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müssen, kann ich nicht leicht aufzählen. So oft Henning, sonst ein braver, aber mit der chriftlichen Lehre weniger vertrauter Mann, über eine chriftliche Frage angegangen wurde, achtete er jedes Wort über Reformation der Kirche für Scherz und Posse. Ich weiß es, da ich selbst dabei betheiligt war, wie er das Amt der Geistlichen für nichts Ernstes achtete. Wie viele Ehebrüche, Wucher und Aehnliches wurden ihm klagend vorgebracht, während er meinte, einem Geistlichen liege nichts weniger ob, als die Besserung der Bürger. Er wähnte, um die Kirche stehe es gut, wenn nur das Volk reichlich zahle und die Priester fett würden. Das sage ich nicht in böser Absicht, am Wenigsten gegenüber einem Verstorbenen, sondern nur um auf das Ungereimte aufmerksam zu machen, das darin liegt, wenn man Rechtsgelehrte über die Kirche seßt. Ferner fönnte ich nicht verstehen, warum nicht auch der Fürst einen Theolo gen zum Probst wünschen sollte, da er weiß, daß von ihm das Blut der Seelen, die verloren gehen, gefordert wird.“ Zugleich drückte Melanchthon den Wunsch aus, es möchte Crotus an eine der beiden Stellen von Lupinus oder Carlstadt berufen werden. Nicht ohne Schwierigkeiten wurde die Vertauschung des juristischen mit einem theologischen Lehramte durchgesezt; der schon von Melanchthon angedeutete Vermittlungsvorschlag wurde endlich genehmigt: Jonas ward der theologischen Facultät beigetheilt und mußte einem Docenten, welcher für ihn das kanonische Recht vortrug, zwanzig Gulden jährlich von den Einkünften der Probstei abtreten. Jonas siedelte nun ganz von Erfurt nach Wittenberg über 25); obgleich der Befiß mehrerer Präbenden an verschiedenen Orten damals etwas ganz Gewöhnliches war, ließ er es sich ruhig gefallen, daß ihm als einem Gebannten die Erfurter Stiftspräbende entzogen wurde. Luther war über die Gewinnung des Jonas für Wittenberg hoch erfreut. Schon zwei Tage nach der Einseßung des neuen Probftes schrieb er demselben, ihm seine Schrift gegen Jacob Latomus widmend und ihm zugleich zu seinem neuen Amt Glück wünschend. Da er vorausseßt, daß Jonas das kanonische Recht zu lehren habe, heißt er ihn lehren, daß das zu verlernen sei, was er lehre. Zum Schluß ruft er ihm zu: „Fasse Muth und sei stark, fürchte jenen Baal-Phogor nicht, der kaum ein Baal-Zebub ist, d. H. ein Fliegenmann, vorausgesezt daß wir glauben." Wie wohl sich Jonas selbst in seiner neuen Stellung fühlte, zeigt sein Brief an Eoban 26): ,,So bin ich denn mit all dem Meinigen nach Wittenberg übersiedelt. In einem kleinen Städtchen fand ich unglaubliche Schäße nicht bloß der Wissenschaften, sondern aller Dinge. Gewiß ist das Erfurter Gymnasium im Vergleich zu der Wärme, mit welcher hier den Studien obgelegen wird, falt." Jonas be. warb sich nun um die höheren akademischen Würden bei der theologischen Facul tät, in welcher er noch in demselben Jahr am 24. September die Licentiaten- und am 14. October die Doctorwürde erlangte. Mit ihm zugleich wurde wiederum sein Jugendfreund, Tilemann Platner, welcher damals für den Grafen Wolfgang von Stolberg und Wernigerode das Prorectorat der Universität

führte, der nachmalige Reformator von Stolberg und Quedlinburg, promovirt. Die Erfurter Freunde waren etwas befremdet, daß Jonas sie nicht zu dieser Feier eingeladen habe; er erwiederte dem treuen Freund Lange, er habe sich den Schein einer Großthuerei, seinen Freunden die Gefahren und Beschwerden der Reise ersparen wollen und darum die Sache beschleunigt. Hoch erfreut schrieb Mutian an Jonas, er habe zu seiner großen Befriedigung vernommen, daß Jonas das Gewandt, die Infignien und Würden der Theologen empfangen habe, und wünsche, daß das durch seine Vermitt lung begonnene Werk einen gedeihlichen Fortgang habe 27). Der fromme Wunsch ging glücklich in Erfüllung.

