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dem nüchternen Verstandeskritikus als sinnlose Phrase erscheint, wovon ja Proben in alter und neuer Zeit reichlich zu finden sind. Wird der Regen lästig, so daß das Kind nicht hinausgehen darf, so sagt es:,,Eischer (unartiger) Regen, Regen dau dau (Schläge) haben muß!" Und dasselbe kleine Mädchen brach, wie es, drei Jahre alt, ein Medaillon mit dem Bilde ihrer verstorbenen Mutter öffnete und auf das Glas hinwies, in die Worte aus: „Klein Fenster, nich? Kann Mama immer ausgucken, nich, Papa?"

Die Negerin, die es in einer illustrierten Monatsschrift sieht, wird natürlich mit dem Ausruf des unwilligen Erstaunens über die Unsauberkeit mit ,,äxe-bäxe" begrüßt und soll ins Wasser hineingelegt werden u. s. f. u. s. f. Schon reifer und kühner ist es, wenn die Fünfjährige beim Gewitter erklärt, der liebe Gott reiße aber auch gar zu viele Streichhölzer da oben an, und hernach, als das Blitzen vom gewaltigen Regen abgelöst ward: „O Papa, im Himmel ist die Wasserleitung geplatzt". Aber auch was es in sich selbst erlebt, deutet das Kind als ein Leben voll Willen; der Hunger ist ein Wurm, der im Magen beißt; auch die innere Stimme des Gewissens wird personifiziert und -- lokalisiert. So sagte mein dreijähriger Bube, offenbar im Anschluß an eine Erklärung, die tags zuvor der Schwester von dem Gewissen gegeben war: „Ich habe doch einen guten Geist in meinem Magen, Mutter!?" und dann weiter erklärend: „Der gute Geist sagt: thu's nicht!" und der böse ,,thu's grad!"

Wenn das Kind Gegenstände oder Tiere benennt, so wird es dies nach einem bestimmten Merkmal thun und dieses auf das Ganze übertragen, so wird der Name ein Symbol, ein Zeichen. Wenn es also den Hund,,wau-wau“, die Katze,,miau“, die Kuh ,,muh-muh", den Hahn,,kikeriki" u. s. w. nennt, so findet also eine Synthese des Schalles und des sprachlichen Lautes statt, es wird also aus der Welt der Sinne (des Gehörs) direkt in die Welt des sprachbildenden Geistes übertragen, und dieser setzt den charakteristischen Eindruck des Dinges metaphorisch für das Ding selbst. Dies ist ein überaus wichtiger Prozeß in der Sprachbildung. Und so führt uns die Betrachtung des Metaphorischen in der kindlichen Phantasie von selbst in die schöpferische Wirkung desselben in der Sprache.

Zweites Kapitel.

Das Metaphorische in der Sprache.

Die Sprache ist durch und durch symbolisch: das Wort ist ein Sinnbild des Innenlebens, ein Abbild des Empfundenen, ein Lautbild des Vorstellungsbildes; die Sprache teilt die formale Ausprägung einer Empfindung, eines Gedankens mit der Kunstschöpfung,1) so daß auf der Höhe der Sprachentwickelung das Wort Goethe's gilt (Einl. in die Propyläen): „Indem der Künstler irgend einen Gegenstand der Natur ergreift, so gehört dieser schon nicht mehr der Natur an, ja man kann sagen, daß der Künstler ihn in diesem Augenblick erschaffe, indem er ihm das Bedeutende, Charakteristische, Interessante abgewinnt oder vielmehr erst den höheren Wert hineinlegt." Die Sprache ist durch und durch metaphorisch: sie verkörpert das Seelische, und sie vergeistigt das Körperliche, sie ist ein analoges Abkürzungsbild alles Lebens, das auf einer Wechselwirkung und innigen Verschmelzung von Leib und Seele beruht; das Wort ist sinnlich wahrnehmbares Innenleben geworden; das Äußere ist verinnerlicht, und das Innerliche ist zu einem Äußerlichen gestaltet. Die Sprache ist also der gegliederte Ausdruck des Gedankens durch Laute; sie ist eine Fähigkeit der geist-leiblichen Natur des Menschen, die Ausstrahlung derselben inneren Mächte im Menschen, aus denen die Religionen, das Recht und die Sitte mit der Sprache eine wunderbare Einheit bildend erwuchsen.2)

1) Vgl. Gerber, die Sprache als Kunst Bd. I.

