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welcher vom Erdboden aufsteigt, wenn im Frühjahr oder Sommer nach anhaltend trockenem und heißem Wetter der erste Gewitterregen fällt. Dieser Duft hat für uns lediglich ein ästhetisches Interesse. Er gehört entschieden mit zum ästhetischen Eindruck des Gewitters. Derartige Vorkommnisse in der anorganischen Natur sind aber vereinzelt. Auch in diesem Fall ist es noch fraglich, ob es nicht Organismenreste im Erdboden sind, welche beim Benezen durch den Regen jenen Geruch hervorbringen. Aber es giebt auch entschiedene Erdgerüche. So giebt z. B. sehr trockener Thon beim Benezen einen ganz eigentümlichen, nicht unangenehmen Geruch von sich. Man kann sich denselben leicht verschaffen, wenn man einen holländischen Thonpfeifenkopf mit der Zunge berührt.

Die tierischen Gerüche sind uns größtenteils nicht angenehm. Wie widerlich riechen z. B. die meisten Hunderassen, besonders wenn die Hunde naß werden. Angenehme Düfte giebt es im Tierreich jedenfalls nur äußerst wenige. Der Moschus ist eine von den Ausnahmen.

Ganz anders im Pflanzenreich. Hier ist die Zahl der angenehmen Gerüche weitaus überwiegend. Durchweg scheinen sie hier ihren bestimmten Zweck zu haben für die Pflanze selbst. So haben z. B. manche insektenfangende Pflanzen Fleischgeruch, wodurch sie Schmeißfliegen und andere Insekten anlocken. Die Blumen, welche der Insekten zu ihrer Bestäubung bedürfen, haben meistens angenehme Gerüche, welche vielleicht wesentlich, wenigstens in manchen Fällen, zur Anlockung der Insekten beitragen. An einer einigermaßen vollständigen Uebersicht über die Blumengerüche fehlt es zur Zeit noch, deshalb beschränke ich mich auf die Anführung weniger Beispiele. Die angenehmen Gerüche der Blumen rühren zum überwiegenden Teil von ätherischen Delen her; so haben zum Beispiel fast alle Gattungen einiger Zünfte ihnen eigentümliche ätherische Dele. So enthält der Lavendel (Lavandula vera DC.) und andere Arten dieser Gattung Lavendelöl, das Basilienkraut ein ihm eigentümliches, höchst erfrischendes, kühlendes, ätherisches Oel. Die Pfeffer= minze, Krauseminze, ja, fast alle Arten dieser Gattung enthalten mehr oder weniger Pfefferminzöl, der Rosmarin (Rosmarinus officinalis L.) enthält Rosmarinöl, der echte Salbei und andere Arten dieser Gattung enthalten mehr oder weniger Salbeiöl, die Dostenarten, besonders der kretische Dosten (Origanum Smyrnaeum L.), enthalten Dostenöl, der Majoran (Origanum Majorana L.) enthält Majoranöl, der Thymian (Thymus vulgaris L.) Thymianöl, der Quendel (Thymus Serpyllum L.) Quendelöl, die Melisse (Melissa officinalis L.) etwas Citronenöl, welches auch in einer Abart der Kazenminze und des Quendels vorkommt, ferner im Zitronenkraut (Lippia citriodora Kunth) von Buenos-Ayres und in vielen anderen Pflanzen vorkommt.

Alle Rojenarten duften mehr oder weniger nach Rosenöl, am meisten die Centifolie (Rosa centifolia L.). Die Theerosen müssen außer dem Rosenöl noch Spuren eines anderen ätherischen Oels enthalten. Sehr verbreitet ist der Vanillegeruch. Außer den Vanillepflanzen Merikos und Südamerikas findet man ihn bei vielen anderen Orchideen, bei der Sonnenwende (Heliotropium peruvianum L.), bei manchen Nelken, vor allen bei der Felsennelke (Dianthus caesius L.). Diese schöne Pflanze bekleidet im Schwarzathal im Thüringerwald ganze Felswände, und wenn man nach einem warmen Gewitterregen das Thal gegen Abend betritt, etwa Enpe Mai oder Anfang Juni, wo die Nelke gerade blüht, so ist das ganze Thal mit den köstlichsten Vanilleduft erfüllt. Auch die Waldnelke (Dianthus superbus L.) besigt einen sehr feinen Vanillegeruch. Ueberhaupt ist dieser Geruch bei den Blumen weit verbreiteter, als man denkt, ebenso auch der Rojengeruch.

