geschlechterstaates, wenn man glaubt, ein Mann, dem das gelang, was Peisistratos erreichte, könne von ziemlich niedriger Geburt gewesen sein. Die Erreichung der Tyrannis konnte nur einem Geschlechte gelingen, das durch Geburt und Reichtum seit Generationen zu den ersten des Landes gehörte, ja durch Besitzungen, Beziehungen, Verschwägerung weit über die Grenzen seiner Heimat hinausragte. Dafür ist Sophokles klassischer Zeuge (Oid. tyr. v. 540 ff.) Damals liebte es die Vornehmheit mit heroischen Ahnen zu prunken; der Dichter der Odyssee hat auf die Freigebigkeit eines Herrn aus diesem Hause gerechnet, wenn er einen Nestorsohn nach ihm nannte. (Anders bekanntlich v. Wilamowitz, zuletzt Aristoteles und Athen II, 72 auch Anm. 2 und 3). Auf seine außerathenischen Machtmittel gestützt, behauptet Peisistratus seine Herrschaft und gewinnt die verlorene wieder; in Naxos, einer seiner wichtigsten Domänen, bei seinem Vasallen Lygdamis bringt er seine athenischen Geiseln unter. Der Fall des Lygdamis, der Verlust von Naxos und die Befreiung der Geiseln durch die lakonischen Gegner (Plutarch περί τῆς Η. κακοηθείας c. 21), verschafft der heimischen Opposition wieder freie Hand; weitere glückliche Angriffe auf die auswärtigen Besitzungen und Hilfsquellen der Tyrannen folgen, schließlich erfolgt der Angriff gegen ihre Burg selbst. Es ist ein förmlicher, sich durch viele Jahre hinziehender Kampf, hier und da wohl unterbrochen, aber immer von neuem wieder ausbrechend, in dem die Zähigkeit der Agiaden schließlich den Sieg davonträgt.

1) VI, 85 ff.: Herodot läßt den Leotychidas das Haupt der spartanischen Gesandtschaft sein; der war in diesem Falle zum Doppelspiel geradezu gezwungen.

Erfolge von Salamis erscheint nun der ruhmreiche „Sieger von Salamis“ auf der politischen Bühne seiner Vaterstadt abgelöst durch die Führer der Gegenpartei, vor allem durch Aristeides, und zwar definitiv, auf immer. Dieser Vorgang ist vom ausschließlich athenischen Standpunkte völlig unbegreiflich. E. Meyer, Gesch. d. Altert. III, S. 403 Anm. hat unzweifelhaft recht, wenn er sagt: „Es gehört eine seltsame Befangenheit der Urteils dazu, wenn neuere Forscher auch jetzt noch die Ersetzung des Themistokles durch seinen erbittertsten Gegner als einen harmlosen Vorgang betrachten“ usw. Aber vom allgemein griechischen Standpunkte, wie er oben dargelegt wurde, gibt es allerdings eine Erklärung. Wenn Themistokles als Parteigänger der Agiaden erscheint, so sind seine Gegner naturgemäß Anhänger der spartanischen Opposition gegen diese. Und in der Tat sehen wir ja nicht bloß Themistokles in engen Beziehungen zu „Sparta", sondern auch Aristeides und Kimon, nur daß diese Beziehungen in das entgegengesetzte Lager sich erstrecken 1).

Mit dem Siege bei Platää stehen die Agiaden scheinbar im Zenith ihrer Macht. Und doch hat eben diese Machtstellung schon unmittelbar vorher den entscheidenden Stoß erhalten. Nicht auf dem Heimatboden, sondern in dem verbündeten Athen hat die spartanische Opposition ihren ersten großen folgenreichen Sieg über die Autokratie der Agiaden davongetragen. Themistokles verschwindet plötzlich von der politischen Bühne, an seine Stelle tritt Aristeides (und Kimon), zwei Männer, welche, wie der weitere Verlauf der Dinge zeigt, das allerwichtigste Werkzeug zur Beseitigung des Pausanias geworden sind. Den von der Heimat und den Quellen seiner Macht gar zu weit entfernten Feldherrn hat die heimatliche Opposition durch die offiziell proklamierte Kriegsmüdigkeit 2) mattzusetzen versucht. Schließlich ist es bekanntlich zu offenem Kampfe zwischen dem Bundesfeldherrn und den spartanischen „Behörden" gekommen: da ist es denn bezeichnend, daß es die athenischen Parteigänger der spartanischen Opposition sind, die den Pausanias mit Waffengewalt aus Byzanz herauswarfen. Natürlich geschah das im innigsten Einvernehmen mit der in Sparta jetzt am Ruder befindlichen Partei, wenn nicht in deren direktem Auftrage. Diese Partei hat es denn auch gut geheißen, wenn Athen nun seinerseits die Führung zur See übernahm (Thukyd. I, 95, 7 ff.) und den Seebund organisierte. War doch die so begründete militärische Macht ein

1) Das ist die Hauptdifferenz zwischen Themistokles und Aristeides; bloße politische Theoreme wie „gemäßigt“ und „radikal" dürften dabei kaum eine Rolle spielen.

2) Thuk. I, 95, 7: Kriegsunlust ist damals jedenfalls noch nicht etwas für Sparta besonders Charakteristisches; sie ist eher ein entscheidender Schachzug gegen den Bundesfeldherrn. Auch später beruht die Kriegsunlust Spartas wohl hauptsächlich auf Furcht vor dem Prestige eines sieggekrönten Königs.

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