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in Erfurt vertauschen, um zu den Wittenberger Canonikern zu überstedeln, sobald es deiner Gnade gefällt. Eine solche Zierde der Kirche und Schule werden die Lehrer und Studenten mit der größten Anerkennung aufnehmen. Ich bin versichert, daß eine große Menge Volks zu dem Prediger Christi, als wäre er ein zweiter Luther, herbeiströmen wird. Ich danke Gott, der uns oder vielmehr deiner Hoheit einen solchen Mann geschenkt hat, der jedes Bisthums würdig ist. Ich dachte auch an Erasmus; aber Erasmus schreibt nur; dieser unser Jonas nügt mit seinem mündlichen Wort Allen. Ihn schlage ich als den geeignetsten Probst in aller Treue yor.“

Ehe die Unterhandlungen mit Jonás zum Abschluß gekommen waren, zog Luther auf seiner Reise nach Worms in Erfurt ein. Es war der sechste April. Die großartigsten Vorkehrungen waren für seinen festlichen Empfang getroffen. Eoban rief der Stadt zu: „Nun frohlocke, erhabenes Erfurt, bekränze mit festlichem Laubwerk dein Haupt, denn siehe, es kommt, der dich vom Schmuge reinigt, unter dem du so lange geseufzt." Jonas war dem Reformator schon bis Weimar entgegengeeilt, um allein und vertraulich mit ihm über seine Berufung nach Wittenberg reden zu können. Die Univerfität holte Luthern im Festzuge, vierzig Mann zu Pferde, an der Spiße der damalige Rector Crotus, gefolgt von einer zahllosen Menge Fußgänger in Nohra, an der Grenze des damaligen erfurtischen Gebietes ein. Crotus begrüßte den willkommenen Gast als den Rächer der Treulosigkeit und versicherte, kaum könnte ihnen ein Besuch der Himmlischen werther sein als der seinige. Auch Eoban stammelte einige Worte des Entzückens, und langsam bewegte sich der Zug durch die überfüllten Straßen der Stadt. Straßen, Thüren, Dächer und Mauern waren mit Menschen beseßt. Luther stieg im Augustinerkloster ab, wo ihn zwar Dr. Barthol. Arnoldi von Ufingen mit steifer Kälte, aber der Prior Dr. Johann Lange desto herzlicher aufnahm. Auf dringendes Begehren hielt er am andern Morgen, dem Sonntag Quasimodogeniti, in der Kirche seines Ordens eine Predigt über das Evangelium des Tages 19). Das Volk strömte so zahlreich herzu, daß Viele in der Kirche keinen Play fanden. Er predigte gegen die Werkgerechtigkeit: „Es seyn wohl dreitaufend Pfaffen, unter denen man vier rechter nicht findet; Gott erbarme sich über den Jammer!" Das größte Unglück, das in der Welt sein mag, sei, daß man die Leute dahin richte, daß leibliche Werke können felig oder fromm machen. Die Predigt war sehr ruhig gehalten mit Vermeidung aller Anspielungen auf die Erfurtischen Zustände, wurde aber nachher vielfach mißdeutet und verdreht. Als während derselben auf einer überfüllten Emporkirche Geräusch entstand, als wollte dieselbe zusammenstürzen, redete Luther der Gemeinde zu, sie sollte sich an solches Wesen, das ein teuflisches Spiel sei, nicht kehren, noch in ihrer Andacht sich irre machen lassen, wie er denn auch seine Predigt beendigte, ohne daß ein Unglück erfolgt wäre 2o). Eoban versicherte, weder Demosthenes, noch der Beherrscher des