2) Vgl. v. d. Gabelentz, die Sprachwissenschaft S. 3 u. 15; wie die Sprache den Charakter wiederspiegelt z. B. S. 393 ff. 407.

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Die Sprache", sagt Herder, „gebar sich mit der ganzen Entwickelung der menschlichen Kräfte". So ist sie in ihrer geheimsten Wurzel ebenso rätselvoll wie der Ursprung des Lebens selbst; denn was ist sie anderes als Ausstrahlung des Lebensgefühls, was anderes wird zu ihrer allmählichen Fortentwickelung aus einer Sprache der Empfindungslaute und Interjektionen und Gebärden zu einer lautbildlichen, symbolischen und metaphorischen mehr beigetragen haben als jener auf der Harmonie unseres inneren und äußeren Lebens, auf der Ineinsbildung von Organ und Empfindung beruhende Drang, die Thätigkeit, die Anspannung der Muskeln und die Erregung der Sinne mit Lauten zu verbinden und endlich diese als Zeichen von jenen zu verwenden, Lautbild und Wahrnehmungsbild (im weitesten Sinne) metaphorisch zu vertauschen? So werden die Laute Zeichen wiederholter Handlungen, wiederholter in eins gefaßter Sinneswahrnehmungen, entstehender Begriffe d. h. eben in der Erinnerung festgehaltener und aus der Vielheit auf Eins reduzierter Wahrnehmungsbilder; denn im Urdenken beruht alles auf Anschauung, auf der Thätigkeit der Einbildungskraft, kurz auf schöpferischer Phantasie. Und deren lebensvolle Bethätigung ist das Metaphorische.

Schon Quintilian sagt (inst. or. IX 3,1) paene iam quidquid loquimur figura est; und so sind auch alle Wörter in Bezug auf ihre Bedeutung an sich und von Anfang an Tropen (Gerber I, S. 333). Es ist grundverkehrt, der eigentlichen Bedeutung die uneigentliche als bildliche gegenüberzustellen; denn was dem unwissenden Menschen als eigentlich erscheint, ergiebt sich für den Forscher als durchaus bildlich. Streng genommen, darf man auch nicht von einer sinnlichen und unsinnlichen Bedeutung sprechen, sondern nur von einer bildlichen, welche ebensowohl zur Bezeichnung von sinnlichen wie von unsinnlichen Begriffen dient. Mit Recht freilich hat Locke schon erkannt, daß im historischen Laufe der Sprachentwickelung alle Wörter, welche geistige Begriffe bezeichnen, durch Metaphern von Wörtern, welche Ideen der empfindbaren Welt ausdrücken, herzuleiten sind. So sagt auch Grimm (D. Gr. II. S. 84): „Die sinnliche Bedeutung erscheint früher, die geistige später. Nur war aber jene weder rohleiblich, noch diese dürr verständig; beide hält und hielt ein geheimer Zug verbunden; zuerst wuchs das Sinnliche; in ihm

schlummerten die Begriffe, aus ihm erwachten sie nach und nach." Und worauf anders beruht dieser Wandel der sinnlichen zu der geistigen Bedeutung als auf einer Analogie? Leise wird die. Seele von dieser im Menschen so gewaltig wirkenden Macht getrieben, den Vorgang im Bewusstsein einem Wahrnehmungsbilde der Körperwelt an die Seite zu stellen, und so setzt man das lautliche Bild für dieses auch für jenen. Wie ungemein charakteristisch ist es, dass alles Erkennen, das Auf und Ab der Gedanken in den verschiedenen Sprachen als Bewegung gedeutet wird und so die metaphorischen Wendungen entstehen: fassen, begreifen, wahrnehmen, urteilen, sich vorstellen, zum Gegenstande machen, entscheiden, agere, cogitare, volvere, versare, statuere u. s. f. So wird auch jenes Agens unseres Inneren benannt mit Hülfe von Wurzeln, welche ein analoges Bild darbieten: póyev blasen, atmen, pox Hauch, Atem, Seele; sanskr. an = wehen, avepos Hauch, ἄνεμος animus; - brausen, dopóc; siv bewegen, osie erschüttern, goth. saivala, ahd. sêla, Seele; gust angels. blasen, goth. geisjan bewegen, treiben; früher geisten blasen, so ist auch,Geist' bewegte Luft, Hauch, spiritus, hebräisch nefesch. Aus allen Sphären der Erfahrungswelt übertragen wir die mannigfachen Erscheinungen zur Umschreibung und Deutung des Geistigen; wir sprechen von Stimmung der Seele, von Wärme der Gesinnung, von Festigkeit des Charakters, von Lauterkeit des Herzens, von Herbheit des Sinnes, von Bitterkeit, Trockenheit, Wetterwendigkeit, von schwüler Leidenschaft, gährendem, kochendem, glühendem, aufbrausendem Zorn, von rosiger Laune u. ä. m.

