Die Braut von Corinth. Nach Corinthus von Athen gezogen Töchterchen und Sohn Braut und Bräutigam voraus genannt. Aber wird er auch willkommen scheinen, Wird oft Lieb' und Treu’ Wie ein böses Unkraut ausgerauft. Und schon lag das ganze Haus im Stillen, Eh' er es verlangt: So versorgend wünscht sie gute Nacht. Aber bei dem wohlbestellten Effen Als ein seltner Gast Sich zur offnen Thür herein bewegt. Denn er sieht, bei seiner Lampe Schimmer Hebt sie, die erschrict, Mit Erstaunen eine weiße Hand. Bin ich, rief sie aus, so freind im Hause, Auf dem Lager dort, Und ich gehe schnell, so wie ich kam. Bleibe, schönes Mädchen! ruft der Knabe, Liebe, tomm und las Laß uns sehn, wie froh die Götter sind. Ferne bleib', o Jüngling! bleibe stehen; Ich gehöre nicht den Freuden an. Schon der lehte Schritt ist ach! geschehen, Durch der guten Mutter kranken Wahn, Die genesend schwur: Jugend und Natur Sey dem Himmel fünftig unterthan. Und der alten Götter bunt Gewimmel Hat sogleich das stille Haus geleert. Unsichtbar wird Einer nur im Himmel, und ein Heiland wird am Kreuz verehrt; Opfer fallen hier, Weder Lamm noch Stier, Aber Menschenopfer unerhört. Und er fragt und wäget alle Worte, Unfrer Våter Schwur Hat vom Himmel Segen uns erfleht. Mich erhältst du nicht, du gute Seele! Die sich liebend kränkt; In die Erde bald verbirgt sie sich. Nein! bei dieser Flamme sey's geschworen, Gütig zeigt sie Hymen uns voraus; Bist der Freude nicht und mir verloren, Kommst mit mir in meines Vaters Haus. Liebchen, bleibe hier! Feyre gleich mit mir Unerwartet unsern Hochzeitschmaus. Und schou wechseln sie der Treue Zeichen; Doch, ich bitte dich, Eine Locke gib von deinem Haar. Eben schlug die dumpfe Geisterstunde Und nun schien es ihr erst wohl zu seyn. Gierig schlürfte sie mit blasfem Munde Nun den dunkel blutgefärbten Wein; Doch vom Weizenbrot, Das er freundlich bot, Nahm sie nicht den kleinsten Bissen ein. Und dem Jüngling reichte sie die Schale, · Wie er immer fleht, Bis er weinend auf das Bette sank. Und sie kommt und wirft sich zu ihm nieder: Aber, ach! berührst du meine Glider, Fühlst du schaudernd, was ich dir verhehlt. Ist das Liebchen, das du dir erwählt. Heftig faßt er sie mit starken Armen Liebesüberfluß! Brennst du nicht und fühlest mich entbrannt? Liebe schließet fester sie zusammen, Thränen mischen sich in ihre Lust; Gierig saugt sie seines Mundes Flammen, Eins ist nur im Andern sich bewußt. Seine Liebeswuth Wärmt ihr starres Blut, Doch es schlägt kein Herz in ihrer Brust. Unterdessen schleichet auf dem Gange, Bräutigams und Braut, und des Liebestammelns Raferey. Goethe's Werke. I. Bd. 15 |