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sagte er und blinzelte dabei von der Seite nach dem ernsten Gesicht des Herrn - mußte der ein Geld haben, der verzog ja nicht eine Miene!

Vom Viehhandel her war der alte Bauer seit Lebzeiten das Feilschen gewöhnt, nun blickte er, von scheuer Bewunderung für solch einen Reichtum erfüllt, auf den Fremden. Bereitwillig führte er nach der Hütte der Solheid. —

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ie Hütte der Solheid lag, wie alle Häuser des Dorfes, ganz für sich allein hinter einer giebelhohen Hecke. Aber die Hecke, die da schützen sollte gegen die Stürme des Venns und das wilde Schneetreiben, war nicht mehr dicht; man sah's, hier fehlte die sorgende Männerhand. Die Hainbuchen waren regellos in die Höhe geschossen; abgestorbene Zweige, die der Vennwind peitschte, reckten sich wie klagende Finger in die Luft.

Hu, hier mußte es eisig kalt sein im Winter! Unwillkürlich zog Käte den weichen, seidengefütterten Tuchmantel fester um sich. Und doppelt dunkel mußte es hier sein in dunklen Tagen! Die winzigen Fensterchen waren durch die Schuhhecke lichtlos gemacht, und tief hing das Dach über den Eingang. Ohne Stufen, gleich von der ebenen Erde ging's hinein.

Der Gemeindevorsteher rappelte am,Jadder', der einst

mals grün gestrichenen, jest farblos gewordenen Haustür mit dem eisernen Klopfer. Der Klopfer dröhnte durchs Haus, aber die Tür gab dem Druck nicht nach. Ei, die Solheid war wohl in den Beeren und die Kinder mit ihr! Man hörte drinnen im verschlossenen Hüttenraum nur das hungrige Schreien des Jüngsten.

Das arme Kind

0, sie hatte es wieder allein ge= lassen! Käte zitterte vor Erregung, wie Hilferuf erklang ihr das Geschrei.

Gelassen sezte sich der Gemeindevorsteher auf den Haukloz vor der Tür und zog seine Pfeife aus der Tasche des faltigen blauen Leinenkittels, den er, der Herrschaft zu Ehren, rasch über das Arbeitswams gezogen hatte. Jetzt hieß es warten.

Enttäuscht sah sich das Ehepaar an

warten?!

Käte hatte den Sih ausgeschlagen, den ihr der Alte mit einer gewissen Galanterie auf dem Haukloß angeboten; sie hatte keine Ruhe, rastlos schritt sie vor dem Fensterchen auf und ab und mühte sich vergebens, durch die blinde Scheibe hineinzuspähen.

Immer ungebärdiger schrie drinnen das Kind. Der alte Rocherath lachte: das war mal ein Brüllen, der JeanPierre hatte 'n kräftige Lung'!

Käte konnte das Schreien nicht mehr mit anhören, es machte ihr körperliche und seelische Qual. Ach, wie es ihr in den Ohren gellte! Sie preßte die Hände dagegen. Und ihr Herz zitterte vor Mitleid und Empörung: wie konnte die Mutter so lange ausbleiben ? !

Der Angstschweiß trat ihr auf die Stirn; mit bren= nenden, ungeduldigen Augen starrte sie hinaus aufs Venn,

C. Viebig, Einer Mutter Sohn.

auf den nachten, baumlosen, sich endlos hinschlängelnden Pfad. Da sah sie endlich Gestalten endlich! - und doch blieb ihr auf einmal der Atem stehen, ihr Herz seßte den Schlag aus, um dann plößlich, wie toll, ungestüm drauf los zu hämmern: da kam die Mutter!

Lisa Solheid trug eine Reisigwelle auf dem Rücken, um die Schultern mit einem Strick festgeschnürt. Die Last war so schwer, daß sie das Weib ganz vornüber drückte und ihm den Kopf tief duckte. Drei Kinder - die kleinen Füße in plumpen Nagelschuhen - trappten vor der Mutter her, während ein viertes an ihrem Rock hing. Das hatte auch schon Preißelbeeren gesucht, seine Händchen waren rot gefärbt wie die Hände der größeren Geschwister, die Eimer, Maß und Kamm schleppten.

Hübsche Kinder, alle vier! Sie hatten dieselben dunklen Augen wie der kleine Jean-Pierre, mit denen starrten sie halb dreist, halb scheu die fremde Dame an, die ihnen zulächelte.

