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Zur Lage in Ostafrika').

Statt eines Neujahrsworts.

Vom Herausgeber.

Als Ende 1885 auf der Bremer Missionskonferenz mit großem Ernst auch auf die Gefahren hingewiesen wurde, welche der evangelischen Mission aus der neuen Kolonialära erwachsen würden,2) da war man nicht bloß in enthusiastischen kolonialen, sondern auch in sanguinischen christlichen Kreisen voll Vorwurfs über solches Urteil; und obgleich die Männer, welche es abgegeben, auf diesem Gebiete zu den sachverständigsten in Deutschland gehörten, so warf man ihnen doch vor, daß sie weder ihre Zeit verstünden, noch Patriotismus besäßen. Es sind seit jener denf. würdigen Bremer Konferenz erst 3 Jahre vergangen, aber 3 inhaltsreiche Lehrjahre, innerhalb deren nicht nur manche koloniale Großsprecherei zu schanden geworden und manche schmerzliche Ernüchterung eingetreten ist, sondern auch die Erkenntnis sich ziemlich allgemein Bahn gebrochen hat, daß die moderne Kolonialpolitik keineswegs das geträumte goldne Zeitalter für die Mission herbeigeführt habe.

Es hat immer seine verhängnisvollen Schattenseiten, wenn die Werke Gottes in die Händel dieser Welt verflochten werden. Es muß ja zulet dem Reiche Gottes alles dienen, und gewiß hat auch die moderne Kolonialpolitik trot all ihrer Frrungen eine missionswegbahnerische Bedeutung; aber zunächst muß die willens oder unwillens in sie verflochtene Mission einen Passionsweg gehen.

Nirgends tritt uns das gegenwärtig überzeugender vor Augen als in Ostafrika. Die dunkeln Wolken, welche augenblicklich über diesem Missionsgebiete hängen und die nicht bloß die bereits bestehenden ostafrikanischen Missionen aufs äußerste bedrohen, sondern für die nächste, ja vielleicht für eine längere Zukunft die christliche Mission überhaupt bei den dortigen Eingebornen in übeln Ruf sehen werden, diese dunkeln Wolken

1) Der nachfolgende Artikel war geschrieben, ehe die Nachrichten von der angeblichen Auslieferung Emin Paschas an die Truppen des Mahdi und von der an: geblichen Ankunft Stanleys bei Emin eintrafen. Sind diese Nachrichten wahr? Oder find sie beide ganz oder teilweis falsch? Oder ist, wie wir wünschen, die erste falsch und die zweite wahr? wer will das augenblicklich mit Sicherheit entscheiden? Jedenfalls bringen sie die geplanten Unternehmungen aufs neue ins Schwanken. 2) Allg. Miss.-Ztschr. 1886, 39 ff.

sind doch nur die Folge der modernen afrikanischen Kolonialpolitik und alles dessen, was sie direkt und indirekt in ihrem Gefolge gehabt hat.

Wir lassen die Frage auf sich beruhen, wie weit das keineswegs bloß von englischen Zeugen behauptete1) brutale Verhalten der Beamten der deutschen ostafrikanischen Gesellschaft gegen die Eingebornen

1) Die englischen Zeugen sind, wie es scheint, wesentlich die Missionare der Universities Mission, besonders der Bischof Smythies selbst und der Archidiakon Farler. Diese Männer a priori für falsche Zeugen zu erklären, ist jedenfalls keine Widerlegung ihrer Anklagen. Daß sie recht hatten zu schreiben: „Durch ihren Mangel an Takt und Erfahrung in der Behandlung der eingebornen Stämme und durch die Behandlung der Flagge des Sultans wie feiner Beamten" (CentralAfrica 1888, 150) hätten die Beamten der deutsch-ostafrikanischen Gesellschaft zum großen Teil die Aufregung des Volkes veranlaßt, das bestätigt ja jezt ausdrücklich das amtliche Weißbuch (S. 12). So ist es doch nicht unwahrscheinlich, daß diese Männer auch in ihren übrigen Mitteilungen (vergl. Calwer Miss.-Bl. 1888, 94) recht haben könnten. Aber wir brauchen diese englischen Zeugnisse gar nicht; es giebt – und zwar kolonialfreundliche deutsche, die dasselbe sagen (Allgemeine Zeitung 1888, Beilage 300). Sogar das offizielle Organ der deutsch- ostafrikanischen (Berliner) Missionsgesellschaft, die „Nachrichten aus der ostafrikanischen Mission" schreibt (S. 147): „immer lauter erheben sich die Stimmen, welche ein gut Teil Schuld unsern eignen Landsleuten zuschieben, die durch ihr unvorsichtiges und zum Teil rohes Benehmen die Eingebornen bis zum äußersten gebracht haben. Ich glaube nicht, daß es recht wäre, diese Anklagen ohne weiteres abzuweisen, weil sie ein schlechtes Licht auf uns Deutsche werfen; leider steht zu befürchten, daß sie sich nur zu sehr begründen lassen möchten.“ Zum Beweise hierfür wird dann aus einer der legten Nummern des amtlichen Organs der deutschen Kolonialgesellschaft der Deutschen Kol.-Ztg. (1888, Nr. 42 S. 337) folgender Auszug aus dem Briefe eines deutschen Kolonialbeamten, H. Hessel, der mittlerweile sich selbst getötet hat, mitgeteilt:

„In der Nähe von Tarabando konnten wir ein Lager beziehen. Es ist ein „reiches Dorf, das aber von erbärmlichen Menschen bewohnt ist. Was wir „an Nahrungsmitteln kauften, mußten wir doppelt so hoch bezahlen, als an „andern Pläßen. Einen Kerl, der es zu toll trieb, lockte ich ins Zelt, ließ ihn dort binden und knebeln, daß er nicht schreien konnte, „und schlug ihn windelweich: dann warf ich ihn zur Abkühlung „ins Wasser. Er schüttelte sich und lief davon. Aber es hatte geholfen. Die Weiber gingen sofort mit ihren Preisen herunter."

