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VI.

Die Todten unter den Lebendigen

oder

über das Begräbnisswesen der Franzosen.

Beobachtungen beim Anblick von St. Denys und Père la Chaise.

,,Aus der Behandlung der Todten

erkennt man die Lebenden,“

Die Franzosen denken nicht gern an den Tod, ausser für den Ruhm und die Ehre ihres Vaterlandes. In diesem Falle scheuen sie ihn nicht. Das sogenannte „Bette der Ehre ist in Frankreich erfunden. Niemals fehlt ihnen Muth, wenn ein grosser Anführer sie begeistert. Die Franzosen sind des Höchsten und des Niedrigsten fähig. Man könnte behaupten, dass das eigentlich Christliche ihnen fehle, und von der Menge mag diess gelten. Indessen haben sie doch einen gewissen Sinn für das Zärtliche, Innige und Hingebende, was zu Aufopferungen fähig und stark macht. Diess lässt sich besonders vom weiblichen Geschlechte sagen. In den Provinzen ist noch ein guter Halt und Kern. Die sogenannten Rosenfeste, an welchen tugendhaften Jünglingen oder Jungfrauen Prämien oder Aussteuern zuerkannt werden, sind ein Beweis, dass man das emporstrebende Verdienst mit einer gewissen schwärmerischen Anerkennung ehrt. Dieser schwärmerische Zug findet sich auch in den Gebräuchen der Begräbnisse.

Zwar ist das katholische Ceremoniell dabei oft kalt und mechanisch, aber die Franzosen wissen auch in die Bestattung ihrer Todten einen Genuss zu bringen. Man erzählt sich öfter von romanhaften Aufopferungen, z. B. eines jungen Sohnes über der Leiche seines Vaters. Der Heroismus der Aufopferung wird ja auch in Schauspielen und Vaudevilles reichlich genährt.

Die Kirchhöfe sind in Frankreich fast durchaus in Ge

stalt freundlicher Gärten. Man lustwandelt darin grossen'theils mit heiteren Ansichten über Tod und Wiedersehen. Das Fest Allerseelen (2. Nov.) wird auch in Frankreich auf den Kirchhöfen der Geliebten hingebracht. In Turin, das ja nach Sitte und Lebensweise fast ganz französisch ist, erlebten wir diesen in der katholischen Welt so merkwürdigen Tag. Die Strasse nach dem Hauptkirchhofe war zur Rechten wie zur Linken des Weges auf das Allerreichlichste mit Krüppeln und Bettlern aller Art besetzt, welche auf die Mildthätigkeit des Königes und des Publikums harreten. An diesem Tage nämlich schickt man vom Hofe Bediente mit Säcken voll Kupfer- und kleiner Silbermünze, welche als Allmosen unter das Volk ausgetheilt wird. Auch das Publikum ist dann zur Wohlthätigkeit gestimmter, als an jedem anderen Tage, weil es für seine Todten, deren ewiges Heil und baldigste Erlösung aus dem Fegefeuer betet. Dann gehet wohl Manchem das Herz auf, dem es sonst nicht so leicht aufgehet. Man schickt Gebete zu Gott über den Gräbern seiner Todten. Aehnlich geht man auch in Italien und Sicilien an diesem Tage auf den Gräbern hin und her, indem das Volk, bei dem Mangel äusserer Kennzeichen, oft nicht einmal die Stätte der Begrabenen genau weiss.

Da wir überall Anschauung und Erfahrung lieben, so glauben wir über diesen Gegenstand nicht besser sprechen zu können, als durch Mittheilung unserer Exkurse nach St. Denys und Père la Chaise. Denn diese zwei Orte sind die Nationaldenkmale der Franzosen für die begrabene Vergangenheit.

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Ich besuchte St. Denys 8) mit meinem Freunde dem Baudirector GEUTEBRUECK aus Leipzig. Wir setzten uns in einen Coucou für zwölf Sous, an dem Thore von St. Denys, wohl eingeklemmt mit vielen anderen Passagieren, und fuhren die breite, mit Linden besetzte Allee, die ausser dem Montmartre mit seinen Windmühlen zur Rechten nichts. Interessantes darbietet. In weniger denn Einer Stunde waren wir dort. Unverzüglich gingen wir nach dem Dom, und beschaueten zuerst die nach den Thürmen nicht ausgebauete Façade.

Die Darstellung über der Thür ist aus der Geschichte der Madonna im byzantinischen Geschmack. Die Wolken zeigen sich noch völlig roh, im ersten Bruche gearbeitet. Die Thürbögen sind oval. - Die Kirche ist von dem imposantesten Eindrucke im Inneren, fast im deutschen Style, mit drei Schiffen und einer geräumigen Seitenkapelle. Im Grundrisse gleicht sie der Kirche Notre Dame in Paris. Der zweite Thurm ist nicht ausgebauet, und hat eine Gallerie stått des Spitzdaches.

Im Inneren der Kirche sind zur Rechten und Linken des Eintritts zuerst zwei Gräber. Zur Linken wahrscheinlich LUDWIG DER HEILIGE, zur Rechten eine Königin, dessen Gemahlin. Auf dem ersten Grabmale Basreliefs aus dem Leben des Königs. Sein Gang durch's Fegefeuer, seine Plagen und Leiden, endlich seine Erhebung zum Himmel, in einem Tuche, sieht man dargestellt.

