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einher ging, den Kopf frei gehoben, die Augen voll Glück. Alle hielten sie ja für die Mutter, für des jungen Kindes junge Mutter, für des schönen Kindes schöne Mutter! Wie oft hatten Fremde ihr schon von der Ähnlichkeit gesprochen: „Ihnen wie aus den Augen geschnitten, gnädige Frau, nur das Haar ist dunkler als das Ihre! Dann hatte sie jedesmal gelächelt mit einem tiefen Erröten. Sie konnte den Leuten doch nicht sagen, daß er ihr eigentlich gar nicht ähnlich sehen konnte! Wußte sie es jezt doch selber kaum mehr, daß kein Tropfen ihres Blutes in Wölfchens Adern floß.

Nach ihr schaute er zuerst, wenn er erwachte. Zwar stand sein mullverhangenes Bettchen neben dem Bett der Wärterin, aber der Mutter galt doch sein erster Blick, und auch sein letter, denn niemand verstand es so gut wie sie, ihn in Schlaf zu singen.

„Schlaf, mein füßes Kind,
Draußen geht der Wind.
Höre, wie der Regen fällt

Und wie Nachbars Hündchen belt!
Hündchen hat den Mann gebissen,

Hat des Bettlers Kleid zerrissen

das tönte Abend für Abend leise und schmeichelnd aus der Kinderstube, und der kleine Wolf schlief sanft dabei ein, beim Lied von Wind und Regen ob schuhlosen Häuptern und von Bettlern, deren Kleider der Hund zerreißt.

Schlieben hatte jezt keine Veranlassung mehr, sich über die Stimmungen seiner Frau zu beklagen. Alles war anders geworden auch ihre Gesundheit gleichiam neu, als sei noch einmal ein zweites Leben begonnen. Und

er selber? Er selber hatte jezt viel mehr Lust zur Tätigkeit. Nun er wieder ins Geschäft eingetreten war, fühlte er ein sonst nicht gekanntes Behagen, wenn er sah, daß neue Unternehmungen glückten. Unternehmungsgeist hatte er früher nie gehabt -wozu auch? Was er und seine Frau brauchten, hatten sie reichlich. Natürlich war es ihm ange= nehm gewesen, gut abzuschließen, aber daß es ihm Freude gemacht hätte, Geld zu verdienen, hätte er nicht sagen können. Er hatte immer mehr Vergnügen daran gefunden, es auszugeben.

Der alte Schlieben war darin ganz anders gewesen, von einer viel weniger großen Leichtigkeit, und er hatte sich, solange er lebte, stets darüber Vorwürfe gemacht, daß er den einzigen Sohn bei einem Kavallerieregiment hatte dienen lassen; da war dem von der kavalleristischen Flottheit etwas kleben geblieben, was mit den Ansichten des ursoliden, behäbig-bürgerlichen Kaufmanns nicht recht stimmen wollte. Und die Schwiegertochter? Nun, die war auch nicht so ganz nach dem innersten Herzen des alten Herrn gewesen, die hatte zu viel modernes Zeug im Kopf, und der Paul wurde ganz davon ange= steckt. Man konnte ja ein gebildeter Mensch sein nicht?

warum

und sich auch für die Kunst interessieren, ohne

darum so wenig realen Sinn zu besigen!

Der biedere Mann, der Kaufmann von echtem Schrot und Korn und Urberliner, hatte nicht mehr die Freude gehabt, an seinem Sohn zu erleben, was jezt dessen Sozien mit Verwunderung und ungemessenem Erstaunen wahrnahmen. Sie brauchten jezt nicht mehr über Schliebens mangelndes Geschäftsinteresse die Achseln zu zucken und eine gewisse Spige auf die Frau zu haben, die ihn so ganz in Beschlag nahm;

jezt hatte er das Interesse, das sie wünschten. Jezt machte es ihm Freude, auf ihre Projekte einzugehen; es erschien ihm selber Bedürfnis, ja geradezu geboten, neue Verbindungen anzuknüpfen, den ruhigen, von lange her eingeschlagenen Geschäftsgang nach rechts und links, nach allen Seiten zu erweitern. Er zeigte Geschäftsgeist und wurde auf einmal praktisch. Und mitten in seinen Berechnungen, vertieft am Pult sizend, konnte Schlieben sich dabei ertappen, daß er dachte: ‚das wird dem Jungen einmal von Nugen sein! Dann aber konnte ihn dieser Gedanke doch wieder so irritieren, daß er die Feder hinwarf und unwirsch vom Pult aufsprang: nein, nur seiner Frau zu Gefallen hatte er den Jungen angenommen, lieben wollte er ihn nicht!

