bare Lied Walthers von der Vogelweide in Richard Wagners Tannhäuser, an die idyllischen Bilder, welche Hebel in seinen alemannischen Gedichten von Morgenstern und Abendstern mitteilt, u. s. w. Auch den Mond beziehen wir ästhetisch fast immer auf irdische Verhältnisse. Unser durch den Mond wachgerufenes Schönheitsgefühl ist gänzlich verschieden von der erhabenen Empfindung bei Betrachtung des mondlosen Sternenhimmels. Die Phasen bringen in Mondlandschaften Abwechslung, Bewegung und Leben. Das sanfte, bläulichweiße Licht, nicht durchdringend und alles erleuchtend in den tiefsten Winkeln, wirkt geheimnisvoll, sehnsucht-erweckend, aber auch beruhigend. Seltener hilft der Mond erhabene Naturscenen verschönern, so z. B. das schneebedeckte Hochgebirge oder eine Sturmnacht bei geringer Bewölkung. Die Mondlitteratur ist außerordentlich groß. Wenige Gedichte wissen die friedliche Mondstimmung so vollendet auszudrücken wie der erste Vers des Goethejchen: An den Mond. Füllest wieder Busch und Thal Lösest endlich auch einmal Meine Seele ganz. Mehr sentimental, doch immerhin schön, singt Heine: Traurig lag's auf meinen Wegen Ist der nächtliche Himmel durch ganz ungewöhnliche Erscheinungen belebt, so erfaßt uns ein Gefühl, welches fast an Grauen grenzt, so z. B. durch Nordlicht, Zoodiakallicht, Kometen, Sternschnuppen und andere Meteore. Je vorurteilsfreier der Mensch durch höhere Bildung wird, desto mehr wird er empfänglich für das Bild reiner Schönheit, wie es z. B. der Donatische Komet gewährte. Hierher gehören auch Erscheinungen wie Nebenmonde, Mondringe, Mondregenbogen u. dgl. m. § 2. Die Sonne. Wenn es nicht allzu parador klänge, so würde ich behaupten, daß nicht nur der durch Wolken verhüllte Himmel, sondern daß selbst die Sonne in ästhetischer Beziehung zu den atmosphärischen, also tellurischen Erscheinungen gehört. Ich will versuchen, meine Behauptung zu rechtfertigen. Wir haben bereits oben gesehen, daß die ganz unverhüllte, hoch am Himmel stehende Sonne kein Gegenstand der Malerei sein kann. Ich behaupte nun weiter, daß sie unter den genannten Umständen überhaupt kein Gegenstand ästhetischer Betrachtung sein kann, aus dem einfachen Grunde, weil wir sie gar nicht sehen können, da ihr Licht unseren Augen heftige Schmerzen verursacht. Wir sehen jedoch ihre Lichtreflere an irdischen Gegenständen, und insofern gehört sie in das Gebiet der tellurischen Aesthetik. Nur bei mäßig starkem Nebel nehmen wir sie ruhig am Himmel wahr und dann thut sie eine ähnliche Wirkung wie die Kreisscheibe des hochstehenden Vollmondes, nur daß ihr Licht unter solchen Umständen mehr ins Rötliche spielt. Uebrigens können wir unter solchen Verhältnissen an der Sonne ganz ähnliche Lufterscheinungen wahrnehmen wie am Mond: Nebenjonnen, Ringe u. s. w. Da die Sonne unter solchen Umständen keine Schlaglichter an irdischen Gegenständen hervorbringt, so hat sie auch für die Landschaft weit geringeren ästhetischen Wert als sonst. Wie gering man ihre Schönheit am Himmel schätzt, geht daraus hervor, daß man sie im gewöhnlichen Leben mit einem Fettfleck vergleicht. Um so größere Wirkung übt der Sonnenball, wenn wir ihn in dem durch Strahlenbrechung der dichteren unteren Luftschichten erzeugten Bilde sehen, nämlich bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Das Bild, welches man dann zu sehen glaubt dicht über dem Horizont, ist nicht die Sonne selbst. Die dichten Luftschichten, welche ihre Strahlen brechen, mildern zugleich den Eindruck, teils weil, wie bei jeder Brechung, der Strahl gespalten wird, also nur ein Teil davon unser Auge trifft; andernteils weil die dichte unterste Luftschicht auch mit Dünsten erfüllt ist. Außerdem erscheinen Sonne und Mond am Horizont größer, weil wir sie mit irdischen Gegenständen vergleichen. So sehen wir sie bei klarem Wetter beim Aufgang wie beim Untergang als große rote Scheibe langsam