ÀҾ˹éÒ˹ѧÊ×Í
PDF
ePub

haben sie auf die Achtung der gebildeten, erleuchteten und innigen Freunde Jesu und seiner himmlischen Lehre in ihrer Lauterkeit, und, da sie derselben leider noch immer bedürftig sind, auf deren reelle Unterstützung.

Was von ihrem Daseyn in den Zeiten der ersten Christenverfolgungen und von ihrer Erwähnung selbst bei Hieronymus unter den Subalpinis, oder den Anwohnern der Cottischen Alpen, gesagt oder vermuthet wird, ist unsicher 2). Aber schwerlich kann man ihnen streitig machen, dass sie bereits im neunten Jahrhundert christlicher Zeitrechnung nach ihrem gegenwärtigen theologischen und kirchlichen Charakter hervortreten.

CLAUDIUS, Erzbischof von Turin und Embrun, ein achtungswerther Prälat, widersetzte sich um diese Zeit den Neuerungen des römischen Klerus. Die Anhänger seiner Diocese sind die Ahnen der heutigen Waldenser und die älteren Brüder der Reformirten. Piemont hatte noch wenige Bischöfe, der Bischof von Turin war der geistliche Oberhirt jener Thalbewohner 3). Zeitgenosse KARLS DES GROSSEN, Freund und Liebling LUDWIGS DES FROMMEN, Spanier von Geburt, als Exeget für seine Zeit vorzüglich, griff er seit 814 in sein Amt gestellt mit rücksichtslosem Feuereifer die Missbräuche an, welche damals die Kirchen Italiens verwüsteten. Er sprach in Schrift und Rede mit grossem Nachdruck gegen den Bilder- und Kreuzesdienst, gegen die heiligen Wallfahrten, besonders nach Rom an Petri Grab, gegen Heiligen- und Märtyrerverehrung, gegen die Kraft der Fürbitte der Heiligen, und gegen das ungemessene Ansehen des römischen Bischofs. Zwar fand er Gegner unter den Geistlichen Frankreichs und des nahen Italiens, blieb indess im Besitze seines Lehramtes bis an seinen Tod (839). Seine Anhänger verbreiteten sich nicht bloss in dem heu

2) Eben dahin lassen wir die Sage gestellt seyn, dass die Apostel Jacobus und Paulus den christlichen Glauben in diesen Gegenden anpilanzten. Letzterer sollte auf seiner Reise von Rom nach Spanien durch Piemont gekommen seyn. Röm. 15, 21, 28.

3) Jetzt für den noch kathol. Theil der Bischof von Pignerol,

tigen Piemont, in den Grafschaften Susa und Saluzzo, sondern auch in einigen lombardischen Städten, und in andern des übrigen Italiens. Ihre Lehrer, Barben (barbets) 4) genannt, trugen das Evangelium in die Nachbarländer, wie einst die Apostel in die Provinzen Palästinas 5).

Die Ableitung des Namens der Waldenser ist oft streitig gewesen. Es war lange gewöhnlich, einen Eigennamen als Ableitungsgrund aufzuführen. PETRUS VALDUS 6), ein reicher Kaufmann aus dem Flecken Vaud bei Lyon, fühlte sich nach eifrigem Lesen der Bibel, besonders des N. Test., und nachdem ein Freund bei einem frohen Gastmable durch einen plötzlichen Tod vor seinen Augen weggerafft ward (ein Faktum, in dem Manche ohne Noth einen sagenhaften Charakter erkannt haben wollen und das jedenfalls mit der Bekehrung Luthers zum Studium der Theologie eine schlagende Aehnlichkeit hat), hingerissen von der göttlichen Kraft des Evangeliums. Ergriffen von dem grellen Gegensatze, in dem dasselbe zu den Verderbnissen der Kirche seiner

4) In der waldens. Vulgärsprache oder dem Patois bezeichnet Barbe, barba, Oheim, eine Benennung, die man noch immer dort alten Leuten giebt. Mein Kutscher, der mich im Cabriolet im Thal Lucerne führte, stiess auf einen Alten mitten im Wege, und rief ihm zu auszuweichen mit den Worten: via, barbe (weg Alter!). Die Kinder geben den Namen jedem Manne als Achtungsbezeugung, wie sie jede Frau Magna nennen d. h. Tante. Vorzugsweise gab man den Titel barba den Pastoren, aus Achtung. Aehnlich braucht man noch besonders bei den reformirten Geistlichen in Frankreich den Titel Monsieur, mit gewisser Bevorzugung. Die Benennung hängt gewiss mit Barba, dem Barte, als Alters- und Würdezeichen zusammen. Sie soll in diesem Sinn venetian. Ursprung haben.