Unter den ätherischen Celen der Lippenblumen ist noch das Patchouli von Pogostemon Patchouli Pell. zu erwähnen, welches den bei den Damen so beliebten Wohlgeruch liefert.

Zu den schönsten Pflanzendüften gehört das Jasminöl, welches mehr oder weniger in sämtlichen Arten der Gattung Jasminum auftritt; ferner das Nelkenöl der Gewürznelkenblüte (Caryophyllus aromaticus L.), das Kamillenöl von der gemeinen Kamille (Matricaria chamomilla L.), das Rainfarnöl aus der Blüte und allen Pflanzenteilen des Rainfarn (Tanacetum vulgare L.), das Kumarin in den Blüten des Steinflees (Melilotus officinalis L. und M. caerulea L.), ebenso in manchen Gräsern, namentlich im Ruchgras (Anthoxantum odoratum L.), durch welches das Heu seinen angenehmen Duft erhält.

Nicht zu leugnen ist übrigens, daß man bei vielen Pflanzengerüchen den Zweck nicht anzugeben vermag, welchen der Geruch für die Pflanze selbst haben könnte. Was soll z. B. der Muskatnuß ihr angenehmer Duft, was der Zimmet= rinde, was den Rinden und Blättern so vieler Myrtengewächse? In allen diesen Fällen ist der duftende Stoff durch alle Pflanzenteile verbreitet. Bei den Gerüchen der Früchte und Wurzeln der Doldengewächse gewinnt es fast den Anschein, als hätten sie den Zweck, Menschen und Tiere zum Genuß einzuladen. Bei vielen Obstarten, namentlich beim Kernobst, bei den Orangen, Limonen und Citronen, bei welchen sich das ätherische Oel unter dem Einfluß menschlicher Kultur beträchtlich vermehrt hat, darf man sicher annehmen, daß der köstliche Duft nichts anderes ist als eine Einladungskarte zum Genuß. Ebenso bei der Ananas und bei vielen anderen tropischen Obstarten.

Sehr merkwürdig ist der spermatische Geruch des Ruprechtstrauts (Geranium robertianum L.), welchen auch die vom Rost befallene Cypressenwolfsmilch (Euphorbia cyparissias L.) von sich giebt, und welchen der Mensch nach dem Genuß von Spargeln entwickelt. Unter ähnlichen Umständen entwickelt sich nach dem Genuß von Terpentinöl Rosengeruch.

Die ätherischen Oele der Nadelhölzer haben übrigens für diese Bäume eine ganz bestimmte, mit ihrer Ernährung zusammenhängende Aufgabe zu erfüllen.

Die Zahl der Gerüche und die Feinheit ihrer Unterscheidung ist ausnehmend groß. Man denke nur an den feinen, zarten Geruch gut bereiteten Kaffees, Thees, Kakaos, an die feinen Unterschiede der Weingerüche.

Merkwürdig ist die Aehnlichkeit mancher Gerüche und Geschmacksempfindungen, zumal da diese Aehnlichkeit meistens ganz verschiedene Pflanzen betrifft. So z. B. duften die Blumen der Robinien (Robinia pseud- Acacia L.), der Bohnen, der Kleearten entschieden süßlich. Es ist aber durchaus nicht der Zuckergehalt, welcher diesen süßen Geruch bedingt, auch sind diese Blüten gar keine Speise, wogegen viele süßen Speisen nicht im mindesten einen süßen Geruch besißen.

Daß die Lehrbücher der Aesthetik die Geruchs-, Geschmacks- und Tastempfindungen ganz aus diesem Gebiet verbannen, kann ich nicht gutheißen. Nicht der rohe Sinnengenuß oder gar die sinnliche Schwelgerei gehören in das ästheti= sche Gebiet, wohl aber ein veredeltes und verfeinertes Leben, auch, und gerade vorzugsweise verfeinert in sinnlichen Genüssen. Oder fiele es nicht in das Gebiet der Aesthetik, wenn eine Anzahl befreundeter und seelenverwandter Menschen beisammensitzt in trautem Familienkreis bei erquickenden und duftenden Speisen und Getränken? Wer das Menschenleben überhaupt von seiner schönen Seite be= trachtet, wird es zugeben.

§ 2. Der Geschmack.