4.

Durchführung der Reformation in Wittenberg.

Der Mann, deffen Nachfolger Jonas in Wittenberg wurde, war der hartnäckigste Gegner der in der Stadt und besonders beim Stift begonnenen Reformation gewesen. Zwar befanden sich unter den damaligen Mitgliedern des Collegiatstifts an der Allerheiligen, Stifts- oder Schloßkirche zu Wittenberg Männer wie Andreas Bodenstein von Carlstadt und Nicolaus von Amsdorf, welche sich bereits offen für die Sache der Reformation erklärt hatten: aber unter Göde's starrem und zähem Festhalten am Hergebrachten war doch im Ganzen die in der römischen Kirche gewohnte Verfassung mit allen dazu gehörigen Ceremonien unverändert beibehalten worden. Luther selbst wollte in der Kirche nichts schaffen, noch weniger etwas Neues der Gemeinde aufdrängen; mit aller Strenge beschränkte er sich auf die Grenzen, die einem Diener des Worts gezogen sind, diesem Wort vertrauend, daß es am rechten Ort auch die rechte That vollbringe. Je mehr bei ihm selbst der neu errungene Standpunkt nicht das Resultat des Wissens, sondern des Gewissens war, desto zarter erzeigte sich auch sein Gewissen gegen Andersdenkende, ihnen durch Gewissenszwang kein Aergerniß zu geben. Anders war das Verhalten derer, welche sich nicht durch Gewissensängste zur evange lischen Freiheit hindurchgerungen, sondern durch den Prozeß des Denkens der Sache des Evangeliums fich genähert hatten. Die Humanisten kannten die Rücksicht, die man irregeleiteten Gewissen schulde, nicht; ste sahen im Schooß der römischen Kirche nicht noch einen Rest des Glaubens, von dem es heißt: Verdirb ihn nicht, es ist ein Segen darin! sondern bloß Aberglauben, finsterste Unwissenheit; darum beobachteten fie mit ihrem Wissen nicht die gleiche Schonung, welche einem Luther die Rücksicht auf die Gewissen zur Pflicht machte.

Als Jonas seine nene Stelle in Wittenberg antrat, war eben die Schranke gefallen, welche bisher Göde und Luther mit kräftigem Arm, wenn auch aus ganz verschiedenen Beweggründen, den Drängern und Stürmern entgegengesezt hatten: die der evangelischen Sache im Herzen zugethanen Ca nonifer und Ordensbrüder fühlten sich durch Göde's Tod des Zwanges entledigt, welchen dessen amtliche und persönliche Geltung bisher auf ste ausgeübt hatte; ein Carlstadt, der sich von der Autorität des Heros Luther bisher beengt und gedrückt gefühlt hatte, glaubte mit Luthers Zurückgezogenheit auf der Wartburg sei die dem Thatendurstigen günstige Zeit angebrochen, und war darum in der Mitte des Juni 1521 aus Kopenhagen nach Wittenberg zurückgeeilt, wo er schon am 19. Juni wider den Cölibat zu disputiren beginnt. Das war die schwierige Stellung, in welche sich Jonas bei seinem Amtsantritt hineinverseßt sah; für das ganze Reformationswerk war überaus viel daran gelegen, wie der neue Probst sich seiner Aufgabe entledigte. JOnas selbst war aus dem Heerlager der Humanisten herübergekommen; von inneren Kämpfen, unter denen er sich gleich einem Luther zum Glauben hindurch gebetet hätte, wissen wir nichts; andererseits hatten die jüngsten Vorgänge in Erfurt ihn zu Vorsicht und Behutsamkeit gemahnt, und der bedächtige Melanchthon stand ihm zur Seite; Jonas selbst hatte nicht bloß humanistische, sondern auch Rechtsstudien hinter sich, durch welche er Maaß halten gelernt hatte, und darum alles unvermittelte Brechen mit dem Bestehenden fürchtete. Er eilte, aber mit Weile: ließ er sich auch einen Augenblick vom Strome der öffentlichen Stimmung weiter fortreißen, als Luther wünschte, so that er doch demselben ebenso fräftigen Einhalt, als er die Grenzen des Rechts zu durch. brechen drohte; nicht Carlstadts unruhiger Poltergeist, sondern das Ringen und Sehnen der Gemeinde waren für ihn maßgebend. Außerdem ist hervor. zuheben, wie Jonas von Anfang an die Reformation sehr bestimmt als eine deutsche Nationalsache, als einen Kampf der deutschen Unabhängigkeit von dem Fremdenjoch Italiens auffaßt. An Capito schreibt er am 1. Januar 1522 hocherfreut über die leider nur augenblickliche Zuneigung des Cardinals Albrecht von Mainz zur evangelischen Sache, und hoffend, daß andere deutsche Kirchenfürsten diesem Beispiel folgen würden 28): „Was gehen uns die Italiener an, deren Gottlosigkeit mehr als offen zu Tage liegt? Suchten fie doch gemäß ihrer angestammten Habsucht und Gottlosigkeit niemals uns, fondern das Unsrige, während sie sich um das, was Christi ist, in wildem Rausch nicht kümmern. Seße den Fall, daß alles Gold Deutschlands, nach dem sie allein begehren, mit einem Mal nach Italien abgeführt sei, und es wäre ein Wunder, wenn sie sich auch nur im Geringsten um uns fümmerten und auch nur wissen wollten, wo Deutschand liege oder was für ein Volk das der Deutschen sei. Schauerlicher aber und schwärzer als das schwarze Meer ist die Verblendung unserer Fürsten, unbegreiflich der Eigensinn` und Unsinn Anderer, welche, nachdem sie so oft und schwer betrogen, ausgebeutelt und aus