ψύχειν

Alle Wurzeln bezeichnen ursprünglich ein sinnliches Lautbild; sie sind alle bildlich; und es wohnt ihnen die Kraft inne, sich zu differenzieren nach dem Äusseren oder nach dem Inneren; wären. wir uns nur immer der ursprünglichen Bedeutung der Wörter bewußt, so würden wir sie sämtlich als metaphorisch erkennen; wir würden nicht sagen, das „Haar" der Bäume sei eine Metapher für „Laub", sondern wir würden wissen, daß ,,Laub" nicht minder metaphorisch ist das Deckende, der Schmuck. Die staunenswerte Erscheinung, wie die Sprache mit verhältnismäßig wenig Wurzeln auskommt zur Bezeichnung der reichen Erscheinungswelt, würde ein völliges Rätsel sein, wenn nicht statt der Neuschöpfung die Übertragung des Vorhandenen stattfände, wenn nicht nach dem

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Gesetze der Analogie die schon gegliederten Lautbilder für die ähnlichen Verhältnisse verwandter Sphären gebraucht würden. Die Ideenassociationen gleichen Anziehungskräften, denen der sich selbst überlassene Geist wie v. d. Gabelentz treffend bemerkt sobald er in ihren Bereich kommt, folgen muß, wie der schwimmende Magnet dem Eisen; auch in der Verkettung der Vorstellungen und Gedanken waltet Sympathie, Apathie, vielleicht auch Antipathie.

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Wie sehr aber immer nur wieder der Mensch das Maß der Dinge ist, das zeigt auch der von der neueren Sprachforschung bestätigte Satz, daß menschliche Thätigkeit der letzte Begriffsinhalt aller echten Sprachwurzeln ist, aus denen die uns bekannten Sprachen hervorgegangen sind. Und was ist auch natürlicher, da ja eben die Thätigkeit es sicher am ersten war, welche den Laut erzeugte als Begleiterscheinung oder als Reflex der Muskelspannung oder der inneren Empfindung? Und da die Wörter nicht die Dinge selbst, sondern nur die Bilder dieser, wie sie sich in unserem Geiste erzeugen, bezeichnen oder wie W. V. Humboldt sagt die durch den Geist in der Spracherzeugung selbstthätig von den Gegenständen gebildeten Begriffe darstellen und auch immer nur wieder einen einzelnen, charakteristischen Eindruck statt des Gesamtbildes der Wahrnehmung (wie ai Faultier, Bouc bos Kuh, Gauch statt Kuckuck und alle ähnliche Onomatopoeie wie Kikeriki, Kuckuck), so ist klar, daß die Wurzeln Bilder, Symbole für die wichtigsten Thätigkeiten der Erscheinungen werden, um diese selbst zu charakterisieren. So wird der Stein ein Schneidender, der Zahn ein Mahlender, Esser, der Fluß ein Läufer oder der Rauschende oder der Pflüger, der Wolf der Zerreißer, die Schlange die Kriechende, der Elefant der Zahn habende, der Mond der Messer, das Morgenrot der Erwecker, der Donner der Brüller u. s. f. u. s. f. Max Mueller macht sehr anschaulich, wie mit einer Wurzel und Beibehaltung ihrer Grundbedeutung eine grosse Reihe von Wörtern aus den verschiedenen Sphären (d. h. doch nur auf dem Wege der Analogie, durch Metapher, Übertragung von der einen Sphäre auf die andere) gebildet wurden. Was ward nicht alles aus der Sanskritwurzel mar, welche die Thätigkeit des Zerreibens bedeutet! Krankheit und Tod und Krieg sind vor allem auflösende, zerbröckelnde Mächte; und so entstanden morbus und mort und Mars im Lateinischen, und mare als das

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