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tig lågen weil sie aber nicht verlangt wurden; so lebten und schrieben sie so fort, wie wir gemeinen Schriftsteller, von der linken zur rechten, und giengen von Empfindung und Gedanken zum Ausdruck in der kürzesten Linie. Aber kaum war die Lofung gegeben: Wer Original schreiben kann, der werfe seine bisherige Feder weg, als die Federn flogen, wie Blåtter im Herbste. Es war eine Luft anzusehen, dreißig Vorite ritten auf ihren Steckenpferden in Spiralen um ein Biel herum, das sie den Tag zuvor in einem Schritte erreicht håtten; und der, der sonst bei'm Anblicke des Meeres oder des gestirnten Himmels nichts denken konnte, schrieb Andachten über eine Schnupftabaksdose. Shakespeare flanden zu Dußenden auf, wo nicht alle Mal in einem Trauerspiel, doch in einer Recension; da wurden Ideen in Freundschaft gebracht, die sich außer Bedlam nie gesehen hatten; Raum und Zeit in einen Kirschtern geklappt und in die Ewigkeit verschoffen; es hieß : eins, zwey, drey, da geschahen tiefe Blicke in das menschliche Herz, man sagte seine Heimlichkeiten, und so ward Menschen= kenntniß. Selbst draußen in Böotien stand ein Shakespeare auf, der durch Prunkschniger sogar die Sprache original machte. Niedersachsen summte feine Oden, fang mit offenen Nasenlöchern und voller Gurgel Patriotismus und Sprache und ein Vaterland, das die Sänger zum Teufel wünscht. Da erklangen Lieder und Romanzen, die es mehr Mühe kostete zu verstehen, als zu machen. Kurz, die Originale waren da; und das Publikum was fagte das? Anfangs befchämt über die unerwar= tete Menge, flußte es; dann aber erklärte es feyerlich : das wåren keine Originale, das wären Dichter aus Dichtern, und nicht Dichter aus Natur, durch sie würde das Kapital nicht vermehrt, sondern die Sorten nur verwechselt, bald Silber-in Kupfer, bald Gold in Silber umgefeßt, u. s. w. Da haben wir's, meine Freunde! Mich dunkt, unsere Sache ist jezt zu ́

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flar, als daß es nöthig wåre, lange zu überlegen, was zu thun sey. Gesezt auch, wir gehorchten ihm, unsere Original= Schriftsteller ließen diefe Originalköpfe fahren und versuchten's mit Nro. 2, so würden wir dieselbe Antwort erhalten; und gesezt, sie tråfen's, so wåren unterdeffen die Herren müde, und wollten wieder etwas neues. Kurz, hent gebrochen, ist beffer als morgen. Es ist klar, sie wollen uns nur herumziehen, bis bei schwächeren Nachkommen die jetzt noch bicgsame Gewohnheit zu einem Gefeß verhärtet, das uns Schriftsteller zu Hofnarren des deutschen Publikums macht. Also jezt nicht weiter. Ich sage, ihr habt Originalköpfe verlangt, da sind sie, zu tausenden, es wimmelt. Ihr erkennt sie nicht, und ich spreche mit freyer Stirn: ich erkenne fie dafür, mein Wort ist : « erst mich, dann sie. » Und nun trete auf den Sand,

wer will.

Die Abderiten.

Derselbe.

Die Athenienser waren von jeher ein munteres und geift= reiches Volk, und sind es noch, wie man sagt. Athenienser, nach Jonien versezt, gewannen, unter dem schönen Himmel, der dieses von der Natur verzårtelte Land umfließt, wie Burgunder-Reben durch Verpflanzung auf's Vorgebürge. Vor allen andern Völkern des Erdbodens waren die Ionischen Griechen die Günftlinge der Musen. Homerus selbst war, der größten Wahrscheinlichkeit nach, ein Ionier. Die Erotischen Gesänge; die Milesischen Fabelu (die Vorbilder unfrer Novellen und Romanc) erkennen Jonien für ihr Vaterland. Der Horaz der Griechen, Alcâus, die glühende Sappho, Anakreon, der Sån= ger - Afpafia, die Lehrerinn - Apelles, der Maler der Grazien, waren aus Jonien; Anakreon fogar ein geborner

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Tejer. Dieser lezte mochte etwa ein Jüngling von achtzehn Jahren seyn, (wenn anders Barnes recht gerechnet hat) als seine Mitbürger nach Abderá zogen. Er zog mit ihnen; und zum Beweise, daß er seine, den Liebesgöttern geweihte Leyer nicht zurück gelaffen, sang er dort das Lied an ein thrazi= sches Mädchen, (in Barnesens Ausgabe das Ein und sech= zigfte) worin ein gewiffer wilder Thrazischer Ton mit der Jonischen Grazie, die feines Liedern eigen ist, auf eine ganz beson= dere Art absticht.

