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daß wir uns unterwegs, ungewiß, wo du, die einzige Perle des christlichen Erdkreises, verborgen seiest, durch einen heiligen Schwur verpflichteten, dich aufzusuchen, wäre es auch an den äußersten Grenzen Indiens oder in dem entlegenen Thule, wie viel mehr in den Niederlanden oder in Frankreich!" Er überbietet sich selbst in allen Arten von Lobeserhebungen und wozu? Nur um eines kurzen Antwortschreibens gewürdigt zu werden, das ihnen als kostbare Reliquie dienen soll! Auch Draconites, der gleichfalls ein Canonicat am Severistift zur Belohnung für seine Vorlesungen erhalten hatte, wallfahrtete im folgenden Jahr zu dem großen Meister troß der Pest, welche damals in Belgien wüthete; Jonas wünschte ihm zur gesunden Rückkehr Glück, indem er ihn einem Paulus, der in Milet eine Schlange wie eine Fliege von sich geworfen, dem Kreis der Männer, welche nach dem Hebräerbrief in des Glaubens Kraft das Feuer erstickt und der Löwen Mäuler verstopft hätten, ja einem Jonas in des Wallfischs Bauch an die Seite stellt. Camerarius schreibt über diesen Erasmuscult Erfurts 10):,,Man klatschte ihm Beifall wie einem gelehrten und künstlerischen Schauspieler auf der Bühne der Wissenschaften. Jeder, der nicht für einen Fremdling im Reiche der Musen gehalten werden wollte, bewunderte, verherrlichte und pries ihn. Man wünschte dem Zeitalter Glück. Wenn jemand einen Brief des Erasmus herauslocken konnte, so war sein Ruhm ungeheuer und großer Triumph wurde dann gefeiert. Wenn aber jemand das Glück einer persönlichen Zusammenfunft und Unterredung mit Erasmus hatte, dann hielt er sich für selig auf Erden."

Jonas hatte auf Erasmus einen überaus günstigen Eindruck gemacht 11), während umgekehrt Jonas durch diesen Besuch zu erneutem Eifer 12) in den classischen Studien angefeuert wurde. Diesen zu bethätigen, bot ihm die neue Würde, zu welcher er an der Universität berufen wurde, Gelegenheit. Während er bei Erasmus weilte, war er am 2. Mai 1519 zum Rector der Universität Erfurt erwählt worden eine besondere Auszeichnung für den erst im siebenundzwanzigsten Lebensjahr stehenden Mann, welcher selbst in der Erfurter Universitätsmatrikel von den Freunden, welche ihn gewählt hätten, schreibt, ihre Liebe hätte sie blind gemacht. Doch rechtfertigte Jonas das Vertrauen, mit welchem ihm entgegengekommen war, im vollsten Maße. Mit Eifer und umsichtiger Thatkraft widmete er sich während seines halbjährigen Rectorats den Universitätsgeschäften und sezte eine wichtige Verbefferung der Universität, nemlich eine neue Organisation der philosophischen Facultät durch: Es wurden acht Lehrer für die griechische und lateinische Sprache und die,„, wahre“ Philosophie bestellt; die philosophische Facultät sollte fortan als die erste, als das Factotum, als „, Vordertheil und Hintertheil des ganzen Gymnasiums“ (wie Jonas schreibt) angesehen werden. Um die Mittel zur Besoldung der neu aufgestellten Professoren der beiden clasfischen Sprachen zu gewinnen, verzichtete die philosophische Facultät auf die

