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Verdichtung mit biegsamen Weidenruten durchflochten und mit Niefernzweigen belegt war. Und Bohnen und Erbsen hatte er gesteckt, die er sich von der Köchin erbettelt hatte; und nun würde er auch noch Kartoffeln legen. Hatte ihn's jemand so tun geheißen? Nein, niemand! Die perfekte Köchin und das Hausmädchen waren Großstadtkinder, was wußten die von Erbsenstecken und Kartoffellegen? !

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Der geborene Landwirt," sagte lachend der Vater. Wie im Schmerz aber wandte sich die Mutter ab; viel, viel lieber hätte sie gesehen, ihres Sohnes Garten wäre ein Unkrautfeld gewesen, als daß er so emsig pflanzte, jätete und begoß.

Sie hatte ihm Blumen geschenkt; aber für die hatte er weniger Interesse, sie gediehen ihm auch nicht so. Nur eine große Sonnenblume wuchs und wuchs; sie war bald so hoch wie der Knabe, bald noch höher, und er stand oft davor, das kindliche Gesicht ernst erhoben, und sah lange in ihr goldenes Rund.

Als der Sonnenblume goldene Blätter verschrumpften, dafür aber ihr Same reif ward - jeden Tag wurde der prüfend betrachtet und dann endlich eingeerntet fam Wolfgang zur Schule. Er ging schon ins siebente Jahr und war groß und stark; warum sollte er jeßt nicht mit andern Kindern lernen?

Die Mutter hatte es sich zwar wundervoll gedacht, ihm selber die Anfangsgründe beizubringen, hatte sie doch als junges Mädchen, das zu Hause nichts zu tun fand und sich gern weiterbilden wollte, das Seminar besucht und das Lehrerinnenexamen sogar mit Auszeichnung bestanden; aber es war wohl schon zu lange her Hier versagte

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ihre Kraft. Besonders die Geduld. Das ging so langsam voran, so unfäglich langsam! War der Junge unbegabt ? Nein, aber schwerfällig, von einer zu großen Schwerfälligkeit. Und ihr war oft, als redete sie an wie gegen eine Mauer.

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Du bist viel zu lebhaft," sagte ihr Mann. Aber Gott im Himmel, wie sollte sie's ihm denn karmachen, daß das ein ‚A' war und das ein ‚O', und wie sollte sie's ihm erklären, daß, legt man zu eins noch eins, es zwei sind, wenn sie nicht lebhaft dabei wurde?! Sie ereiferte sich, sie nahm die Rechenmaschine und zählte dem Knaben die blauen und roten Kugeln vor, die wie runde Perlen an einer Schnur saßen; sie wurde heiß und rot dabei, fast Heiser, und hätte zuleht vor Ungeduld und Verzagtheit weinen mögen, wenn Wölfchen dasaß und sie mit seinen großen dunklen Augen so interesselos ansah und nach Stunden der Arbeit doch noch nicht wußte, daß eine Perle und noch eine Perle zwei Perlen sind.

Mit Schmerz sah sie's ein, sie mußte den Unterricht aufgeben. „Beim Lehrer wird es schon besser gehen," tröstete Schlieben. Und es ging besser, wenn man auch nicht gerade,gut' sagen konnte.

Wolfgang war nicht faul. Aber seine Gedanken wanderten. Das Lernen interessierte ihn nicht. Er hatte andres zu denken: ob die lezten Blätter im Garten wohl gefallen sein würden, wenn er am Mittag aus der Schule nach Hause kam?! Und ob im nächsten Frühjahr der Star, dem er das Kästchen hoch oben in die Kiefer genagelt hatte, sich wohl wieder einfinden würde? Alle schwarzen Beeren hatte der abgepickt vom Holunderbaum und war dann fort

gezogen mit Geschrei; wenn der nun keine Holunderbeeren mehr fand, was fraß er dann ?! Und bange Sorge rüttelte des Knaben Herz hätte er ihm doch noch ein Säckchen

voll Beeren mitgegeben!

Jezt lag der Schnee auf den Kiefern des Grunewalds. Als Wolfgang heute morgen zur Schule gegangen war, das Ränzel auf dem Rücken, das Hausmädchen als Be= gleitung neben sich, hatte die weiße Decke unter seinen Stiefelchen geknirscht und geknackt. Es war sehr kalt. Und da hatte er einen Schrei gehört, einen hungrigen krächzenden Schrei. Das Hausmädchen meinte, es sei eine Eule gewesen pah, was die wußte! Ein Rabe war's, der hungrige Bettelmann im kohlschwarzen Röcklein, wie in der Fibel stand!

