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sollen wir es nicht ausrufen auf den Gassen, sondern unser Scherflein geben in demüthiger Stille.

III. Und nachdem wir unsere Wohlthätigkeit auch auf diese rechte Gemüthsstimmung zurückgeführt haben, ist uns nur noch übrig, daß wir nach Anleitung unseres Tertes auch vor der falschen Ausübung der christlichen Wohlthätigkeit warnen.

Der Apostel nåmlich sagt: Jeder arbeite und schaffe mit den Hånden etwas Gutes, damit er habe zu geben dem Dürftigen. Merket wol, er sagt nicht, damit er gebe dem Dürftigen, sondern damit er habe zu geben. Geben dem Dürftigen soll der Einzelne nicht, sondern das soll die Gemeine. Wer mehr erwirbt in seinem Gewerbe als er bedarf in seinem Hausstande, der gebe es der Gemeine, und die Gemeine vertheile. Glaubt nicht, daß ich das auf eine willkührliche Weise hineinkünftle in unsern Text. Nein, sondern es war dies die ursprüngliche Ordnung in der christlichen Kirche, die also auch der Apostel, als er schrieb, gewiß im Sinne hatte. Alle der Wohlthätigkeit bestimmten Ersparnisse wurden der Gemeine dargebracht, und die Gemeine wählte unter den zuverlåßigen kundigen Männern und Frauen, die auch über ihre Zeit genugsam schalten konnten, die Vertheiler der gemeinsamen Gaben. Das war eine gute und schöne Ordnung, die man nicht håtte verlassen sollen. Denn der Geber konnte bei weitem nicht so leicht verführt werden zu einer verderblichen Eitelkeit. Wie nåmlich der Mensch nicht leicht selbstgefällig wird, wenn er sich mit dem Gesez vers gleicht, weil sich dem jeder zu tief untergeordnet fühlt; sondern wenn er sich mit dem und jenem Einzelnen vergleicht und sagen kann, ich danke Gott, daß ich nicht bin wie dieser, dann gefällt er sich selbst: eben so erhebt sich nicht leicht einer wegen dessen was er dem Ganzen, was er der Gemeine darbringt, weil doch jeder fühlt, daß er sich dieser ganz und gar schuldig ist, sondern wenn er die einzelnen Menschen vor sich wandeln sieht, von denen er sagen kann, dem habe ich so und dem so geholfen, dann erhebt er sich. Dies kann aber nie geschehen, wenn alle Gaben der Gemeine dargebracht und von dieser vertheilt werden; sondern da geht es in der That wie der Erlöser will, daß die Rechte nicht wissen soll was die Linke gethan. Denn das Vergessen dessen, was wir selbst gethan haben, kann ja niemand gebieten, wie denn was einer vergessen wollte, er am wenigsten vergessen würde. Wenn aber alle Gaben der Gemeine dargebracht werden und diese dann sie vers theilt: so weiß keiner was aus seiner Gabe geworden ist, keiner

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hat einen bestimmten Erfolg hervorgebracht, dessen er sich rühmen könnte, sondern alle können sich nur gemeinschaftlich des gemeinsamen Werkes freuen. Aber auch für die Empfangenden war besser gesorgt auf jene Weise. Denn es ist ja ein viel peinlicheres Ge fühl, Rettung und Hülfe einem Einzelnen zu verdanken, und sich sonach abhängig fühlen von einem glücklichen Zusammentreffen, einem hülfreichen Zufall, einer günstigen Gemüthsstimmung. Der Gemeine hingegen ist sich schon ohnedies jeder ganz schuldig; und es kann keinem drückend sein, von denselben vereinten Kräften auch das leibliche zu empfangen, denen er ją doch schon alles geistige verdankt. Wie es nun zugegangen ist, daß diese Ordnung aufgehört hat, so daß die Wohlthätigkeit der christlichen Gemeine nur noch ein dürftiges Schattenbild geblieben ist, das an den meisten Orten mehr zum Schein besteht, als daß es in irgend einem Verhältniß stånde mit den Bedürfnissen der leidenden Gemeingenossen, die wesentliche Unterstüzung der Dürftigen aber ganz von den unzusammenhångenden Erweisungen Einzelner abhängig wurde, das können wir hier wohl nicht auseinandersezen, desto leichter aber uns überzeugen, daß es so nicht gut ist, sondern daß dieses eben so gewiß ́eine falsche Ausübung der Wohlthätigkeit ist, als es der Anweisung des Apostels in unserm Tert zuwiderläuft. Denn wie kann der Einzelne, wenn er genöthigt ist seine milden Gaben selbst an den Mann zu bringen, das gute Gewissen einer richtigen Anwendung bewahren, da er nie im Stande ist die einzelnen Ansprüche, die zufällig an ihn gemacht werden, mit der Summe des Uebels zu vergleichen, dem überhaupt abgeholfen werden soll? Weil nun keiner ein richtiges Maaß hat, so schwanken alle mehr oder weniger zwischen zwei entgegengesezten Fehlern. Der eine, von seinen Geschäften gedrångt und vom weichherzigen Gefühl überwältigt, weiß keine bessere Regel als den zu befriedigen, der ihm jedesmal in den Weg kommt, und so wird er leicht hintergangen. Der andere gewohnt überall strenge Rechenschaft zu geben und zu fordern, mißtrauisch gemacht durch krånkende Erfahrungen, bekannt mit der Unwahrhaftigkeit derer die Hülfe bedürfen, weiset manchen, der nur mit gerechten Seufzern zurückgeht, von sich, weil er sich fürchtet von Unwürdigen gemißbraucht zu werden, und gern überall bei dem Würdigsten anfangen möchte. Ist nicht jenes unverståndig und schwach, und dieses hart und gefühllos? Aber neigt sich nicht den= noch jeder in den Erweisungen seiner Wohlthätigkeit bald auf die eine bald auf die andere Seite? Und können wir das für die rich

