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mahnung, als es auf den ersten Anblick schien. Aber das laßt uns zu Herzen nehmen, daß der Apostel diese Ermahnung vor die Aufforderung zur Wohlthätigkeit stellt, als ob er uns sagen wollte, Ehe ihr dran denkt wohlthätig zu sein und die Dürftigen zu unterstüzen, seid zuvor gerecht, leget alle auch die geheimste Ungerechtigkeit ab, welche eben am meisten Dürftige macht. Ja ich möchte noch mehr sagen, er wählt die gradesten, trockensten Worte, die ohne verlegene Beschåmung gar nicht angehört werden könnten, als ob er sagen wollte, Einer Gesellschaft aus welcher noch nicht alles Unrecht dieser Art verbannt ist, gereicht auch die freigebigste Wohlthätigkeit nicht zur Ehre sondern zur Schmach. Denn was sind solche Wohlthätige anders als, wie der Erlöser fagt, übertünchte Gråber? Die Höhle des Raubes soll mit ̄einem glänzenden Schimmer geschmückt werden und mit heiligen Zeichen verziert; und nach jeder solchen heuchlerischen That kehrt der böse Geist mit erneuter Kraft zurück und freut sich seine Wohnung so. betrügerisch ge= schmückt zu finden; das Gewissen das eigne sowol als das gemeinsame, was wir die öffentliche Meinung nennen, soll beschwichtigt werden und irre geleitet, als ob das Böse ausgeglichen werden könnte durch das gute Werk! Und was sind doch gewöhnlich die glänzendsten milden Gaben, im Vergleich mit dem Reichthum der auf ungerechtem Wege erworben ist? ein kaum zu nennender Theil desselben! Und ein solcher, der Viele in Armuth gebracht oder we: nigstens darin gelassen hat, um selbst desto reicher zu werden, wieviel weniger giebt er immer nicht nur dem innern Gehalte nach, sofern das Scherflein des Dürftigen mehr werth ist als das Pfund des Reichen, sondern wirklich auch dem äußeren Werth nach wieviel weniger, als die Vielen zusammen genommen würden gegeben haben, håtte jener ihnen nur etwas mehr Raum gelassen um sich frei zu bewegen!

Und daß nicht etwa jemand sage, Gesezt auch es gebe Einzelne unter uns, mit deren Wohlthätigkeit es nicht viel besser steht: so können wir übrigen uns das doch nicht zurechnen, und unsere Wohlthätigkeit bleibt in Ehren! Denn so ist es nicht: vielmehr ist das das Wesen des christlichen Lebens, daß wie alles Verdienst gemeinschaftlich ist, so auch alle Schuld. Sollte nicht jeder, der gern wohlthätige Unternehmungen befördert, sich scheuen die Opfer derer anzunehmen, deren Reichthum auf irgend eine Weise befleckt ist? sollten wir uns nicht in jedem solchen Falle billig scheuen, demú: thige und fröhliche Geber in Gemeinschaft zu bringen mit verdách;

tigen Namen? Sollten wir uns nicht scheuen, den Dürftigen zu allem, was sie drückt, auch noch den Unsegen des ungerechten Gutes zuzuführen, das auch mitgetheilt nicht gedeihen kann? Ja laßt uns auf alle Weise streng sein gegen jede Wohlthätigkeit, die nicht die reinste und vorwurfsfreiste Gewissenhaftigkeit zur Grundlage hat. Wer da unrecht gethan hat, der lege es zuvor ab, damit nicht seine Wohlthätigkeit befleckt sei von seinem Unrecht. Hat er es aber abgelegt, dann wissen wir ihm nichts besseres zu wünschen, als daß er möge sagen können, Und was ich unrecht erworben, das gebe ich zwiefältig den Armen.

II. Nachdem wir uns also verständiget haben über den einzigen Grund, auf dem eine gottgefällige Wohlthätigkeit erbaut werden kann: so laßt uns nun in dem Licht unseres Certes auch den falschen Schimmer betrachten, mit dem nur gar zu oft die christliche Wohlthätigkeit umgeben wird, damit wir uns deshalb schámen. Was sagt der Apostel in unserm Text weiter? Jeder arbeite und schaffe mit den Hånden etwas Gutes, damit er habe zu geben dem Dürftigen. Das klingt wahrlich gar nicht groß und prächtig, gar nicht als eine ganz besondere Tugend oder Seligkeit, wie doch gar oft die Wohlthätigkeit gewiß mehr zum Schaden als zum Nuzen des gesammten christlichen Lebens vorgestellt wird. Denn diese Worte sagen doch von ihr nichts mehr und nichts we niger, als daß sie das richtige Maaß unserer Arbeit sei. So we nig wir uns nun der Arbeit, die wir mit unsern Hånden schaffen, als sei sie etwas großes und herrliches besonders zu rühmen pfle gen: eben so wenig ist auch das etwas großes, wenn wir das richtige Maaß dieser Arbeit erfüllen; und weiter soll nach unserm Text die Wohlthätigkeit nichts bedeuten. Der Zusammenhang nåmlich ist dieser. Eben weil der widrigen Umstände wegen, oder wenn be sondere Unglücksfålle eintreten, gar mancher auch beim besten Willen nicht so viel mit seiner Arbeit schaffen kann, als er mit den Seinigen braucht: so thut jeder zu wenig der nicht mehr erarbeiten will, als er selbst bedarf; sondern jeder soll bemüht sein mehr zu schaffen als er braucht, damit er etwas habe jenen Unvermögenden mitzutheilen. Und daß nur dies das richtige Maaß, unserer Arbeit ist, wenigstens in dem Zustande des menschlichen Lebens der damals schon bestand, und jezt auch noch, das kann wol niemand läugnen. Denn wenn es uns gelingt, durch die Arbeit unserer Hånde uns zu verschaffen, was zu unserm und der Unsrigen eigenem Leben gehört: so ist das freilich zunächst die Frucht unseres