5) Aus den Thälern, wie aus dem südlichen Frankreich, wurden Boten in alle Theile Europens gesandt, mit dem Evangelium beauftragt. BARTHOLEMI Von Carcassone ward nach Ungarn und Dalmatien gesandt; GIOVANNI ging aus dem Lucernerthal nach Genua; THOMASSINI BASTIAE ward von Angeogne nach Apulien geschickt; DANIEL DI VALENTIA, GIOV. DE MOLINES begaben sich nach Böhmen; STEPHAN. NEGRINI und LUDOV. PASCALIS waren für die Kirchen zu Montalto und St. Lisso in Calabrien bestimmt, letzterer litt in Rom den Märtyrertod; GIOV. DE MAS aus Provence lehrte gleichfalls in diesen Gegenden.

6) Bisweilen auch JOHANNES VALDUS genannt, nach einer Verwechselung.

Zeit stand, fasste er den Entschluss, dem Evangelium streng getreu zu leben, und das Wort Gottes in apostolischer Ursprünglichkeit und Lauterkeit zu verkündigen. Seine Lehre und Predigt war gerichtet gegen Fegefeuer, Messe, Anrufung der Heiligen, Beten für die Verstorbenen und Anderes, und verwandt den Lehren der Anhänger des Claudius von Turin. Im Jahre 1157, 1160 oder 1170 (denn hierüber schwanken die Angaben) trat er öffentlich als Lehrer auf. Er entäusserte sich seiner Güter, die er zum Besten der Armen hingab, und ihnen fast vor die Füsse warf, sorgte für eine Uebersetzung der Schrift, in die vaterländische Sprache, die er mit einigen Sprüchen der Väter stützte; auf den Strassen der Städte und in den Dörfern erklärte er dem Volke das Evangelium. Schaaren von ungelehrten, der Schrift anfangs wenig kundigen Anhängern strömten ihm zu, die man bald darauf gewiss spottweise die Armen ron Lyon) (pauperes de Lugduno) genannt hat. Sie gründeten die Kirche zu Quevilly (St. Romain) in der Gegend von Lyon zur Uebung ihres Gottesdienstes. Ihre Erfolge erregten gar bald die kräftige Gegenwirkung der Geistlichkeit, besonders des Erzbischofs von Lyon, JEAN DE BELLE MAISON, der sie vor seinen Richterstuhl zog (1172). Der erste Bannfluch über sie ward ausgesprochen auf der Synode von 1175 durch Pabst Alexander III. Petrus Valdo hatte inzwischen drei Jahre in der Verborgenheit bei Freunden ununterbrochen gelehrt, den Spruch für sich anführend, wie später Luther, dass man Gott mehr gehorchen müsse, als den Menschen. Er floh anfangs aus den Thälern des Delphinats in die Picardie, von da in die Niederlande, nach Deutschland, in das Wendische, endlich nach Böhmen, wo er seine Tage beschlossen haben soll (vor 1180). Die Schüler des Valdo zerstreueten sich nach vielen Richtungen, theils in das südliche Frankreich (Gallia Narbonensis), theils in die Picardie (daher Picarden genannt), theils flohen

7) Auch Humiliati, Insabbatati genannt, oder Leonistae (Lionistae); die Bedeutung von insabbatati ist wahrscheinlich unbeschuhete, aus dem Spanischen, weil sie nach Weise der Apostel Sandalen trugen,

sie über die Alpen $). Diejenigen von ihnen, welche über die hohen Alpen in die heutigen Waldenserthäler herabstiegen, fanden ein freundliches Asyl, gastfreie Aufnahme und den evangelischen Glauben wieder.