tige Ausübung einer christlichen Pflicht halten, was genau betrachtet immer nur als ein gemåßigter Fehler erscheint?

Daher sind dann auch die Fehler leicht zu begreifen, die sich bei den Hülfsbedürftigen so häufig finden, und über die wir so viele Klagen hören. Sie entstehen aus den Fehlern der Helfenden, oder werden wenigstens durch diese genährt. Denn unsere Wohlthätigkeit, wenn sich jene Schwächen darin offenbaren, kann nicht den reinen Eindruck einer åchten christlichen Tugend machen; es fehlt also die Ehrfürcht, welche am sichersten alle Mißbräuche zurückhålt, und so halten jene sich denn berechtigt die Schwächen, die wir ihnen zeigen, so gut es geht zu ihrem Vortheil zu benuzen. Ist aber die Seele nicht mehr als der Leib? wenn durch das Wohlthun sittliche Schwachheiten ja gröbere Sünden unterhalten und fortgepflanzt werden, wird dann nicht mehr geschadet als geholfen wird? Nun aber sind diese nachtheiligen Folgen unvermeidlich, wo das meiste in dieser Sache auf der unzusammenhängenden und ungeordneten Wohlthätigkeit der Einzelnen beruht; und deshalb ist diese immer verwerflich, und jeder unter uns sollte gern der eiteln Freude seine Gaben selbst zu vertheilen und sich an den Früchten derselben zu freuen entsagen, damit die Wohlthätigkeit wieder ein gemeinsames Werk werde.

Dieses ist sie nun freilich größtentheils, sowol bei uns als in andern christlichen Låndern und Orten, schon wieder geworden; aber ich darf mich nicht scheuen hier meine Meinung darüber auszusprechen, auch dieses nicht auf die rechte Art. Wie man nåmlich bemerken mußte, daß bei jener falschen Ausübung der Wohlthätigkeit mehr Mißbräuche genährt wurden, als daß der Dürftigkeit wirklich wåre gesteuert worden, und man es nicht gleichgültig ansehen konnte, daß treue und wohlmeinende Glieder des Ganzen ihre Hülfsmittel vergeblich verschwendeten, unnüze und faule aber im Vertrauen darauf ein unwürdiges Leben hinschleppten: so nahm sich endlich die Obrigkeit der Sache an, und die Vertheilung der Wohlthätigkeit ward eine Angelegenheit des weltlichen Regiments in seinen verschiedenen Verzweigungen, wie sie früher eine Sache der kirchlichen Gemeine war. Wenn nun dieses freilich besser ist als jenes: so höret doch, weshalb auch diese Veränderung meines Erachtens noch nicht der Punkt ist, auf dem wir stehen bleiben sollen; sie ist nicht etwas deffen wir uns rühmen könnten, sondern wir müssen uns vielmehr auch ihrer noch in mancher Hinsicht schåmen. Denn es ist schon schlimm genug, daß der gute Wille derjenigen EinzelPredigten I.