römischen Forums, noch Paulus der Apostel hätten die Gemüther so er. griffen, als Luthers Predigt an den Ufern der Gera. Zwei Tage verweilte Luther in der Stadt; die Universität veranstaltete ihm zu Ehren ein Festessen ; der Stadtrath überhäufte ihn mit Ehrenbezeugungen. Als er am 8. April abreiste, gab ihm die Stadt den lanzenkundigen Stadthauptmann Hermann von Hoff als Begleiter mit, Justus Jonas gesellte sich ihm bei und blieb in Worms, so lange Luther dort verweilte. Crotus war durch sein Rectoramt an Erfurt gebunden, gab aber mit Eoban Luthern mehrere Stunden weit das Geleite. Lezterer rief, ihm nach: „Denke du auf die römischen Ränke, die Schmach des Erdkreises. Das große Deutschland wird für dich in den heiligen Kampf treten. Ziehe hin und fürchte dich nicht. Ist dir schon auf deiner Hinfahrt das Glück so hold, so wird noch viel glänzender der Ruhm deiner Heimkehr seyn.“ Am 16. April kam Luther mit seinen Begleitern in Worms an: Euricius Cordus verherrlichte seinen Einzug durch ein Gedicht; Ulrich von Hutten auf der nahen Ebernburg sprach ,, dem unüberwindlichen Evangelisten, dem heiligen Freunde" Muth zu und schrieb gleichzeitig an Jonas 21), ihm zu seiner Begleitung Luthers Glück zu wünschen. Wenn er Jonas schon vorher geliebt habe, so liebe er ihn um dieses Schrittes willen noch hundertmal mehr; er solle muthig und uner schrocken sein, Gott werde ihn gegen die Ränke der Feinde schüßen.

Kaum war Luther aus den Thoren Erfurts hinausgezogen, als sich auch der verhaltene Grimm der Priesterschaft über diesen ehrenden Empfang Luft machte. Ein schweres Aergerniß war es ihnen zumeist, daß zwei Mitglieder des Severistifts an der festlichen Bewillkommnung des Gebannten sich betheiligt hatten. Der Eine derselben, Jonas, war auf dem Wege nach Worms, um so empfindlicher sollte der Andere, Johannes Draconites, gezüchtigt werden. Die Vorgesezten beider Capitel, der Domdechant Wiedemann und der Dechant des Severistifts Doleatoris faßten den Beschluß, die beiden ungetreuen Canonifer als excommunicirt zu betrachten und nicht ferner zur Verrichtung ihrer Amtsfunctionen zuzulassen. Als Draconites am Tag der Abreise Luthers zur gewöhnlichen Stunde im Chor erschien, um in seinem Ornat die Horas zu fingen, sah er sich plößlich von seinem Dechant Doleatoris überfallen, der ihm seine Kleidung über den Kopf wegzog und ihn mit den Worten zum Chor hinausstieß: Er sei mit samt dem Luther in dem Bann. Der Gefränkte rief die Hülfe der Universität an, deren Mitglied er war. Schnell verbreitete sich die Kunde von dem Geschehenen unter der studireuden Jugend, die noch von den lezten Festtagen ohnedem in Aufregung war, und das „Pfaffenstürmen“ begann. Der nachherige Superintendent zu Dresden, Daniel Greser, selbst ein Augenzeuge, gibt von diesem Tumult 22) folgenden Bericht: „Dieweil ich zu Erfurt in die Schule ging, machten die Studenten einen Aufruhr und stürmten die Pfaffenhäuser um die Gavata und unser lieben Frauen und Severifirche herum, schlugen

