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Wirklich alles ?! Von einem Frösteln im dämmerkalten, kellerdumpfen Raum geschüttelt, sah sich Käte um. Dwie trostlos arm! Da war kein Schmuck, keine Zier! Doch, dort ein schreiend buntes Marienbildchen ein roher Farbendruck auf dünnem Papier - ein Weihwasserkesselchen aus weißem Porzellan darunter - und dort, auf der andern Seite der Wand, dicht beim Fenster, so daß das wenige Licht darauf fiel, ein Soldatenbild. Unter Glas und Rahmen, in drei Abteilungen, dreimal derselbe Infanterist. Links: das Gewehr geschultert, auf Posten vorm schwarzweißen Schilderhaus rechts: marschbereit, Tornister und Kochgeschirr aufgeschnallt, Brotbeutel und Feldflasche an der Seite, Gewehr bei Fuß in der Mitte: in Parademontur als Gefreiter, die Hand grüßend an den Helm gelegt.

Ah, das sollte wohl der Mann sein, Michel Solheid als Soldat?! Einen scheuen Blick warf Käte auf das Bild

der da, der war ja erschossen worden beim Schmuggeln auf dem Venn! Wie schrecklich! Sie hörte wieder den Alten erzählen, jah den blutenden Mann im Heidekraut liegen, und das Grausen des Abenteuerlichen rüttelte sie. Ihr Blick glitt wieder und wieder hin zu dem Bilde, dem üblichen Soldatenbild, das in seiner stereotypen Nichtigkeit so gar nichts sagte, und von da zu der Wiege des kleinen Jean-Pierre: ob der viel vom Vater hatte ?!

Schlieben hatte gewartet, daß seine Frau das Wort nehmen sollte sie würde ja am besten wissen, wie mit der andern zu reden sei aber sie schwieg. Und der Gemeindevorsteher fagte auch nichts; nun er die Verhandlung eingeleitet hatte, hielt er es für höflich, dem Herrn das Wort zu lassen. Und die Solheid sprach auch nicht.

Sie scheuchte nur mit einer stummen Gebärde die Kinder, die sich mit Gier über das harte Brot auf dem Tisch hermachen wollten. Dann stand sie still bei der Wiege; thre Rechte, die noch das Beil vom Holzspalten hielt, hing schlaff herunter am armseligen Rock. Finster war ihr Gesicht, unnahbar, und doch spiegelte sich ein Kampf darin.

Schlieben räusperte sich. Er hätte es lieber gehabt, wenn ein andrer für ihn die Sache erledigt hätte, aber da dieser andre nicht da war, der Gemeindevorsteher ihn nur erwartungsvoll anblickte, so sah er sich gezwungen, zu sprechen. Mit einer Freundlichkeit, die wie Herablassung erscheinen mochte und doch nur Verlegenheit war, sagte er: „Frau Solheid, der Gemeindevorsteher wird Ihnen gesagt haben, was uns zu Ihnen führt — verstehen Sie mich, gute Frau ?" Sie nichte.

„Wir haben die Absicht, Ihr jüngstes Kind an" er stockte, sie hatte eine Bewegung gemacht, als wolle sie verneinen „an Kindes Statt anzunehmen, adopter! Sie verstehen?"

Sie antwortete nicht; aber er fuhr fort, so rasch, als habe sie ja' gesagt: „Wir werden es halten, als wenn es unser eigenes wäre, es wird es so gut haben, wie Sie es ihm natürlich nicht geben können, und wir

„O, und wir werden es so liebhaben!" fiel Käte ihm ins Wort.

Das schwarze Weib drehte langsam den Kopf nach der Seite, wo die blonde Frau stand. Es war ein seltsamer Blick, der die Fremde maß, die jezt näher zur Wiege herangekommen war. War's ein prüfender Blick, ein abwehrender, ein freundlicher oder unfreundlicher ? !

Käte sah mit verlangenden Augen nach dem Kinde. Das weinte jezt nicht mehr, es lächelte jezt fogar, und jezt jezt recte es die Armchen! O, es war schon so klug, es sah sie an, merkte bereits, daß sie ihm gut war! Es versuchte sich aufzurichten ah, es wollte zu ihr, zu ihr!

Das Rot der Freude schoß ihr zu Kopf, schon streckte fie die Hände aus, das Kleine aufzunehmen, da schob sich wie eine Wand die Mutter vor die Wiege.

„Neni,“*) sagte die Wallonin hart. Abwehrend hob sie die freie Linke. Und dann machte sie das Zeichen des Kreuzes auf die Stirn des Kindes, und dann auch auf seine Brust.

Aber warum denn nicht, warum wollte sie es denn nun auf einmal nicht geben?! Käte zitterte vor Schreck. Flehend suchte ihr Blick den ihres Mannes: hilf du mir! Ich muß, ich muß das Kind haben!