Viele nun haben von der Erscheinung des Petrus Valdus und seiner Anhänger den Namen der heutigen piemontesischen Waldenser hergeleitet. Allein gegen diese Annahme spricht zuerst schon die constante mündliche Tradition unter den Waldensern, die sich durchaus für älter halten, welche ich an Ort und Stelle zu prüfen Gelegenheit fand, und welche man anzufechten und zu verdächtigen in der That kein Recht hat 9). Sodann sind entschiedene historische Thatsachen gegen diese Vermuthung. Es giebt ein grosses christlich religiöses Lehrgedicht der Waldenser, la nobla leiçon genannt 10), im provençalischen Dialekte, welches die biblische Geschichte und Lehre von Erschaffung der Welt bis zur Himmelfahrt Christi in Frag' und Antwort vorträgt 11). Von ihm bewahrt man zwei kostbare Manuscripte auf den Bibliotheken zu Cambridge 12) und zu

8) Daher bisweilen CISALPINI, INALPINI, MONTAGNARDS im Französ, genannt. Als provençal. Anwohner kommen sie unter dem Namen der Transalpini vor. In dem Werke von THUAN heissen sie bisweilen Convallenses, wegen der Mehrheit der Thäler.

9) Sie behaupten vielmehr gegenseitig ihres Theiles, dass sie nach der Provence, nach Languedoc und der Dauphiné aussandten, nicht, dass sie selbst ihren Ursprung den Schülern des VALDUS verdanken.

10) Theilweise abgedruckt bei LEGÉR a. O. 26 f.

11) Falsch ist indess die Bemerkung eines Ref. in Evg. KZ. a. O., dass man sich dieses Buches noch jetzt für die Katechese und die Kinderlehre in den Schulen bediene. Vielmehr ist nach der mir geschehenen Versicherung waldensischer Prediger das Patois desselben veraltet und muss erlernt werden.

12) Dieses Exemplar ist bei dem Massacre von 1655 dem engl. Gesandten MORLAND eingehändigt worden, soll aber seitdem von der Universitätsbibl. zu Cambridge verschwunden seyn, vielleicht gestohlen von den Papisten unter Jakob II.

Genf 13), die unzweifelhaft 14) aus dem Jahre 1100 stamnien. In diesem also um sechzig Jahre ältern Werke, als Peter Valdus, heisst es ausdrücklich, dass diejenigen, welche nach den Befehlen Gottes und nach dem Beispiele Jesu Christi leben wollten, ohne zu schmähen, zu schwören, zu lügen, zu ehebrechen, zu stehlen, zu tödten und sich an den Feinden zu rächen, Waldenser (Vaudés) genannt würden 15). Zwar ist jene Zeitbestimmung von 1100 in poetischer Rede nicht so genau zu nehmen, dass ein Mehr von 60-70 Jahren dabei unbedingt nicht zugegeben werden dürfte, wie man denn eine runde Zahl der genauern in poetischer und selbst in gewöhnlicher Rede oft vorzieht. Indessen sind die Wahrscheinlichkeitsgründe im Ganzen unstreitig für die Annahme des längeren Vorhandenseyns der Waldenser in jenen Thälern, vor der Ankunft ihrer Brüder von Lyon. Wenn gleich bestimmte Zeugnisse für das Fortleben des gläubigen Häufleins in dem langen Zeitraume zwischen CLAUDIUS Von Turin und PETRUS VALDO innerhalb des Gebietes der Thäler uns abgehen; wenn gleich andere Ketzersekten während dieser Zeit verfolgt wurden, und es mithin

auffallen muss, dass man unsere piemontesischen Waldenser ruhig liess: so hat doch diese Annahme keine innere Unwahrscheinlichkeit. Sie konnten sich wohl halten, so lange sie sich einsam und ruhig verhielten, wie das spätere Beispiel ihrer Glaubensbrüder in Calabrien lehrt. Es könnte diess nur dann Zweifel erregen, wenn nur waldensische Schriftsteller, wie z. B. LEGER, den man nicht

13) In der Stadtbibliothek zu Genf sah ich überdem einen anderen litarg. Codex im provençal, Dialekt, den man für einen waldensischen hält, nach Schriftcharakter aus dem 12. Jahrhundert, in zwei Columnen. Von dem Genfer wird eine Copie im Archive des neugegründeten waldensischen Hospitals zu la Tour aufbewahrt,

14) Dena es heisst dort ausdrücklich: „Es sind tausend und hundert Jahre verlossen, dass geschrieben worden ist, welches die letzte Zeit wyn werde."

Ben ha mil et cent an compli entierement Que fo scripta Lora, que sen alderier temp. 15) Illi dison quel es Vaudes e degne de murir.

« ¡è͹˹éÒ´Óà¹Ô¹¡ÒõèÍ
 »