Der eigentliche Geschmacksnerv ist der Glassopharyngeus für die Zungenwurzel und der Zungenast des Trigeminus für den vorderen Zungenteil. Die Geschmacksorgane (Geschmacksknospen) liegen in den Furchen, welche die unjwallten Papillen umgeben, und auf der Oberfläche der schwammförmigen Papiller. Sie

Fig. 3.

bestehen in flaschenförmigen Körpern mit eiförmigem Balg und engem Hals, welcher auf der Oberfläche des Schleimhautepithels mündet, in welches die Flasche eingesenkt ist. Die äußere Schicht der Flasche bilden spindelförmige Epithelzellen, die sogenannten Deckzellen, während das Innere mit den Geschmackszellen (b Fig. 3) angefüllt ist, welche in der Mitte einen großen Kern besigen, am breiteren oberen Fortsaz spig endigen und nach innen einen. dünnen fädlichen Fortsat aus= senden, welcher wahrscheinlich mit einer der in die Papille ein= dringenden Nervenfasern in Verbindung steht.

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Bei längerer Einwirkung desselben Geschmacks tritt Ab= stumpfung ein. So z. B. schmeckt der erste Schlud eines guten Weins besser als alle folgenden. Man kann aber dem Geschmac

b

a

Geschmadsknospen. a Deckzelle. b Geschmackszelle, isoliert.

zu Hilfe kommen, indem man kontrastierende Geschmacksempfindungen miteinander wechseln läßt. Dadurch würde ein nachdenkender und umsichtiger Koch große Erfolge erringen. Manches Derartige hat der bürgerliche Haushalt schon instinktiv eingeführt. Mit Recht sagt man, daß manche Speisen nicht zu einander passen. Will man aber, namentlich bei Getränken, bei derselben Sorte bleiben, ohne den Geschmack abzustumpfen, so giebt es ein sehr einfaches Mittel, welches besonders beim Weingenuß zu empfehlen ist, nämlich die Interpolation eines geschmacklosen oder indifferenten Körpers. Dazu eignet sich am besten gutes Trinkwasser. Man nehme, bevor man einen neuen Schluck Wein genießen will, jedesmal vorher einen Schluck Wasser zu sich. Die Wirkung ist erstaunlich. Der Wein schmeckt dann immer wieder wie der erste Schluck. Auch beim Kaffeetrinken ist dieser Kunstgriff sehr zu empfehlen. Beim Weingenuß kommt noch dazu, daß derselbe unter solchen Umständen für die Gesundheit weit zuträglicher ist.

Die kleinsten, eben noch schmeckbaren Mengen liegen für Zucker bei 1,2 Prozent, für Kochsalz bei 0,2-0,5, für Schwefelsäure bei 0,001 und für schwefelsaures Chinin bei 0,003 Prozent. Aloeauszug giebt noch bei 12500facher Verdünnung einen deutlich bitteren Geschmack und noch in 900000facher Verdünnung soll der Bitterstoff erkennbar sein beim Vergleich mit reinem Wasser.

Der Geschmackssinn hat insofern eine Analogie mit dem Geruchssinn aufzu= weisen, als der Geschmack besonders stark hervortritt, wenn der Schmeckstoff in flüssiger Form rasch über die schmeckende Zungenfläche hinweggeführt wird. Deshalb schmeckt man Getränke weit deutlicher, wenn man schlürft, was auch die Weinkoster bekanntlich thun beim Probieren.

Nicht unwichtig ist die Beobachtung, daß Mischungen zweier Stoffe bisweilen ganz verschiedene Geschmacksempfindungen rege machen. So schmeckt eine Mischung von Kochsalz und Zucker weder salzig noch süß, sondern sehr ekelhaft.

Ueber die Nachgeschmäcke giebt es bis jetzt wenig Brauchbares. Der saure Geschmack nach dem Genuß von Zucker ist wohl der Milchsäurebildung zuzu= schreiben.

Schon Forster macht darauf aufmerksam, daß die verschiedenen Völkerschaften auf der Erde ganz verschiedenen Geschmack haben. De gustibus non est disputandum. In der That versuchte man vergebens den Grönländer zu überreden, daß Thranöl nicht der wahre Göttertrank sei; so wie es wahrlich auch verlorene

Mühe wäre, unseren Gaumen mit diesem ekelhaften Walfischfett aussöhnen zu wollen" 1).

