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welche das Formbildungsprinzip der Zweckmäßigkeit anderen Formbildungsprinzipien offen läßt, d. h. auf die mathematische Gefälligkeit der Form einerseits und auf die Anbringung plastischer und malerischer Zuthaten andererseits. Dieses Streben nach Verschönerung der Gebrauchsgegenstände durch dekorative Zuthaten unorganischer oder organischer Art ist nun zwar vollständig berechtigt, so weit es wirklich bloß den vom Formprinzip der Zweckmäßigkeit offen gelassenen Spielraum zum Tummelplaz nimmt; aber die ästhetische Gefahr dabei liegt darin, daß dieses Verschönerungsstreben diese Grenzen nicht respektiert und mit der Schönheit der Zweckmäßigkeit in Konflikt gerät. Sobald aber die Zweckmäßigkeit das geringste Opfer bringen muß, um der dekorativen Schönheit erweiterten Spielraum zu schaffen, ist das grundwesentliche Schönheitsgesetz des Dinges in einer prinzipiellen Weise verlegt, welche durch keine noch so wertvolle Ornamentik wieder ausgeglichen werden kann."

Und weiter unten: „Nur die unbedingte Hingebung der bildenden Handwerker an das eine hier allein maßgebende Formprinzip der praktischen Zweckmäßigkeit kann dasjenige hervorbringen, was mit Recht als das höchste ästhetische Ergebnis der Kunstindustrie gilt, einen Stil, indem sie die grundwesentliche Schönheit der zweckmäßigen Konstruktion mit allen zeitlichen Modifikationen der Zweckmäßigkeit gleichen Schritt halten läßt. Daß die Stile verschieden sind nach) Volk, Land und Zeit, das liegt teils an den verschiedenen Lebensgewohnheiten der Völker und Zeiten, welche verschiedene Bedürfnisse und Ansprüche an die Geräte bedingen, teils an der Verschiedenheit der Materialien, welche das Land und die Stufe der Technik zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zur Verfügung stellen. Wenn wir noch keinen Stil in der Kunstindustrie haben hervorbringen können, so liegt das eben darin, daß unsere Zeit die Schönheit als solche in den Geräten anstrebt, anstatt einzusehen, daß man sich um die Schönheit zunächst gar nicht kümmern darf, daß man dieselbe vielmehr nur dann als eine von selbst zufallende gewinnt, wenn man bloß nach praktischer Zweckmäßigkeit und deren konstruktiver Durchbildung trachtet. Da unsere Lebensgewohnheiten wesentlich andere geworden sind als diejenigen der Völker und Zeiten, welche kunstindustrielle Stile ausgebildet haben, so gehören alle Proben von solchen lediglich in Museen, sind aber, als unseren Bedürfnissen und Zwecken unangemessen, schlechthin unästhetisch, wenn sie unsere Wohnräume füllen. Die dürftigste und ästhetisch armseligste Stillosigkeit ist nicht so unästhetisch wie der gegenwärtig beliebte Mummenschanz mit Stilarten, die dereinst stilvoll waren oder es in Hinterasien vielleicht noch sind; dieser Unfug ist nicht um ein Haar breit ästhetischer, als wenn wir das ganze praktische Leben auf der Straße, im Gerichtssaal und in der Kirche zu einer fortdauernden Maskerade, einem in Permanenz erklärten historischen Kostümfest verunstalten wollten. Aus dem Mischmasch aller historisch überwundenen Stile, der das Nonplusultra von Stillosigkeit ist, kann doch nur die völlige Ge= schmacksverwirrung entspringen; einen eigenen Stil werden wir eher aus der Rückkehr auf die ursprünglichsten Gebrauchsformen der rohesten Handwerkerware herausarbeiten als aus der Maskerade eines Narrenfestes, das von einem ästhe= tisch überschnappten Publikum für ernst genommen wird.“

