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Wie rührend ist dieser Klang!" Käte stand mit ge= falteten Händen und sah schwimmenden Auges in die große Weite hinaus. Welch ein Zauber wohnte in diesem Venn ?! Er umspann die Seele, wie das zähe Gestrüpp der Heide und die kriechenden Ranken des Schlangenmooses den Fuß umstricten. Wenn sie daran dachte, daß sie nun bald von hier scheiden mußte, fortgehen aus dieser ungeheuern Stille, die ein Geheimnis zu bergen schien, ein Wunderbares hegte im tiefen Schoß, krampfte ihr Herz sich zusammen in plöglicher Angst: wie würde es nun mit ihr werden, was mit ihr geschehen?! Ihre suchende Seele stand wie ein Kind verlangend auf der Schwelle des Märchenlandes — sollte ihr denn feine Gabe werden?!

„Was war das?!" Mit einem halblauten Ruf des Erschreckens griff sie plöglich nach dem Arm ihres Mannes: Hast du's nicht auch gehört?"

Sie war ganz blaß geworden; mit groß aufgerissenen Augen stand sie da, sich unwillkürlich auf den Zehen Hebend und den Hals redend.

Etwas wie das leise

„Nun wieder! Hörst du's?" Wimmern eines Kindes war an ihr Ohr gedrungen.

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Nein, er hatte nichts gehört: Es werden wohl Menschen in der Nähe sein. Käte, wie du einen aber erschrecken kannst!" Ein wenig ärgerlich schüttelte er den Kopf. Du weißt doch, jezt sind alle Weiber und Kinder aus den Venndörfern draußen, um Preißelbeeren zu sammeln. Sonst haben sie ja nichts zu ernten. Sieh mal, jezt sind die Beeren hochreif!" Er bückte sich und pflückte ein Stäudchen.

Wunderschön stand das Träubchen der tief korallen

farbenen Beeren gegen das glänzende Dunkelgrün der ovalen Blättchen. Aber auch Blüten waren noch am Stäudchen, fleine weiße, reine Blüten.

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Wie Myrte, genau wie Myrtenblüte," sagte sie und nahm ihm das Ständchen aus der Hand. Und die Blättchen sind auch gerade wie Myrtengrün!" Den Stengel zwischen den Fingern drehend, sah sie sinnend darauf nieder: „Die Myrte des Venns!" Und die kleine Blume entzückt an ihren Mund hebend, küßte sie sie.

,,Weißt du noch - damals - an unserm Hochzeitsabend, weißt du noch? Du hast die Myrte aus meinem Kranz gefüßt, und ich habe sie auch geküßt, und dann küßten wir uns. Damals damals — o wie glücklich waren wir damals!" Sie sagte es sehr weich, wie verloren in einer süßen Erinnerung.

Er lächelte, und wie sie sich näher zu ihm neigte, unverwandt den verträumten Blick auf das grüne Stäudchen geheftet, zog er sie an sich und legte den Arm um sie. „Und sind wir heute nicht nicht" - er wollte fagen ,nicht ebenso glücklich', aber er sagte nur: „nicht auch glücklich ?"

Sie antwortete nicht, sie verharrte stumm. Aber dann, mit einer jähen Bewegung das glänzende Grün von sich Ichleudernd, wendete sie sich ab und lief fort von ihm, blindlings, weglos ins Venn hinein.

,,Käte, was ist dir denn?!" Erschrocken hastete er hinter ihr her; sie lief so rasch, daß er sie nicht gleich einholen konnte. „Käte, du wirst noch hinstürzen! Aber so warte doch! Käte, was hast du?!"

Keine Antwort. Aber an den zuckenden Bewegungen

ihrer Schultern sah er, daß sie heftig weinte. Ach, was war das nun wieder?! Bekümmert war sein Gesicht, als er hinter ihr drein rannte übers öde Venn. Sollte es denn nie besser mit ihr werden? Da sank einem ja wahrhaftig jeglicher Lebensmut! Es war auch eine Torheit gewesen, sie hierher zu bringen geradezu eine Verrücktheit! Hier war ja keine Heiterkeit zu finden. Eine Trostlosigkeit lauerte in dieser unbegrenzten Weite, eine schreckhafte Härte in dieser herb duftenden Luft, eine unerträgliche Schwermut in dieser großen Stille!