Selbstverständlich würde die Not und die durch die Not bedingte Gewohnheit uns zwingen zum Genuß jeder noch so ekelhaften Speise, denn der Selbsterhaltungstrieb ist größer als jeder andere, und von zwei Trieben, welche miteinander in Widerstreit geraten, siegt unter allen Umständen der stärkere. So hat man sich's zu erklären, daß Nordpolfahrer in Zeiten der Not Leder verzehren, ja nicht selten zu Kannibalen geworden sind und vom Fleisch der verstorbenen Gefährten ihr Leben gefristet haben. Haben Not und Gewohnheit einmal zum Genuß einer anfänglich abscheulich schmeckenden Speise geführt, so wird sicherlich der Geschmack nach und nach abgestumpft, und was vorher abscheulich schmeckte, wird gleichgültig, ja vielleicht mit der Zeit wohlschmeckend. Man braucht aber gar nicht zu den Grönländern zu gehen, um wahrzunehmen, daß der Geschmack der veränderlichste und unzuverlässigste von allen Sinnen ist, und daß in der That sich über denselben nicht streiten läßt. Es ist mehrfach vorgekommen, daß Anatomiediener den Spiritus der anatomischen Präparate abgetrunken haben. Sie haben also nicht bloß den schlechten Geschmack, sondern auch die Vorstellung des Etels überwunden. Der Selbsterhaltungstrieb ist also keineswegs der einzige, welcher anderen Trieben über den Kopf wachsen kann. Mit der Trunksucht ist das kaum in geringerem Grade der Fall.

Aber nicht einmal so weit braucht man zu gehen. In jeder Familie sieht man Beispiele davon, daß ein Mitglied derselben diese oder jene Speise nicht essen kann, welche den übrigen vortrefflich mundet. Und wie sehr wechselt der Geschmack in einem und demselben Menschenleben. Der Geschmack ist der Ausbildung fähig, gerade wie der Geruch. Schon daraus geht hervor, daß er für die Aesthetik keineswegs so bedeutungslos ist wie das Wärmegefühl oder das Schmerzgefühl.

Die höchste Steigerung der Geschmacksbildung ist nur den überhaupt feingebildeten und gesitteten Völkern gegeben. Die Feinheit des Geschmacks hängt aufs innigste mit der ganzen ästhetischen Ausbildung zusammen. So sagt auch Forster (a. a. O. S. 367): „Nichts ist also gewisser, als daß die Bildung der Geschmackswerkzeuge nicht lediglich auf die Befriedigung des Hungers und des Durstes, noch auch ganz allein auf die Sicherheit vor dem was schädlich ist, abzwecken kann. Im Gegenteil, so vielfältig man auch die Teleologie in der Naturkunde mißbraucht, so gewiß sie oft auf ein bloßes Wortspiel hinausläuft, und so wenig Absolutes sie überhaupt haben mag, so ist doch im gegenwärtigen Fall entschieden, daß die Veränderungen, die der Genuß wohlschmeckender Speisen in uns hervorbringt, uns zunächst auch wahres Vergnügen gewähren sollten, und daß es die Natur verleumden hieße, wenn man behaupten will, sie habe dem Menschen zwar Ansprüche auf ein frohes Dasein verliehen, jedoch die Mittel dazu von allen Seiten versagt. Man sollte denken, es verstünde sich von selbst, daß die Fähigkeit zu genießen auch eine Bestimmung dazu mit in sich schließt, sobald die Gegenstände des Genusses in der Natur anzutreffen sind.“ „Es scheint uns vielmehr hienieden alles so ineinander zu greifen, und wechselsweise bald Wirkung, bald selbst wieder Ursache zu sein, daß die Verfeinerung der Sinnlichkeit, mithin auch die Leckerei, so wie sie nur bei kultivierten Völkern entstehet, auch wieder ihrer= seits die allgemeine Aufklärung befördern muß. Chne noch auf irgend eine Lieblingshypothese Rücksicht zu nehmen, geben reine historische Fakta schon dieses Resultat. Die dümmsten Völker nähren sich auf die allereinfachste Art; die Lebensart

1) Georg Forster, Kleine Schriften. Ein Beitrag zur Völker- und Länderkunde, Naturgeschichte und Philosophie des Lebens. 1. Teil. Neue Auflage. Berlin 1803. IV. lleber Leckereien. S. 355-392.

der flügsten ist am_meisten zusammengesezt. Die armen Feuerländer, die sich selten einmal jatt essen mögen, ließen auch die Reisenden im Zweifel, ob sie die wenigen Vorstellungen, deren sie fähig schienen, zur Vernunft oder zum Instinkt rechnen sollten. Wo giebt es rohere Menschen als die bloß fleischfressenden Hirten= völker im östlichen Asien, die größtenteils nur von Reis leben? Wie verschieden hiergegen ist der Fall so manches handfesten und verständigen europäischen Bauers, der bei einer gemischten Diät, so oft er sich gütlich thut, die beiden Indien in Kontribution sezt, um zu seinem Hirsebrei Zucker und Zimmet zu genießen.

