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sich selbst sorgen, schon nach dem gemeinen Sprüchworte sei jeder sich selbst der Nächste. Was wolle man auch mit einem Zustande des Friedens und friedlichen Wechselwirkung 2), der doch niemals laut dem Zeugnisse der Geschichte und der rückwärts weisenden Erfahrung eintreten könne. Leset die Blätter der Geschichte, rufen uns laut und entschieden jene Gegner zu, 'und überall findet ihr Kampf und Gegenkampf, Licht und Finsterniss, Recht und Unrecht, Laster und Tugend. Das ist das grosse Einerlei der Weltgeschichte, das sich auch in dem Leben jedes Einzelnen zeigt, das ist der Knäuel des Schicksals, der sich unaufhörlich auf- und abrollet, verwirret und entwirret. Christus und Belial liegen im Streite, aber das Ende dieses Streites, der so alt ist als die Welt, lässt sich nicht absehen 3). Die Zeiten des Friedens sind vorübergehend, nach

2) Der ewige Friede sei ein Phantom. So sagen die Spötter und Weltklagen, und so scheint jeder mitsprechen zu müssen, der das Leben kennt. Gleichwohl ist er eine Aufgabe der reinen Vernunft, und wird durch das Christenthum empfohlen. Diese Antinomie der Vernunft und Erfahrung lässt sich nur dadurch beseitigen, dass man nicht auf das siehet, was ist, sondern auf das, was noch werden kann. Und etwas friedlicher sind die Zeiten doch gewiss, wenigstens äusserlich geworden. Auch solches ist schon ein Gewinn. Denn, die Gesittung ist ein Anfang und Vorspiel zur Gesinnung.

3) Doch auch nach dem Parsismus gewinnt Ormuzd zuletzt die Oberhand. Die christliche Lehre von der Wiederbringung aller Dinge (unоxaTáorαois töv яártov) enthält implicite, dass der Zustand des Paradieses, wo sich alles Verlorene wiederfinden werde, am Ende der Tage zu erwarten sei. Selbst Göthe's Faust deutet diesen Kreislauf an; nachdem sein Held alle Stufen unseres Lebens vom höchsten Glanze bis zur Versunkenheit im gemeinsten sinnlichen Schmutze durchgangen, gelangt er endlich zur Läuterung und zur Versöhntheit mit Gott. Das menschliche Leben sollte in diesem grossartigen Gedichte ausgemessen werden. Im zweiten Theile stellt sich das Leben am Hofe dar, in Saus und Braus, in Verwirrung und Mängeln in der Maskerade aller Gaben und Laster des Lebens. Das Wort des Mephistopheles im ersten Theile,,wir sehn die kleine, dann die grosse Welt" erfüllt sich hier zum anderen Theile. Noch ist der Knoten nicht gelöset, daher am Schlusse: „ist fortzusetzen. “ Faust erwacht im Anfange des zweiten Theiles mit neuem Lebensdrange, mit frischer Lebenslust. Mephistopheles gaukelt dem Kaiser vor, und ergötzet so

dem Zeugnisse der Jahrhunderte findet ihr in ihnen eben so viel Kriegserklärungen als Friedensschlüsse, eben so viel häuslichen Zwist und Unfrieden, als Eintracht und Liebe unter den Menschen. Ein Sinken und wieder Aufsteigen findet sich überall, und solches scheint das Loos unseres Geschlechtes zu sein 4). Auch liegt darin ein Gesetz der

Faust in der zweiten höhern Sphäre des Lebens. Die Wegnahme des Faust am Schlusse des ersten Theiles ist daher noch nicht zur Verdammniss und zum Dienste der Hölle, sondern zu einem zweiten Curse durch eine andere Gattung des Lebens. Ein christliches Moment ist es aber sicherlich, dass Gretchen, als das unschuldige Opfer, durch ihren guten Engel gerettet wird. Faust also (der des ersten Theiles) ist in der That ein Fragment, der Tragödie erster Theil. Der Sieg der Christlichkeit nach Durchwanderung aller Gebiete des Lebens ist unstreitig die Krone des Ganzen, und die, welche diesem Gedichte, in seiner Gesammtheit angesehen, die Christlichkeit absprechen, wissen in der That nicht, was sie thun und sind wegen ihrer Kurzsichtigkeit zu beklagen. Kein Werk neuerer Zeit hat so viel Schulen der Auslegung gebildet, als dieses, und es ist in dieser Beziehung aus dem Alterthume nur mit Homer und dem N. T. zu vergleichen. S. Briefe eines Verstorbenen. 2. Aufl. 1831. II. 28.