Und doch, wenn er zu Tisch nach Hause kam, an jenen köstlichen Nachmittagen, in denen die Kiefern um sein Haus dufteten und die reine Luft den nach angespannter Arbeit erwachten Appetit noch verstärkte, wenn ihm dann der Junge mit Geschrei entgegenzappelte, seinen kleinen Bauch klopfend: „Papa essen -gut meden," und Käte sich lachend am Fenster zeigte, dann konnte er sich nicht enthalten, den hungrigen Schreier hoch in die Luft zu schwingen und ihn erst nach einem freundschaftlichen Klaps wieder auf die Füße zu stellen. Er war doch ein famojer Kerl! Und immer bei Appetit. Nun, Gott sei Dank, jatt zu essen würde er ja auch immer haben!

Eine gewisse Behäbigkeit kam dabei über den Mann. Was er früher nie so gefühlt hatte: daß ein eignes Heim ein Glück bedeutet das fühlte er jetzt. Und er empfand die Wohltat des gesicherten Besizes, der es gestattet, sich das Leben mit allen möglichen Annehmlichkeiten auszu=

gestalten. Hübsch war das Haus! Aber wenn er es demnächst kaufte, baute er doch noch an, und das Grundstück daneben kaufte er auch noch zu. Es wäre doch höchst fatal, wenn sich da etwa einer einem dicht auf die Nase sezte!

Es war Schlieben seinerzeit schwer geworden, hier draußen Wohnung zu nehmen, nachdem er, solange er denken konnte, in einer Berliner Stadtwohnung gelebt hatte. Nun aber pries er den Gedanken seiner Frau, hier herauszuziehen, als sehr glücklich. Nicht nur des Kindes wegen! Man hatte selber hier draußen ja einen ganz andern Genuß seines Heims; man kam viel mehr zum Bewußtsein eines solchen. Und wie viel gesünder war's - wahrhaftig, der Appetit war kolossal! Man wurde noch der reine Materialist! Und von seinem knurrenden Magen getrieben, folgte Schlieben dem eßlustigen Jungen ins Haus.

Wolfgang Solheid, genannt Schlieben, bekam die ersten Hosen. Es war ein Fest fürs ganze Haus. Käte ließ ihn heimlich photographieren, denn hübscher hatte nie ein Junge in ersten Hosen ausgesehen. Und sie stellte ihrem Mann das Bild des noch nicht Dreijährigen weiße Hosen, weißer Faltenkittel, Pferdchen im Arm, Peitsche in der Hand - von einem Rosenkranz umgeben, in die Mitte seines Geburtstagstisches. Das war ja unter all den vielen Geschenken das Beste, was sie ihm geben konnte. Wie kräftig Wölfchen war! Hier auf dem Bilde sah man's erst: so groß wie ein Vierjähriger! Und trogig sah er aus, unternehmend wie ein Fünfjähriger, der schon an Streit mit andern Buben denkt.

Glückselig wies die Frau dem Manne das Bild, und ein solches Leuchten war dabei in ihren Augen, daß er

sich innig freute. Er dankte ihr, sie küssend, viele Male für diese Überraschung: ja, dieses Bild sollte neben dem ihren auf seinem Schreibtisch stehen! Und dann schäkerten sie beide mit dem Knaben, der sich in seinen ersten Hosen, die ihm noch unbequem waren, ungebärdig über den Teppich wälzte.

Schlieben konnte sich nicht entsinnen, je seinen Geburtstag so angenehm verlebt zu haben wie dieses Mal. Es war so viel Heiterkeit um ihn, so viel Freude. Und wenn auch Wolf schon am Mittag die ersten Hosen zer= rissen hatte wie und wo war der bestürzten Wärterin ganz unbegreiflich, so störte das den Festtag nicht, im Gegenteil, das Lachen wurde noch heller. "Zerreiße Hosen, mein Junge, zerreiße," flüsterte die Mutter lächelnd in sich hinein, als ihr der Schaden gezeigt wurde, „sei du nur froh und stark!”

Am Abend war Gesellschaft. Die Fenster der hübschen Villa waren hell erleuchtet, und im Garten war italienische Nacht. Lau war die Luft; unbeweglich breiteten die Kiefern ihre Aste unterm Sternenhimmel, und großen Glühwürmern gleich schimmerten bunte Lampions in Büschen und Laubgängen.

Im Oberstock der Villa, im einzigen nicht hell be= leuchteten, nur von einer Milchglasampel matt beschienen, durch dichte Vorhänge und Jalousien still gehaltenen Gemach, lag Wölfchen und schlief. Aber unten ließ man ihn leben.

An der Festtafel war der Hausherr schon betoastet worden und dann seine liebenswürdige Gattin mit was konnte man den Gefeierten nun noch mehr feiern, als daß inan den Jungen leben ließ, seinen Jungen?!

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