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wie drinnen in der Stadt, erkannte er sie schon von weitem. Sie trug das gleiche Matrosenhütchen mit blauem Band wie im vorigen Sommer; das war zwar noch etwas verfrüht, aber es paßte zu ihr. So frühlingsfrisch!

Ein Gefühl quoll in Wolfgang auf, als sie vor ihm stand, das er sonst Frauenzimmern gegenüber nicht gekannt hatte: ein brüderliches Gefühl inniger Zärtlichkeit. Ach, sie hatte es doch wohl nur gut gemeint!

Stumm grüßte er, sie aber sagte froh: „Ach, du, Wolfjang?!" und streckte ihm die Hand hin.

Wie früher schlenderte er neben ihr her; sie hatte unwillkürlich ihren Schritt verlangsamt. Sie wußte nicht recht, wie sie wieder mit ihm anfangen sollte, aber das glaubte sie zu fühlen: böse war er nicht mehr. „Wir reisen morgen," sagte er.

„Nanu, wohin denn?"

Und er erzählte ihr's.

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Mitten darin unterbrach sie ihn. Bist du mir böse?" fragte sie ganz leise.

Er schüttelte verneinend den Kopf, aber weiter ging er nicht darauf ein.

Alles, was sie ihm sagen wollte, daß sie nicht anders gekonnt hätte, daß Hans ihn,ausbaldowert', daß sie's doch seiner Mutter versprochen und daß sie selber so große Angst um ihn gehabt hätte, unterblieb. Es war nicht nötig. Es war, als sei das Vergangene nun tot für ihn, als hätte er es ganz vergessen.

Als er dem interessiert zuhörenden Mädchen von der Riviera, wohin er nun reisen würde, erzählte, beschlich es ihn leise doch wieder wie neue Lebensfreudigkeit. Ah, nur heraus

hier, heraus! Wenn er erst dort war, würde alles besser werden! Er machte sich noch kein rechtes Bild, wie es eigentlich dort sein würde; mit halbem Ohr nur, nein, gar nicht hatte er zugehört, wenn die Mutter ihm vom Süden gesprochen hatte, es war ihm ja alles ganz gleichgiltig ge= wesen. Nun empfand er es selber wie eine Wohltat, daß er wieder Teilnahme hatte. Er atmete tief auf.

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Schichst du mir auch 'ne schöne Ansichtskarte von da?" bat sie.

„Natürlich, viele!" Und dann legte er den Arm um ihre schmalen Schultern und zog sie an sich.

Und sie ließ sich ziehen.

Auf offener Straße, an deren Rändern die Büsche schon knospten und der Flieder im ersten Safte schwoll, standen sie und hielten sich umfaßt.

Komm jesund wieder," schluchzte sie.

Und er füßte sie zart auf die Wange: Frida, ich muß mich wirklich noch bei dir bedanken!"

Als Frida am andern Morgen ins Geschäft ging die Uhr war halb acht sagte sie zur Mutter: „Nu is er fort," und blieb nachdenklich den ganzen Tag. Lange Wochen hatte sie nicht mit Wolfgang gesprochen gehabt da war es ihr auch ganz gleichgiltig gewesen aber seit gestern abend war ihr weh ums Herz. Sie dachte viel an ihn, sie konnte ihn gar nicht vergessen.

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XVIII

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äte war nun mit dem Sohn allein. Nun hatte

sie ihn ganz für sich.
eifersüchtigem Ringen

Das, was sie früher in

erstrebt hatte, nun war

es ihr gegeben. Nicht einmal die Natur draußen, die mit so lockenden Augen in die Fenster sah, konnte ihn an sich ziehen. Es erstaunte sie ja, nun der= stimmte es sie fast daß er nicht mehr Anteil zeigte. Sie fuhren durch die Schweiz -er sah sie zum ersten Mal — aber das, was sie beim ersten Anblick zu Tränen anbetender Bewunderung gerührt hatte, diese hohen Berge, deren Gipfel sich in Schnee und Wolken verloren, zwangen ihm kaum einen Blick ab. Dann und wann sah er wohl einmal zum Coupéfenster hinaus, aber meist lehnte er in seiner Ecke, las oder träumte mit offenen Augen vor sich hin. „Bist du müde?"

„Nein," sagte er; bloß,nein', aber ohne die schroffe Kürze, die ihm sonst eigen gewesen war. Es war keine unliebenswürdige Ablehnung mehr in seinem Ton.

