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Daß Pescennius, obschon im Ritterstande geboren, aus ziemlich bescheidenen Verhältnissen hervorgegangen war, zeigt das langsame Tempo seiner Laufbahn, die sich in dieser Hinsicht am besten mit jener des nachmaligen Kaisers Pertinax vergleichen läßt.

Für seine Geburt gibt den allerspätesten Termin (um J. 150) sein Konsulat, welches zwischen 180 und 183 fällt (unten S. 102). Nach Herodian II 7, 5 war er im J. 193 τὴν μὲν ἡλικίαν ἤδη μετρίως προβε Boxos; übereinstimmend v. Nigri 5, 1 mit (vielleicht erschwindelter) Berufung auf Severs Autobiographie: aetatis provectae, cum in imperium invasit. Er war demnach jedenfalls älter als seine Rivalen, der im J. 146 geborene Septimius Severus und Clodius Albinus (geb. um J. 150/55), und wird etwa zwischen 135 und 140 zur Welt gekommen sein.

Allgemein charakterisiert die Laufbahn des Niger Herodian a. a. O.: εὐδοκιμήσας . . . ἐν πολλαῖς καὶ μεγάλαις πράξεσι; vgl. Vita 6, 10: miles optimus, tribunus singularis, dux praecipuus, legatus severissimus, consul insignis; Vita 1, 5: ordines diu duxit multisque ducatibus pervenit, ut exercitus Syriacos regeret. Als die Kaiser, unter welchen er diente, erscheinen in der Vita Marcus (4, 1; 7, 2) und Commodus (wiederholt); vgl. das gefälschte Epigramm (12, 6): Antoninis carus.

...

Offiziersstellungen. Die Laufbahn des Niger während der Jahre 155/60-180, welches letztere ungefähr den Termin seines Konsulats bezeichnet (s. u.), ist in Halbdunkel gehüllt. Nur soviel ist sicher, daß er, dem Ritterstand angehörig (Dio: iş iлnior; s. o.), zunächst nicht in die senatorische, sondern in die ritterliche Karriere - möglicherweise sogar mit der Vorstufe des Zenturionats1) — eingetreten ist. Darauf führt uns nebst manchem anderen sein kaum anzuzweifelndes Kommando in dem dem Senate verschlossenen Ägypten, Aur. Victor Caesares 20, 9: dux Aegyptum obtinens, worunter höchst wahrscheinlich, wie wir gleich sehen werden, die Funktion eines praefectus castrorum für die Auxilia Ägyptens zu erkennen sein wird2).

Zu dieser Stellung wie zu der im Range gleichstehenden eines praefectus legionis Ägyptens gelangten im 2. Jahrhundert besonders qualifizierte Angehörige des einflußreichen hauptstädtischen Korps der primipilares), die zweimal Primipili gewesen waren und zwischendurch drei Tribunate der hauptstädtischen Kohorten bekleidet hatten1). Auf Zenturionendienste des Niger und Beziehungen zum numerus primipilarium

1) Bekanntlich waren die Legionszenturionate mit der Zugehörigkeit zum Ritterstande verträglich; darüber neuerdings A. v. Domaszewski, Bonner Jahrb. CXVII (1908) 81.

2) Mancherlei Analogien zeigt die militärische Laufbahn des nachmaligen Kaisers Maximinus, behandelt von M. Bang, Hermes XLI (1906) 300 ff.

3) Über diese v. Domaszewski, a. a. O. S. 116 f. 4) Ebd. S. 120f.

könnten zwei minder bedenkliche Stellen der Vita weisen, 1, 5: ordines diu duxit; 4, 6: quod primipilaribus commendantibus consulatum Niger mereretur1). In zwei gefälschten Kaiserbriefen schreibt ihm die Vita im ganzen drei Tribunate zu, auf welche ein ducatus folgen soll2); vgl. auch 3, 7: cum tribunatus ageret; 6, 10: tribunus singularis, dux3) praecipuus, legatus usw. Von einer Teilnahme am Partherkriege 161–166 findet sich keine Spur.