Unter den Gestalten, die ihn auf der Barke im Styx beängstigen, finden sich Menschen mit Hunden und Affenköpfen. Weiterhin gegen das Ende des Schiffs der Kirche zur Rechten und zur Linken einige noch wohlaussehende Grabmäler, entweder von dem Vandalismus wirklich verschont, oder stark restaurirt. Ich möchte das letztere glauben.

Beachtenswerth ist, dass die Könige fast ganz nackt, die Gemahlinnen sehr leicht bedeckt, auf den Sarkophagen

1) In St. Denys befindet sich auch das Erziehungshaus für die Waisen der Mitglieder der Ehrenlegion. Die Innungsmeister hörte ich einigemal in St. Denys und auch in Paris bourgeois (Bürger) nennen, Es ist dies gleichsam technischer Ausdruck.

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ruhen, in schönen Marmor gehauen. Hierin kann sich nicht allein tiefe Kunde der Anatomie von Seiten des Künstlers verherrlichen, sondern liegt zugleich ein tiefer Eindruck für Gemüth, indem dieselben Fürsten oberhalb des Monumentes knieend im königlichen Schmucke dargestellt werden.

Es sind Ludwig XII., Franz I. und ein dritter Unbekannter mit ihren Gemahlinnen.

Franz I. hatte hier das Fade weniger, was mich sonst an der Darstellung des chevaleresken Monarchen abgestossen hat. Seinen grossen Sinn für die Kunst bezeugt unter andern das vielbewegte Leben des BENVENUTO CELLINI, dem er Gönner ward.

Die grossen Fensterrosen zur Linken und zur Rechten sind mit vielem Geschmack gearbeitet.

Endlich stiegen wir in die unterirdischen Grüfte der gallischen Könige, unter Begleitung des feierlichen Portiers, der uns eine Zeit lang allein liess. Hier hat der Vandalismus der ersten Revolution wüthend gehaust. Die Gebeine sind zerstreuet worden in alle vier Winde aus den aufgerissenen Gräbern. Die Monumente wurden stark verletzt, dann nach Paris gebracht, wo man sie restaurirte oder auch ganz neue an die Stelle der zertrümmerten setzte. Es sind die Karolinger, die Linie HUGO CAPET, die BOURBONS, die Kinder LUDwig des HeilIGEN U. s. w.

Bei dem Scheine einer Lampe sahen wir auch im kleinen Raume die einfachen, schwarz ausgeschlagenen Särge des letzten PRINZEN VON CONDÉ und seines Sohnes, des HERZOGES VON BOURBON.

Die königl. Gruft mit den Ueberresten LUDwig XVI., MARIE ANTOINETTE'S, LUDWIG XVIII., des HERZOGES VON BERRY U. s. w., im Ganzen von acht Personen, war verschlossen. Nur ein ausserordentlicher Befehl des Königs öffnet sie.

NAPOLEON Wollte hier für seine von ihm geschaffene Dynastie eine Familiengruft gründen. Die Zeit und der Rath der Zeiten hat es anders beschlossen.

Die Monumente sind meistens in rohem Style gearbeitet. Die Gesichtsbildungen haben nicht Characteristisches genug und gleichen einander

Nach der Rückkehr, die wir in derselben Weise auf der breiten Strasse von Rouen antraten, entschlossen wir uns noch, den Père la Chaise zu besuchen. Die Aussicht über P. war diesmal an einzelnen Orten treflich, der Nebel geringer.

Père τα

Chaise.

Der ideenreiche Ort ladet immer aufs Neue zur Betrachtung ein. Alles ein unermesslicher Garten. Das Immergrün der Cypresse und des Fichtenholzes, die Frische der gelbgrünen Immortellen verleihen diesem Heiligthum der Gedanken den eigenthümlichsten Reiz. Christliche Gedanken findet man indess sehr wenige in diesem Friedhof; alle Innschriften, die ich sah, tragen mehr die Farbe weltlichen Ruhmes und der ihm gezollten Bewunderung, als der Welt überwindenden Treue.

ABAELARDS und HELOISE'S Denkmal zur Rechten des Einganges ist stets mit frischen Blumen geschmückt. Die langen französischen Innschriften an dem kleinen gothischen Tempel geben Auskunft über die Schicksale des kleinen Monumentes. Sentimentalität oder ächtes Gefühl ehren noch immer die Stätte der wohl ächten Reste der grössten Liebenden. Die Neugierde tritt durch das Gitter und glaubt den Resten näher zu seyn.

Gouvion St. Cyr, von DAVID, ein edles gehaltenes Gesicht, mir aus frühester Jugend von Dresden aus wohl erinnerlich. Die moderne Generalsuniform ist hier vom Meister glücklich durchgeführt. Die Statue in ihrer Stellung ist einfach würdig. Leider werden die Einflüsse der Witterung, denen sie offen stehet, ihr bald schaden. Die Grossen Napoleons liegen hier zerstreuet, er selbst fehlt ihnen. Wie schön wäre es, wenn seine Asche im Angesichte und über der Stadt ruhete, die er neu schuf durch die Macht seines Geistes.

SUCHET, Herzog von Albufera, ein Obelisk mit seinem Bildnisse verewiget sein Andenken, zugleich mit den Ña

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