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Er war aus dem Bett geklettert und hatte sich auf den Teppich davor niedergekniet, die zusammengelegten Hände in Anbetung erhoben, so wie er es bei den Engeln auf dem Altarbild gesehen hatte. Seine Augen waren glänzend und weit aufgeschlagen, sein Troz zerfloß in Hingabe.

Als er endlich ins Bett zurückstieg und endlich die übergroße Müdigkeit seine Aufregung niederschlug und er einschlief, träumte er von der reizenden Jungfrau Maria, die wohlbekannte Züge trug, und fühlte sein Herz zu ihr entbrennen.

Es war vierzehn Tage später, am 1. Oktober, daß Cilla den Dienst verließ. Frau Schlieben hatte ihr ein gutes Zeugnis geschrieben; warum sie eigentlich entlassen war, das war dem Mädchen noch nicht recht klar, selbst als es auf der Straße stand. Die Frau wollte ein älteres erfahrenes Mädchen haben so hatte sie gesagt, aber das glaubte Cilla doch nicht recht, sie fühlte unbestimmt einen andern Grund heraus: die mochte sie eben nicht leiden. Nun wollte sie erst einmal nach Hause fahren, ehe sie einen neuen Dienst annahm, sie fühlte Heimweh, und der Abschied hier aus der Stelle war ihr schwer geworden. des Jungen wegen. Wie hatte der geweint! Gestern abend noch. Er hatte sich an ihren Hals gehängt und sie vielmals geküßt, der große Junge, wie ein kleines Kind! Und so viel hatte er ihr noch sagen wollen. Oben auf dem dunklen Flur hatten sie gestanden miteinander gestern abend, da scheuchte sie der Tritt der Frau, die die Treppe heraufkam; gerade noch, daß er in seine Stube hatte entwischen fönnen.

Und nicht einmal Adieu hatte sie ihm heute sagen können, dem guten Jungen! Denn als er kaum in der Schule war, hatte die Frau gesagt: „So, nun können Sie gehen!" Ganz verdugt war sie gewesen, hatte sie doch darauf gerechnet, erst am Nachmittag fortzukommen. Aber nun war das neue Hausmädchen, eine Ältliche mit spigem Gesicht, auch schon eher angezogen; was sollte sie da auch noch? So hatte sie nur noch rasch die Heiligenbildchen aus ihrem Gebetbuch alle in ein Papier gewickelt und in die Schublade von des Jungen Nachttisch gesteckt — da würde er sie gewiß finden und,Gruß von Cilla' darauf ge= schrieben. Dann war sie abgezogen.

Ihren Korb hatte Cilla als Frachtgut aufgegeben, nun hatte sie nichts zu tragen als ein kleines Ledertäschchen und einen Pappkarton mit Stricken verschnürt. So konnte sie rasch vorankommen. Aber als sie dem Stadtbahnhof zuging, blieb sie auf einmal stehen: um ein Uhr war die Schule aus, nun ging es gegen elf, es kam wirklich nicht darauf an, wenn sie etwas später abfuhr. Wie würde er sich freuen, wenn sie ihm noch Adieu sagte und Vergiß mich auch nicht!"

Sie drehte um. In der Nähe der Schule würde sich schon eine Bank finden, da wollte sie auf ihn warten. Die Vorüberkommenden schauten neugierig nach der jungen Person, die wie ein Soldat, still und steif, in der Nähe des Gymnasiums auf Posten stand. Eine Bank hatte Cilla nicht gefunden; sie traute sich nicht weit vom Eingang fort, aus Angst, ihn zu verpassen. So stand sie denn, mit ihrem kleinen Täschchen am Arm, den Karton hatte sie zur Erde gefeßt. Ab und zu fragte sie jemanden,

wieviel Uhr es set. Die Zeit verging langsam; endlich war es bald eins. Da fühlte sie ihr Herz klopfen: der gute Junge! Schon sah sie seine dunklen Augen freundlich aufglänzen, hörte sein erstauntes: ‚Cillchen, du?!"

Ihren Hut zurechtrückend auf dem schönen blonden Haar, ein höheres Rot auf den roten Wangen, sah Cilla unverwandt hin nach dem Schultor: gleich würde es flingeln dann kam er angestürmt δα auf ein= mal sah sie die Frau. Die?! Mit schnellen Schritten kam Frau Schlieben aufs Schultor zu. weh! D

Mit ein paar raschen Säßen sprang das Mädchen hinter ein Gebüsch: die holte heute selber ihren Wolfgang ab ?! Ach, da mußte sie ja gehen! Und sehr betrübt schlich sie zum Bahnhof. All die Freude, in der ihr Herz ge= klopft hatte, war hin; aber einen Trost hatte sie doch: der Wolfgang würde sie nicht vergessen. Nein, nie!