Daß Pescennius Niger sodann ein höheres ritterliches Kommando in Ägypten bekleidet hat, kann nach den schon angeführten Worten des Aurelius Victor (20, 9: dux Aegyptum obtinens) kaum zweifelhaft sein. obgleich es dieser irrig auf das J. 193, wo Niger längst Senator war, bezieht. An dieses Faktum knüpfen die in eine Lageranekdote verflochtenen Angaben der Vita 7, 7 an: cum apud Aegyptum ab eo limitanei (milites) vinum peterent; 7, 8; desgleichen die im wesentlichen erschwindelte Notiz von der Widmung einer Statue a rege Thebaeorum (12, 4) mit dazugehörigem Epigramm (12, 6): terror Aegyptiaci Niger astat militis ingens, Thebaidos socius usw., möglicherweise auch die oben S. 99 A. 2 erörterte Fälschung, welche dem Niger schon als Tribun den Befehl über ägyptische Auxilia zuweisen will. Diese durch die Victor-Stelle teilweise gedeckten Angaben scheinen darauf zu beruhen, daß Niger im Süden Ägyptens, am Limes1) und in der Thebais) Meutereien der unbotmäßigen einhei

1) Als gemeiner Soldat, miles (Vita 4, 1; 6, 10) hat Niger natürlich niemals gedient.

2) 4, 2ff. (mit Anspielung auf v. Hadriani 10, 3; 10, 6); 4, 4. Die Aufteilung der Tribunate auf Marcus und Commodus ist sicher Fiktion. Bei den trecentis Armenicis et centum Sarmatis et mille nostris, welche Marcus dem Niger zuweist (4, 2), hat der Fälscher vielleicht an Ägypten gedacht, wo zu seiner Zeit am Limes Aegypti eine ala II Armeniorum und eine ala VII Sarmatarum (Notitia dign. or. 28, 22. 26 p. 59 S.), in der Thebais eine cohors scutata civium Romanorum (ebd. 31, 59 p. 65 S.) lagen.

3) Zum Gebrauch von dux in der Hist. Aug. s. Mommsen, Hermes XXV 237 f. mit A. 1. 2.

4) Zum ägyptischen Limes der Spätzeit s. neuerdings E. Kornemann, Klio IX (1909) 502.

5) Bei Thebaei, Thebais kann doch wohl nur an das ägyptische Theben gedacht werden, nicht etwa an die a nóig im südwestlichen Arabien (Ptolemaeus geogr. VI 7, 5) im Gebiete der Kinaidokolpiten, deren Basiktig das Monumentum Adulitanum (Dittenberger, Or. Gr. I p. 293) erwähnt; zu diesem Thebai s. D. H. Müller, Pauly-Wissowas RE II 348 f.; 2778f.; IV 2243f. Bei dem rex Thebaeorum denkt G. Lumbroso, L'Egitto al tempo dei Greci e dei Romani (1882) 53f. an il re di una gens ossia un re barbaro (anders 2. Aufl. 1895 p. 55 f.). Casaubonus und neuerdings A. Wiedemann, Revue égypt. II 346, der dafür auch ein (wohl falsch gelesenes) Ostrakon anführt, entscheiden sich für einen Herrscher der Thebais im 2. Jahrh. n. Chr., der nach dem ersten von Rom abhängig, nach Wiedemann sogar selbständig gewesen wäre. Dagegen identifizierte J. G. Milne, 7*

mischen Truppen1) und Einfälle der umwohnenden Barbarenstämme mit eiserner Hand unterdrückte 2). Dies führt uns wohl auf die nämliche Zeit, wo die Legion Ägyptens (II Traiana) durch Abordnungen auf den pannonischen Kriegsschauplatz geschwächt war, und wo infolgedessen auch die Meuterei der Bucolici milites") im Nildelta, gleichfalls einer aus Hirten und Räubern sich zusammensetzenden Territorialmiliz, losbrach (J. 172: oben S. 92f.). Wenn eine Lageranekdote der Vita (7, 8) von einem tumultuantibus is, qui a Saracenis victi fuerant, erteilten Verweis berichtet, so könnte dies in die nämliche Stellung des Niger fallen; wir wissen. daß damals jedenfalls vor dem J. 175 unter Avidius Cassius' Oberleitung in Arabia, vermutlich eben gegen die Saraceni, erfolgreiche Kämpfe geführt wurden (oben S. 92), an denen Niger als Führer von Truppen aus der Nachbarprovinz sehr wohl hätte teilnehmen können. Zur Datierung dieser Wirksamkeit in Ägypten um J. 172 stimmt es, daß eine Verwendung des militärisch sehr befähigten Mannes im gleichzeitigen bellum Germanicum Sarmaticum nirgends erwähnt wird. Andererseits wird Niger diesen Posten wohl noch vor dem Frühjahr 175 verlassen haben, da der Vitenschreiber sich sonst wohl kaum versagt hätte, ebenso wie dies bei Clodius Albinus (Vita 6, 2; 10, 10) geschieht, sein Verhalten gegenüber der Erhebung des Avidius Cassius, dem sich ja auch Ägypten mit dem Präfekten Flavius Calvisius anschloß, irgendwie zu erwähnen.

