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drachens, dem der Gott das Haupt zerschmettert; der Bauer sagt noch heute: Uns' Herrgott smitt Brot in de Kisten oder hört Petrus mit den Englein Kegel schieben u. s. f.

Wie das Kind sieht der Naturmensch alle Erscheinungen nicht als ein Nicht-Ich, sondern als ein Ich neben dem seinigen an. Wenn ein Hindu an seinem Baume im Garten besonderes Interesse nimmt, so legt er alle seine Gedanken und Gefühle in ihn hinein und bemüht sich vor allem, ihm eine passende Frau zu werben. Der Brahmane muß die Einsegnung der Ehe celebrieren.1) Frigg nimmt Eide von Feuer, Wasser, Erde, Stein, Gewächsen, Tieren, ja von den Seuchen, daß sie Baldur schonen möchten, nur die Mistelstaude wird vergessen. Starb der Hausherr, so mußte dies unter den Germanen allem seinen Vieh, selbst den Bäumen, mitgeteilt werden.1) Der Südseeinsulaner leiht auch den Kokosnüssen eine Seele. Diese wandert in ihr Paradies nach der Insel Longia, und der dort wohnende Häuptling beklagt sich, daß er in Zeiten großer Festlichkeiten, wo viele Kokosnüsse gegessen werden, nicht schlafen kann, weil er stets das Krachen der Nüsse höre, die, wo sie irgend im Archipel verzehrt werden, sofort in ihr Paradies kommen.2) Die Kähne weckt man durch Trommelwirbel auf, wenn sie gebraucht werden sollen, und schläfert sie nach dem Gebrauch wieder ein3) u. s. w.

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Wenn Himmel und Erde Vater und Mutter der Welt sind, wenn Sonne und Mond als Geschwister gelten, wenn Eos eine rosige Göttin ist, wenn der Mond die Sonne fängt, so daß es finster wird, wenn die Nacht die Tage verschlingt (vgl. das Märchen vom Wolf und den sieben Gaislein), wenn die Sonne von dem Meere geboren wird, die Sterne die Kinder des Mondes sind, wenn die Milchstraße die Wohnung von Seelen oder die Straße der Vögel oder der weißen Elefanten ist, oder wenn der Himmelsgott die Wolken in rasendem Sturme vor sich hertreibt, wenn die Sternschnuppen entfliehende Seelen der Menschen sind u. s. f. u. s. f., so ist alles menschlicher Analogie entsprungen,

1) O. Sprenger, das Leben und die Lehre Muhammed's 1861 II 489.
1) Simrock, Deutsche Mythologie 1864 S. 599.

2) Waitz, Anthropologie VI 611.

8) Waitz, a. a. O. S. 684.

Die Beispiele bei O. Flügel a. a. O.

es ist das metaphorische d. h. menschliches Leben auf die Naturerscheinungen übertragende Schöpfung der Phantasie mit dem holden oder beängstigenden Wahne der Wirklichkeit. Gewiß hat Tylor (Anf. der Kultur I 286) recht, wenn er sagt: „In der homerischen Betrachtung des lebendigen persönlichen Helios lag etwas mehr und Tieferes als bloße Metapher," als „bloß expressive Redeweise gleich den phantastischen Metaphern eines modernen Dichters," als,,ein rhetorisches Gleichnis." Er hat recht, weil sich hier Glauben und ästhetischer Schein gegenüberstehen. Er hat aber unrecht, die gemeinsame Wurzel beider Anschauungsweisen zu verkennen und in dem Metaphorischen nur Fiktion, Trug und Rhetorik, anstatt eine wurzelhafte Anschauungsform im Dichten und im Denken zu erblicken. Denn worin anders beruht sein Animismus, die Belebung des Alls und aller seiner Erscheinungen, als in der anthropocentrischen Nötigung, die zum Metaphorischen treibt?

Wenn die Eskimos die Sterne im Oriongürtel die Verwilderten nennen und erzählen, wie diese als Seehundjäger den Heimweg verfehlt haben, wenn andererseits die Australier ebendort junge Männer einen Kriegstanz aufführen sehen u. s. f., so ist es klar, daß eben immer der Mensch die eigenen Verhältnisse auf das Fremde übertragen muß und wie sich die Anschauung derselben Erscheinung nach der Verschiedenheit des Geistes, der sie anschaut, individualisieren muss. Und zwar betrifft dies ebensowohl die immer wiederkehrenden Naturvorgänge, welche dann einen individuellen Ort, eine individuelle Zeit und einen individuellen Thäter erhalten, als auch die plötzlich eintretenden wie Sonnenfinsternis, Wasserhose u. ä. m. Entschwand das Leben aus dem Körper des Genossen, so fragte sich der Naturmensch: wo bleibt sie? In Nichts verschwinden, verlöschen — das lag seiner Anschauung ferne. Und so meinte er selbst in den Sternen die Seelen früherer Menschen wiederzufinden.