vielen kostspieligen Gastmähler, welche bisher bei verschiedenen akademischen Feierlichkeiten aus den Universitätsfonds bestritten worden waren, und beschränkte dieselbe auf ein einziges Festmahl in jedem Jahre. Eoban Heß preist in der Einleitungsrede, welche er zu seinen Vorlesungen über des Erasmus Enchiridion des christlichen Streiters im Jahr 1519 hielt, den Herrn Jodocus Jonas als denjenigen, welchem die studirende Jugend für diese Fürsorge verflichtet sei, während dieser selbst das Verdienst dem Erasmus zuschrieb, indem er in seinem Rectoratsbericht das Bild deffelben voranstellte, wie er in Magistertracht in Gegenwart Kaisers Karl V., eine Schaar wißbegieriger Scholaren um sich sammelt, welche in ihren Händen, mit denen sie auf Erasmus hinweisen, die Inschrift halten: Hic est ille Erasmus! Die Neuerung war nicht ohne Kampf durchzuseßen 13), aber die Humanisten behielten den Sieg. Die Nachfolger des Jonas im Rectorat sezten das begonnene Werk fort, namentlich Crotus, der im October 1520 nach seiner Rückkehr aus Italien an die Spiße der Universität gestellt wurde. Diese stand in einer seltenen Blüthe; Erasmus spendete ihr volles Lob; aus allen deutschen Ländern strömten hier wißbegierige Jünglinge herbei, angezogen zumeist durch den Namen Eobans, welcher in seinen Vorlesungen oft fünfzehnhundert Zuhörer gehabt haben soll, so daß der Hörsaal die Menge derselben nicht fassen konnte. Besonders war man bemüht, das in Erfurt seit geraumer Zeit fast gänzlich vernachlässigte Studium der griechischen Sprache wider neu zu beleben; Petrejus und Lange waren dafür besonders thätig und erhielten einen eifrigen Beförderer ihres Planes in dem jungen Joachim Camerarius, der im Sommer 1518 von Leipzig, wo er von Crocus, Megler und Mosellanus in das Studium der griechischen Literatur eingeführt worden war, zur Vollendung seiner Studien nach Erfurt kam. Troß seiner Jugend trat er schon in Kurzem auf die Bitten seiner Freunde öffentlich als Lehrer der griechischen Literatur auf. Auch Jonas warf fich jezt mit allem Eifer auf die Erlernung der griechischen Sprache und erbat sich hierzu namentlich die Anleitung seines Freundes Lange. In der Ueberzeugung, daß Uebung den Meister mache, conjugirte er jeden Tag ein griechisches Zeitwort durch, lernte griechische Gedichte auswendig, fand aber die Erlernung dieser Sprache sehr schwer und mühsam 14). Daneben übte er fich namentlich mit Draconites im oratorischen Styl. Nicht ohne eine Regung von Eifersucht fah Eoban auf das Freundschaftsverhältniß, welches sich hierdurch zwischen Jonas und Drach befestigte: „Ich sehe nicht, was der aus dem Bauch des Ungeheuers ausgeworfene Prophet mit dem Drachen Gemeinschaft hat, da dieser Feuer, jener nur Waffer athmet, aber, o Gott, wie viel, wie flar, wie lebendig, und wahrlich Himmelswasser, Waffer, das die Flamme, welche du dem liebenswürdigen Erasmus in der Seele anzündest, nicht auslöscht, sondern besser als Del anfacht." Eoban möchte, daß sich die Zweiheit der Freunde zu einer Dreiheit ausdehne, sei der Eine

von ihnen der Zephir, der Andere der Auster, so wolle er als der Aquilo fich zugesellen und alle Winde und Flammen aus einander treiben!