„Wenn es zur guten Sitte gehört, eine gerade und steife Haltung zu bc= wahren und ungezwungene Bequemlichkeit sich zu versagen, so müssen auch die Stühle, Sessel und Bänke hochbeinig, geradlehnig und ungepolstert sein; wenn dagegen beim Sihen die Behaglichkeit das Bedürfnis ist, das in erster Reihe befriedigt werden soll, so werden niedrige Beine, schräge Lehnen, gepolsterte Size und Lehnen und wohl gar Anjagteile zum Auflegen der Unterschenkel nötig. Die neueren amerikanischen Formen würden für ein Nürnberger Patrizierhaus ebenso unzweckmäßig gewesen sein wie dessen Möbel es für die heutigen Lebens

gewohnheiten sind, und beide es für asiatische Sitten sein würden. Der fensterlose hellenische Tempel mit seiner dunklen oder durch eine Deckenöffnung erleuchteten Zelle paßt nur für ein Klima, das die gottesdienstlichen Gemeindeversammlungen und die öffentlichen Kultushandlungen (Opfer) im Freien gestattet und für eine Religion, welche einen geschlossenen Innenraum nur in kleinerem Maßstabe für das Allerheiligste braucht, worin das Götterbild vor profanen Blicken verborgen ist. Der gotische Dom ist wiederum nur zweckmäßig für einen viel= fältig zersplitterten Gottesdienst, der doch von denselben Mauern umschlossen sein soll, während die Außenseite, abgesehen von Türmen und Portalen, meist zwischen Häusermassen dem Blicke entzogen zu sein pflegt. Die hellenische Gewandung paßt nur für ein mildes Klima, während die rauheren Winde der nördlicher gelegenen Länder dazu nötigen, die Gliedmaßen gesondert einzuhüllen.

Einen nicht minder großen Einfluß als die Bedürfnisse hat die Beschaffenheit des Materials, das zu deren Befriedigung zur Verfügung steht. Der poröse und gebrechliche Thon verlangt eine stärkere und kompaktere Konstruktion der Gefäße als das festere Porzellan oder gar das harte Glas; ein aus Lehm und Kacheln erbauter Ofen muß, um dem Heizzweck bestens zu dienen, ganz andere Formen zeigen als ein eiserner Ofen, und Korb- oder Rohrstühle können leichter und luftiger konstruiert sein als hölzerne, während diejenigen zwischen beiden in der Mitte stehen, deren Gerüst aus Holz unter Dampfdruck zurecht gebogen ist (Wiener Stühle). Je größer die Festigkeit des Materials gegen Zerdrücken und Zerreißen ist, desto dünner können alle tragenden Teile gemacht werden; je größer die Festigkeit gegen Zerbrechen ist, desto größere Spannungen können überbrüdt und überwölbt werden."

In geistvoller Weise wendet Eduard v. Hartmann auch das von Darwin entdeckte Naturgesetz der Wechselbeziehungen im Wachstum und in der Entwidelung der verschiedenen Organe (Correlation of Growth) auf die Kunst an, indem er sagt:

„Dieses Gesetz der Korrelation aller Teile und Glieder untereinander macht sich bei Geräten wie bei Teilen der Kleidung geltend, am auffallendsten aber da, wo das Ganze sehr groß und vielgliedrig ist, d. h bei Bauwerken. Die Einheit des Stils muß z. B. für das Innere und Aeußere, für den Baukörper und die Türme u. s. w. auch dann gewahrt werden, wenn irgendwelche technische Erleichterungen der Bauausführung zu Abweichungen verleiten könnten; der wesentliche Hauptzweck in der Eigenart seiner Ausgestaltung hat ein höheres übergreifendes Recht gegen Nüglichkeitszwecke niederer Ordnung, die etwa mit ihm in stellenweisen Konflikt geraten könnten. Im allgemeinen sind solche Konflikte weniger häufig, als man denken sollte, und dann in der Regel durch die Unvollkommen= heit des Materials oder durch Widersprüche in den Lebensgewohnheiten der Zeit bedingt, welche den Refler ihrer widerspruchsvollen Beschaffenheit auch in die Bedürfnisse und die denselben dienenden Mittel hineinreflektieren. Wo solche Widersprüche fehlen und das Material nicht bloß dem Zweck im großen und ganzen entspricht, sondern auch den einzelnen Ansprüchen desselben im besonderen Genüge leistet, da werden solche Konflikte keinen Platz finden."