Der Phantasie des Japaners ist das Schreckhafteste das Ungetüm des Drachens, und so glaubt er, wenn die Wasserhose überwältigend und schnell hereinbricht, daß Drachen mit rascher und heftiger Bewegung in die Luft emporschießen.

Was sich einmal festgesetzt hat, was Besitz der Phantasie geworden ist, wird übertragen auf das Neue, bis dahin Unerkannte.

So erscheint der Regenbogen den Naturvölkern als Brücke, als Schwibbogen, (wie den Israeliten als Zeichen des Friedens, als Bogen Jahwes), als Federkopfputz, als Waffe, als golddurchwirkte Schärpe, als Schlange, als Ungeheuer, das Menschen verschlingt u. s. f. Das Echo ist das Geschrei der Berggeister; in den Klippen, Wasserfällen, Vulkanen hausen überall gewaltige oder auch machtverleihende Naturgeister.

Doch am köstlichsten hat den glaubensvollen Traum naiver metaphorischer Naturanschauung der Grieche geträumt. Denn was anderes sind seine hehren und seine lieblichen Göttergestalten als „die Umsetzung des innigst empfundenen Natureindrucks in plastischen Ausdruck"? Sowie der Grieche, sagt Lehrs, in die örtliche Natur um sich sah, in seine Wälder und Grotten, seine Berge und Schluchten, seine Quellen und Wellen, so empfing er den Eindruck eines Lebens, eines anmutigen, üppigen Lebens so lebendig, so innig, so hehr, daß sich ihm die empfundene Wirkung sogleich in göttliche Wirksamkeiten umsetzte und diese göttlichen Energien nun nach seiner Weise sogleich als göttliche Gestalten, göttliche Personen hervorsprangen. Und so belebte, beseelte der Grieche alles, wo er Leben sah, mit menschenähnlichen Gestalten, ob die Gestirne oder das Meer oder die Erde; so schuf er neben den gewaltigen Machthabern das zahllose Volk von Dämonen, die Satyrn und Nymphen, Pan und die Horen und Dryaden; so beseelte er selbst die Pflanzen und die Blumen und schuf seine herzbewegenden Mythen von Persephone, von Narkissos, Hyakinthos u. s. f. u. s. f.

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Aber wie im Altertum bereits von Homer und Hesiod gesagt wurde, daß sie den Griechen ihre Götter gegeben und diese mit allen menschlichen Schwächen und Lastern begabt hätten, so haben auch Neuere, besonders Max Mueller (a. a. O. S. 363), sich entrüstet, daß neben der ,,den Hellenen angeborenen Genialität" eine solche Unreife und Abgeschmacktheit dessen, was uns als ihre Religion überliefert ist", sich finde. Der größte Irrtum hierin ist der, daß die griechische Religion schlechtweg mit Mythologie identifiziert wird, daß ferner die Zeiten, die Epochen der sittlichen Entwickelung der Griechen nicht geschieden werden. Es liegt aber eine große reiche Entwickelung vor Homer! Nicht Homer hat die Götter der Griechen geschaffen, sondern was er

von ihnen überliefert, ist schon überreife Frucht; Erwin Rohde hat deutlich gezeigt, wie neben uralten Vorstellungen ganz rationalistische herlaufen inbetreff, des Seelenkultus und der Götterverehrung; und welch tiefes Ethos in der Griechenreligion liegt, das hat vielleicht keiner tiefer erfaßt als Lehrs in seinen Populären Aufsätzen aus dem Altertum!

Und sodann ist es ein Wahn Max Mueller's, die Mythologie als einen „krankhaften Zustand, eine Ohnmacht der Sprache" aufzufassen, die in metaphorische Ausdrücke das einkleiden mußte, das kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehöret hat und in keines Menschen Herz kommen ist." Das heißt doch, von dem kindlichen Geiste eines Naturvolkes schon die Reife eines sittlichen, religiösen Menschen fordern! Und ferner setzt er zugleich den Monotheismus als erste Stufe voraus, während es in der geschichtlichen Entwickelung die letzte, die höchste ist, und leitet die Mythen aus ausgesponnenen Appellativen ab, die nur dem einen Gott zukommen, aus Hypostasierungen seiner Prädikate. Mit Recht sagt Tylor (S. 293), für dieMythen keine andere Quelle als metaphorische Redeweise (im Sinne Mueller's!) annehmen, hieße, eine der bedeutendsten Phasen der Geschichte des Geistes ignorieren.