4) Die bekannte Hypothese, dass sich unser Geschlecht in bald aufbald niedersteigenden wellenförmigen Linien und also doch zuletzt in einem Kreise bewege. Diese Meinung hat indess etwas so Trostloses und Unbefriedigendes, dass sie wohl jedem gesunden Geiste widerstehet. Alles scheint demnach nur das muthwillige und launenhafte Spiel eines bösen Dämons zu werden. So urtheilen nur diejenigen, welche einen Rückschritt des menschlichen Geschlechtes zum Schlechteren nach den bekannten Worten des Dichters (Horat. Od. III. 6. 45—48.):

Damnosa quid non imminuit dies?

Aelas parentum, pejor avis, tulit
Nos nequiores, mox daturos
Progeniem vitiosiorem.

zu behaupten sich scheuen, und einen Fortschritt unseres Geschlechtes zum Besseren eben so wenig heraus- und anerkennen mögen. Sie schweben in einer traurigen, haltungslosen Mitte, die alle Freudigkeit rauben, und nach und nach auch die sittlichen Fonds zerstören muss, wenn deren überhaupt da gewesen. Die Idee des Fortschritts ist der menschli– chen Natur tief eingeprägt, und kann eben darum kein Traum sein. Aber auf Geheimnisse stossen wir überall, vor welchen nur der Glaube rettet. Wehe dem, der den Schleier beschmutzet, den er nicht zu lüften vermag.

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natürlichen Welt, in welcher sich die Stoffe anziehen und abstossen: die grosse Ordnung des Vorhandenen besteliet nur durch diesen Widerstreit, und einiget sich zuletzt nur, um sich zu neuen Kämpfen zu rüsten.

Was aber die Hoffnungen der Christen anlangt, so fahren jene hohen Denker oder auch entschieden Ungläubigen, fort zu sprechen, gelinder der Zweifler, so sind sie ja unsicher und trügerisch. Niemand möge die Erde verlieren, um den Himmel einzutauschen, denn jene ist unser Schauplatz und unser Wirkungskreis; dieser ist eine Sache der Einbildung und des Wahnes 5). Auflösung und Tod

mit deren Folgen drohen uns Allen, unsere Bestandtheile
werden zerstreuet, verflüchtiget, zu neuen Bildungen ver-
braucht; aber die persönliche Fortdauer ist etwas Unglaubli-
ches, eingegeben von der Einbildung, von der Selbstliebe und
Selbstsucht, die nur sich kennen, die sich wehren und weigern in
das All zurückzukehren, aus dem sie geflossen sind. Beruft
man sich doch selbst auf den edlen Dichter, welcher sage:
Du hast gehofft, Dein Lohn ist abgetragen,
Dein Glaube war Dein zugewogenes Glück:
Du konntest Deine Weisen fragen;

Was man von der Minute ausgeschlagen,
Giebt keine Ewigkeit zurück.

Sie wiederholen wohl auch den Spruch jenes Reichen im Evangelio: iss und trink, liebe Seele, und sei fröhlich, denn du hast im Ueberfluss, du weisst nicht ob du morgen stirbst. Diese Sprache, meine Freunde, ist nicht bloss oft gehört, sondern von Denkern und denen, die wir Weltkinder nennen, sogar in Zusammenhang und in eine Art von Gewebe und Regel gebracht worden. Sie erfüllte im gepriesenen Alterthume den Sinn Vieler, welche für das Vaterland zwar Grosses vollbrachten, aber das Band der Einheit

5) Wer die Welt kennt, wird diese Sprache öfter hören, als er selbst sich überreden möchte. Ein Zeichen der Zeit ist auch, welche Gattung von Büchern am liebsten und eifrigsten gelesen werden, sicherlich die am meisten epikuräischen und glaubenslosesten, welche das Leben von der leichtesten und materiellsten Seite darstellen. Es ist eine gewisse Classe von Lesern gemeint. Wer Augen hat zu sehen, der sehe.

