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III.

Einige Empfindungen des sterbenden Jesu, die auch wir uns für unsere lezten Augenblikke wünschen sollen.

Am Charfreitage*).

Himmlischer Vater! Auf Alle, die sich heute versammeln zur Todtenfeier des Heiligen, an dem Du Wohlgefallen hattest, sieh gnådig herab! Daß Keiner von dem Kreuze Deines Lieblinges sich entferne, ohne mit neuem lebendigem Glauben auszurufen, Warlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen! Daß Keinem die Thräne der Rührung vertrokkne, bis er ergriffen ist von dem innigen Wunsche, sein Ende möge sein wie dieses Gerechten! Die Empfindung einer heiligen Ehrfurcht und Bewunderung, die einen Jeden ergreifen muß beim Andenken an den sterbenden Christus, o laß sie nicht unfruchtbar in diesen Mauern zurükkbleiben, laß sie uns Alle ins Leben hinaus begleiten, das mit es Dir immer mehr geheiligt und dem seinigen ähnlicher werde, bis wir endlich auch im getrosten Hingange zu Dir ihm nachfolgen, Amen.

Ein wehmüthiges und gerührtes Herz, meine Brüder, seze ich bei uns Allen voraus in dieser Stunde, und an dieses allein will ich mich wenden. Laßt uns, ich bitte Euch, wenigstens jezt alle die besondern Vorstellungen bei Seite sezen, die ein Jeder von gewissen eigenthümlichen Wohlthaten und Segnungen des Todes Jesu haben mag. Ich ehre sie alle, wenn sie in einem Herzen wohnen, welches ich ehre; und es wåre traurig, wenn der heiligste der Tage damit hingebracht würde, Fragen aufzuwerfen, Meinungen zu sichten, Untersuchungen anzustellen, wodurch die Gemüther nicht

*) In der Hof- und Garnisonkirche zu Potsdam bei der Abendmahlsfeier, an welcher S. Maj. der König theilnahm, gehalten,

zum Guten bewegt, und oft gar von einander entfernt werden, indem sich Verschiedenheiten, die freilich immer Statt finden müssen, grade dann aufdekken, wenn man sich am innigsten vereinigen will. Nein, zu solchen Betrachtungen wollen wir uns vereinigen, die für uns Alle von gleicher Wichtigkeit und von gleichem Segen sein können, so gewiß als wir in Christo Alle den Anfånger unsers Glaubens verehren, als sein Tod uns Allen ein Tod der Liebe und des Gehorsams ist, als wir Alle uns sein Leben bis an den Tod zum Vorbilde sezen, dem wir nachfolgen wollen, ja sein Leben bis an den Tod, auch das Lezte nicht ausgeschlossen, was in seiner heiligen Seele vorging. Ob wir wie Er bis zum lezten Schlage des Herzens den vollen Gebrauch aller Kråfte unseres Geistes behalten werden; das ist etwas, worüber wir keinen Entschluß fassen. können; es ist eine besondere Gnade Gottes, die von den Umstånden abhängt, unter denen er das Ende unseres Lebens herbeiführt. Aber der lezte Schlag des Herzens ist auch nicht das Ende des Lebens, sondern dieses hört auf mit dem lezten Gedanken und Ge= fühl, das unser Geist in Verbindung mit seinem Körper hervorbringt, mit dem lezten Blikk, in welchem uns noch die umgebende Welt erscheint, mit dem lezten Bewußtsein unserer irdischen Verhåltnisse; und ob wir dann diese Verhältnisse eben so behandeln, diese Welt eben so ansehn, und über das vergangene Leben eben so denken werden wie Er, das kann lediglich die Frucht sein von einem eben so geführten Leben, und einem eben so gefaßten Gemüth. Darum laßt uns sterben lernen, indem wir Christum sterben sehen! Es ist nichts Geringes, was ich Euch zumuthe, indem ich Euch hiezu auffordere; denn es ist mit dem Tode des Erlösers, wie es mit seinem Leben war: wer Glükk und Freude sucht, der fliehe nur die Aehnlichkeit mit Ihm; nur der suche sie, der um jeden Preis das Große und das Vollendete begehrt. Ein leichteres Ende, ein fanfteres Hinüberschlummern mag es leicht geben, als des Erlösers; aber keines das erhabener, keines das eines frommen und tugendhaften Herzens würdiger wåre. Wer ein solches begehrt, der sehe jezt mit mir auf die Vollendung des Heiligen Gottes.

Text. Marc. 15, 34-41.