Während aber die philosophische Facultät in Erfurt unter der Fahne des Erasmus ein Auferstehungsfest feierte, regte sich auch in der theologischen Facultät ein neuer Geist, entzündet durch die Wittenberger. Luther besaß in seinem Ordensgenossen Lange, den er 1516 zum Prior des Augustinerconvents in Erfurt gemacht, einen aufrichtigen und treu ergebenen Freund. Ihm sandte er seine ersten Schriften mit dem Erbieten, seine Säße in Erfurt zu vertheidigen. Die Thesen hatten Anstoß erregt, und Trutvetter, das Haupt der theologischen Facultät in Erfurt, hatte an seinen ehemaligen Schüler ein warnendes Schreiben im Ton väterlichen Ernstes gerichtet. Als Luther im Frühjahr 1518 auf seiner Rückkehr von dem Heidelberger Augustinerconvent einige Tage im Kloster zu Erfurt verweilte, war seine Mühe, die Zweifel und Einwendungen seiner alten Lehrer zu widerlegen, fruchtlos. Luther schrieb mit Beziehung auf diese in Erfurt gemachten Erfahrungen an Spalatin (18. März 1818): „Es ist etwas Schlimmes, in falschen Meinungen alt geworden zu sein; aber die Jugend ist ihnen ganz und gar entfremdet, und ich habe gute Hoffnung, daß wie Christus von den Juden verworfen zu den Heiden wanderte, so auch jezt seine von jenen vorurtheilsvollen Greisen verworfene Theologie auf die Jugend sich verpflanze." Seine Vorausseßung hatte ihn nicht getäuscht. Hatte der zum Doctor der Theologie promovirte Lange es durchzusetzen gewußt, daß die Universität in einem Schreiben vom 29. December 1519 an Herzog Georg die Abfassung eines Gutachtens über die Leipziger Disputation förmlich ablehnte, so verschmolz fich jest bald die Sache des Erasmus und Luthers für die Erfurter Humanisten: wie für Reuchlin ehedem, so nahmen ste jezt Partei für Luther, hierzu von Erasmus selbst angefeuert. Die Philologen brachen in das theologische Lager ein: Euricius Cordus, der erst vor Kurzem mit den poetischen Studien das der Arzneiwissenschaft verbunden, begann im Jahr 1519 auch theologische Vorlesungen zu halten; noch in demselben Jahr erklärte Eoban in öffentlichen Vorlesungen das erasmische Handbuch des christlichen Streiters, ,,um jest mit der Gelehrsamkeit die Förderung christlicher Frömmigkeit zu verbinden." In der Eröffnungsrede wirft er bereits ziemlich unverdeckt dem alten System den Fehdehandschuh hin, preist die Zeit glücklich, welche zu dem Born der wahren Frömmigkeit, zu der Bibel zurückgekehrt sei und dem früheren Verderben, dem Aberglauben und der Heuchelei entsage, und ruft fiegesgewiß aus:,,Wo bleiben nun Jene, die so übermüthig und anmaßend von christlicher Demuth predigen — von der sie selbst so weit entfernt sind, als Mysien von den Phrygiern- als wenn uns nicht der leiseste Widerspruch gegen sie, ihnen aber ein immerwährendes Sündenleben gestattet sei. Dulden wir es nicht mehr, daß Menschen durch alberne und nichtswürdige Possen das christliche Volk, die einfältige und ungelehrte Menge täuschen

und leider nur zu oft von dem engen und schmalen Pfade auf den Weg des Verderbens führen, nur darum besorgt, daß ihnen die Mittel nicht ausgehen, daheim ihren Lüsten zu fröhnen.“ „Seid frei“, ruft Eoban schließlich aus, „unter Christi Führung vernichtet das feindliche Heer, wisset, daß Christus unser Herr und Gott, der Urheber und der Wiederhersteller der Freiheit ist."

Auch Jonas folgte mit aller Entschiedenheit dieser neuen Richtung der Geister. Schon hatte Luther auf ihn ein Auge geworfen, wie wir aus dessen vom 13. April 1519 an Johann Lange geschriebenen Briefe ersehen, in welchem er an Jonas sehr angelegentliche Grüße bestellt. Noch mehr aber waren die Blicke des Jonas gen Wittenberg gerichtet; mit jugendlicher Be geisterung begrüßte er das Morgenroth eines neuen Tages, das von dort über den Himmel Deutschlands sich ausbreitete, und der Kirchenrechtslehrer, dem bei, seiner freieren humanistischen Bildung die alten Canones längst nicht mehr zusagten, wandte sein Studium zu den Grundrechten der christlichen Kirche, wie sie in der heiligen Schrift niedergelegt sind, indem er durch Vorlesungen über biblische Bücher das Verständniß der Zeichen seiner Zeit zu fördern begann. Der Erste, welcher Jonas zu dieser Aenderung seiner Studien Glück wünschte, war Erasmus, der von Antwerpen aus am 1. Juni 1519 an seinen jüngeren Freund schrieb 15). „Wiewohl ich vorausseße, daß du dich selbst kennst, erachte ich es doch angemessen, dich zu ermahnen, daß du, weil dich Gott nicht zur Behandlung schmußiger Rechtshändel, sondern als ein auserwähltes Rüstzeug seines Sohnes Jesu Christi und dazu berufen zu haben scheint, daß du die Liebe zu diesem unter den Sterblichen anfachest, all dein Studium diesem Beruf zuwendest, und das bald, so lange der Körper die Anstrengungen trägt und die Seele frisch ist. Glaube mir, der Segen dessen wird deine Bemühungen begleiten, welcher dich zu diesem Beruf mit so vielen herrlichen Gaben ausstattete, der dir in das Herz das Feuer seiner Liebe gab, der dir eine gelehrte Zunge schenkte, damit du ausstreuest, ausreutest, pflanzest; er wird dich hiebei nicht verlassen noch versäumen, zumal wenn du dabei nichts Anderes suchest als Christi Gewinn." Gegenwärtig, fährt Erasmus fort, seien die Geistlichen zu zählen, welche mit heilsamer Lehre die Menge zu einem Chrifti würdigen Wandel anleiteten. Den Meisten derselben fehle die Gelehrsamkeit; Einigen das Herz, ohne welches alle christliche Beredtsamkeit fröstle; Vielen die natürliche Begabung. Ein gut Theil predige nicht Christum, sondern Menschen, sondern sich selbst. Es gebe welche, die Scotistische Subtilitäten der unerfahrenen Menge vorhielten und hierzu die verwickeltsten Stoffe auswählten, um von ihren Zuhörern desto mehr angestaunt zu werden, je weniger sie von ihnen verstanden würden. Andere trügen auf den Kanzeln nichts als scholastische Lehrfäße vor, von denen man die einen gar nicht zu wissen brauchte, während die andern, außer der Schule vorgetragen, kalt ließen. Auch fehle