Als ein höheres, selbständiges Kommando wird die Funktion des Niger gekennzeichnet durch den Ausdruck dux bei Victor und in der Vita. Demnach und wegen der oben erörterten Vorstufen (Primipilat und Egypt under Roman rule (1898) 214f. den „König von Theben" mit dem unter Trajan und Hadrian bezeugten dozor Onẞór (über diesen auch Paul M. Meyer, Heerwesen der Ptolemaer und Römer 90, 331), welch letzterer indessen wohl nur ein städtischer Beamter sein dürfte (Preisigke, Städtisches Beamtenwesen im röm. Ägypten S. 7ff.). Die ganze Kontroverse ist müßig, solange die Vita-Stelle das einzige Zeugnis für den rex Thebaeorum bleibt.

1) Diese scheinen auch erwähnt zu werden in CIG 4758 (0. Puchstein, Epigr. Gr. in Aegypto reperta, Dissert. philol. Argentoratenses IV, p. 43 n. XX): Onẞáov лooμázov tov zŋ]dɛuóva, und in einer Inschrift aus Syene vom Ende des 4. Jahrh. (Comptes rendus de l'acad. des inscr. 1909 p. 148; Cagnat, Revue arch. 1909 II p. n. 108): cum Theb(anis) militibus).

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2) Unruhen in der Thebais gegen die jeweiligen Herrscher Ägyptens waren seit jeher ebenso häufig, wie Einfälle der umwohnenden Barbaren in diese Landschaft. Vgl. die Inschrift des Cornelius Gallus CIL III 14147 * (Dittenberger, Or. Gr. II n. 654): Thebaide communi omn[i]um regum formidine subact[a]; das griechische Epigrarum eines Iunius Sabinus, Kommandanten der Cohors (II) Ituraeorum (über diese C. Cichorius, Pauly-Wissowas RE IV 305 f.), aus Syene bei Puchstein, a. a. O. p. 61f. n. XXX, welches dieser der ersten Kaiserzeit zuweist.

3) Dagegen wird in der Vita 7, 5 eine durch den Aufstand veranlaßte gesetzliche Norm auf seine Initiative zurückgeführt; s. unten S. 101.

drei Tribunate) muß Niger entweder praefectus legionis (II Traianae)) oder praefectus castrorum, d. h. Oberkommandant der Auxilien in Aegypten 2), gewesen sein. Da die Legio II Traiana in Unterägypten (bei Alexandreia) lagerte, Pescennius aber am Limes und in der Thebais beschäftigt war, ist die Praefectura castrorum, deren Inhaber gerade in Bauinschriften der Auxilien Oberägyptens häufig unmittelbar nach dem Praefectus Aegypti genannt werden), ungleich wahrscheinlicher. Dem Range nach ist die eine wie die andere Präfektenstellung ducenar4). Damit fand die Offizierslaufbahn des Niger anscheinend ihren Abschluß.

Prokuraturen. Die folgenden Jahre bis zum Eintritt in den Senat (um 180) werden nach mancherlei Anzeichen mit prokuratorischen Verwaltungsämtern ausgefüllt gewesen sein. Die Anekdote Vita 7, 9: Palaestinis rogantibus, ut eorum censitio levaretur könnte allenfalls auf die ducenare") Finanzprokuratur von Syria Palaestina hinweisen; die dem Niger zugeschriebene Erhöhung der Gehalte der Consiliarii (Assessoren) ebd. 7, 6 auf eine höhere Prokuratur der hauptstädtischen Zentralverwaltung. Auf administrative Tätigkeit deuten auch die angeblich den Kaisern Marcus also noch im Ritterstande und Commodus erteilten Ratschläge für die Provinzialverwaltung, Vita 7, 2-6. Die in der Vita (7, 5) schwerlich mit Grund auf ihn zurückgeführte Norm ut nemo adsideret in sua provincia, nemo administraret wird bei Dio LXXI 31, 1 (zum J. 176) als eine Folge der cassianischen Erhebung angeführt.

Senatorische Laufbahn. Der Übertritt des Pescennius in den Senat erfolgte, wie auch sonst bei Ducenarii, durch adlectio inter praetorios, wie sie gerade Commodus in zahlreichen Fällen vornahm, Vita Pert. 6, 10: cum Commodus adlectionibus innumeris praetorios miscuisset. Der Zweck, den Commodus verfolgte, war der, die prätorischen Legionskommandanten senatorischer Herkunft durch neuernannte Prätorier aus. dem Ritterstande zu ersetzen 6)."