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Nun kommt aber noch ein sehr charakteristisches Nachspiel. Der Mut, welchen Dr. Büttner, der Inspektor der deutsch-ostafrit. Missions-Gesellschaft, in seiner furchtlosen Kritik bewies, erregte bei der deutsch-ostafrik. (Kolonial-)Gesellschaft großes Mißfallen. Denn bald darauf meldeten Kreuz-Ztg. und Reichsbote, daß ein Vorstandsmitglied der letteren bei dem Vorstand der ersteren einen Antrag auf Überwachung der Nachrichten" durch eine Preßkommission gestellt habe“. Es knüpfte sich an diese Meldung dann noch eine von einem künftigen Missionar dieser Gesellschaft geschriebene!! - Berichtigung", die nichts berichtigte, wohl aber

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eine Mitschuld trägt an der Entstehung des traurigen Aufstandes; die eingeschlagene Politik selbst ist Erklärung genug.

Schon die außerordentliche Hast, mit welcher man vorging, war sehr unweise. Dieser Vorwurf trifft allerdings die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft nicht allein; er charakterisiert die gesamte heutige afrikanische Kolonialpolitik, die als ein Sturmwettrennen der europäischen Nationen einen betrübenden Blick in die gespaltene Leitung der genannten Missionsgesellschaft eröffnete, während man von ihrem „Direktorium“ doch ein mannhaftes Eintreten für ihren Inspektor hätte erwarten sollen. Was beweist nun dieser „Überwachungsantrag"? Doch offenbar, daß die deutsch-ostafrik. Kolonialgesellschaft durch eine Preßcensur ihr unliebsame Zeugnisse und Urteile unterdrücken wollte. Eine Methode, die jedenfalls nicht geeignet ist, die gegen sie und ihre Beamten erhobenen Anklagen zu entkräften.

Es würde nicht schwer sein, aus den amtlichen Schriftstücken der deutsch-ostafrik. Gesellschaft noch eine Reihe ähnlicher Zeugnisse betreffs ihres Verhaltens gegen bezm. ihres Urteils über die Eingebornen zusammenzustellen. Man hielt bis in die neuere Zeit mit dergleichen Mitteilungen ganz und gar nicht hinter dem Berge. Die Gesellschaft rechnete es sich selbst vielmehr ausdrücklich zum Ruhme: ein rüdsichtsloses Handeln zu eigen zu haben (Deutsch- Ostafrika. Geschichte der Gesellschaft 2c., nach den amtlichen Quellen. 1886. S. 3. 6. 13. 70. 82 u. f. m.) und von jedem „Humanitätsschwindel" frei zu sein. „Vagabunden“ und „Strolche“, so wurden die Eingebornen häufig genug tituliert und von dem nötigen Zwange ist wahrlich nicht spärlich geredet worden. Dabei war man, alle Mahnungen sachverständiger Männer nicht bloß in den Wind schlagend, sondern oft genug mit Brutalitäten beantwortend, seiner Sache sehr sicher, so sicher, daß man 1886 die Prahlerei wagte:

Wir verwahren uns mit aller Entschiedenheit dagegen, daß man uns irgend „ein andres System, sei es das holländische, spanische, italienische, französische, „oder wohl gar das englische als Vorbild empfehle, denn wir wissen, daß wir durch die dem deutschen Geiste eigne tiefere Behandlung socialer Probleme auch die Frage der Eingebornenerziehung weit besser als alle diese kolonisierenden Nationen lösen werden."

Diese fast unglaubliche Großsprecherei ist gesperrt gedruckt in dem amtlichen Organ der deutsch-ostafrik. Gesellschaft, der damaligen „Kol. Polit. Korresp." (1886, Nr. 47, S. 338). Man bedarf in der That zur Kritik des Auftretens dieser Gesellschaft keiner fremden Zeugnisse; eine Zusammenstellung der authentischen Zeugnisse aus den eignen amtlichen Schriftstücken derselben, von der Veröffentlichung der ersten famosen Verträge an, ist ihre „schneidigste“ Kritik.

Es macht ja jede Gesellschaft dieser Art Fehler; aber sie muß das dann nur auch offen eingestehen, sich der Großsprecherei enthalten und sich bemühen, die Fehler abzustellen. Die deutsch-ostafrik. Gesellschaft nahm es aber schon sehr übel, wenn sie auch nur daran erinnert wurde, daß sie noch jung und unerfahren sei, und man bekommt auch nach den traurigen Erlebnissen der letzten Monate ja selbst nach der Veröffentlichung des Weißbuchs noch nicht den Eindruck, daß sie zu einer wirklichen Selbsterkenntnis gelangt sei.

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