es an Solchen nicht, welche, um ihren neugierigen Schülern genug zu thun, überallher aus dem bürgerlichen und dem päbstlichen Rechte und aus den Schriften verschiedener Lehrer zusammentrügen und zusammenstoppelten, damit man ja nicht glauben möge, sie hätten nicht alles gelesen. Wer aber wahre Frömmigkeit unter den Menschen pflegen wolle, müsse alle menschliche Leidenschaften von sich thun. „Doch du bist verständig genug, daß ich dich nicht daran mahnen muß, wie es wirksamer ist, um den Menschen die Philosophie Christi beizubringen, wenn man ihnen jene staunenswerthen liebenswürdigen Bilder wahrer Frömmigkeit so anschaulich als möglich vorhält, als wenn man Stimme und Lunge mit Angriffen auf die Fehler aller Art ermüdet. Deine Rede wird aber wesentlich an Gewicht gewinnen, wenn du das, was du lehrst, hauptsächlich aus der heiligen Schrift schöpfft, wenn dein Wandel deiner Lehre gleichförmig ist, wenn dein Lehrerberuf durch feinen Verdacht der Ruhmsucht oder des Geizes entehrt wird. Dein Wort wird um so kräftiger sein, wenn du Alles, was du lehrst, von Herzen liebst, wenn du nicht von Gelagen oder weltlichen Gesprächen weg, sondern von Gebeten aus der Tiefe des Herzens dich zur Predigt anschickest, damit du, um Andere zu erwärmen, selbst brennest.“

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Jonas kam dieser von Eoban unterstüßten Ermahnung des älteren Freundes treulich nach. In welchem Geist er sofort Vorlesungen über die biblischen Schriften eröffnete, sehen wir aus der Einleitungsrede, mit welcher er seine Vorlesungen über die beiden Corintherbriefe eröffnete. Sie ist außer dem oben genannten Gedicht die einzige von ihm in Erfurt herausgegebene Schrift und zeugt von dem tiefen sittlichen Ernst, mit welchem er als theologischer Docent auftrat 16). Im Eingang sagt er: Wenn es eine alte Regel der Beredtsamkeit sei, daß diejenigen Redner am Meisten auf die Herzen ihrer Zuhörer wirkten, welche von der Wahrheit dessen, wovon sie Andere überzeugen wollten, selbst recht durchdrungen seien, so wünschte er sich in dieser Stunde ein solches Feuer, von dem einst Paulus ergriffen gewesen sei, als er ausgerufen habe: „, ihr Corinther, unser Mund hat sich zu euch aufgethan, unser Herz ist voll Freude und Liebe geöffnet." Aber dazu sei sein Herz noch zu unrein. Wenn es ihm aber auch nicht vergönnt sei, die Herzen seiner Zuhörer also zu ergreifen und mit einem Strom der Rede aus ihren bisherigen Anschauungen herauszureißen, so wolle er es doch versuchen, jenes liebenswürdige Bild wahrer Weisheit ihnen also vor Augen zu halten, daß, falls Einer auch nicht alsbald zur Liebe dieses Bildes hingezogen würde, er es doch wenigstens nicht mehr verachte oder verabscheue. Wenn er über die Methode, durch welche man zum Verständniß der heiligen Schrift gelange, noch etwas sagen wollte, nachdem Erasmus hierüber so göttlich gelehrt und Martin Dorpius diesem beigestimmt habe, so würde er nach solchem Erösus und Darius nur wie ein zerlumpter Irus auftreten. Er wolle nur die noch unerfahrene Jugend ermahnen, daß das Studium der

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