Und an den dachte jeßt der Knabe, als er in der Schulbank saß und mit großen Augen auf die Wandtafel starrte, an die der Lehrer Wörter schrieb, die man ergründen sollte. Wie angenehm mußte es jezt unter den Kiefern sein! Da flog der Rabe und streifte mit seinen schwarzen Flügeln den Schnee von den Asten, daß der stäubte. Wohin er dann fliegen mochte?! Wie dem Star, so eilten dem Raben die Gedanken nach, weit, weit fort! Des Knaben Blick erglänzte, seine Brust hob sich unter einem tiefen Atemzug - da rief ihn der Lehrer an.

Wolfgang, schläfst du mit offenen Augen? Wie heißt das hier?!" Der Knabe fuhr zusammen, wurde rot, dann blaß und wußte nichts.

Die andern Jungen wollten sich totlachen schläfst du mit offenen Augen?' das war zu drollig gewesen !

Der Lehrer strafte nicht, aber Wolfgang schlich doch nach Hause, als hätte er Strafe bekommen. Vor dem Hausmädchen, das ihn immer abholen kam, hatte er sich versteckt nein, mit der ging er heute nicht! Auch den Kameraden war er davongelaufen mochten sie sich heute mal ohne ihn balgen, morgen würde er ihnen desto mehr Schneeballen aufbrummen !

Er ging ganz allein, bog von der Straße ab und wanderte planlos zwischen die Kiefern hinein. Er suchte den Raben, aber der war weit fort, und so begann auch er zu rennen, zu rennen, so rasch er nur konnte, riß den Tornister vom Rücken und schleuderte ihn mit einem lauten Schrei weit von sich in die breiten Äste einer Kiefer hinein, daß er da hängen blieb, und nur Schnee in ganzen Stücken Lautlos herunterklegte. Das machte ihm Spaß. Er raffte beide Hände voll Schnee, drehte feste Bälle und begann nun die Kiefer, die seinen Tornister gefangen hielt, regelrecht zu bombardieren. Aber sie gab den Tornister nicht her, und als er heiß und rot und müde war, aber sehr erheitert, mußte er ohne Ränzel nach Hause gehen.

Das Hausmädchen war längst da, als er ankam; mit rotem Kopf - so war sie nach ihm umhergerannt und mit bösem Blick öffnete sie ihm die Tür. „Na,“ sagte sie ärgerlich, „wohl nachsihen müssen ?"

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Er stieß sie zur Seite: Halt deinen Mund!" Sie war ihm unleidlich in diesem Augenblick, da er von draußen Hereinkam, wo es so still, so frei gewesen war.

Die Eltern saßen schon bei Tisch. Der Vater betrachtete ihn mit Stirnrunzeln, die Mutter fragte mit sanftem Vorwurf, der nicht frei von Besorgnis war: „Wo

bist du so lange gewesen? Lisbeth hat dich überall gefucht!"

„Nun?" Schliebens Stimme klang streng.

Der Knabe hatte keine Antwort gegeben, es war ihm auf einmal, als sei ihm die Zunge gelähmt. Was sollte er denen hier drinnen denn von draußen erzählen?!

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Er hat sicher in der Schule nachsizen müssen, gnäd’ge Frau," flüsterte das Hausmädchen beim Präsentieren der Bratenschüssel. „Ich werde es morgen schon von den andern Jungens 'rauskriegen und gnäd'ge Frau dann Bescheid fagen!"

„O du!“ Der Knabe war aufgefahren; so leise sie das gelispelt hatte, er hatte es doch gehört. Der Stuhl polterte hinter ihm zu Boden, mit geballter Faust stürzte er auf das Mädchen los, packte es so gewaltig an, daß es gellend aufschrie und die Schüssel aus der Hand fallen ließ.

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Du Gans, du Gans!" Er heulte es laut heraus und wollte sie schlagen; nur mit Mühe zerrte ihn der Vater zurück.

„Wölfchen!" Käte war die Gabel klirrend aus der Hand gefallen, mit weiten Augen, ganz starr, sah sie auf ihren Jungen.

Das Mädchen beklagte sich bitter: so war er immer, es war nicht auszuhalten, vorhin hatte er erst gejagt: „Halt dein Maul! Nein, das konnte sie sich nicht ge= fallen lassen, lieber zog sie! Und weinend lief sie aus dem Zimmer.

Schlieben war empört.

Du sollst gegen Untergebene manierlich sein! Gerade weil sie dienen müssen,

T. Viebig, Einer Mutter Sohn.

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