alle Fenster aus, stießen in den Stuben die Defen ein, verderbten allen Baurath, ohne Schüffeln und Kannen, zerspalteten die köstlichen und vermoftrten Tische und warfen die Stück alles deffen, so fie verderbt hatten, auf die Gasse hinaus sammt allem, was zu essen diente, als Butter, Speck, Erbes, Eier, Brod, Käse, daß die Leute genug hatten aufzulesen und heimzutragen. Da die Taglöhner und Weinhacker, so den mehreren Theil Franken waren, solch der Studenten Stürmen gewahr worden, geselleten sie sich zu ihnen und halfen umbringen und verderben, was sie vermochten, schlugen auch die Kellerthüren auf mit der Axt, dazu fie nur einen Schlag und das Wort Hephata brauchten, soffen Wein und Bier aus; was sie zu saufen nicht vermochten, stießen sie den Fässern die Böden aus, ließen das Getränk, Wein und Bier in Dreck laufen und übel umkommen, daß es niemand zu Nuß fam. Sonderlich thaten sie am Bettgewand großen Schaden, denn sie schnitten die Bettzügen auf und schütteten die Federn zu den Fenstern hinaus, daß die über ganz Erfurt flogen, daß man den Himmel nicht mehr sehen konnte, und gleich ein Ansehen hatte, als wenn es dick schneiete, denn auch der Erdboden weiß, als wenn es einen Schnee gelegt hätte, mit Federn bedeckt war." Da von Seiten der städtischen und akademischen Behörden kein ernstliches Einschreiten gegen diese Unordnung erfolgte, so wiederholten fich schon im Mai ähnliche Gewaltthätigkeiten gegen die Geißtlichkeit, noch ungezügelter in den Tagen vom 10. bis 12. Juni. Schon im Mai hatte Luther an Melanchthon geschrieben: „Wenn es auch gut ist, daß jene unverbesser. lichen Bösewichter gestraft werden, so bereitet doch ein solches Verfahren unserem Evangelium Schande und gerechte Vorwürfe. Ein solches Wohlwollen der Menschen gegen mich betrübt mich sehr. Wir sehen daraus deutlich, daß wir vor Gott noch keine würdige Diener seines Wortes find, und daß der Teufel über unsere Bemühungen lacht und spottet." Im Juli schreibt er an Spalatin: „In Erfurt hat der Satan uns nachgestellt, um die Unsrigen in böses Geschrei zu bringen, aber er soll nichts ausrichten: das find nicht die Unsrigen, die Solches verüben. Da er nun der Mehr. heit nicht Widerstand leisten kann, so beabsichtigt er, sie durch den thōrichten Eifer der Thoren gegen uns in Verruf zu bringen. Mich wundert, daß der Rath der Stadt dieses duldet." Die Folge dieser Pfaffen. stürme war der schnelle Verfall der Universität Erfurt, welche mit dem Besuch Luthers den Höhepunkt ihrer Blüthe erreicht hatte. Der Gelehr tenbund Gobans löfte sich auf: Crotus siedelte nach Fulda über, wohin ihm Crato und Bonaemilius bald folgten; Drakonites ging erst nach Nordhausen, dann nach Wittenberg, wo wir schon im Sommer 1521 außer Jonas auch mehrere andere Erfurter Lehrer finden, alle froh, der stürmischen,, Charybdis" entkommen zu sein. Ende Juli verließ auch Camerarius, die durch Zwietracht und Aufruhr zerrüttete" Stadt, um sie nach kurzem Besuch in Bamberg mit Wittenberg zu vertauschen. Ihm folgte auch

Forchheim. Mit schwerem Herzen sah Goban dem zersprengten Dichterbunde nach: er war ein König ohne Land.

Jonas war nicht Äugenzeuge dieser Schreckensscenen Erfurts; fie mußten, wenn er in Betreff des an ihn ergangenen Rufes nach Wittenberg noch unschlüssig war, ihm die Lostrennung von der Stätte seines bisherigen Wirkens erleichtern, während andererseits Luthers muthiges Auftreten in Worms ihm das Herz abgewann, sich ganz der evangelischen Sache hinzu geben. Von diesem Entschluß vermochte ihn auch nicht ein Schreiben des von ihm hochverehrten Erasmus abzubringen 23). Als dieser gehört hatte, in welchem Sinne Jonas seiner Ermahnung zum Studium der Theologie nachgekommen wäre, warnte er ihn vor Luther, der seine Sache zu rauh und tumultuarisch betreibe und durch den angeregten kirchlichen Streit den schönen Wissenschaften so viele gute Köpfe entziehe. Eine Antwort des Jonas ist nicht erhalten; es scheint, daß mit diesem unbeachtet gebliebenen Schreiben der früher lebhafte briefliche Verkehr zwischen beiden Männern ganz ins Stocken gerathen sei, obschon Jonas die dankbare Verehrung für die wissenschaftlichen Leistungen des Erasmus stets bethätigte und lange nachher fich noch Mühe gab, Luthers Eifer in seinen Streitschriften gegen Erasmus zu mäßigen.

In Worms gediehen die Unterhandlungen, welche wohl persönlich vom Churfürsten von Sachsen oder dessen Räthen mit Jonas geführt wurden, schon zu einem vorläufigen Abschluß: Jonas begleitete Luthern auf seiner Heimkehr von Worms bis nach Eisenach, wo sich Alle seine Reisegefährten außer Amsdorf von dem nach Möra ziehenden Luther am 2. Mai verabschie deten. Wie es scheint, sezte Jonas mit den übrigen Reisebegleitern den Weg nach Wittenberg fort, um sich hier vor Allem mit Melanchthon über seinen neuen Beruf zu berathen. Daß nemlich mit der ihm angebotenen Probststelle die Professur des kanonischen Rechts verbunden war, erregte ihm große Be denken; eher wollte er auf die Würde eines Probstes verzichten, als das Lehramt dieser Wissenschaft antreten, welche sich in seinen Augen längst selbst überlebt hatte. Andererseits hatte die Universität Wittenberg von ihrer Entstehung an gerade auf diese Disciplin ein besonderes Gewicht gelegt: der Lectionskatalog von 1509 führt nicht weniger als ficben Lehrer des päbstlichen Rechtes auf! Henning Göde, dessen Stelle ersezt werden sollte, war als Canoniker in ganz Deutschland berühmt, der „Monarch der Juristen“ genannt und hatte bis zu seinem Tode mit aller Starrheit das päbstliche Recht und die bei den Kirchenrechtslehrern herkömmlichen Quellen und Autoritäten gelehrt, als ob nicht Luther das kanonische Recht samt der Bannbulle ins Feuer geworfen hätte. Schon im Jahr 1520 hatte Luther es für wohlgethan erklärt, daß das geistliche Recht vom ersten bis zum leßten Buchstaben, insbesondere die Decretalen, ausgetilgt werde: fände sich auch viel Gutes darin, so sollte es billig schon deshalb untergehen, weil derzeit das Studiren