Und Schlieben sagte jezt, was er schon vorhin hatte sagen wollen, als seine Frau ihm ins Wort gefallen war: „Wir stellen die Zukunft Ihres Kindes sicher. Wissen Sie, was das heißt, gute Frau? Es wird nie Sorge um3 tägliche Brot haben - nie hungern müssen! Nie arbeiten müssen, um sein Leben zu fristen nur arbeiten aus Freude an der Arbeit! Verstehen Sie?!"

Arbeiten aus Freude an Arbeit?! Verständnislos schüttelte das Weib den Kopf. Aber dann fiel ihm ein: nie Hungern und ein Licht glomm in seinem stumpfen Blick ! auf. Nie hungern ei, das verstand die Witwe wohl, und doch schüttelte sie wieder verneinend den Kopf: „Neni!" Sie zeigte auf sich und die andern Kinder und dann mit einer umfassenden Bewegung hinaus aufs große Venn: *) Nein.

„Nos avans tortos faim !"*) Sie zuckte die Achseln mit dem Gleichmut der Gewöhnung, und es schien sogar, als ob sie lächeln wollte; die Mundwinkel ihres verdrossenen Mundes hoben sich ein wenig, ihre sonst herbgeschlossenen Lippen ließen die kräftigen, gefunden Zähne sehen.

Der Gemeindevorsteher mischte sich jezt ein: „Lisa, wahrhaftiges Jotts, dat is doch kein Pläsier, zu hungere! Sackerment, dat du so jeckeltg bis'! De Jung, de kömmt ja aus der Höll in der Himmel. Wat ich dir schon jesagt hab': die Herrschafte sin reich, sehr reich, un se sin jeck op dat Kind, — rasch, jib en rasch, jib en ihnen, du haf' 'r ja noch vier!" Noch vier! Sie nickte nachdenklich, aber dann warf sie den Kopf in den Nacken, und ein Blick

jezt war schoß zu

er deutlich, es flackerte darin etwas wie Haß der andern hinüber, die da stand so reich, so fein, mit Ringen an den Fingern, und nach der ihr Jean-Pierre gudte. „Neni!" Sie sagte es noch einmal und noch abweisender und noch hartnäckiger denn zuvor.

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Aber der Gemeindevorsteher war zäh, er kannte hier die Art. Du wirs' es dir überlejen," sprach er überredend. „Un wenn ich dir sage, daß se dir reichlich jeben werden nich wahr ?" wandte er sich fragend zu Schlieben. Habt Ihr nich jesagt, daß es Euch nich ankömmt op 'n Stück Jeld bei so 'ner armen Frau?!"

„Nein, gewiß nicht," versicherte Schlieben. Und Käte war wieder voreilig: „Es kommt uns gar nicht darauf an von Herzen gern, was sie verlangt - ach, das liebe Kind !" „Dju n' vous nin,“**) murrte die Solheid.

*) Nous avons faim tous.

**) Je ne veux pas.

„Du wills' nich ?! Ä wat!" Der alte Bauer lachte sie fast aus. „Du bis' ja wie mein' Maiblum, wenn die nich stehn will un mit dem Hinterbein jegen der Melkeimer haut! Stoß die Leut doch nich vor der Kopp! Wat haste dann, wenn se nu fortjehn un sin des satt?! Jar nix! Dann haste 'r fünf, die Brot' schreien, un der Winter is für der Tür! Willste wieder so 'ne Winter zubringen wie der vorige? Is dir der Jean-Pierre da nich bald befrore? Die vier andern sin schon jrößer, die bringste besser durch. Un du könnts' dir en Kuh anschaffen - denk ens, en Stuh! Un du könnts' dir en besser Dach op et Haus sehen lassen, wat der Regen un der Schnee nich durchläßt, un könnts' auch Irumbieren jenug han. Sicher en jut Jeschäft, Lisa!" Käte wollte noch etwas hinzufügen ah, was wollte sie der Frau nicht alles Gutes tun, wenn die ihr nur das Kind überließ! — aber ein Käuspern des Alten und ein heimliches Zublinzeln seiner Augen mahnten sie, stille zu sein. Kubin m'è dinroz ve ?"*) fragte jet plöglich

die Solheid.

Sie hatte lange unschlüssig gestanden, den Kopf ge= senkt, und es war ganz still um sie gewesen. Die Fremden hatten sich nicht gerührt, der Gemeindevorsteher nicht; kein Wind pfiff im Rauchfang, kein Feuer knisterte. Auf allem lastete stumme Erwartung. Nun hob sie den Kopf, und ihr düsterer Blick glitt wie musternd durch die armfelige Stube, hin zu dem kargen Brot auf dem Tisch und dann zu den hungrigen Vier. Das fünfte sah sie nicht mehr an. Sie war erblaßt, das tiefe Sonnenbraun ihres Gesichtes war ganz fahlgrau geworden.

*) Combien me donnerez-vous done?

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