Wolfgang war sehr erstaunt, als er seine Mutter sah. Er brauchte doch nicht abgeholt zu werden?! Das hatte sie doch auch früher nicht selber getan?! Er war unangenehm berührt. War er denn ein kleines Kind? Die andern würden ihn auslachen! Ein Unmut brannte in ihm, aber der Mutter Güte entwaffnete ihn.

Sie war heute besonders weich und sehr gesprächig. Sie fragte ihn nach all dem, was sie heute in der Schule gehabt hatten, schalt auch nicht, als er gestand, er habe zehn Fehler im lateinischen Extemporale gemacht, im Gegenteil, sie verhieß ihm einen Ausflug nach Schildhorn am Nachmittag. Es war ja so ein schöner, sonnenheller, fast sommerlicher Herbsttag. Ganz vergnügt schlenderte der Knabe neben ihr her, seine Bücher am langen Riemen schlenkernd.

Daß Cilla heute abgehen sollte, hatte er augenblicklich ganz vergessen.

Freilich, als sie nach Hause kamen und das fremde Mädchen ihnen öffnete, machte er große Augen, und als sie zu Tisch gingen und die neue mit dem spißen Gesicht, die aussah wie ein Fräulein, die Speisen auftrug, hielt er sich nicht länger.

„Wo ist Cilla?" fragte er.
„Die ist fort

jo nebenhin.

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du weißt doch," sagte die Mutter

Fort?!" Er wurde blaß und dann glühend rot. Also gegangen, ohne ihm Adieu zu sagen?! Er hatte auf einmal keinen Appetit mehr, obgleich er vorher solchen Hunger gehabt hatte. Jeder Bissen würgte ihn; starr sah er auf seinen Teller, wagte nicht aufzublicken, denn er fürchtete, er fönnte weinen.

Die Eltern sprachen über dieses und jenes — allerlei Gleichgiltiges —, und in ihm schrie es: Warum ist sie gegangen, ohne mir Adieu zu sagen?! Das kränkte ihn zu tief. Er konnte es gar nicht fassen Sie hatte ihn doch so lieb gehabt! Wie hatte sie's nur übers Herz bringen können, fortzugehen, ohne ihn wissen zu lassen, wo er sie finden konnte?! Es fonnte nicht sein, das hatte sie nicht aus freiem Willen getan — sein Cillchen so von ihm gehen?! nein, nein! Und gerade während er in der Schule war?!

Ein plögliches Mißtrauen befiel ihn: an so etwas hatte er bisher gar nicht gedacht, aber nun war's ihm auf einmal flar oho, dumm war er denn doch nicht! eben weil er gerade in der Schule war, hatte sie fort=

gemußt! Die Mutter hatte die Cilla immer nicht leiden können, die hatte auch nicht gewollt, daß Cilla ihm Adieu fagte !

Unter gesenkten Wimpern hervor schoß der Knabe böse Blicke nach seiner Mutter: das war eine Schändlichfeit von ihr!

In verhaltenem Ingrimm murmelte er: „Gesegnete Mahlzeit“ und schlorrte die Treppe hinauf in sein Zimmer. Im Schublädchen fand er sofort die versteckten Heiligenbildchen ,Gruß von Cilla' - da brach seine Wut aus und sein Schmerz. Er stampfte mit den Füßen und füßte die bunten Bildchen, und seine Tränen gaben lauter dunkle Flecke darauf. Dann polterte er die Treppe hinab ins Eßzimmer, wo der Vater noch am Tische saß und die Mutter am Büfett Obst und Kuchen in ihren Pompadour packte. Aha, sie hatte ja mit ihm spazieren gehen wollen! Das sollte ihm gerade einfallen!

Wo ist die Cilla hin? Warum hast du sie mir nicht Adieu sagen lassen?!"

Die Mutter sah ihn wie erstarrt an: woher erriet der Junge ihre allergeheimsten Gedanken? Sie brachte kein Wort heraus. Aber er ließ sie auch zu gar keiner Äußerung kommen, seine noch hohe Knabenstimme überschlug sich in der Erregung und wurde dann tief und rauh: „Ja, du 0, ich weiß es ganz genau du wolltest es nicht haben, daß sie mir Adieu sagte! Du hast sie fortgeschickt, damit ich sie nicht mehr sehen sollte -du, du! Das ist schändlich von dir - das ist - das ist gemein!" Er ging gegen sie an. seine Hände hoben sich,

Langsam wich sie zurück wollte er sie schlagen?!

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