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als sei dies eine Handlungsfirma. Später einmal durch diese Stadt fahrend, glaubte ich besonders viele Bäcker- und Fleischerladen dort zu sehen; wäre aber dieses nur ein Spiel der Phantasie gewesen, so mahnt mich doch heut eine Fügung, allen Lohn, den mir Gockel je zu Tage scharren wird, nach Gelnhausen zu wenden. In das Land Hennegau bin ich durch Gockel und Hinkel gerathen; das Ländchen Vaduz aber habe ich von Jugend auf seines curiosen Namens wegen gar lieb gehabt, ohne doch je zu wissen, wo es eigentlich liegt; ich habe auch nie darnach gefragt, um nicht aus einem jener Träume zu kommen, welche die Pillen der segenannten Wirklichkeit vergolden. Vaduz ist mir noch jetzt das Land aller Schäße, Geheimnisse und Kleinodien, und dort ist mir das Thule, wo der König den liebsten Becher, ehe er starb, in die Fluth hinab geworfen.

Da ich als ein Knabe in dem Comptoir den gelehrten Rabbi Gedalia Schnapper mit dem unvergleichlichen Abarbanel Meyer auf Tod und Leben, so daß man mehrmals Wasser auf fie gießen mußte, um sie auseinander zu bringen, über die Lage eines wunderbaren Landes disputiren hörte, welches der Fluß Sabbathion umfließt, der die ganze Woche ein unzugängliches Steinmeer ist und nur am Sabbath seine Wegen bewegt, floh ich auf den Speicher in die Einsiedelei eines leeren Zuckerfasses und beweinte die Blindheit der Menschen, welche nicht fühlten, daß jenes Land nothwendig das Ländchen Vaduz sein müsse. Alle Wundergebirge der Geschichte, Fabel und Mährchenwelt, Himalaya, Meru, Albordi, Kaf, Ida, Olymp und der gläserne Berg lagen mir im Ländchen Badut. Alle seltsamen, merkwürdigen und artigen Dinge von den Reichskleinodien bis zum Nürnberger Guckgläschen à vier Kreuzer, in dem Erbsen, Goldblättchen und blauer Streusand unter einem Vergrößerungsglase geschüttelt, alle Schäße der Welt darstellen, schienen mir

aus Vaduz zu sein. In der sogenannten Schachtelkammer des Hauses voll abenteuerlichen Gerümpels war mir das Archiv von Vaduz, ja das goldene Zeichen über unserem Hausthore selbst schien mir aus diesem gelobten Ländchen, als es in wirrer Zeit den Kopf verloren, zu uns emigrirt. Auf der Gallerie aber, einem schon vornehmeren Bewahrungsraume, war mir die Schatz- und Kunstkammer. Hier war das Arsenal verflossener Christfeste, hier wurden die Decorationen und Maschinerien der Weihnachtskrippen bewahrt, hier stand eine Procession allerliebster kleiner Wachspüppchen, alle geistlichen Stände, alle Mönche und Nonnen vom Papste bis zum Eremiten, nach der Wirklichkeit gekleidet, und gleich neben ihnen das Modell eines Kriegsschiffes.

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Schazkammer von Badut! was botst du Alles dar? Vor allem aber entzückte mich ein kunstreicher Besaß von den Braut und Festkleidern meiner Großmutter. Nie kann ich die Bauschen und Puffen von Seide und Spizen vergessen, gleich Berg und Thal eines Feenlandes, gleich den Zaubergärten der Armida von den Gewinden feiner, allerliebster, bunter Seidenblümchen labyrinthisch durchirrt. Ich will dir es nur gestehen, liebes Großmütterchen, oft, wenn ich so glücklich war, den Gallerieschlüssel zu erwischen, stellte ich mich krank, um Sonntags nicht mit den Eltern nach Gockelsruh oder auf die stille Mühle fahren zu müssen, und sperrte mich dann, wenn alle Anderen weg waren, zwischen diesen Herrlichkeiten ein. Das Kriegsschiff war mir zu hölzern, klapperig und wirr mit den vielen Stricken, Flaschenzügen und Segeln, und man konnte auch nicht zu dem Capitän in die Cajüte hinein, man sah ihn nur durch ein Fensterchen am Tische vor einer Landkarte und dem Compaß unbeweglich sizen. Ich konnte nichts mit dem Schiff anfangen, es war kein Wasser da; - die Procession der geistlichen Wachspüppchen war so delicat und zerbrechlich, daß ich sie kaum anzu

schauen wagte; wäre sie von buntem Zuckerwerke gewesen, so wäre sie vielleicht Gefahr gelaufen, durch meinen Geschmack zu erbleichen, aber in ihrer jeßigen Beschaffenheit stand sie unter den Kanonen des Kriegsschiffes sicher vor mir. — Jene biegsamen, unzerbrechlichen Zaubergärten von Seidendraht= blümchen aber, welche ich höchstens ein wenig zerbog, legte ich um mich her und saß dazwischen, die drei Pomeranzen, das grüne Vögelchen, das tanzende Wasser von Gozzi lesend, und glaubte mich selbst einen verschäferten Prinzen, der voll Sehns sucht seine Lämmer in den Thälern dieses Paradieses weidete und nach Erlösung seufzte. Ich glaubte mich dann mit diesen Zaubergärten mitten in Vaduz, wo mir das Paradies wie Lindachara's Gärtchen mitten in dem Alhambra eingeschlossen lag.