Wer sollte nun nicht denken, die Tejer—in ihrem ersteu Ursprung Athenienfer--so lange 3eit in Jonien einheimischMitbürger eines Anakreons — follten auch in Thrazien den Charakter eines geistreichen Volkes behauptet haben? Allein was auch die Ursache davon gewesen seyn mag) das Gegen= theil ist außer Zweifel. Kaum wurden die Tejer zu Abderiten, so schlugen sie aus der Art. Nicht daß sie ihre vormalige Lebhaftigkeit ganz verloren, und sich in Schöpfe verwandelt håtten, wie Juvenal sie beschuldigt. Ihre Lebhaftigkeit nahm nur eine wunderliche Wendung; und ihre Einbildung gewann cinen so großen Vorsprung über ihre Vernunft, daß es dieser niemals wieder möglich war sie einzuholen. Es mangelte den Abderiten nie an Einfällen; aber selten paßten ihre Einfälle auf die Gelegenheit, wo sie angebracht wurden, oder kamen erst, wenn die Gelegenheit vorbei war. Sie sprachen viel, aber immer ohne sich einen Augenblick zu bedenken, was sie sagen wollten, oder wie sie es sagen wollten. Die natürliche Folge hievon war, daß sie selten den Mund aufthaten, ohne etwas albernes zu sagen. 3um Unglück erstreckte sich die schlimme Gewohnheit auf ihre Handlungen; denn gemeiniglich schloffen sie den Kesicht erst, wenn der Vogel entflogen war. Dieß zog ihnen den Vorwurf der Unbesonnenheit zu; aber die Erfah= rung bewies, daß es ihnen nicht beffer gieng, wenn sie sich

befannen. Machten sie (welches ziemlich oft begegnete) irgend einen sehr dummen Streich; so kam es immer daher, weil sie es gar zu gut machen wollten : und wenn sie in den Angele= genheiten ihres gemeinen Wesens recht lange und ernstliche Berathschlagungen hielten; so konnte man sicher darauf rechnen, daß sie unter allen möglichen Entschließungen die schlechteste ergreifen würden. Sie wurden zum Sprichwort unter den Griechen. Ein abderitischer Einfall, ein Abderiten-Stückchen war bei diesen ungefähr, was bei uns ein Schildbürger- oder bei den Helvetiern ein Lalleburger-Streich ist. Zum Erempel : es fiel ihnen ein, daß eine Stadt, wie Abdera, billig auch einen schönen Brunnen haben müsse. Er sollte in die Mitte ihres großen Marktplages gesezt werden, und zu Beftreitung der Kosten wurde eine neue Auflage gemacht. Sie ließen einen berühmten Bildhauer von Athen kommen, um eine Gruppe von Statuen zu verfertigen, welche den Gott des Meeres auf einem von vier Seepferden gezogenen Wagen, mit Nymphen, Tritonen und Delphinen umgeben, vorstellte. Die Seepferde und Delphinen sollten eine Menge Waffers aus ihrer Nase hervorsprigen. Aber wie alles fertig stund; fand sich, daß kaum Waffer genug da war, um die Nase eines einzigen Delphins zu befeuchten : und als man das Werk spielen ließ; sah es nicht anders aus, als ob alle diese Seepferde und Delphinen den Schnuppen hätten. Um nicht ausgelacht zu werden, ließen fie also die ganze Gruppe in ihr 3eughaus bringen: und fo oft man folche einem Fremden wies; bedauerte der Aufscher des Zeughauses sehr ernsthaft im Namen der löblichen Stadt Abdera, daß ein so herrliches Kunstwerk aus Kargheit der Na= tur unbrauchbar bleiben müsse.

Ein ander Mal erhandelten sie eine sehr schöne Venus von Elfenbein, die man unter die Meisterstücke des Prariteles zählte. Sie war ungefähr fünf Fuß hoch, und sollte auf einen

Altar der Liebesgöttinn gestellt werden. Als sie angelangt war, gerieth ganz Abdera in Entseßen über die Schönheit ihres Venus; denn die Abderiten gaven sich für seine Kenner und schwärmerische Liebhaber der Künfte aus. Sie ist zu schön, riefen sie einhellig, um an einem niedrigen Play zu stehen. Ein Meisterstück, das der Stadt so viel Ehre macht, und so viel gekostet hat, kann nicht zu hoch aufgestellt werden; fie muß das Erste seyn, was den Fremden beim Eintritt in Abdera in die Augen fållt. Diesem glücklichen Gedanken zufolge ftellten fie das kleine niedliche Bild auf einen Obelisk von achtzig Fuß: und wiewohl es nun unmöglich war, zu erkennen, ob es eine Venus oder eine Wäschernymphe vorstellen sollte; so nöthig= ten sie doch alle Fremden zu gestehen, daß man nichts Vollfommneres sehen könne.

Die Vehikel des Nachruhms.

Wieland.

Es ist, dünkt mich, noch eine große Frage, ob es in der Welt überhaupt andere Denkmåler gibt als papierne, seitdem die Tradition alle ihre großen Privilegia den Druckereien abge= treten, und nun in ihrem kindischen Alter nur noch einen nicht ganz honetten Kleinhandel durch Stadt-Frau-Basen treibt. Ich glaube es nicht. Selbst die ewigen Denkmåler, die sich unsere Landsleute auf den Felfen des Mondes und an den Gränzen des Weltfystems durch neue Planeten mit neuen Tra= banten, und an den Laufbahnen der Planeten und Kometen erbaut haben, wären ohne dabeiliegende papierne Atteftate ein Nichts. Alexander wåre, wie jeder andre Straßenråuber vergeffen, wenn es nicht einem Schriftsteller gefallen håtte, ihm ein Teftimonium über seine Kåsebier-Historien zu ertheilen, das nun, immer und immer renovict, in der Welt herum=

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