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uns giebt, als etwas außer uns ohne unsere Sinneseindrücke, ist die Verneinung der Kunst. Wo sie herrscht, da spricht man von Realismus; aber in den Kunstwerken ist es garnicht anders möglich, als daß der Künstler etwas von sich selbst hineinlegt. Erst wo die Wahrheit der Wirklichkeit als eine menschliche, persönlich aufgefaßte erscheint, da sehen wir den Künstler. In diesem Übergewicht der Subjektivität über die Objektivität haben wir den Unterschied der Kunst von der Wissenschaft. Der für sie organisierte Mensch nimmt die Ergebnisse der direkten Beobachtung der Dinge hin, ohne sie umzugestalten, er ordnet sich ihnen unter; bei dem Künstler dagegen sind Empfindungsvermögen und Einbildungskraft, kurz die Persönlichkeit so reizbar, so lebhaft, daß sie die Sachen ganz von selbst nach sich umgestalten und färben, sie im Sinne ihrer Vorzüge steigern." Wie wir selbst in den Sinnen die Eindrücke der Außenwelt, die sich in ihrem Wesen uns entzieht, nach uns umformen, wie uns Abbilder der Dinge auf die Netzhaut projiziert werden, wie es nur Schwingungen der Luft sind, die in unserem Geiste als Ton und als Farbe erscheinen, wie also schon die sinnlichen Wahrnehmungen den Stempel unseres Ichs tragen und auf Umformung beruhen, wie ferner auch die Photographie die Linien verkürzt und notwendigerweise „idealisiert“

um dies charakteristischerweise jetzt so verpönte Wort zu gebrauchen: so kann erst recht das künstlerische Bild nimmermehr reine, unveränderte Natur sein es ist ein Unding nach jeder Richtung hin, sondern die Kunst kann immer nur durch die Seele hindurchgegangene Natur sein, ein Ineinanderweben von Geist und Welt. Kurz, die Kunst ist durch und durch metaphorisch.

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Und die Prägstätte des Metaphorischen ist die Phantasie, die ewig bewegliche, immer neue, seltsame Tochter Jovis", das verzärtelte Schoßkind des alten hohen Vaters, die unverwelkliche, unter deren Füßen die Rosen erblühen, wenn sie mit dem Lilienstengel Blumenthäler" betritt, und die im Sturme wirren Haares und düsteren Blickes dahinsaust,,,tausendfarbig wie Morgen und Abend, immer wechselnd, wie Mondesblicke den Sterblichen scheinen." Sie durchgaukelt die Welt, und sie wirft jenen geistigen Reflex aus der Höhe herab auf das Irdische, umgoldet es, füllt es mit Leben, mit dem schimmernden Glanze der Schönheit; unter

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ihrem Zauberstabe wird das Tote lebendig und erstrahlt auch das Unscheinbare im Lichte des Geistigen, des Metaphorischen. Dies umspielt buntfarbig die beiden Sphären des Geistes und des Natürlichen. Und daß die alte Schwiegermutter Weisheit das zarte Seelchen ja nicht beleid'ge!" Aber das lose Kind spielt der Alten doch immer wieder lustige Streiche; so griesgrämig auch jene drein schauen mag wie in unserer phantasielosen naturwissenschaftlichen Zeit ; die herrliche Göttin wirkt ihre Wundergespinste trotz alle- und alledem; und wie sie selbst dem nüchternen Forscher, dem Entdecker neuer Probleme der Wissenschaft, oft ohne daß er es ahnt, mit genialer Intuition sein Ziel in rosigen Farben malt und den Weg ihm weist, so ist sie bei allen Wahrnehmungsbildern thätig und herrscht unumschränkt in der Kunst, in der geistdurchtränkten Neuschöpfung der Wirklichkeit. Sie beseelt des Künstlers Anschauung und gewährt ihm die harmonische Form für die innere Welt der Gedanken und Empfindungen.

So werden die Kunstschöpfungen nicht nur Symbole des Inneren, sondern metaphorische Verkörperungen des seelischen und geistigen Lebens; dem Künstler wird das eigene innere Sein gegenständlich, das Kunstwerk wird ein „Tropus“!