Unsere ganze bisherige Naturkenntnis weist uns darauf hin, daß überall bestimmte Zahlen, Maße und Verhältnisse herrschen, und so kann es auch in der Kunst unmöglich anders sein. Mechanische und ästhetische Bauprinzipien befolgen dieselben mathematischen Geseze. Es ist daher sehr begreiflich und lobenswert, daß zahlreiche Forscher nach mathematischen Verhältnissen in der Natur wie in der Kunst gesucht haben. So sind sorgfältige Untersuchungen angestellt worden über die Anwendung des goldenen Schnittes oder wohl richtiger des goldenen

Verhältnisses von Zeising bis auf Fr. Xav. Pfeifer'). Daß ein so schönes mathe= matisches Verhältnis in der Natur und besonders in der organischen Natur keine unbedeutende Rolle spielt, ist begreiflich und für manche Fälle nachgewiesen. Wie aber bei den Blattstellungsgesehen, so muß man auch in der Anpassung natür= licher Verhältnisse an den goldenen Schnitt die größte Vorsicht und Behutsamkeit anwenden. Es darf nicht außer acht gelassen werden, daß ein Organismus nicht nur durch innere Kräfte, sondern auch durch äußere Einwirkungen beeinflußt und modifiziert wird.

Größerer Mißbrauch wird in der Wissenschaft wie in der Kunst mit der sogenannten Wellenlinie getrieben. Die meisten, welche dieses Wort anwenden, wissen nicht einmal, was darunter zu verstehen ist, so wenig wie jener Herr wußte, was er sagte, als er Dove gegenüber behauptete, in der Natur sei alles spiralig geordnet, so z. B. die Mondbahn, die Schneckengehäuse, die Gefäße der Pflanzen u. dgl. m.

Hogarths Vorliebe für Wellenlinien hat in der Kunst, insbesondere in der Gartenkunst, nicht geringes Unheil angerichtet. In vielen Lehrbüchern der Landschaftsgärtnerei findet man allen Ernstes die Vorschrift, alle Wege und Grenzlinien müßten wellenförmig verlaufen und leider sieht man nicht selten diese Vorschrift auf höchst pedantische Weise praktisch befolgt. Wahrhaft großen Garten= künstlern wie Hermann Fürst zu Pückler-Muskau oder Eduard Pezold werden freilich niemals solche Abgeschmacktheiten begegnen, weil sie wie jeder große Künstler den von Ed. v. Hartmann so bestimmt und klar ausgesprochenen Grundsah be folgen, daß zuerst dem Zweck Genüge geschehen muß und daß mit dessen vollkommenster Erreichung auch die höchste künstlerische Wirkung erzielt wird.

Durch eine zwecklose oder zweckwidrige Weganlage kann der schönste Park völlig verunstaltet werden. Lächerlich ist jede Weganlage, durch welche man nichts anderes bezweckt als die Sichtbarmachung einer schönen Linie. Legt man dagegen einen Weg so an, daß der Wanderer auf demselben auf die bequemste und an= genehmste Weise zu seinem Ziel gelangt, mag dieses nun das Wohnhaus sein oder eine Ruhebank oder ein schöner Aussichtspunkt u. dgl. m., dann wird ein solcher Weg auch ganz von selbst eine schöne Linie darstellen").

Merkwürdigerweise widerspricht sich Ed. v. Hartmann bezüglich dieses Punktes, wenn er (a. a. D. S. 147) jagt: So sind z. B. alle Geräte und Baulichkeiten, welche der Arbeit dienen, mit unlustigen Scheingefühlen verknüpft, und in so höherem Grade, je schwerer, ermüdender, langweiliger, unerquicklicher, lästiger und widerwärtiger die betreffende Arbeit nicht nur nach ihrer eigenen Beschaffenheit, sondern auch nach den begleitenden Umständen ihrer Ausführung ist.“

Das ist für einen Philosophen wahrlich eine seltsame Ansicht, denn gerade die Arbeit ist es ja, die dem Leben der Kulturvölker erst Wert verleiht, weil sic das Bewußtsein treuer Pflichterfüllung hervorruft, das einzige, welches im Leben wahren Wert hat. Ja, in der Arbeit selbst kann Poesie liegen. Nicht grundlos schmückt der Landschaftsmaler seine Gemälde mit Holzfällern, Feldarbeitern, Melferinnen u. dgl. m.