Und um die neunte Stunde rief Jesus laut und sprach: Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen. Und etliche, die dabei stunden, da sie das hörten, sprachen sie: Siehe, er ruft den Elias. Da lief einer und füllete einen Schwamm

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mit Essig, und stekte ihn auf ein Rohr, und tränkte ihn, und sprach: Halt, laß sehen, ob Elias komme und ihn herabnehme. Aber Jesus schrie laut und verschied. Und der Vorhang im Tempel zerriß in zwei Stükke von oben an bis unten aus. Der Hauptmann aber, der dabei stund gegen ihm über, da er sah, daß er mit solchem Geschrei verschied, sprach er: Warlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen. Und es waren auch Weiber da, die von ferne solches schaueten, unter welchen war Maria Magdalena, und Maria Jakobi und Joses Mutter, und Salome.

Wenn ich uns wünsche zu sterben wie Christus, so will ich nicht auf diejenige Gemüthsverfassung hinweisen, die sich für einen Jeden, der den rechten Weg gewandelt ist, von selbst versteht. Daß nicht Reue über ein verschwendetes Leben unser leztes zerknirschendes Gefühl sei; daß nicht allzuzärtliche Anhänglichkeit an die Freuden und Besizthümer dieser Welt den Abschied von derselben mehr als billig erschwere; daß kein banger Zweifel sich einmische in die kindliche Ergebung gegen den, der uns in das Thal des Todes hineinführt: davon sei unter uns nicht die Rede. Es sind drei andere Umstände, auf welche ich als auf etwas sehr wünschenswerthes aufmerksam machen will; eben deshalb nemlich wünschenswerth, weil, um es Christo darin gleich zu thun, schon diejenige genaue und vollendete Aehnlichkeit mit Ihm erfordert wird, die unser Aller Ziel ist. Ich wünsche nemlich, daß wir Alle sterben mögen, Erstlich mit demselben Schmerz über unvollendete Thaten, zweitens mit derselben Ruhe bei den ungleichen Urtheilen der Welt, und drittens eben so umgeben von zärtlichen und treuen Freunden. Auf diese Umstånde richtet jezt eure andächtige Aufmerksamkeit.

I. Möchten wir Alle sterben mit demselben Schmerz über unvollendete Thaten, der sich in dem traurigen Seufzer des Erldsers: mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen, so deutlich offenbaret. Oder meint Ihr, das körperliche Leiden habe Ihm diesen Ausruf abgepreßt? Wie schwer auch das Gewicht desselben gewesen sein mag, wem es noch zu solchen Aeußerungen des Wohlwollens der Sorge und Theilnahme Kraft übrig ließ, wie Christus von seinem Kreuze herab von sich gab, dem konnte es auch den so oft behaupteten Grundsaz nicht verdunkeln, daß Leiden eben so wenig ein Zeichen von dem Mißfallen des Höchsten sein könne, als Glükk ein Unterpfand seiner Gunst ist. Oder hing etwa Jéfus an den Freuden des Lebens, daß die Nothwendigkeit, es so

jung verlassen zu müssen, ihn niederbeugte? Oder war etwa seine Einbildungskraft auch angefüllt mit Vorstellungen von künftiger weltlicher Größe, daß er gekränkt gewesen wäre, diese nicht erreichen zu können? Aber seinen Beruf liebte er mit ganzem Gemüth; der Gedanke an das große Geschäft, dem er sein Leben gewidmet hatte, erfüllte auch jezt noch seine Seele. Wenn er nun überlegte, wie weit dieses noch von der Vollendung entfernt war; wie eigentlich noch keiner von seinen Jüngern seine Gesinnung rein aufgefaßt und seinen Entwurf durchschaut hatte, wie wenig sie auf Alles gefaßt waren, was jezt über sie hereinbrechen mußte, und wie leicht das Band, welches sie zusammenhielt, sich lösen konnte: dürften wir uns wohl wundern, wenn er gefragt håtte, mein Gott, mein Gott, warum hast Du Deine schüzende Hand abgezogen von diesem Unternehmen? Aber so fragt er nicht; er wußte wie genau der Faden seiner Entwürfe in den Plan der Vorsehung verwebt war; er wünscht nur, daß ihm selbst bestimmt gewefen wäre, die große Angelegenheit noch weiter zu fördern, er fragt nur aus der Tiefe eines Herzens, das des Guten nicht genug thun kann, warum doch der Ewige Ihn nun dahin gehen lasse, um ohne seine Hülfe das große Werk fortzuführen; er sah so deutlich, was er noch würde zu Stande gebracht haben, und der Höchste vergönnte ihm nicht, es zu thun.