Künstlerisches Schaffen ist ein Ausgestalten eines geistigen Gehaltes, das Kunstwerk die Metapher eines durchgeistigten Stoffes. Aber auch das Geistige in der Kunst können wir nur metaphorisch umschreiben, nach Analogie des Inneren und des Äußeren, wie wir es an uns selbst und somit auch an der Welt unserer Sinne wahrnehmen; und andererseits liebt es die moderne Ästhetik, Erscheinungen und Beziehungen aus der Sphäre der einen Kunst auf die der anderen zu übertragen, von dem Rhythmus der Linien, von der Plastik des Dramas oder von seinem architektonischen Aufbau, von der dramatischen Bewegtheit einer Statue, von der Poesie eines Bildes, von der zarten Abtönung der Farben, von der Malerei in Tönen, von der duftigen, feinen Pinselführung des Dichters u. s. f. zu reden. Nennt doch bekanntlich Fr. Schlegel die Architektur eine gefrorene Musik, Goethe sie eine erstarrte Musik, andere eine stumme Dichtkunst, wie Simonides mit jenem so verderblich wirkenden Tropus die Malerei als eine stumme Poesie und die Poesie als eine redende Malerei bezeichnete.

Doch, was thut nun der Baukünstler, so daß wir nicht nur von Symbolik, gleichsam der ideellen Zeichensprache, sondern auch von einem „,metaphorischen Leihen" bei seinem Schaffen sprechen können ?

Die bauende Phantasie legt an die Außenwelt ein inneres Maß nach Tiefe, Höhe und Breite und fügt Stein auf Stein, bis die Idee Körper geworden ist. Freilich ist die Bewegung des Künstlers gehemmt durch die Stoffe der Natur; zum Ausdruck des Geistigen vermag die Architektur nur die ursprünglichsten Kräfte aller Materie, die Schwere und die Ausdehnung, auf denen alle Körperlichkeit beruht, zu verwenden. 1) Die Gesetze der Geometrie, Mechanik, Statik u. s. f. bannen die Ideen in enge Grenzen, aber der echte Künstler vermag trotz ihrer auch dem rohen, toten, schweren Stoff das Gepräge seines Geistes zu leihen, wie im Makrokosmos die Harmonie und die Symmetrie des Ganzen sich auch im Kleinsten wiederspiegelt. Und wer wollte leugnen, daß in der schweren ernsten dorischen Säule, in der schlanken und leichten, beweglich - zierlichen jonischen und in der reichen und üppig verzierten korinthischen, daß in dem gravitätischschematisierten byzantinischen, in dem phantastischen, arabeskenreichen, schwungvoll elastischen arabischen Baustil, daß in der romanischen Architektur mit ihrer unruhvollen Mischung des Antiken und Modernen, in der gothischen mit ihrer lichtvollen Erhabenheit und ihrer Sehnsucht ins Unendliche hin, daß in der Architektur der Renaissance mit ihrem sieghaften künstlerischen Individualismus, ihrer freien malerischen Anmut und in der des Rococo mit seinem krausen, launenhaften, verschnörkelten Ornament der individuelle Charakter der Völker und der Zeiten sich ausprägt, daß da in der That ein spezifisch Geistiges ausgestaltet ist? - Ja, selbst das Einzelne in der Architektur, und wäre es eben nur die Säulengestaltung oder der Rundbogen, der Hufeisenbogen, der Spitzbogen, ist ein charakteristisches Glied in dem Ringe des geistigen Lebens und ebenso bedeutsam und deutungsfähig als Träger eines Stils und somit einer Eigenart, wie etwa der Dialekt des Dorers und Joniers, wie die Makamen und Ghaselen des Arabers, die Kanzonen eines Petrarca und die Terzinen eines Ariosto oder die barocke Poesie

1) Vgl. Carriere's Ästhetik II 3 S. 9, aus der wir manches Citat und reiche Anregung auch für das Folgende geschöpft haben.

eines Lohenstein und die tändelnde Verseschmiedekunst der Pegnitzschäfer. Alles Einzelne in der Kunst ist immer nur Ausstrahlung eines Geistigen und trägt den Stempel des Allgemeinen.

So auch in der Architektur.