Es ruht also der Mythos nicht auf einer erkrankten Sprachform, wofür Mueller (und z. T. auch Tylor S. 296) solche ,,metaphorische Redeweise" erklärt, sondern auf einer durch die Analogie gebotenen, naturgemäßen Auffassungsweise, die alles Außermenschliche nach dem Schema des physisch-psychischen Menschenwesens begreift d. h. umsetzt und so naturgemäß anthropocentrisch, also metaphorisch im Ausdruck verfahren muß. Und ebenso naturgemäß war es, daß die Sprache auch weiter ,,dichtete", auch Anstoß zu neuen Bildungen gab, wie z. B. die Umwandlung der Epitheta in selbständige Wesen sie zeigt, so daß z. B. quédov, das ursprünglich Beiwort des Helios war, eine eigene Person, ein Sohn des Sonnengottes wurde; aber das ist doch keine „Krankheit der Sprache", sondern es ist ebenso natürlich, als wenn mit der geschlechtlichen Differenzierung der Erscheinungen (der Tag, die Nacht u. s. f.), oder überhaupt mit dem grammatischen Geschlecht (der Sommer, der Winter u. s. f.) sich nun die weitere Personifizierung der Jahreszeiten ergab, so daß die eine die Wärme und die Vögel und das Grün und die andere

die kalten Winde und das Eis und den Schnee bringt, so daß der Frühling als ein junger Herrscher seinen Einzug hält und den alten griesgrämigen Winter hinauswirft, daß er seine Boten voraussendet, daß er sein Zelt aufschlägt, daß er den Wäldern ihr Sommerkleid anlegt u. s. f. u. s. f.

Und warum,,dichten" wir, auch die wir nicht Dichter sind, so in der Sprache? Warum ist diese Ausdrucksweise auch in der Prosa, im alltäglichen Gespräche gebräuchlich? Weil wir eben nicht blosser Verstand, sondern auch Phantasie sind, weil die Sprache auch Kunst ist! Freilich, wer nur mathematisch und physikalisch die Welt anschauen könnte und der Mensch soll erst geboren werden, der sähe in der Sonne nur den Glutball, im fallenden Wasser nur das Gesetz der Schwere, kein Eilen, Rennen, Lachen, Kichern, Klagen u. s. f., im Wipfel- und Wellenrauschen nur ein einförmiges langweiliges Geräusch, das durch die Wirkung des Windes hervorgerufen wird. Es treibt die Sprache, wie wir schon oben sahen, mit Notwendigkeit dazu, daß durch den bestimmten Artikel die Naturerscheinung und das Abstraktum Leben gewinnt und der Stufe des Menschlichen genähert wird; die Sprache kann, als geistiges, menschliches Produkt, als Spiegel eines Inneren, eines leiblich-geistigen Wesens, garnicht anders als menschliche, wirkliche, sinnliche Zustände den Dingen zu leihen. Wir sind heutigen Tages nur ketzerisch geworden, für uns ist nur schöner Schein, was einst einzig und allein ungetrenntes Glauben und Wissen war, und daher kommt es, daß das Metaphorische überhaupt als Trugbild, als eitle Rhetorik, als gleißender Schein gescholten wird, daß immer wieder Menschen mit Gottsched'schem Pedantismus erstehen und die freischaffende Phantasie, welche wie in alten Zeiten, so auch heute noch in den Dichtern wirksam ist, zu schulmeistern sich erdreisten. In wem eben nicht selbst etwas vom Dichter lebt, in wem die Sprache als Kunst nicht zugleich mit der Phantasie lebendig und schöpferisch ist, wer in den Ernst und Zwiespalt modernen Lebens nicht die Phantasie des Kindes hineingerettet hat, wer alles nur mit dem Maßstabe des Verstandes messen will, für den existiert die innere Wahrheit der Mythenbildungen alter und neuer Zeit nicht.

Und auch heute noch können und müssen wir fragen: Ist denn das Metaphorische lediglich Trug oder auch nur poetischer

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