Der treue, gewissenhafte Arbeiter ist der einzige glückliche Mensch, wie Wilhelm v. Humboldt so schön jagt: Chne Kampf und Entbehrung ist kein

1) Fr. Xav. Pfeifer, Der Goldene Schnitt und dessen Erscheinungsformen in Mathe matik, Natur und Kunst. Augsburg, Litterar. Inst. Derselbe, Der Dom zu Köln. Seine logisch-mathematische Gesezmäßigkeit und sein Verhältnis zu den berühmtesten Bauwerken der Welt. Paderborn (F. Schöningh)_1888.

2) Vgl. E. Pezold, Fürst Hermann v. Pückler-Muskau in seinem Wirken in Muskau und Branik, sowie in seiner Bedeutung für die bildende Gartenkunst Deutschlands. Leipzig, 3. J. Weber 1874. S. 58.

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Menschenleben, auch das glücklichste nicht; denn gerade das wahre Glück baut sich jeder nur dadurch, daß er sich durch seine Gefühle unabhängig vom Schicksal macht." Und weiter: Dann ist es eine eigene Sache im Leben, daß, wenn man gar nicht an Glück oder Unglück denkt, sondern nur an strenge, sich nicht schonende Pflichterfüllung, das Glück sich von selbst, auch bei entbehrender, mühevoller Lebensweise einstellt."

Ja, ich gehe hier noch weiter, indem ich behaupte, daß zum ästhetischen Genuß nur ein reines, gutes, treuer Pflichterfüllung hingegebenes Gemüt empfäng= lich ist. Das sogenannte Kunstverständnis läßt meistens sehr kalt. Wie wenige Menschen giebt es, die aus einem Konzert, aus einer Gemäldesammlung, aus dem Theater, selbst aus der freien Natur, gehoben, veredelt, zu guten und schönen Handlungen begeistert hervorkommen. Für die meisten ist das alles elender Sport. Und das ist doch der Zweck der Kunst, uns aus dem Elend, aus der Langenweile, der Sinnlichkeit und Sündhaftigkeit des gemeinen bürgerlichen Lebens emporzuheben zur Reinheit der Gesinnung und des Strebens. „Die wahre Poesie," sagt Goethe, „kündet sich dadurch an, daß sie, als ein weltliches Evangelium, durch innere Heiterkeit, durch äußeres Behagen, uns von den irdischen Lastern zu befreien weiß, die auf uns drücken. Wie ein Luftballon hebt sie uns mit dem Ballast, der uns anhängt, in höhere Regionen, und läßt die verwirrten Jrrgänge der Erde in Vogelperspektive vor uns entwickelt daliegen."

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Was für die Poesie, für die Kunst überhaupt gilt, das gilt, nur in noch weit höherem Grade, für die Natur, denn der Naturgenuß ist völlig rein und frei von menschlichen Zuthaten. Um so mehr aber fordert er ein reines, unschuldiges Gemüt. Wie schön sagt Alexander v. Humboldt in dem Vorwort zu seinen Ansichten der Natur": Ueberall habe ich auf den ewigen Einfluß hinge= wiesen, welchen die physische Natur auf die moralische Stimmung der Menschheit und auf ihre Schicksale ausübt. Bedrängten Gemütern sind diese Blätter vor= zugsweise gewidmet. Wer sich herausgerettet aus der stürmischen Lebenswelle, folgt mir gern in das Dickicht der Wälder, durch die unabsehbare Steppe und auf den hohen Rücken der Andeskette. Zu ihm spricht der weltrichtende Chor! Auf den Bergen ist Freiheit! Der Hauch der Grüfte Steigt nicht hinauf in die reinen Lüfte;

Die Welt ist vollkommen überall,

Wo der Mensch nicht hinkommt mit seiner Qual.

Es giebt nun noch eine Zweckmäßigkeit, welche nicht nur hoch über allen Zweckmäßigkeitseinrichtungen der Naturwesen, sondern hoch über, oder richtiger gesagt, außerhalb oder jenseits der Natur steht, so wie wir dieselbe wissenschaftlich erkennen. Diese Zweckmäßigkeit ist durch die Schönheit selbst, nämlich durch die drei ästhetischen Ideen der Erhabenheit, Schönheit und Sehnsucht ausgedrückt und giebt uns eine Ahndung vom Wert der Welt und der Wesen an und für sich, ohne jeden für uns erkennbaren Zweck. Von diesem Zweck, also vom Wesen der Schönheit selbst, haben wir jedoch erst in einem späteren Abschnitt zu reden.