Fleißes; aber unser Fleiß vermag doch nur uns dieses zu verschaffen unter Voraussezung jener Leichtigkeit und Zuverläßigkeit des Verkehrs und der Mittheilung, die nur durch unsere bürgerliche Ordnung und die mannigfaltigsten öffentlichen Sicherheitsanstalten möglich wird, und zwar gilt dies von allen Stånden ohne Unterschied. Diese Anstalten also müssen erhalten werden, und schon dazu muß unser Fleiß, soll er nicht ganz vergeblich sein, mehr herbeischaffen als wir selbst unmittelbar für uns und die Unsrigen gebrauchen. Aber wenn der Armuth nicht abgeholfen wird, wenn die Zahl der Dürftigen überhand nimmt: so wird gar bald die Sicherheit aller jener Verhältnisse, auf denen der Erfolg unseres · Fleißes beruht, mehr oder weniger unmittelbar gefährdet werden. Indem wir also unserer Arbeit die Ausdehnung geben, daß wir auch etwas haben für die Dürftigen: so erfüllen wir nur das rechte Maaß der Anstrengung in den von Gott angeordneten Verhältnissen der menschlichen Gesellschaft, wir thun nichts, als was bei richtiger Berech: nung dieser schon die Rücksicht auf unsern eigenen dauernden Vortheil uns auflegt. Da ist also nichts weiter besonders zu rühmen; sondern wenn wir unterlassen haben, was uns hierin obliegt, so sind wir faule Knechte und haben uns vor der natürlichen Strafe zu fürchten. Haben wir gethan was uns obliegt, haben wir uns bei steigender Noth angestrengt um dann auch mehr zu thun als im gewöhnlichen Lauf der Dinge: so mögen wir uns demüthig hinstellen, und wenn wir mit weichlichen Lobeserhebungen überhäuft werden, mögen wir in Wahrheit sagen, wir sind unnůze Knechte, denn wir haben nur das uns zugewiesene Maaß menschlicher Arbeit erfüllt.

Indem nun der Apostel uns die Wohlthätigkeit aus diesem einfachen und schlichten Gesichtspunkt darstellt, zeichnet er uns auch den Umfang derselben so bestimmt, daß wir gestehen müssen, eben so wenig als sie ein besonderer Ruhm ist, eben so wenig schließt fie auch eine vorzügliche Seligkeit und Zufriedenheit in sich, wie etwa nur ausgezeichnet Beglückte sie sich verschaffen können. Denn der Apostel führt die Wohlthätigkeit bis dicht an die Grenzen der Dürftigkeit selbst hinab Auch diejenigen, welche mit ihren Hånden arbeiten müssen, sollen schaffen soviel sie vermögen, nicht nur um nicht selbst in die immer drückende Lage zu kommen, daß sie nur durch die Hülfe Anderer bestehen können, sondern auch um selbst noch etwas denen zu geben, die sich schon in dieser Lage be finden. Denn beides liegt nahe genug aneinander; wer gar nicht