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Da lebte ich eine Mährchenwelt, die über der Wirklichkeit wie ein Sternhimmel über einer Froschpfüße lag. Man nannte diese ungemein artigen Blumenverzierungen mit vollem Recht agréments, Anmuthigkeiten, Lieblichkeiten. Als man diese Anmu= thigkeiten nicht mehr trug, benügte man ihre Ueberbleibsel, kleine Heiligen Bilder oder Wachskindchen damit zu umgeben, und nannte diese unter einem Glase bewahrt, Paradieschen, welche die Kinder mit großer Lust betrachteten, sich fest einbildend, Adam und Eva seien einst mit allen Geschöpfen in solcher Herrlichkeit herumspaziert. Weil nun jeder Mensch wohl fühlt, daß er das Paradies verloren hat, und sich daher irgend ein Surrogat erschaffen, sich mit irgend einem Schmuck, einer Krone und dergleichen verkleiden, verschönern möchte, machten sich von je die Töchter der Menschen, naiv genug, solche kleine Gärten aus vergänglichen Dingen, wozu aller Puß der Frauen und die kleinen Adonisgärtchen gehören, die bei dem Adonisfeste um Sonnenwende prunkend umhergetragen, und dann in den Strom geworfen wurden; so auch machen sich gern die Kinder aus dergleichen Ueberresten von Flittern irgend eine glizernde Zusam

menstellung unter einem Stückchen Glas, hinter einem Thürchen von Papier, und zeigen einander für eine Stecknadel diese Herrlichkeit.

Als ich später in Geschäften der Akademie der Menschentenner eine große Reise mit dem gelehrten Wunderkind Monsieur Heinicke machte, theils um dem verlornen Paradies, theils um allen Raritäten und der Kunst auf die Spur zu kommen, war das Resultat unseres Reiseberichts:,,Einige bunte Seideflöckchen mit Goldfädchen, Flittern und anderen Agréments mehr oder weniger fantastisch verwirrt und hinter einem Quadratzoll weißen Glases auf Papier platt gedrückt, und das Alles mit einem Thürchen bedeckt, ließen uns an vielen Orten die Kinder um den Preis einer Stecknadel sehen, weßwegen wir der Akademie zwölf Kreuzer für einen Brief Stecknadeln berechnen. Ueberall war es eigentlich dasselbe; nur schien uns merkwürdig, daß in Köln ein Heiligenbildchen darin war und man es ein Paradies nannte; daß in Nürnberg ein Spielpfennig darin war und man es eine Rarität nannte, daß in Berlin ein Bischen Rauchpulver darin war und man es eine Kunst nannte. Ueberall aber kostete es nur eine Stecknadel."

Längere Zeit hielt ich mich und eine meiner Schwestern für die privatisirenden Besizer von Vaduz, und wir erzählten uns jeden Morgen die Tugenden, welche wir in den Träumen der letzten Nacht an Land und Leuten incognito ausgeübt hatten. Unsere Verdienste häuften sich dermaßen, daß wir sie in Bataillone eintheilen und außer den Revuen in den Feldbau entlassen mußten. Es reicht hin, wenn ich sage, daß wir die Akazienbäume, den Erdmandel-Kaffee, den SchlüsselblumenChampagner, die Uebung des Körpers durch Tanzen für alle drei christlichen Religionspartheien, das Gichtpapier, die Toleranzpomade, die Beruhigungs- Shawls zu zwei Gulden vier und zwanzig Kreuzer, die Käppchen aus Freundschaft zu zwölf Kreuzer,

die Kuhpocken, die Kunst ein guter Jüngling, ein edles Mädchen zu werden, und Elise, das Weib, wie es sein soll, und Alles, wie es sein soll und nie sein wird, und die wasserdichten Lobzettel in Vaduz einführten. Unsere Geldsorten schnitten wir aus Goldpapier. Unsere Gnadengeschenke bestanden aus Abschnitten von Zuckerpapier, welches noch die Fußtapfen der darauf gebackenen Bisquits trug. So machten wir Alles und vor Allem

uns höchst glücklich.

Da nun eine Kaiserkrönung nahte und oft von den Reichskleinodien und allerlei Belehnungen gesprochen wurde, dachten wir uns auch Reichskleinodien von Badutz aus. Wir regierten incognito, die Kleinodien mußten also versteckt getragen werden. Nie hatte ich etwas blinkenderes gesehen, als die Epauletts eines ungarischen Magnaten, und so verfertigte ich dann aus Goldpapier und allerlei Flittern Achselbänder, als die Reichskleinodien von Vaduz, die ich versteckt unter meiner Weste tragen konnte. Da nun alle Reichskleinodien eine sehr alte Geschichte haben, und ich keine ältere Geschichte von Kleinodien wußte, als daß Abraham's Knecht der Rebekka Armringe angelegt, so ließ ich die Reichskleinodien von Vaduz, die Schulterbänder der Rebekka sein; und weil die älteren Geschwister, wenn ich mich bei dem Bilder - Anschauen ihnen über die Schultern lehnte, mehrmals gesagt:,,Du meinst wohl, du seist der Kaiser, daß du mich belehnen willst?" so nannte ich auch diese Schulterbänder die Lehnskleinode von Vaduz. Aber kein Glück besteht auf Erden! und jetzt, liebes Großmütterchen, ist endlich die Zeit gekommen, da ich dich mit dem Ursprunge vieler Thränen bekannt machen kann, welche ich aller Welt zum Räthsel vergossen habe. Ich träumerischer Knabe hielt mich bei der Kaiserkrönung für nichts mehr und nichts weniger, als den verkannten privatifirenden Regenten von Vaduz, und würde es nach jener größten Ungerechtigkeit, daß der Hauptmann von Kapernaum noch immer

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