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in Christo nicht kannten, und die Ahnungen der unsicht baren Stadt Gottes und des ewigen Gottesreiches zu den unerwiesenen Träumen einer kranken Einbildungskraft zählten. Ihr wisset auch, dass Manche, vielleicht Viele unter uns, die nur diese Tempel des Herrn nicht zu besuchen pflegen, solche Lebensansichten theilen, wenn sie auch dieselben öffentlich auszusprechen aus einem Ueberreste von Scheu und Ehrfurcht für das Allgemeine, oder gar aus Selbstverachtung Bedenken tragen. Leider, meine Freunde, der Unglaube und die Zweifelsucht sind noch weit verbreitet, vielleicht sogar tief gewurzelt unter uns, aber auch mit allen bitteren Früchten, welche das Böse und Unrechte in seinem Gefolge hat. Das christliche Leben beruhet als auf seinem wesentlichen Boden auf dem guten Grunde des Glaubens und der Hoffnung, wo aber dieser wankend ist, da vermag kein vor Gottes Augen erfreuliches Gebäude aufgeführt zu werden; das was von guten Entschlüssen und äusserlich schätzbaren Handlungen sich hervorthut, ist eine todte, taube Blüthe ohne innern Lebenssaft, unfruchtbar in sich selbst, die daher auch keine Früchte aus sich hervorzutreiben vermag. Das Leben wird sodann ein Trieb und Räderwerk der Selbstsucht, der Klugheit, der Berechnung, hin und her wogender Leidenschaften. Wir läugnen nicht, dass uns oft im Leben mitten in dessen Stürmen das Gefühl ergreife, dass dem so sei; aber fragen wir weiter, ist dieses der Standpunkt, den der Christ einzunehmen hat, soll nicht das Salz der Erde diese wüsten Massen gemeiner Selbstsucht, Rohheit, niedriger Begierden und Feindselig. keiten durchdringen, in etwas Edleres und Besseres umgestalten? Und ist solches eine Aufgabe, meine Freunde, die von unserem Inneren aufgestellet wird und sich stets in ihrer Wichtigkeit von Neuem darstellt, so oft sie auch von der Gegenwart und den Mitlebenden verkannt wird, können wir sie niemals verwischen aus unserer Seele, so oft auch diese betrübt wird durch die Missklänge der Gegenwart, in dem schönen Einklange des Alls, den sie ahnet, durch die Zerrbilder des Urbildes der Wahrheit, Güte und Schönheit, das sie in ihren geheimsten Offenbarungen schauet?

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Und sodann fragen wir uns weiter: ist dieser erhabene Gegenstand, diese schöne Sache, der Wunsch unserer Herzen in der Wirklichkeit Niemals vorhanden gewesen, dass wir aus ihr keine Kraft, keinen Muth, keinen Trost schöpfen können für die Zukunft?

SO

Sehet da, meine Freunde, zwei Fragen, welche zu wichtig sind, als dass wir deren Beantwortung, zumal bei der Beschaffenheit unseres heutigen Textes, auszuweichen vermöchten. Die Worte des Apostels, die ich euch heute mitzutheilen habe, führen recht eigentlich und tief in das christliche Leben ein, dessen Verwirklichung die Hauptaufgabe seines Daseins war, für dessen Blüthe er alle Arbeit und Mühe verwendete, auf Ruhe, weltliche Freude, weltliches Behagen verzichtete und nur den Frieden und die Freude im heiligen Geiste, die ach so vielen unter uns unbekannt und eine Thorheit ist und doch keinem völlig unbekannt sein sollte, suchte und fand. Der Herr verleihe Segen dieser Stunde, dass wir durch den Geist seines grossen Apostels lernen, das Kleinod der Christen erkennen, schätzen und bewahren in einem feinen Herzen. Wir bitten ihn darum im stillen Gebet u. s. w.

Text: Eph. 5, 1–9.

Die vorgelesenen Worte, meine Freunde, geben uns dentlich die Hauptstücke des christlichen Lebens an, wie es sich der Apostel aus den Tiefen seiner Seele gebildet hatte. Soll uns diese Rede verständlich sein und Frucht bringen in der Liebe, so wird es entsprechend sein, den Satz uns zu stellen und durchzuführen:

Die Erneuerung des Lebens der Christen sei kein nichtiger Traumwunsch, sondern eine unabweisliche Mahnung.

Lasset uns diese Wahrheit von gedoppelter Seite betrachten, zuerst von der geschichtlichen, sodann von der Seite der inneren Erfahrung, so dass wir

einmal behaupten, dieses Leben sei mehr als einmal laut der Geschichte in der Wirklichkeit vorhanden ge

wesen,

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