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Erwin von Steinbach zugleich mit dem Straßburger Münster erfunden hatte, und wiederholte, da er die ganze Familie wieder in ihren altgräflichen Kleidern sah, sein Krähen mit stolzer Freude. Er hatte einen reichsfreiritterlichen Unmittelbarkeitssinn und war nie gern in Gelnhausen gewesen, wo er nur zu Haus der Hahn im Korbe war, am Hof aber nie auf dem Miste frähen durfte, weil dieses ein Regale, ein königliches Recht der Hofhähne war. Er war hier nur Kammerhahn à la Suite, hatte allerlei Kränkungen seiner Verhältnisse von den Hofhähnen zu erleiden, und durfte sie nicht einmal deswegen herausfordern. Gleich Graf Gockel war er sehr mit dem König Eifrasius unzufrieden, denn dieser hatte einmal die Eier seiner lieben Gemahlin Gallina durch die Polizei wegnehmen und sich in die Pfanne schlagen lassen. Seine häusliche Glückseligkeit war dadurch gestört. Er war heftig und ungeduldig, Gallina ́aber gacsig, glucksig und piepsig geworden. Sie saßen immer auf dem Hühnerministerium und kamen nicht ins Freie; statt auf dem Miste, scharrte Alektryo in Papierspänen, und die leidende Gallina wälzte sich im Streusand oder brütete hoffnungslos auf den ausgeblasenen Eierschalen des Eierordens, welche dort aufbewahrt wurden.

Nun aber, da Alle zur Abreise gekleidet waren, trieb Alektryo die Gallina an, von seiner Seite auf dem Gockelschen Hühnerstege hinab zu dem Hennegauschen Erbhühnerkorbe der Frau Hinkel zu schreiten, und sagte ihr dabei ganz freundlich ins Ohr, was ihr tröstend zu Herzen ging:,,Heute Abend sind wir frei und glücklich in Gockelsruh, dem Palast unserer Vorfahren, da gibt es Würmchen und Maikäfer und allerlei Sämerei die Menge; da wollen wir ein neues Leben beginnen, da gehören wir uns allein an, da wirst du eine Brut ausbrüten, die unser würdig ist.“ Gallina trippelte mit einem lieblichen Lächeln gackfend den Steg hinab und setzte sich oben auf den Hühnerkorb.

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Frau Hinkel nahm den Korb, worauf Gallina saß, auf ihren Kopf. In diesem Korbe hatte sie ein paar Hemden, etwas Flachs, Hanf und andere Sämereien, Nadel, Zwirn und Fingerhut und ein Wachsstümpfchen, ein Gebetbuch und einige schöne neue Lieder, gedruckt in diesem Jahr, und den Gräflich Hennegauschen Stammbaum, und ihren Taufschein und Copulationsschein und so weiter Schein bewahrt. Dann ergriff sie ihren Rocken und sprach:,,Ich bin fertig."

Gockel schlüpfte mit den Armen in die Tragriemen seiner Erbhühnertrage, und trug sie wie eine gothische Kirche auf dem Rücken, oben darauf saß Alektryo, neben dran war sein Grafen= schwerdt befestigt, und im Innern befanden sich sein Stammbaum, Grafenbrief, Taufschein, Ehecontrakt, ein Buch von Geheimnissen der Hahnen und Hühner und auch ein altes Geschlechts- Register, nach welchem Alektryo vom Hahne des Hiob und Gallina vom Hahne Petri abstammen sollte; es war aber theils sehr unleserlich mit Hühnerpfoten geschrieben, theils hatten es die Mäuse so durchstudirt, daß viele Löcher darin waren. Solche große Raritäten waren in der Hühnertrage. Gockel nahm nun seine Raugräfliche Standarte, die zugleich ein Hühnersteg war, als Stab in die Hand und sagte: „Wohlan, ich bin fertig."

Gackeleia hatte das Erbhühnernest auf dem Kopf, und weil fie auf alle Weise noch sonst etwas tragen wollte, steckte sie der Bater in einen Korb, wie man sie über die jungen Hühnchen stellt, und befestigte ihr denselben über die Schultern mit Bändern, so daß sie wie in einem lustigen Reifrocke mitspazierte. In der einen Hand hielt sie ihr ABC-Buch, worauf ein Hahn abgebildet war, und in der andern einen Eierweck von gestern, man nennt sie dort Bubenschenkel. Das Kind war sehr lustig und schrie: Kikeriki, ich bin schon lang fertig."

Nun blies Gockel die Hühnerministerial - Lampe aus, und

sie gingen zu der Thüre hinaus. Gockel gab dem Nachtwächter den Hausschlüssel, und dann verließen sie still durch die hintere Gartenthüre, die durch die Stadtmauer führte, das undankbare Gelnhausen.

Kaum waren sie auf einer nahen kleinen Anhöhe, welche die Stadt überschaut, als Alektryo sich hoch aufrichtete und mit einem trotzigen kühnen Krähen allen Hahnen von Gelnhausen Hohn sprach, die erwachend von Haus zu Haus, von Thurm zu Thurm sich wieder zukrähten, so daß die Gockelsche Familie wo nicht unter dem Geläute aller Glocken, doch unter dem Krähen aller Hahnen die Stadt verließ.

Als Alektryo gekräht hatte, schauten sie Alle noch einmal schweigend nach Gelnhausen zurück. Es lag eine weiße Nebel= wolke über der herrlichen Stadt, die Sonne schoß mit ihren ersten Strahlen nach den blinkenden Wetterhahnen auf den Thurmspigen, welche aus dem Nebel hervorblizten; hie und da drang ein dunkler dichter Bäckerrauch wie eine dicke braune Schlange durch den Nebel hervor. Frau Hinkel war betrübt. Gaceleia fing laut an zu weinen; ihr Eierweck war ihr gefallen, und sie konnte ihn von dem Hühnerkorb, in dem sie steckte, gehindert nicht aufheben. Gockel hob sie aus dem Korbe heraus und hängte sich denselben noch hinten auf die Trage, denn Gaceleia wäre mit diesem Reifrock an allen Büschen des wilden Waldes hängen geblieben, durch welchen jezt ihr Weg führte.