heraufsteigen oder hinabsinken, bisweilen durch zarte horizontale Wolkenstreifen quer liniiert. Blutrote Sonne und Abendrot bedeuten für den Folgetag gutes Wetter. Ist die Luft mit Wasserdampf gesättigt, so wird sie durchsichtiger. Dann erscheint die Sonne bei Aufgang oder Untergang gelb und wirft an die Wolken gelbe Schlaglichter. Das deutet auf nasses Wetter, im Sommer auf Regen, im Winter meist auf Schnee. Die Stimmung vor Sonnenaufgang hat Uhland finnig gezeichnet: Morgenlied. Noch ahnt man kaum der Sonne Licht, Noch sind die Morgenglocken nicht Im finstern Thal erklungen. Wie still des Waldes weiter Raum! Die Vöglein zwitschern nur im Traum, Ich hab' mich längst ins Feld gemacht, Nicht minder Emanuel Geibel: Morgenwanderung. Wer recht in Freuden wandern will, Die ganze Welt ist wie ein Buch, In bunten Zeilen manch ein Spruch, Wie Gott uns treu geblieben; Wald und Blumen, nah und fern Und der helle Morgenstern Sind Zeugen von seinem Lieben. Da zieht die Andacht wie ein Hauch Da pocht ans Herz die Liebe auch Pocht und pocht, bis sich's erschließt, Von lautem, jubelndem Preise. Und plöglich läßt die Nachtigall In Berg und Thal erwacht der Schall Erhaben besingt Klopfstock die aufgehende Sonne: Morgengesang am Schöpfungsfeste. Zwei Stimmen. Noch kommt sie nicht, die Sonne, Gottes Gesendete, Vom Dufte schauert es ringsumher Auf der wartenden Erde. Heiliger, Hocherhabener, Erster, Du hast auch unsern Sirius gemacht! Wie wird er strahlen, wie strahlen Schon wehen sie, säuseln sie, kühlen, Die melodischen Lüfte der Frühe; Schon wallt sie einher, die Morgenröte, verkündiget Die Auferstehung der toten Sonne. Herr, Herr Gott, barmherzig und gnädig! Wir, deine Kinder, wir, mehr als Sonnen, Müssen dereinst auch untergehn Und werden auch aufgehn! Oder Sonne Gottes! Und solche Sonnen, Wie diese, die jezt gegen uns strahlt, Hieß er, gleich dem Schaum auf den Wogen, tausendmal tausend Werden in der Welten Oceane. Und du solltest nicht auferwecken, der auf dem ganzen Schauplah der unüberdenkbaren Schöpfung Immer und alles wandelt Und herrlicher macht durch die Wandlung? Die Sonne wird häufig begrüßt und besungen vom Dichter, wenn sie nach langer, finsterer Nacht das entbehrte Licht zurückbringt. So in dem schönen Kirchenlied von F. A. Köthe (1823): Kommst du, süßes Morgenlicht? Weckst du zum Gesang mich wieder? Und die ganze Schöpfung preist Aus des hohen Himmels Zelt Ist das Erdenlicht so schön, Ist mein Geist nicht auch ein Strahl, Trug nicht Christus, Licht vom Licht, Heil mir! mein Erlöser zeigt Mir das Reich, wo jede Klage Einst im heil'gen Schauer schweigt, Lehrt mich wandeln als am Tage. Jeder neue Morgen spricht: Wie oft haben Operndichter die aufgehende Sonne begrüßt! Man denke nur an den schönen Chor in Webers Preciosa: Die Sonn' erwacht! Mit ihrer Pracht Erfüllt sie die Verge, das Thal! Ein Stimmungsbild, welches sich freilich nicht auf die Stimmung vor Sonnenaufgang allein bezieht, sondern sich der ganzen Natur zuwendet, giebt Joseph von Eichendorff in seinem schönen: Reiselied. Durch Feld und Buchenhallen, Bald singend, bald fröhlich und still, Recht lustig sei vor allen, Wer's Reisen wählen will. Wenn's faum in Osten glühte, Die Lerche als Morgenbote Durch Wald und Herz erklingt. Lust, vom Berg zu schauen, Vom Berge Vöglein fliegen Die Wolken ziehn hernieder, Die Sonne als Lichtspenderin überhaupt ist wohl niemals mit größerem Jubel begrüßt worden als in dem schönen Liede von Reinick: An den Sonnenschein. O Sonnenschein! o Sonnenschein! Und enge wird mir Stub' und Haus, Sonnenschein, du glaubest wohl, Hast doch so lang die Welt erblickt, Und weißt, daß sich's für mich nicht schickt; Was machst du mir denn solche Pein? Wenden wir uns nun der untergehenden Sonne zu. Niemals ist sie herr licher besungen worden als wie in Goethes Faust: Betrachte, wie in Abendsonne-Glut Ich sah' im ew'gen Abendstrahl |