Den Terminus ante quem für diese Adlektion gibt der SuffektKonsulat des Niger. Bisher wurde dieser auf Grund der Vita 4, 6 a Commodo... consul declaratus Severo praepositus est ins J. 189 verlegt 7), in welchem nach bisheriger Meinung auch Septimius Severus Consul

1) So E. Bormann, De Syriae provinciae Rom. partibus (Diss. Berlin 1865) 20; A. de Ceuleneer, Essai sur Septime Sévère (Mémoires cour. de l'acad. de Belgique XLIII 1880) p. 62. Die Präfektur Ägyptens ist selbstverständlich ausgeschlossen. 2) Wohl zu unterscheiden von dem im Range untergeordneten Praefectus castrorum legionis. Vgl. v. Domaszewski, a. a. O. S. 121.

3) CIL III 6025; 14147, 2-4 (Syene); 13580 (Koptos).

4) v. Domaszewski, a. a. O. S. 121; 151.

5) Ebd. S. 149. 6) Ebd. S. 151.

7) So Ceuleneer, a. a. O. p. 62; Prosopogr. III p. 24 n. 185.

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suffectus gewesen sein soll1) wie sich zeigen wird, mit Unrecht. Der allerfrüheste Termin wäre, da Niger im J. 193 als Legat Syriens noch in der administrativen konsularischen Laufbahn stand, die damals nach etwa 14 Jahren mit dem Prokonsulat von Asia oder Afrika abzuschließen pflegte (o. S. 85 A. 1), das J. 179. Genauere Befristungen gewinnen wir daraus, daß Niger in Syrien der Nachfolger des Asellius Aemilianus (procos. Asiae 193, daher cos. etwa 179) gewesen ist, und daß anscheinend Commodus (seit 180) den Konsulat erteilte (Vita 4, 6). Clodius Albinus und Septimius Severus, welche im J. 193 die im Range nachweisbar tiefer stehenden 2) Legationen von Britannien und Pannonia superior innehatten, waren der erste etwa 188, der zweite 190 Suffektkonsuln gewesen. Daß wir innerhalb des so gegebenen Zeitraums 180-188 so hoch als möglich hinaufgehen müssen, wird durch die Bedeutung der Statthalterschaft von Syrien gefordert, welche keinesfalls von ganz jungen Konsularen, sondern meist gegen Ende jenes vierzehnjährigen Intervalls bekleidet wurde. In der Tat war nach Herodian II 7, 4 im J. 1936 Niyoos tor μὲν πρὸ πολλοῦ ὑπατευσάντων; als Maßstab kann v. Didii Iuliani 5, 6 dienen, wo L. Vespronius Candidus, Legat von Dacien im J. 183 und Prokonsul von Afrika gegen Ende der Regierung des Commodus, im J. 193 als vetus consularis bezeichnet wird. Der Ansatz des cos, suff. Niger auf 189 ist daher unbedingt viel zu spät; die Angabe der Vita 4, 6 ist entweder erfunden oder beruht auf Verwechslung mit einem andern Severus, für welche sich aus den Kaiserviten Analogien beibringen ließen. Eine noch genauere Ansetzung zwischen 180 und 183 ergibt sich aus der nun möglich gewordenen Datierung der dacischen Legation Nigers auf J. 183, zu der ich jetzt übergehe.

Legation der Tres Daciae. Dio LXXII 8, 1 berichtet in der Regierung des Commodus: ἐγένοντο δὲ καὶ πόλεμοί τινες πρὸς τοὺς ὑπὲρ τὴν Δακίαν βαρβάρους, ἐν οἷς ὅ τε Αλβῖνος καὶ ὁ Νίγρος οἱ τῷ αὐτοκράτορι Σεουήρῳ μετὰ ταῦτα ἀντιπολεμήσαντες εὐδοκίμησαν. Nach ihrer Stellung im Texte des Dio gehören diese Kämpfe etwa in die Jahre 182 und 183 und werden wohl mit Recht mit der V. und VI. imperatorischen Akklamation des Commodus in Beziehung gebracht3). Nach dem eben vorgebrachten steht nichts der Annahme im Wege, daß Niger zur Zeit dieser Tätigkeit in Dacien bereits Konsular war, somit auf ihn - was ja an sich das nächstliegende ist die eradierte Stelle der Inschrift

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1) In Wirklichkeit war Severus cos. suff. im J. 190; s. J. M. Heer, Philol. Suppl.-Bd. IX 77f., 165.

2) Belege bei v. Domaszewski, a. a. O. S. 181 f. Wenn Pertinax zuerst Syrien, dann erst Britannien verwaltete, erklärt sich dies aus der damaligen militärischen Lage in Britannien.

3) J. M. Heer, a. a. O. S. 64 f.; 175.

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