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Frau Hinkel, durch das Krähen aller Hahnen in Gelnhausen und durch den aufsteigenden Rauch von neuem sehr betrübt, folgte ihrem Manne mit manchem Seufzer durch den Wald. Sie gedachte an die Herrlichkeit von Gelnhausen, wo immer das eine Haus ein Bäckerladen, das andre ein Fleischerladen ist; ach, dachte sie, jest ist die Stunde, jezt öffnen die Fleischer ihre Läden, jest hängen sie die fetten Kälber, Hämmel und Schweine

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auf und breiten in deren aufgeschlißten Leibern reinliche schneeweiße Tücher aus! Ach, jezt ist die Stunde, jezt öffnen die Bäcker ihre Läden und stellen auf weißen Bänken die braunglänzenden Brode, die gelben Semmeln und schön lacirten Eierwecke, Bubenschenkel genannt, in Reih' und Glied. Gackeleia, die sie an der Hand führte, weckte mit ihren Reden ihre Betrübniß oft von neuem wieder auf, denn sie fragte ein um das anderemal: ,,Mutter, gibt es auch Brezeln, wo wir hingehen?" Da seufzte Frau Hinkel; Gockel aber, der ernsthaft und freudig voranschritt, sagte:,,Nein, mein Kind Gackeleia, Brezeln gibt es dort nicht, sie sind auch nicht gesund und verderben den Magen; aber Erdbeeren, schöne rothe Waldbeeren gibt es die Menge,“ und somit zeigte er mit seinem Stock auf einige, die am Wege standen, welche Gackeleia mit vielem Vergnügen verzehrte.

Hierauf fragte Gackeleia wieder:,,Mutter, gibt es auch so schöne braune Kuchenhäschen, wo wir hingehen?" Da seufzte Frau Hinkel abermals und die Thränen traten ihr in die Augen; Gockel aber sagte freundlich zu dem Kinde:,,Nein, mein Kind Gaceleia, Kuchenhäschen gibt es da nicht, sie sind auch nicht gesund und verderben den Magen; aber es gibt da lebendige Seidenhäschen und weiße Kaninchen, aus deren Wolle du der Mutter auf ihren Geburtstag Strümpfe stricken kannst, wenn du fleißig bist. Sieh, sieh, da läuft eines!" und somit zeigte er mit seinem Stock auf ein vorüberlaufendes Kaninchen. Da riß sich Gackeleia von der Mutter los und sprang dem Hafen mit dem Geschrei nach:,,Gib mir die Strümpfe, gib mir die Strümpfe!" aber fort war er und sie fiel über eine Baumwurzel und weinte sehr. Der Vater verwies ihr ihre Heftigkeit und tröstete sie mit Himbeeren, welche neben der Stelle wuchsen, wo sie gefallen war. Nach einiger Zeit fragte Gaceleia wieder: ,,Liebe Mutter, gibt es denn auch da, wo wir hingehen, so schine gebackene Männer von Kuchenteig, mit Augen von Wach

holderbeeren und einer Nase von Mandelkern und einem Munde von einer Rosine?" Da konnte die Mutter ihre Thränen nicht zurückhalten und weinte; Gockel aber sagte:,,Nein, mein Kind Gaceleia, solche Kuchenmänner gibt es da nicht, die sind auch gar nicht gefund und verderben den Magen. Aber es gibt da schöne bunte Vögel die Menge, welche allerliebst singen und Nestchen bauen und Eier legen und ihre Jungen füttern. Die kannst du sehen und lieben und ihnen zuschauen, und die süßen wilden Kirschen mit ihnen theilen.“ Da brach er ihr ein Zweiglein voll Kirschen von einem Baum und das Kind ward ruhig.

Als Gackeleia aber nach einer Weile wieder fragte: „Liebe Mutter, gibt es denn dort, wo wir hingehen, auch so wunderschöne Pfefferkuchen, wie in Gelnhausen?" und die Frau Hinkel immer mehr weinte, ward der alte Gockel von Hanau unwillig, drehte sich um, stellte sich breit hin und sprach:,,, mein Hinkel von Hennegan! Du hast wohl Ursache zu weinen, daß unser Kind Gaceleia ein so naschhafter Freßsack ist und an nichts als Bretzeln, Kuchenhafen, Buttermänner und Pfefferkuchen denkt, was soll daraus werden? Noth bricht Eisen, Hunger lehrt beißen. Sei vernünftig, weine nicht; Gott, der die Raben füttert, welche nicht säen, wird den Gockel von Hanau nicht verderben. Lassen, der säen kann. Gott, der die Lilien kleidet, die nicht spinnen, wird die Frau Hinkel von Hennegau nicht umkommen lassen, welche sehr schön spinnen kann, und auch das Kind Gaceleia nicht, wenn es das Spinnen von seiner Mutter lernt.“

Diese Rede Gockel's ward von einem gewaltigen Geklapper unterbrochen, und sie sahen Alle einen großen Klapperstorch, der aus dem Gebüsch ihnen entgegentrat, sie sehr ernsthaft und ehrbar anschaute, nochmals klapperte, und dann hinwegflog. ,,Wohlan," sagte Gockel,,,dieser Hausfreund hat uns willkommen geheißen, er wohnet auf dem obersten Giebel von Gockelsruh,

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