Aus den Aufgaben der einfachsten Ideen wuchs die Architektur zu den höchsten, idealsten empor. Sie bezeichnet zunächst die erste werkschöpferische Besitzergreifung der objektiven Welt durch den Menschen, wie Carriere sich ausdrückt; sie dient der Not, dem Bedürfnis, der Wohnung. Aber weiter gilt es, eine Stätte zu weihen für das Gedächtnis der nachkommenden Geschlechter; in das äußere Sinnbild trägt man den Stolz des Sieges, den Ruhm der Vorfahren hinein; der Grabhügel mit dem Stein wird ein Symbol. Mit dem Notwendigen und Zweckmäßigen verbinden sich ideelle Gesichtspunkte formaler Schönheit; vor allem den Göttern sucht der Mensch ein würdiges Haus zu bauen, ein Haus, das ihr Wesen symbolisch ausdrückt; und da der Mensch die Götter nach seinem Bilde schafft, so legt er sein höchstes und innerstes Wesen in dem Tempel, in dem Gotteshause nieder. Man denke nur, wie verschieden sie in Indien und in Griechenland sind und wie symbolisch den Gottesglauben der zum Himmel aufragende, in freien Linien emporschwebende gothische Bau wiederspiegelt, wie den Waldstämmen gleich die Strebepfeiler ragen, wie das magische Helldunkel, das dämmernd durch die farbigen Fenster bricht, der Stimmung religiöser Weihe entspricht, wie organisch das Einzelne die Idee des Ganzen verrät, sei es das in Blattwerk sich verwandelnde Kapitäl, seien es die Symbole der Rose und des Kleeblatts oder die nicht ein flaches Dachgesims bildenden, sondern schlank und spitz sich erhebenden Giebeln. Es ist eine Bewegung ohne Ende, wie die des Lichtes, das von allen Seiten reflektiert, doch eine ruhige Einheit bildet, wie die des Blutes, das in stetem Kreislaufe den Körper belebt, sagt Schnaase von dem gleichsam thätigen Kämpfen und Streben der Materie, das sich in gegenseitiger Spannung erhält und trägt, wo jeder Pfeiler wie ein Stamm erscheint, der seine Zweige nach allen Seiten ausbreitet, wie ein Mittelpunkt, der sich nach allen Seiten entfaltet, von den Wänden, die in mannigfaltig sich kreuzendem Verkehr gleichsam herüber- und hinüberströmen, in beständigen Repulsionen, welche den ganzen Raum bis an seine äußersten

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Grenzen durchdringen. Das Schiller'sche Wort: „Es ist der Geist, der sich den Körper baut" gilt auch von der Kunst; wie Leib und Seele in der Natur, so entsprechen sich, sagt Carriere, Geist und Technik, Idee und Material in der Kunst; und so giebt auch das Einzelne eine Grundstimmung der Zeit wieder, wie der gothische Dom als Ganzes den Aufschwung der Seele zum Ewigen, die Entfaltung des Gemütes im Reichtum der Welt.

Die architektonische Gliederung, die der Baukünstler nach allgemeinen Gesetzen beobachtet, ist durch und durch symbolisch. Er schafft im Geiste der Natur und im Geiste der Kunst. Wie die Helle, das Licht uns die Unschuld, das Glück, die Freude, wie das Dunkel das Böse und Traurige versinnbildlicht, so tragen wir durchaus anthropocentrische Begriffe auch in die Linien der Architektur hinein. Lotze führt „Über den Begriff der Schönheit" aus: Die räumlichen Verhältnisse der Baukunst, ihre strebenden Pfeiler und die breitgelagerten Lasten über ihnen würden uns nur halbverständlich sein, wenn wir nicht selbst eine bewegende Kraft besäßen und in der Erinnerung an gefühlte Lasten und Widerstände auch die Größe, den Wert und das schlummernde Selbstgefühl jener Kräfte zu schätzen wüßten, die sich in dem gegenseitigen Tragen und Getragenwerden des Bauwerkes aussprechen. So bildet also das leibliche Leben, mit Notwendigkeit Inneres durch äußere Bestimmungen auszudrücken treibend, einen Übergang zum Verständnis sinnlicher Gestalten und Umrisse. So deuten wir die Linien, als ob sie Charakter hätten, als ob sie ein inneres Leben anzeigten. In der geraden drückt sich Stetigkeit, in der gekrümmten bewegter chwung aus. Die Thätigkeit des nacheilenden Auges wird in das Objekt selbst metaphorisch hineingesenkt. Die Vertikallinie versinnbildlicht das Aufstreben selbständiger Kraft, die Horizontale Ruhe und Gleichmäßigkeit, das Dreieck die Versöhnung der Gegensätze, die der rechte Winkel repräsentiert; der Kreis wird zum Sinnbild des in sich geschlossenen Unendlichen. So stellt uns die Architektur das Gleichgewicht zwischen Schwere und Kraft und die schöne Ordnung und sich wechselseitig bedingende Gliederung der Welt vor Augen; sie macht das Innere, das Gesetz der Dinge sichtbar, wie wir es nach Maßnahme unserer menschlichen Verhältnisse an Leib und Seele

Biese, Philos. des Metaph.

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