Eben diesen Wunsch und diesen Schmerz wünsche ich uns Allen in der lezten Stunde unseres Lebens. Es bedarf dazu nicht, daß wir wie Christus mitten in der Blüthe der Jahre aus einem großen Werk herausgerissen werden, es kann ein Jeder so fühlen, in welcher Lage er sich auch befinde. Seid Ihr Diener des Staats, Vorsteher gesellschaftlicher Einrichtungen: möchte es Euch schmerzen, daß Ihr nicht noch diesen Mißbrauch abstellen, und jene Verbesse= rung einführen könnt! Seid Ihr unabhängig und begûtert: möchte es Euch schmerzen, daß Ihr nicht noch eine wohlthätige Anstalt in Gang bringen, oder dies und jenes thun könnt für die Unglükklichen, welche Ihr beschüzt! Seid Ihr Gelehrte und Weise: möchtet Ihr ungern eine lehrreiche Darstellung eurer Gedanken unterbrechen, oder Euch von einem neuen Felde der menschlichen Erkenntniß entfernen! Seid Ihr Künstler und Arbeiter: möchte es Euch weh thun, daß Ihr nicht noch einer Arbeit wenigstens die neue Vollkommenheit, die Ihr ausgedacht oder eingeübt habt, mitgeben sollt! Ihr Jünglinge, möchtet Ihr Euch sehnen die Grundsäze der Tugend und der Religion, die Euch theuer sind, auch nur eine kurze Zeit

lang im eignen häuslichen Leben auszuüben und darzustellen! Ihr Månner, möchte es Euch das Herz brechen, nicht die Erziehung Eurer Kinder vollenden, nicht die Jugend, die sich vertrauensvoll an Euch anschloß, noch weiter bringen zu können! Ihr Greise, möchte es Euch schmerzen nicht noch långer Euer wohlerworbenes Ansehn zum Besten eurer spåten Nachkommen benuzen, und mit dem Rath eurer gereiften Weisheit, was um Euch her Gutes unternommen wird, unterstüzen zu können! Indem ich Euch dieses wünsche, meine Brüder, wünsche ich in der That nur, daß Ihr nie aufhören möget, Euren Beruf zu lieben und ihm euer ganzes Nachdenken, eure ganze Kraft zu widmen. Könnte es im menschlichen Leben jemals einen Punkt geben, wo für den so gesinnten die Rechnung abgeschlossen und kein Geschäft im Gange wåre; ich wollte, um Euch jenen Schmerz zu sparen, gern wünschen, daß jeder in diesem Zeitpunkt sterben möchte, ehe eine neue Reihe von Thätigkeiten anfange, die er nicht mehr vollenden könnte: aber einen solchen Ruhepunkt werdet Ihr nicht finden. Es giebt keine Ruhe und keinen Stillstand in einem Pflicht und Beruf liebenden Gemüth. Jede Veränderung, welche der Lauf der Natur und der menschlichen Dinge mit sich bringt, bringt auch neue Aufgaben und neue Pflichten mit; indem Ihr beschäftigt seid Einem Verhältniß zu genügen, hat sich schon ein Anderes entsponnen. Und wäre auch das nicht, so bringt schon der gegenseitige Einfluß des Handelns und Ueberlegens eine unaufhaltsame Bewegung und immer neue Wünsche und Bestrebungen hervor. Jede Handlung erweitert und berichtiget unsere Einsichten über den Gegenstand, und jede verbesserte Einsicht treibt uns sie sogleich anzuwenden. Mitten in der Arbeit, in der unvollendeten Arbeit findet also der Tod einen Je den, der das Leben recht gebraucht; und von dem schmerzlichen Gefühl, welches hieraus entsteht, kann nur der frei sein, der feigherzig vor seinen Pflichten flieht, und sich in müßigen Schatten verbirgt, wenn die Stimme des Berufs an ihn ergeht ein folcher mag lebenssatt sterben: denn er hat den schönsten Reiz des Lebens nicht gekannt. Oder der Knechtischgesinnte, der sich mit einem leeren Scheine der Tugend begnügt, und kein höheres Ziel kennt, als nur dieses, nichts Strafbares gethan zu haben, der mag, wenn anders seine Täuschung so lange anhålt, auch den Tod gefühllos hinnnehmen: denn die Zukunft, die ihm geraubt wird, hat ihn nicht durch den Reiz neuer Verdienste und Vollkommenheiz

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