geplündert worden sind, nachdem ihnen die Haut vom Leibe gezogen war und fie für Baumstämme und Steine von den Italienern geachtet wurden, noch nicht erkennen wollen, daß der römische Bischof auf's Schamloseste und mit der Frechheit einer feilen Dirne nur Gold haben will. Daß der Primat des römischen Bischofs nach göttlichem Recht nicht bestehen kann, ist außer Zweifel und braucht keines Beweises; wenn ich aber auch zugäbe, daß der Pabft durch die Zustimmung der Bischöfe und der römischen Kirche oder des römischen Reichs den ersten Rang unter den Bischöfen einnehme, warum muß denn der Mainzer Stuhl, so oft ein neuer Erzbischof eingesezt wird, 30,000 Goldthaler bezahlen? Hat der Pabst ein Recht, unter einem so lächerlichen Vorwand den Deutschen so viel Geld abzuführen? Wer müßte nicht sehen, daß Rom ein gähnendes Grab ist und ein unausfüllbarer Schlund, in welchem die Häuser der Wittwen und Waisen verschlungen werden. Wenn es ja seyn soll, daß ihm bei der Neuwahl eines Bischofs als Lohn für seine Aufsicht Geld erlegt wird, wäre es nicht genug, wenn der Mainzer Bischof 1000 oder 600 Gulden bezahlte? Aber der höllische Schlund und die teuflische Grausamkeit der Romauisten hat keine Grenzen. Verlangt den Pabst so sehr, für uns Sorge zu tragen und aller Kirchen zu warten: kann er denn nicht auch ohne Geld unser gedenken? O unsere blinde, blindeste und dreimal ver blendetste Blindheit, o ihr unersättlicher Schlund! Nichts bleibt übrig, als daß sie, wenn sie unsere Leiber verkauft haben, um den Preis unseres Bluts und unserer Eingeweide ihre Haut weichlich pflegen und ihrer Unzucht fröhnen. Nenne man immerhin auch die schwerste Tyrannei, so lange sie noch ein Maaß hat, erträglich; aber dieß ist teuflischer als der Teufel selbst. Ich kanns nicht mit Worten ausdrücken, wie michs auf die Seele brennt und martert, daß sie uns also für Felsblöcke achten!" Im ganzen Reich des Pabstes fah Jonas nichts Gesundes; mit Allem, was an Abhängigkeit von demseiber erinnerte, zu brechen galt ihm als Pflicht.