Sechster Abschnitt.

Das Leben in der Natur.

Vor der Kunst hat die Natur einen außerordentlichen Vorzug voraus, nämlich daß sie lebt, daß sie dramatisch ist. Unter den Künsten können daher auch nur Musik und Drama mit der Natur verglichen werden. Der Musik namentlich

kann man daher einen gewissen Vorzug vor der Natur geben, wenn man nicht das ganze Menschenleben mit Kunst und Wissenschaft zum Naturleben rechnet, was doch nur in einem beschränkten Sinne seine Berechtigung hat, auf welchen wir später zurückkommen.

Was ist denn überhaupt unter dem Ausdruck Natur zu verstehen?

Die Antwort darauf wird verschieden ausfallen. Unter Natur versteht man zunächst die Gesamtheit der Wesen und der Erscheinungen, also die Welt, das Weltall mit allem, was sich in demselben bewegt. Ferner versteht man unter der Natur eines Dinges auch die ihm innewohnenden Geseße seines Daseins, seines Entstehens, Werdens und Vergehens. Die dritte und höchste Auffassung der Natur aber bezieht sich auf die Art unserer Betrachtung derselben unter den uns innewohnenden, der Welt außer uns jedoch eigentlich fremden mathematischen Gesezen. Diese sind unsere eigentliche Wissenschaft von der Natur.

Hier ist aber noch etwas anderes in Frage. Durch unseren inneren Sinn erhalten wir Vorstellungen von dem Leben unseres Geistes. Unsere äußeren Sinne übermitteln uns Vorstellungen von dem Leben anderer Geister, aber nur nach Analogie mit unserem eigenen Geist. Bis zu Descartes Zeit hat man aus Mangel an Abstraktion das körperliche Wesen der Dinge von dem geistigen nicht scharf zu unterscheiden gewußt. Erst Descartes gelang diese Trennung. Man erkannte, daß sich der Kreis der Erklärungen auf das erste beschränke. Das Wort Natur erhielt dadurch eine ganz andere Bedeutung. Gegenwärtig versteht man unter Natur (in formaler Bedeutung) die Abhängigkeit der Dinge von notwendigen Gesezen. Hier entstehen gleich neue Fragen:

1) Welches sind diese Dinge?

2) Was ist ihr Gesez und woher stammt es?

3) Wie besteht die Abhängigkeit der Dinge von Gesezen?

Die Antwort auf die erste Frage ist bald gefunden. Da wir keine anderen Dinge kennen lernen als diejenigen, welche uns unsere Sinne zeigen, so ist es das Ganze der Sinnenwelt, welches unter notwendigen Gesezen steht. Dieses Ganze der Sinnenwelt unter notwendigen Gesezen ist die Natur in materieller Bedeutung. Um die beiden anderen Fragen zu beantworten, müssen wir erst die Natur und Beschaffenheit unserer Erkenntnis betrachten. Nur dadurch können wir übersehen, welche Aufgaben uns in derselben bestimmt sind und wie sie gegelöst werden können.

Das Wort Natur wird in zweierlei Bedeutung gebraucht, in formaler und materialer.

1) Man spricht von der Natur eines Dinges und versteht darunter das innere Prinzip der Möglichkeit desselben. Jedes Ding hat eine bestimmte Natur, insofern sein Dasein und die Art seines Daseins durch allgemeine und notwendige Geseze bestimmt ist.

2) Spricht man aber auch von der ganzen Natur und versteht darunter das Ganze der Sinnenwelt. Dieses Ganze steht nämlich ebenso unter notwendigen Gesehen wie jeder einzelne Gegenstand in ihm. Darin liegt die Befugnis, den Begriff von diesem auf jenes zu übertragen.

Das Charakteristische im Begriff der Natur ist also die notwendige Gesezlichkeit und die Abhängigkeit der Dinge von ihr1).

1) Ernst Hallier, Kulturgeschichte des neunzehnten Jahrhunderts in ihren Beziehungen zu der Entwickelung der Naturwissenschaften. Stuttgart (Ferd. Enke) 1889. S. 173. Dar über, daß die Gesetzgebung der Natur in der Formalität unserer Vernunft begründet ist, bitte ich den Leser, ebendaselbst auf den folgenden Seiten die Darstellung von E. F. Apelt nachzulesen.

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