Noch ungleich fruchtbarer an Folgerungen ist aber die von allen Physiologen anerkannte Wahrheit, daß die Eigenschaften der Speisen auch die Beschaffenheit der Säfte verändern und folglich auf die ganze menschliche Organisation den wesentlichsten Einfluß haben müssen. Schon die Krankheiten geben hiervon ein sehr in die Sinne fallendes Beispiel. - Allein diejenigen Veränderungen, welche vermittelst der Diät, selbst im Gehirn und Nervensystem stattfinden können, sind vielleicht viel zu subtil an sich, und gehen auch zu langsam von statten, als daß es möglich gewesen wäre, sie zu beobachten; und dennoch liegt schon in der ausnehmenden Zartheit des unbekannten Wesens, welches der Grund der Eigentümlichkeit eines jeden Naturkörpers ist, die Möglichkeit, daß es irgendwo in einem Körper, dem es einverleibt wird, sein analoges Plätzchen findet, und irgend ein feines Organ modifiziert. Wir belachen heute, und glauben vielleicht schon morgen an diese Art der Umgestaltung der Sinnes- und Verstandesorgane; denn ein paar genaue Erfahrungen wären hinreichend, sie außer Zweifel zu sehen. Selbst die Empfänglichkeit einer Organisation könnte solchergestalt vielleicht durch den Genuß mannigfaltiger Nahrungsmittel erhöhet werden, und es ließe sich mit einem gar geringen Aufwand von Dialektik am Ende noch wahrscheinlich machen, daß die Menschenfresserei aus einer sehr natürlichen instinktmäßigen Begierde nach Ver= vielfältigung der Vorstellungen entstanden sei. Wenigstens, möchte man fragen, wer erkennt nicht in dem Spott, wovon der Britte über seinen Nachbarn trieft, die ganze Energie, die einst in seinem Roastbeef und Plumpudding steckte?

Diese Betrachtungen gewinnen noch ein ernsthafteres Ansehen, indem wir uns des geheimen Einflusses erinnern, welchen Teile unseres Körpers von ganz verschiedener Bestimmung und Geschäften, die dem Anscheine nach völlig abgesondert sind, auf einander äußern. Wie auffallend sind nicht z. B. die Wirkungen jenes feinen, fast unsichtbaren Konsensus zwischen den Werkzeugen des Verstandes und denen der Verdauung? Wer von allen Physiologen dürfte sich vermessen darzuthun, daß Friederichs Heldenmut, seine unermüdete Thätigkeit, der Adlerblick seines Verstandes und die Blize seines Geistes von der übermäßigen Eßluft seines Magens unabhängig waren? Auch wird kein Sachkundiger leugnen wollen, daß die Stimmung unserer Gefühle großenteils ganz offenbar von der vermehrten oder geringeren Reizbarkeit der Nerven des Unterleibs abhängt; und wenn es wahr ist, daß sich die sanften Regungen des Mitgefühls noch nie bei einem Straußmagen befanden, sondern allemal ein schwächeres Verdauungssystem vorausseßen; wie glücklich war es dann nicht für Friederichs Unterthanen, daß Polenta und Nudelpastete ihm besser schmeckten als sie ihm bekamen?"

Der bloße Instinkt lehrt ein neugeborenes Kind, noch ehe es die Augen öffnet, in Ermangelung der mütterlichen Brust an seiner kleinen Hand zu saugen. Das Gesicht, der Geruch und der betastende Sinn, der in den Fingerspizen wohnt, find in der Folge nur die Diener dieses mächtigen Triebs, dessen Gegenstände sie auskundschaften und gleichsam ihm zuführen müssen. Nicht umsonst sind daher die meisten Früchte mit lebhaften Farben geziert; ihr lieblicher Duft ladet schon von fern ein zum Genuß, und das Gefühl, das den Grad ihrer Reife erforscht, spannt oft die Begierde so hoch, daß man eigentlich sagen darf, sie ströme dem

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