Schlieben hörte nur das eigne erregte Atmen. Immer rascher lief er, eine heftige Angst um seine Frau erfaßte ihn plöglich. Jezt hatte er sie beinah erreicht schon streckte er die Hand aus, sie am flatternden Kleid zu haschen

da drehte sie sich um, warf sich ihm an die Brust und schluchzte: „Ach, hier ist beides: Blüte und Frucht! Aber unsre Myrte ist abgeblüht und hat nicht Frucht getragen nicht Frucht wir armen Leute!" Also das das war's wieder ?! Verwünscht! Er, der sonst so Gemäßigte, stampfte heftig mit dem Fuß auf; Zorn, Scham und ein gewisses Schmerzgefühl jagten ihm das Blut zu Kopfe. Da stand er nun in einer Ödenei, hielt seine zum Erbarmen weinende Frau in den Armen und kam sich selber höchst kläglich vor.

„Sei nicht böse, sei nicht böse,“ bat sie und drückte sich fester an ihn. Siehst du, hier hatte ich gehofft ach, so bestimmt gehofft gewartet — ich weiß selbst nicht recht auf was, aber immer gewartet und heute

eben ist mir's flar geworden: es war doch alles, alles umsonst! Laß mich weinen!"

Und sie weinte wie jemand, dem alle Hoffnung gestorben ist.

Was sollte er ihr sagen? Wie sie trösten?! Er wagte kein Wort, strich ihr nur sacht übers heiße Gesicht und fühlte, wie auch ihn ein Gefühl beschlich, das Gefühl, das er nicht immer die Kraft hatte, beiseite zu schieben.

So standen sie lange stumm, bis er, sich zusammennehmend, in einem Ton, der gleichgiltig-ruhig zu klingen bemüht war, sagte: „Wir müssen zurückgehen, wir sind Hier ganz in die Wildnis geraten. Komm, nimm meinen Arm! Du bist übermüdet, und wenn wir

„Still," unterbrach sie ihn und ließ hastig seinen Arm fahren. „Wieder wie vorhin! Es flagt was!"

Nun hörte er's auch. Sie horchten beide: war das ein Tier? Oder die Stimme eines Kindes, eines ganz kleinen Kindes?!

„Gott!" Weiter sagte Käte nichts, aber sie machte, kurz entschlossen, eine Wendung nach rechts und lief eilig, ohne acht zu haben, daß sie mehrmals stolperte im schier undurchdringlichen Beerengestrüpp, zu einer kleinen Bodensenkung hinunter.

Ihr feines Ohr hatte sie recht geführt. Da lag das Kind auf der Erde. Es hatte kein Kissen, keine Decke, war recht erbärmlich eingebündelt in einen alten, zerschlissenen Frauenrock. Sein Köpfchen, das dunkel behaart war, lag im bereiften Kraut; mit den großen, klaren Augen guckte es starr in die Helle, die zwischen Himmel und Venn flimmerte.

Da war kein Schleier, keine schüßende Hülle; auch teine Mutter nur das Venn.

Sie hatten sich doch getäuscht: es weinte nicht, es grahlte nur so vor sich hin, wie stillzufriedene Kinder zu tun pflegen. Seine kleinen Händchen, die nicht mit eingebündelt waren, hatten um sich gefaßt, einige der roten Beeren gegriffen und zerquetscht. Dann waren die Fäustchen zum hungrigen Mündchen gewandert; die Säuglingslippen waren betropft mit Beerensaft.

So allein ?!" Käte war in die Kniee gesunken, ihre Hände umfaßten zitternd das Bündel. „Um Gottes willen, das arme Kind! O wie reizend es ist! Sieh nur, Paul! Wie kommt es hierher ? Es wird erfrieren! VerHungern! Ruf mal, Paul! Das arme Würmchen! Wenn jezt die Mutter käme, der würde ich es aber gehörig sagen - es ist schändlich, das hilflose Wesen so liegen zu lassen! Rufe Laut Lauter!"

Er rief, er schrie: „He, holla! Ist niemand da?!" Keine Stimme antwortete, kein Mensch kam. So still lag das Venn, als sei es eine ausgestorbene, längst vergessene Welt.

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Es kommt niemand," flüsterte Käte ganz leise, und es war Angst und zugleich zitterndes Frohlocken in ihrer Stimme. Die Mutter kümmert sich nicht wer weiß, wo die hin ist?! Ob sie kommt?!" Spähend sah sie umher, recte den Kopf nach allen Seiten, um ihn dann mit einem Seufzer der Befriedigung wieder auf das Kind herabzuneigen.

Was gehörte dazu für ein unverzeihlicher Leichtsinn nein, was für eine unsagbare Roheit, solch ein Würmchen hier preiszugeben! Wenn sie nun ein paar Stunden, nur eine Stunde später gekommen wären?! Da fonnte es be

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