Mit besorgten Augen sah Käte den Sohn an: die Reise griff ihn doch wohl an? Es war gut, daß sie mit ihm war! Sie kam sich unentbehrlich vor, und das Gefühl innerer Genugtuung ließ sie die Anstrengungen der weiten Reise gar nicht empfinden.

In Mailand, wo sie einen Tag rasteten, wollte Wolfgang nicht viel vom Dom wissen. „Ja, großartig,“ sagte er, als sie sich am Wunderbau begeisterte. Aber auf die Plattform, von der man heute bei dem hellen Wetter eine tolossale Rundsicht haben würde bis hin zu den fernen

Alpen, wollte er nicht mit ihr hinauf. „Geh du allein, laß mich hier!"

Es kam ihr anfänglich komisch vor, daß sie, die alte Frau, hinaufsteigen sollte, während er, der junge Mann, unten blieb. Zulegt konnte sie der Lust, die sie drängte, das früher schon einmal Genossene, Herrliche wieder neu aufleben zu sehen, doch nicht widerstehen. Sie löste sich die Karte zum Hinaufsteigen, und er klappte sich einen der Feldstühle auseinander, die zum Gebrauch in der weiten Leere des Riesendomes stehen und ließ sich, den Rücken an eine Marmorsäule gelehnt, nieder.

Ah, hier ruhte sich's gut! Nach dem Markt draußen mit seinem Gelärm und dem Geschwirr von Tönen und bunten Farben, umfing ihn hier die weihrauch durchwürzte Dämmerung. Es störte ihn nicht, daß Türen auf- und zuklappten, daß Leute aus- und einzogen in Scharen. Daß Hier ein Fremdenführer mit blecherner Stimme seinen Fremden die eingelernte Belehrung herleierte, ganz laut, nicht achtend, daß er dabei fast über die Füße derer stolperte, die auf niedrigen Bänkchen vor einem sizenden Priester, flüsternd ihre Sünden bekannten. Daß dort einer die Messe zelebrierte - die Meßner knicksten und klingelten während hier eine Köchin, das an den Beinen zusammengebundene Geflügel neben sich, mit einer Gevatterin schwaßte.

Das alles störte ihn nicht, er bemerkte es gar nicht. Die köstliche Dämmerung umfing seine Sinne, er wurde jo schläfrig, so selig müde. Vor seinen verschwimmenden Blicken lächelten alle Heiligen, füße Marien und pausbackige Engelchen, die Amoretten glichen. Es wurde ihm wohlig hier. Der Mailänder Dom, dies Wunder der

Welt, verlor seine befremdende Großartigkeit; die weiten Mauern rückten zusammen wurden eng und traulich und umfaßten doch die Welt. Eine friedvolle Welt, in der Sünder niederknieen und als Reine auferstehen. Eine ungeheure Sehnsucht erfaßte Wolfgang, auch hier niederzuknieen. Ah, da war sie wieder, die Sehnsucht seiner Knabenjahre! Wie hatte er dazumal die Kirche, in die ihn das Mädchen Cilla geführt hatte, geliebt! Er liebte sie noch, er liebte sie wieder, er liebte sie heute mit noch sehnsüchtigerer Liebe als dazumal. Hier war er zu Haus, hier hatte er das warme Gefühl der Zugehörigkeit.

-,Qui vivis et regnas in saecula saeculorum" hocherhoben strahlte die goldene Monstranz, tief neigten sich die Beter, seliger Wohlklang schwebte unterm hochgewölbten Kuppeldach, immer schöner, schöner leise, leiser. Die Lider fielen ihm zu.

Und er sah Cilla. So frisch, so schön wie das Leben selber. O, wie wunderschön! So hatte sie sonst doch nicht ausgesehen?! Er war sich bewußt, daß er träumte, aber er war nicht imstande, den Traum abzuschütteln. Und sie kam ihm ganz nah -o, so nah! Und sie machte das Zeichen des Kreuzes über ihm leise tönte Orgelmusik horch, was sprach sie, was flüsterte sie über ihm?! Er wollte nach ihrer Hand greifen, sie befragen, da hörte er eine andre Stimme:

„Wolfgang, schläfst du?"

Kätes Hand hatte sich leise auf seine Hände gelegt, die er gefaltet auf den Knieen hielt. Ich bin wohl lange oben. geblieben? Du hast dich gelangweilt?"

„nein, nein!" Er sagte es mit Enthusiasmus.

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