mehr mittheilen kann, der wird gar bald selbst der Mittheilung bedürfen. So ist denn die Wohlthätigkeit, von dieser Seite angesehen, wiederum nichts anders als das Maaß unserer Entfernung von der Dürftigkeit, weil die rechten Gegenstände der Wohlthätigkeit diejenigen sind, die selbst nicht mehr wohlthätig sein können; und also ist keine besondere Seligkeit darin zu sezen, daß, indem wir die Dürftigen erleichtern, wir fühlen, daß wir selbst nicht dürftig sind. Ja bei allem Scheine von Ungleichheit, als ob diejenigen wenigstens, deren Wohlthätigkeit ins Große gehen kann, eine große Glückseligkeit voraus håtten, zeigt die genauere Betrachtung auch hier eine völlige Gleichheit. Derjenige, welcher unter ungünstigen Verhältnissen in das Leben eingetreten, und auf eine niedrige Stufe in der Gesellschaft gestellt ist, sich aber treu an das Wort des Apostels hålt, und im Schweiß seines Angesichts so viel schafft, daß er nicht nur sich und die Seinigen ernährt, sondern, wie wir es auch allen angehenden Eheleuten, die ihren christlichen Hausstand miteinander beginnen, bei ihrer Einsegnung vorhalten, auch noch etwas, wie wenig es immer sei, erübriget, um es denen darzureichen, die ihr Leben unter noch drückenderen Verhältnissen führen müssen, der kann sich doch gewiß eines großen Erfolges seiner Gaben nicht rühmen; sie sind nichts, womit er vor der Welt glänzen kann, sie sind nur eine dankbare Bescheinigung darüber, daß ihn Gott wenigstens auf dieser Stufe erhalten hat, und ein frohes Zeichen, wobei er sich seiner treuen pflichtmäßigen Anstrengung erinnert. Derjenige hingegen, welchen Gott so reichlich gesegnet hat, daß er scheint so gut als gar nicht arbeiten zu dürfen, und sich also ganz dem höheren geistigen Leben hingeben kann, dieser mag zwar sonst viel edle und reine Freuden voraus haben, und auch was die Wohlthätigkeit betrifft, hat er zwar das voraus, daß er gar viel zu vertheilen vermag: aber es ist doch immer für den größeren Kreis, in den er gestellt ist, nicht mehr, als was jener in seinem kleineren bewirkt, nur daß, was er vertheilt, für ihn nicht ein frohes Zeichen seiner Anstrengung ist, weil er nicht vertheilt was seine eigenen Hånde geschafft haben, sondern was andere; er ist nur die Vorrathskammer in der sich aus einem größeren Bezirke sammelt, was unter die Dürftigen soll vereinzelt werden. Wenn daher ein so begünstigter, ich will nicht sagen die Glückseligkeit, aber das zufriedene Gefühl von jenem emsigen und arbeitsamen Wohlthätigen theilen will: so muß er nicht nur mehr geben, sondern noch mehr thun als geben; er muß sich der Ausführung wohlthätiger Unternehmun

gen, der beurtheilenden Aufsicht über die zweckmäßige Verwaltung und Vertheilung der Beisteuern Underer unterziehen, dann erst kann er sich denen gleich stellen, welche gearbeitet haben, damit sie vermöchten etwas mitzutheilen, und dann kann auch er Zufriedenheit empfinden für seine Mühe. Aber eine besondere Glückseligkeit ist auch hiebei eben so wenig als ein besonderer Ruhm, sondern nur auf der einen Seite das wehmüthige Gefühl, daß die vorzüglich Begünstigten in der Gesellschaft dies nur sein können auf Kosten Anderer, und auf der andern Seite der Troft hierüber, der darin liegt, wenn diejenigen, welche viel empfangen, auch den Lauf des Gebens reichlich und thätig befördern.

So laßt uns denn unsere christliche Wohlthätigkeit von allem eiteln Geprånge frei halten; denn von dem falschen Schimmer von Ruhm und Glückseligkeit, womit sie oft wohlmeinend umgeben wird, bleibt bei nåherer Betrachtung nichts übrig. Sie bleibt ein Werk der Noth und gewissermaßen der Schaam, wovon so wenig Aufhebens gemacht werden soll, als irgend die Sache gestattet. Zu schwelgen aber in süßlichen Empfindungen der Freude und Selbstbefriedigung, wenn sie im Stande waren durch milde Gaben die Noth der Brüder zu lindern, das wollen wir denen überlassen, welchen es noch an der rechten Erkenntniß davon fehlt, daß der Mensch eben so wenig durch Werke der Noth vor Gott gerecht werden kannals durch Werke des Gesezes, sondern nur durch den Glauben, aus dem alle gute Werke hervorgehen müssen. Laßt uns nicht vergessen, daß unter die Hauptpunkte, gegen welche die Verbesserer der Kirche ihren heiligen Eifer richteten, vorzüglich auch gehörte jener eitle Ruhm guter Werke, aus welchem eine Menge von ihrem Umfange nach bewundernswürdigen Stiftungen der Wohlthätigkeit hervorge: gangen waren, die aber, wie ihnen nur ein verkehrter Sinn zum Grunde lag, auch nur verderbliche Wirkungen hervorbrachten. Denn die Menschen scheuten sich nicht mehr auf die niedrigste Stufe der Dürftigkeit aus eigner Schuld hinabzusinken, weil sich ihnen dann ein Schaz öffnete, aus dem sie auf die bequemste Weise alle ihre Bedürfnisse befriedigen konnten. So entstand denn der Arme neben dem Reichen nicht nach dem Gesez der göttlichen Ordnung, son: dern nach dem der menschlichen Thorheit; und etwas ähnliches muß immer die Folge sein, wenn mit der Wohlthätigkeit Gepränge getrieben wird, und der Dürftige merkt, daß durch das Wohlthun die Eitelkeit der Geber befriediget wird. Darum, wenn wir wohlthun,

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