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nen, welche Gelegenheit haben verborgenes Elend wahrzunehmen, in seinen Mittheilungen durch ein äußeres Gesez gebunden wird, da sich gute Wünsche und Vorschläge gegen die, welche das Amt der Vertheilung haben, wenn sie dies kraft eines bürgerlichen Unsehens und obrigkeitlichen Auftrages verwalten, nicht so leicht ungezwungen außern lassen, als wenn es Beauftragte der kirchlichen Gemeine sind, denen sich weit leichter und herzlicher jeder mittheilen wird, der gern einem Hülfsbedürftigen will geholfen wissen. Noch übler aber ist es, daß wie die Sachen einmal stehen, alles was im Namen der Obrigkeit auch in dieser Art geschieht, wie alles was sonst zum öffentlichen Dienst gehört, ein weitläuftiges Geschäft wird, wo dem Vertrauen wenig oder nichts kann eingeräumt werden; sondern den strengsten Formen muß man genügen, die genaueste Nachweisung muß überall möglich sein, zur pünktlichsten Rechenschaft alles im voraus angelegt und bereitet werden. Denn daß auf diesem Wege manches wohlthätige und heilsame gar sehr erschwert, ja oft lieber unterlassen wird, und daß das gemüthliche Vertrauen, welches wir als christliche Gemeinglieder jeder den Bevollmächtigten seiner Gemeine so gern schenkten, und welches mit Gottes Hülfe durch die Erfahrung immer würde gerechtfertigt werden, in diesen Angelegenheiten der christlichen Wohlthätigkeit schneller und vollständiger zum Ziel führen würde, das möchte wol niemand läugnen wollen. Darum ist auch diese Veränderung noch nicht das rechte, dessen wir uns rühmen können. Weswegen ich aber meine, daß wir uns ihrer sogar zu schämen haben, das ist dieses.

Ich denke nämlich, das allgemeine Gefühl, daß die Wohlthätigkeit wieder müsse ein gemeinsames Werk werden, würde gleich die rechte Wendung genommen haben diese Sache auf ihre ursprüngliche Gestalt in der christlichen Kirche zurückzuführen, und die Obrigkeit würde gar nicht geeilt haben sie zu der ihrigen zu machen, wenn nur christliche Gemeinen da und sichtbar gewesen wären, wenn nur solche håtten hervortreten können als frische und lebendige Wesen, bekannt und bewährt dafür, daß sie wohl fähig sind etwas bedeutendes tüchtig auszuführen. Daß nun eigentliche kirchliche Gemeinen als Vereinigung der evangelischen Christen, wie sie der Ordnung gemäß mit einander verbunden sein sollen zu allem, was sich auf die Angelegenheiten unseres Glaubens und des christlichen Lebens bezieht, daß solche großentheils, denn die rühmlichen Ausnahmen sind uns wohl Allen bekannt, so gut als verschwunden ge wesen sind seit langer Zeit hier und an vielen andern Orten; daß

auf diese Art das kirchliche Leben fast gänzlich von dem bürgerlichen hat können verschlungen werden bei uns, da es doch anderer Orten noch blüht, das meine ich soll billig ein Gegenstand der Schaam für uns sein.

Wenn nun dieses zum Theil wenigstens die Schuld eines früheren Geschlechtes ist: so mögen wir uns desto mehr freuen, daß wir mit Gottes Hülfe berufen find sie abzulösen. Denn es steht uns ja bevor der Versuch wenigstens unsere kirchliche Verbindung wieder enger zusammenzuziehen. Nicht lange hoffentlich, so werden die Hausvåter unserer Kirchengemeinden aufgefordert werden sich zu versammeln, um diejenigen aus ihrer Mitte zu bestimmen, denen sie am liebsten mit uns Lehrern ihr Vertrauen schenken wollen in allen kirchlichen Angelegenheiten. Möge dann auch bald des Armenwesens in christlicher Liebe gedacht werden! mögen diese kirchlichen Vereine, wenn sie erst bestehen, sich immer mehr so gestalten, daß auch die Obrigkeit es bald am zweckmäßigsten finde die Berathung der Dürftigen in die Hånde zurückzugeben, in denen sie sich in der Christenheit ursprünglich befand. Dann würde am sichersten unsere Wohlthätigkeit nicht nur von aller Untugend und Eitelkeit, die sich so leicht beimischt, frei bleiben, sondern auch ihre Ausübung auf mancherlei Weise mehr gesichert und erleichtert werden. Und dann würde auch in jedem christlichen Hauswesen die Sorge vom Ueberflüßigen abzuthun eine desto heiligere Angelegenheit sein, weil wir dann desto mehr haben, was wir der Gemeine darbringen können als ein Opfer der Liebe und Dankbarkeit, damit sie, von der am liebsten auch jeder das leibliche empfängt, es darreiche den Dürftigen.

So führt uns denn auf allen Seiten die Betrachtung alles dessen, was zur christlichen Gottseligkeit im Hausstande gehört, auf den Zusammenhang jedes Hauswesens mit der Gemeine zurück. Wie wir sahen daß glücklicher Anfang und gottgefälliger Fortgang des Ehestandes darauf vorzüglich beruhe, daß der Segen der christlichen Gemeine in rechtem vollen Maaß darin walte, und eben so bei der Erziehung der Kinder alles darauf ankomme, daß sie zu Gliedern der Gemeine des Herrn gebildet werden; wie wir sahen, daß die Verhältnisse aller Glieder des christlichen Hauswesens nur ungetrübt bestehen können, wenn alle sich ansehen als Knechte und als Freigelassene unseres Herrn: eben so führt uns auch dies lezte und gleichsam äußerlichste im christlichen Hausstande zu derselben Betrachtung zurück, daß auch in der Ausübung der christlichen Wohl

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