Die Solheid erkannte die Herrschaften nicht, die ihr gestern auf dem Venn eine Gabe gereicht hatten oder tat sie nur so?

Der Strick, der die Welle zusammenhielt, hatte ihr tief in Schultern und Brust eingeschnitten, jezt löste sie ihn und schleuderte mit kraftvollem Ruck die Bürde ab; und jezt griff sie nach der Art, die neben dem Haukloz lag, und begann, als sei niemand zugegen, mit mächtigen Hieben ein paar starke Aste zu zerkleinern.

„Heela, Lisa,“ sagte der Gemeindevorsteher, wenn du jenug Holz jehauen has', für die Irumbieren zu kochen, paß ens op!"

Sie sah flüchtig von ihrer Arbeit zu ihm auf. Die Fremden waren beide ohne Verabredung

ein wenig auf die Seite gegangen: mochte es der Gemeindevorsteher ihr erst einmal sagen! Es war doch nicht so einfach, wie sie sich's gedacht hatten. Die war nicht leicht zugänglich !

Der Solheid verschlossenes Gesicht veränderte keinen Zug; stumm, mit zusammengepreßten Lippen verrichtete sie ihre Arbeit weiter. Das Holz barst unter ihren kraftvollen Hieben, die Stücke flogen um sie herum. Ob ste überhaupt auf das hörte, was der Mann zu ihr sprach ?! die Beobachtenden wechselten einen raschen und jezt antwortete sie auch! Lebhafter, als man es bei ihrer verdrossenen Art vermutet hätte.

Ja Blick

Lisa Solheid hob den Arm und wies nach ihrer Hütte, darinnen der Kleine noch immer unerhört schrie. Rauh Klang ihre Rede, in einem schier barbarischen Dialekt, man verstand nichts davon, nur ab und zu ein französisches Wort. Auch der Gemeindevorsteher sprach wallonisch. Sie wurden beide lebhaft, erhoben ihre Stimmen und redeten laut gegeneinander an; fast klang es wie Zank.

Sie schienen nicht einig zu werden! Käte lauschte in verhaltner Angst. Würde sie es geben? Würde er's von ihr losbekommen?!

Heimlich zupfte sie ihren Mann. „Biete mehr, gib ihr doch mehr, hundert Taler sind viel zu wenig!" Und dem Bauer da mußte er auch etwas versprechen für seine Bemühung. Hundert, zweihundert, dreihundert, hundert mal hundert waren nicht zu viel! Ach, wie das arme Kindchen schrie! Es litt sie fast nicht mehr so tatenlos vor der Schwelle.

Die Geschwister des kleinen Jean-Pierre - ein schönes Mädchen mit wirren Haaren und drei jüngere Knaben — standen, den Finger im Mund, die schmuzigen Näschen ungewischt, und rührten sich nicht vom Fleck.

Da fuhr die Mutter sie an: „Heela," und sie sto= ben davon, eines fast über das andre purzelnd. Aus der kleinen Höhlung unter der Schwelle scharrten sie den Schlüffel vor, und die Größte stieß ihn ins rostige Schloß und drehte ihn, auf den Zehen stehend, mit aller Kraft ihrer beiden Händchen um.

Die Solheid wandte sich nun gegen die Fremden; ihre Hagere braune Rechte machte eine einladende Bewegung: ,,Entrez !"

Sie traten ein. Innen war's so niedrig, daß Schlieben den Kopf bücken mußte, um ihn nicht wider die Balkendecke zu stoßen, und so dunkel, daß sie geraume Zeit brauchten, bis sie nur irgend etwas unterscheiden konnten. Ärmlicher konnte es nirgendwo sein alles in allem ein einziger Raum. Der Herd war von rohen Steinen kunstlos gemauert, darüber hing vom geschwärzten Balken an eiserner Kette der Kessel herab; offen stieg der Qualm der Langsam schwelenden Torfglut hinauf in den rußigen Rauchfang. Ein paar irdene Teller im Schüsselbrett - buntblumig aber rissig ein paar verbeulte Zinngefäße, ein Melkeimer, ein hölzerner Bottich, eine lange Bank hinterm Tisch, auf dem Tisch ein halber Laib Brot und ein Messer, we= nige Kleider an Nägeln, in die Wand halb hineingebaut das Ehebett, darin jezt wohl die Witwe mit den Kindern schlief, und davor die plumpe Holzwiege des kleinen JeanPierre das war alles.

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