Die Bewegung nahm im Augustinerkloster zu Wittenberg ihren Antang. An der Spiße der Unzufriedenen stand ihr Prediger Didymus, welcher gegen die Anbetung des Sacraments des Altars, gegen das Messehalten eines Einzigen, gegen den Zwang zum Lesen von Stillmessen und für die Feier des Abendmahls unter beiderlei Gestalt gepredigt hatte. Da der Prior Helt jede Abweichung vom bisherigen Ritus verbot, weigerten sich die Mönche ferner Messe zu halten, so daß der Meßgottesdienst im Augustinerfioster ganz eingestellt war. Da dieß in der Stadt Aufsehen erregte, schickte die theologische Facultät am 8. October 1521 eine Commission zur Unteryandlung mit den Mönchen, in welcher neben Carlstadt der Probst Jonas, Feldkirch und Melanchthon saß. Die Verhandlung führte zu keinem Resul tat; Universität und Capitel mißbilligten das Unternehmen der Mönche, doch gab man ihnen in der Lehre Recht, ausgenommen die zwei Punkte: 1) daß sie die Anbetung des Sacraments für unerlaubt halten, 2) daß fie die Beobachtung

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des alten Meßritus für moralisch unmöglich erklärten. Im Auftrag des Churfürften erschien nun Kanzler Dr. Georg Brück und ersuchte das Kapitel und die Universität, abermals mit den Augustinern zu handeln, damit nichts vorgenommen werde, woraus Beschwerung erfolgen möchte." Es wurde ein Ausschuß von der Universität niedergefeßt, der den 12. October Morgens 7 Uhr auf's Neue zu den Mönchen gehen, mit ihnen handeln und namentlich über den Inhalt der Predigt des Magifter Didymus Untersuchung an. stellen, Rechenschaft fordern und zu vorläufigem Innehalten mit den Neuerungen ermahnen sollte, bis Bescheid vom Ordensvicar eintreffe, oder „bis die Ding in der Universität baß disputirt und beredt seyn würden". In diesem Ausschuß saßen der Vicerector, Jonas, Carlstadt, Feldkirch, Amsdorf, Tilemann Platner, Melanchthon und Christian Beyer. Sie stellten ihr Gutachten in einem Schreiben vom 20. October an den Churfürften 29): den Auguftinern wird zwar in ihrer Polemik gegen Opferritus, Todtenmessen und das mechanische tägliche Meßlesen (,, denn es ist unmöglich, daß auch ein frommer Priester so oft Luft und Liebe habe, Meß zu balten, als oft er darzu durch die Fundation verbunden und verpflichtet ist") Recht gegeben, auch die Communion unter beiderlei Gestalt wird gefordert, ja selbst die öffentliche Feier durch die ganze Gemeinde gewünscht; aber dann wird gesagt: „daß fie aber anzeigen, es solle keiner allein communiciren, schleußt nicht feft," es sei zwar dieser Brauch ein Anhaltspunkt für die andern Mißbräuche und falsche damit sich verbindende abergläubische Vorstellungen, aber man müsse in diesem Stück mit den Schwachen Geduld haben, bis fte beffer im Worte Gottes unterweiset werden; „daß sie auch anzeigen in der Ursachen, daß Christus in dem Abendessen ihrer vielen seinen Leichnam gegeben hat, ist eine Geschichte, kein Geseß, noch Gebot." Zulegt wird der Churfürst gebeten, die Communion unter beiderlei Gestalt wieder herzustellen und

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als ein chriftlicher Fürst solchen Mißbrauch der Messen in E. Ch. F. G. Landen bald abthun und weltliche Schande oder Unehre, daß man E. Ch. F. G. einen Böhmen oder Kezer schelten würde, gar nichts achten,“ da solche Schmach Alle, die etwas für Gottes Wort thun, dulden müßten; ja es wird dem Churfürsten nahegelegt, daß er zu solcher Aenderung bei seiner Seelen Heil verpflichtet sei,,,auf daß E. Ch. F. G. von Christo am jüngsten Tag nicht, wie Kapernao, vorgeworfen werde, daß solche große Gnade und Barm. herzigkeit in E. Ch. F. G. Landen umsonst geschehen." Aber dennoch wird am Schluß nochmals gesagt: „Soviel aber betrifft die Augustiner, ist unseres Bedünkens nicht Sünde, allein Messe halten, so man sonst der Messe nicht mißbraucht; man soll auch niemand wehren, allein und privatim Meß zu halten. Doch wo diese dermassen anfiengen Meß zu balten, wie sie sich laffen vernehmen, nach der Form des Evangelii, wissen wir nicht zu verlegen.“ Der Churfürst rescribirte darauf am 25. October,,,sein Gemüth und Meinung sei allweg gewesen und noch, das fördern zu helfen, so dem göttlichen Worte

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