darin unnüß und nur Betrug sei, indem der Pabst seine Willfür darüber erhebe und sich selbst nicht daran binde. Während aber schon dieses das kanonische Recht in Mißachtung bringen mußte, daß es vom Pabst und den Reformatoren gleicher Weise außer Curs gesezt war, so kam dazu die hergebrachte Art der Behandlung dieser Wissenschaft, welche ihr alles Recht auf den Namen einer Wissenschaft nehmen mußte. Wie sich die Theologen um die Bibel nicht kümmerten und sich fast nur mit den Büchern der Sentenzen abgaben, so studirte man auch das römische Recht nicht aus den Quellen mit philosophischer und grammatisch-historischer Methode, sondern aus den Wer fen der latein barbarischen Glossatoren, indem man es nach Art der Schola. stifer in speculativen Quäßtionen und Disputationen behandelte und dabei den Sachwalter des Besizes des Pabstes und des Clerus machte. Jonas selbst sagt in seiner Erklärung der Apostelgeschichte, als er von dem Zustand der apostolischen Kirche redet:,, Wie fast sich aber diese Gestalt der christlichen Kirche mit den Decretalen reimt und gleichstimmt, welche Decretal von den Mänteln, Zinsen, Hengsten und Jagdhunden der Bischöfe Fürsehung thun, das geb ich den Romanisten und Papisten zu errathen."

Melanchthon billigte vollkommen den Widerwillen, welchen Jonas gegen die Lection des kanonischen Rechts hegte, aber er gab den klugen Rath: Jonas solle erst die ihm vom Churfürsten angebotene Stelle antreten, um dann sofort um die Enthebung von der Profeffur des kanonischen Rechts zu bitten. Dies geschah. Am 6. Juni 1521 wurde der Probst feierlich in sein Amt eingesezt. Schon am folgenden Tag schrieb Melanchthon einen Brief an Spalatin 24), welchen Jonas selbst an seine Adresse beförderte, und aus welchem wir Folgendes mittheilen: „Gestern wurde unser Jonas installirt. Noch ist Ein Bedenken übrig, und es ist unsere Aufgabe, auf jede nur mög liche Weise Jonas, diesen frommen und fromm gelehrten Mann uns zu erhalten. Das ist aber unausführbar, wie ich mich aus seinen eigenen Worten überzeugt habe, wenn er das päbstliche Recht lehren soll. Du mußt dich also vorschen, daß wir um einer so gleichgiltigen Sache willen nicht einen solchen Mann verlieren; denn wenn wir uns ihn aus irgend einem Grunde entführen ließen, so müßten wir weder Verstand noch Augen haben. Die Akademie konnte keinen tüchtigeren Mann erwerben; sehen wir das nicht ein, so mag uns niemand für klug halten. Ich weiß, daß wir dir dieses Glück verdanken, aber du hast dein Werk nicht vollendet, wenn du ihn uns nur zeigst, ohne ihn bei uns zu halten. Auch ist die Sache leicht zu bewerkstelligen, wenn du nur willst. Nicht an der Möglichkeit, sondern einzig an dei nem Willen müßte ich zweifeln. Warum sollte die Vorlesung des päbstlichen Rechts nicht in eine theologische verwandelt werden? Erheischt doch selbst die Rücksicht auf die Präbende eher einen Theologen als einen Rechtsgelehrten, da dem Probst so viele Kirchen untergeben sind. Welchen großen Schaden diese durch die Unwissenheit und Unfrömmigkeit ihrer Vorgesezten erleiden

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